Die Kriegsereignisse bei Saalfeld im Jahr 1640
nach den Aufzeichnungen des Jan Hector von Sturnbrich.
Mitgeteilt von
Amtsgerichtsrat Friedrich Trinks in Saalfeld[1]
„In einem vor einigen Jahren in der „Gartenlaube“ erschienenen Aufsatz habe ich Saalfeld als „die steinerne Chronik an der Saale“ bezeichnet gefunden. Es wird in der That wenig Städte in Thüringen geben, die mehr an die Vergangenheit erinnern und ein inhaltsvollere, dem Wechsel mehr unterworfen gewesene Vergangenheit aufzuweisen haben, als Saalfeld. Deutsches Reichsgut unter den Königen aus dem Sächsischen Hause, Sitz einer mit Land und Hoheitsrechten reich ausgestatteten Abtei, Bergstadt und Herzogssitz – so würden wohl die Überschriften der einzelnen Hauptabschnitte der Geschichte Saalfelds zu lauten haben. Aber auch diese, im Gegensatz zu dem späteren unbedeutenden Ökonomiestädtchen und der jetzigen, eine ansehnliche Industrie bergenden Kreisstadt glänzendere Vergangenheit Saalfelds weist gar manches von Krankheit und Not, von Feuersbrunst und Elend, von Krieg und Verderben zeugendes Blatt auf. Ist doch gerade in letztgedachter Richtung Saalfeld kaum von einem der Kriegsstürme verschont geblieben, welche Deutschland bis zu Anfang unseres Jahrhunderts heimgesucht haben. Insbesonders aber ist es der dreißigjährige Krieg und zwar das Jahr 1640, welches neben dem französisch-preußischen Krieg verhängnisvoll für die Stadt wurde. Zeigen doch die trotzig aufragenden Türme des „Hohen Schwarm“ heute noch die Spuren der schwedischen Karthaunen, wie denn auch die auf dem „Roten Berge“ und sonst in der Umgebung vorhandene sog. „Schwedenschanzen“ das Andenken an jene Zeit im Volke lebendig erhalten.
Mit Rücksicht auf diese Vergangenheit der Stadt war es für mich von begreiflichem Interesse, als ich im hiesigen Ephoral-Archiv beim Durchstöbern seines Inhalts ein Schriftstück fand, dessen Umschlag die Aufschrift trägt: „Beschreibung was sich im 30jährigen Krieg 1640 in Saalfeld zwischen den Kayserl. und schwedischen Armeen zugetragen.“ Wie dasselbe in das Ephoral-Archiv gekommen und wer der als „Jan Hector von Sturnbrich“ bezeichnete Verfasser gewesen ist, darüber fehlt es an jeglichem Anhaltspunkte. Das Schriftstück ist aber schon um deswillen von erheblichem Belang, weil die wichtigste der Urkunden über jene Kriegszeit, der Bericht des damaligen Bürgermeisters Christian Victor Boner[2] an den Landesherrn Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen-Altenburg, erst vom 5. Februar 1641 datiert ist, während die meines
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Wissens bisher völlig unbekannte Sturnbrichsche Beschreibung das Datum „24. August 1640“ trägt, also noch aus dem Kriegsjahre selbst herrührt und unmittelbar unter dem Eindruck der Begebenheiten jenes Jahres geschrieben ist. Es scheint auch, als ob der Sturnbrichsche Bericht dem Bonerschen zu Grund gelegen habe, wie denn schon die Überschrift des letzteren teilweise wörtlich der des ersteren entspricht.
Die Urkunde lautet:
Kurtzer und eigentlicher Verlauff, Was sich mit und zwischen denen beyden Kayserl. und Schwedischen Arméen in- und außerhalb der Stadt Saalfeld, am
Thal-Gebirge, diesen ietzigen Früling über, Dänkwürdiges begeben und zugetragen, wie Erstlichen beyde Arméen sich gegen einander gelagert, und wie sie darnach ohne einziges Haupt-Treffen, alß Land und Leute verderbet, wieder von einander gezogen, ganz unparteyisch beschrieben, durch
Jan Hector von Sturnbrich
anno
1640.
Demnach der Schwedische General-Feld Marschall Herr Johann Baner, Böhmen quitiret[3] und sich auffs Voigtland, dann Thüringen nach Erfurt gewendet,[4] sind den 19. Aprilis, Sontags Misericordias Dni[5] ao 1640 starcke Kaiserl. Parteyen mit einander von Schlaitz und Plauen nach Saalfeld
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auf die Schwedischen, welche den 9. Aprilis zuvor mit völliger Armée ingleichen von Plauen und Schlaitz die lange Orila[6] hinab, des nechsten auf Erffurd marchieret, und zum andern mal den 13. Aprilis alle die Saal-Brücken, deßgleichen in dem Januario ao 1637 auch geschehen,[7] zuvor niederwerfen laßen, zu rekognosciren ankommen und jenseits der Stadt und Saale an der Haide über 2 Stunden gehalten, die vornembsten Officirer in die Stadt, ümb eines und das andere sich zu erkundigen, nachmalß gerücket und noch denselben Abend, alß die Schwedischen jenseits Zeigerheim und Rudolstadt dergleichen auf die Kaiserlichen recognosciret,[8] fast alle wieder zurück auf Schlaitz zugangen, und sich von Tag zu Tag näher Saalfeld mit dem Quartieren gemachet, und den 26. Aprilis die Kayserl. Armée in die 50 000 stark[9] von Schlaitz zu Saalfeld vollständig angelanget, das Quartier in alle kleine und große, auch zu jüngst in ganz unbewohnte öd und wüste, so wol Schul-Pfarr und Frey Häußer, ohngefähr mit 5000 Pferden in der Stadt- und Ring Mauer genommen, die übrigen Völcker aber umb die Stadt, Vor-Städte mit angelegenen Dörfern, samt denen genau an die 50 Regt.
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Stücklein, diesseits und jenseits der Saale, alles logiret und theils campiret, in meinung als Kayserl. außgegeben, ihren Feind zu suchen und dermaßen anzugreifen, daß innerhalb 8 Tagen kein Schwedischer Soldat weder in Thüringen noch Meißen sich mehr sehen noch hören laßen solte, derowegen nur wenige Tage zu Saalfeld auszuruhen sie gemeinet und willens wären. Worauf dann den 29. Aprilis der durchlauchtigste Hochgeborne Fürst und Herr Herzog Friedrich Wilhelm zu Sachsen[10] von Altenburgk kommen, umb sein Land, arme Leut und Unterthanen, bey dem Erzherzog Leopold Wilhelm, damit gut Regiment gehalten und der Aufbruch schleunigst befördert werden möchte, zu sollicitiren, welches Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. der Erz-Herzog zwart versprochen, aber nichts desto weniger mit der ganzen Armée liegend blieben.
Darauf den 8. May Gen. Feld-Marschall Baner, unvermuthet der Kayserl. Völcker, von Rudolstadt und Schwarza naher Saalfeld, mit etlichen Cartaunen und Feld-Schlangen[11] über 40.000 Mann effective stark,[12] von Erffurd heraußer, als er sich
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mit denen lüneburgischen, Hessischen und Französischen Völckern conjungirt gehabt, unter der Stadt gar nahe sich praesentiret, sein Läger aber ümb Zeigerheim aufm Hain und Schwarza Berg derselben Gegend gehabt, da dann die Kayserl. ihr Lager sobald zwischen der Stadt und den Dörffern Graba, Wölßdorff, Remmschitz, Krösten, Beulwitz und der Orten formiret, und sich von einem Berg zum andern von der Saale biß nach dem Schwarzen Tann zu, hart verschanzet, die Feld-Stücklein gepflanzet, stark Feuer auf einander gegeben und scharmuziret, daß auf der Kayserl. Seite etliche (weil selbe, wie gedacht, der Schwedischen nicht vermuthet, und damaln noch in ziemlicher tisordre gewesen) blieben, alßo, daß auch die Kayserl. sich in ihr retrenchement zu reiteriren gezwungen und deren viel damals gefangen worden. Und so die Schwedische Armée damals in der Furie fortgangen, hätte zweifels frey die Kaiserl. den Kürzern gezogen und alle Pacage sammt den Stücken in Stich lassen müssen, maßen die Kayserl. selbst gestanden und bekannt. Sonsten hat mann vor gewiß außgeben, daß
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damals beyde Arméen an Soldaten, Huren und Buben über 200.000 stark gewesen sein sollen.[13]
Den 9. May ist es still gewesen und nicht sonderliches fürgangen. Den 10. aber sind die Schwedischen mit ihrem Lager (vorgebend auf Leipzig zu marchiren) eilends aufgebrochen, aber durch die Saale gesetzet, in meinung, den Kayserl. rückwärz, wo solche nicht fortificiret[14] gelegen, einzufallen, welchen aber, weil das ganze Kayserl. Lager auf der Seiten die Saale hinab wol verschanzet, nicht wol beyzukommen gewesen.
Demnach aber Herr Feld-Marschall Piccolomini, zu der Zeit starcke Trouppen zu recognosciren,[15] nach der Heide zu commendiret gehabt, haben die Schwedischen auf solche gestoßen, mit einander in der Weyerau[16] auf den Saalfeldischen Wiesen starck scharmuziret,[17] daß endlichen die Kayserl. die Flucht zur Stadt nämen und von den Schwedischen biß auf die Brücke der Saalen gejaget worden.
Darauf den 11. sich die Schwedischen unversehens aufm Rothen-Berg zu ihrem großen Vortheil, von daraus auch das Kaiserl. Lager sammt der Stadt zu beschiesen, gestellet und verschanzet, und fast täglichen so woln Nachts Zeit, beydes in die Stadt und dem Kayserl. Lager zu, aufm Anno-Flaur[18] und die Vor-Städte Feuer gegeben und
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flangiren[19] laßen, daß auch endlichen die Kayserl. aus ihrem Läger gänzlichen derer Orten weichen und umb des unaufhörlichen großen canonirens willen, womit dann ihnen ziemlicher Schaden geschehen, in die Thäler und Gründe, nach dem breiten Berge, Steiger, Garnßdorfer und Beulwitzer Thale zu sich reiteriren müßen. Und hat sich Herr Baner von Tag zu Tag der Stadt, Saalen und Mühlen, in willens derer sich zu bemächtigen und abzuschneiden, stets mit starckem Schiesen und Schanzen genähert und fast täglichen dabey scharmuzieret,[20] daß beyderseits, jedoch auf der Kaiserl. Seiten allzeit mehr, geblieben und gefangen worden, worunter vornemblich den 19. May in einem starcken Scharmüzel auf Kayserl. Seiten ein vornehmer Ungar und Kroaten Obrister Herr Stephan Baluctz Nabocsca,[21] neben andern Kroaten mehr, so sich in Scharmuziren jederzeit wol und ritterlich gehalten, siezend blieben:[22] welches Herz, nachdem Er exenteriret,[23] in die Stadt-Kirche begraben, und der Cörper, seinem Verlaß nach,[24] mit in Ungarn geführet worden. Dieses verstorbenen Obristen Völcker, nurt 30 Personen von 800 dessen Regiments, ihren selbst eigenen Bericht nach, noch übrig, haben vor der Schwedischen Armée Aufbruch mit ihren Todten nebenst dem alten vornehmen Herrn Gen. Balvi,[25] welcher der Rom. Kayserl. Mayt.
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nurt vor 3 Jahren über 8000 Croaten zum Besten zur Armée in Teuzschland bracht, und biß auf wenige zu Boden gangen, bey dem Erz-Herzoge abgedancket und hinweg marchiret. Auf der Schwedischen Seiten aber wurden dem Obr. oder Gen. Schlangen[26] damalen sein rechter Arm bey dem Käse Korbe (ein Ort an der Heide also genannt) oder Göritzer Mühl Schanzen mit einer Stück Kugel,[27] indem er von seinem Leib-Schüzen sein Birsch Rohr[28] in Scharmuziren[29] abnemen wollen, abgeschossen: worüber Herr Gen. Baner dermaßen erschrocken, daß er gesagt, er vor solchen Schaden lieber seiner besten 2 Regimenter verlohren haben wolte. Sonsten ist in Schwedischen Läger in manglung grober Stücke mit schiesen von Kaiserl. wenig Schaden geschehen. Es hat sich Herr Baner von Rembschitz an der Heide lang hinauf über den Rothen-Berg biß auf den Bolen – oder Kaulßdorfer Berg (darauf Gen. Baner 10 halbe Cartaunen[30] bringen und pflanzen und continuirlich in das Kayserl. Häupt-Läger und Stadt damit
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canoniren lassen) ganz fest geleget, verschanzet und vergraben gehabt, daß ihm nicht wol beyzukommen müeglichen gewesen, und hat fast alle Nacht die viel übrige seine Stücke der Stadt, Wasser und Mühlen immerzu mit schanzen je näher beygebracht, daß auch die Kayserl. fast stündlich, so Tag alß Nachts Zeit gnugsam Widerstand zu thun gehabt. Dannenhero die Kayserl. deßwegen die an der Stadt nahe gelegenen Dörfer und andere Gebäude, alß alten Saalfeld, sammt der Strenzel-Mühl, Walckmühl und Schmelzhütten,[31] 2 Pulver Mühlen[32] daselbst, Item das Dorf Köditz sammt der Kirchen, Remmschitz in Brannt gestecket und ümb der Schwedischen vortheil willen, temoliren laßen, dann die Kayserl. nichts von groben Stücken bey sich gehabt, damit sie den Schwedischen sondern Schaden thun können.
Den 19. haben die Kayserl. einen Anschlag, denen Schwedischen einen Einfall in das Läger zu thun, gehabt, der Meinung, etwas von ihren groben Stücken, deren sie gemangelt, zu überkommen. Do nun Herr General Bredau[33] deßwegen mit seiner starcken Esquadoron commendiret, in 2 Haufen sich getheilet, und aber der eine Troupp nicht hoch gnug gangen und so bald unwissend auf den andern Troupp gestoßen, der Officirer aber, so den einen Troupp geführet, das Wort von sich zugeben nicht gewußt, noch wie befohlen, die weißen Hembder zur Losung über die Kleider angethan,
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seynd beyde Kayserl. Truppen ganz unerkannt feindlich auf einander loß gangen, daß ihrer viel nicht allein auf der Wahlstadt siezend blieben[34], sondern auch eine zimmliche Anzahl in die tiefe Hütten lache[35] des Wassers gejaget und ersäufet worden, worüber aufm Morgen H. Feld-Marschall Picolomini sich sehr entrüstet und dahero die auf der Wahlstadt todt gebliebene Reuther, nachdem sie ausgezogen, zu denen im Wasser ersoffenen (dieweil sie nicht werth geachtet, begraben zu werden) werfen und hinschwimmen lassen.
Ferner, nachdem H. Gen. Feld-Marschall Baner denen Kayserl. fast alle Pässe[36] ümb zukommenden Proviant willen, außer dem nach der schmaalen Buchen,[37] Steinheide und Eißfeld hinauf übern Wald abgeschnitten, alß ist unter der Kayserl. Armèe ein großer Mangel an Vivers entstanden, daß beydes an Menschen und Viehe vor Hunger viel verschmachten müssen, auch viel hoher Officirer, ob sie schon mit dem Feinde nicht sonderlich geschlagen, hätten doch die Kayserl. über 5000 Pferde und Soldaten eingebüßet, welche theils Hungers gestorben, gefangen, auf der Fütterung todt geschlagen und sonst ümbkommen wären.
Auß solchen Ursachen und Proviant Mangel dann aller Getreydig Vorrath, sowol Futter und Geströhe, in der Stadt bey jedermann fleißig herfür gesuch[t]et worden, also, daß den Bürgern ihre Häußer von oben herab bis zu unterst in die Keller, Kisten und Kasten eröffnet, unterschiedlichen scharf gesuchet, und was an dergleichen funden worden, über albereit(s) zum Proviant (von der) gemeinen Stadt dargegebenen 150 Schl. Getreydig, alles abgenommen, so woln auch das Getränke an Bier, Klein-Bier[38] und Kofend,[39] beydes aus des Raths und der Bürger Kellern (obschon selbe schwehre
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Quartir in ihren Häußern getragen) nicht verschonet, sondern abgenommen worden. Und ob wol für das abgenommene Getreydig und Getränke die Zahlung von den Kayserl. Commissarien hoch versprochen, ist doch beym Aufbruch auf erinnern nichts erfolget und haben lezlich in mangelung Getränks viel vornehme Officier, gleich den andern gemeinen Soldaten, die unreinen Wasser, so die Zeit über nicht besser zu bekommen gewesen, mit genießen und die Malz in der Stadt, in mangelung Futters, mit den Pferden verfüttert werden müssen. Die Malz aber so eines theils Gen. Personen vor sich gebrauet, haben das Wasser aus der Saal, das Brauholz von abgerissenen Häußern müssen dazu führen, verzäpfen lassen und das Geld dafür in ihre Beutel gestecket. Die meisten theilß Vorstädts Häußer, Reiche und arme Hospital,[40] Kirchen vor der Stadt[41] und anliegende Dorfschaften, wie auch viel Häußer in der Stadt seynd ganz demoliret und verwüstet, das Gehölze davon zum Schanzen, Palisaden, ander Gebäuden und zu Feuer, Brau- und Küchenholz verbrauchet, so seynd auch viel Häußer, Böden und Scheunen, nurt ümb der Bret[ter] willen, zu den vielfältigen Lauf-Brücken über die Saale,[42] so das große Gewässer zum öftern hinweg geschwämmet, in mangelung derselben aufgehoben, abgebrochen und dazu verbrauchet worden, auch lezlich, in mangelung Feuerholzes, hat der Bürger von den Soldaten benebenst dem reinen Wasser aus wenig vorhandenen Ziehe-Brunnen in ihren Häußern solches sein eigen Holz sammt den Wasser erkaufen und bezahlen müssen.
Alle fruchtbare Bäume, schöne Obst-Gärten, so wol kleine und große lebende Zäune, gute und fruchtbare Gestäude, nichts ausgeschlossen, seynd fast auf 1 Meil umb die Stadt in Grund abgehauen und dem Schind Anger[43] fast gleich gemachet worden, daß man nicht sehen können, wo ein Garten gewesen, viel weniger ein lebender Zaun gestanden. Die Winter- und Sommer-Früchte sammt den Wiesenwachs, Hopfen- und Weinberge seynd dermaßen in Grund vernichtet, daß es zu erbarmen, alle Hopfstanden, Weinpfäle und Gehäge seynd niedergeleget und verbrannt worden, daß solch Feld und Flauer[44] in etlichen Jahren nicht wol wieder in die Arbeit zu bringen und zu genießen seyn will. Dahero dann ümb der gemachten vielen Schanzen, Laufgräben und
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Temolirung der Marcksteine[45] willen viel Bürger ihr eigen Feld anfangs nicht zu kennen oder finden gewust. So seynd auch die Gemeinde Gehölz dermaßen neben den andern viel benachbarten Holz Gebürgen ümb der Faschinen[46] willen zu den vielen Schanzen abgewüstet und verderbet worden, daß in vielen Jahren es solche nicht verwinden, alle der Stadt eingefaste Quell-Brunnen, Wasser Gräben und Gänge zur Stadt gehörig und laufende seyn totaliter ruiniret worden, daß kein Wasser zur Stadt mehr gelaufen, auch in mangelung Röhrenholzes und das Gerinn darzu, welchen Vorrath der Soldat neben andern vielen verbrännt und in der Erden liegende Röhren theils zerhauen gehabt und heraußgenommen, nicht bald wieder repariret werden können.
Die zwei gemeinen Stadt-Teiche, so in Feuers-Nöthen nuzbarlichen zu gebrauchen, und die lieben alten Vorfahren zu dem Ende mit großen und schwehren Unkosten erbauet gehabt, seynd ümb geringen Genießes, fürnemlichen aber ümb der Päbstler Fischtage willen, zur Stadt äußersten Verderb abgegraben worden[47]), sonderlich wenn die Glüenden Kugeln[48] in die Stadt gespielet, und die Kayserl. selbst endlich gesehen, was damit verursachet, und obschon zu der Zeit kein Wasser, alß was vom Himmel darein gefallen, gebracht werden können, haben doch mit großer Beschwerung beyde Teiche (doch ohne Wasser) wieder eylfertig repariret werden müßen.
Das Saal-Wasser, dessen man sich in großer mangelung gebrauchen und mit großer Gefahr holen müssen, ist dermaßen durch todten Aaß an Vieh und Menschen Cörpern neben andern darein geworfenen Unluft[49] verunreiniget worden, daß männiglichen dafür einen großen Eckel und Abscheu gehabt, so seynd auch alle Gaßen und Straßen, Gräben und Wasser-Flüße und Winckel dermaßen voller todten Ääser gelegen, daß unmüglichen dem Feld-Meister[50] des Orts alleine ohne Frembden beschriebene Hülfe abzuräumen, dahero dann ein großer Gestank von Ungeziefer, Würm und Fliegen entstanden. Wie woln noch bey Anwesenheit der Arméen etliche Bürger ihr eigen Wasser von denen Soldaten jede Butte[51] ümb 1 gr. auch 6 ϑ[52] zalen und erkaufen müßen[53]. Auch seynd zum öftern ümb des vielen schanzens willen allen Bürgern von
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Hauß zu Hauß ihre Waffen, alß Aexte, Peile, Barthen,[54] Kärste,[55] Pickeln, Hauen und Schaufeln, item eine große Anzahl Wein- und Bier-Faß durch die Soldaten mit Gewalt aus den Häusern nicht allein genommen, die Häuser deßwegen fleißig durchsucht und anderstmehr dabey unterm Schein geraubet worden. Wie ingleichen die Bürger zum Schanzen, Botenlaufen, Verhauung[56] des Waldes und Besserung der Straßen, obgleich selbe schwehre Quartier tragen müssen, aus ihren Häußern mit großer Wiederwärtigkeit der darein quartirten Soldaten heraußgenommen und noch darzu genötiget worden. Und nachdem etliche Bürger ümb der langwürigen unerträglichen Quartir, Victualien und Fourage willen durchgangen, ihre Häußer sammt den Mobilien verlaßen, haben solche die Soldaten nachmals Preiß gemacht, was sie dorinnen funden, ihnen zugeeignet und also immer einen Haußwirth nach dem Andern fertig gemachet. Solches hat nun einig und allein verursachet die Sperrung der Pässe[57], indem weder Menschen noch Viehe was mehr zu leben gehabt, dann viel Pferde und Viehe beydes im Läger und in der Stadt dahin und ümbgefallen.
Das Tieffenbachische Rgt. von 1000 Köpfen, so über die Pferd oder Reuterey in der Ring-Mauer aufm Nicolaus-Kirchhof in selbiger Kirchen sich einquartiret und die ganze Zeit über die Häupt-Wache in der Stadt verrichten müssen, haben vielen Bürgern bei nächtlicher Zeit in die Häußer und Ställe durch die Mauren und sonderlich durch die Löcher in die Keller (dieweil die Bürger wegen Feuers-Gefahr ihre beste Mobilia darein bracht) eingebrochen, viel Viehe, wie auch Soldaten Pferde und Mobilien hinweg gestolen.
Den 20. May ist mit Canoniren still gehalten worden, dieweil die beyderseits Auditeurs nebenst andern hohen Officirern sich ümb Außwechselung der Gefangenen jenseits der Schmelz-Hütten zusammenkommen und tractiret.
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Den 21. seynd unterschiedliche Gen. Personen alß Hazefeld und Gälene, Item Baron de Mercy[58] und Gilli de Hass[59] ankommen, mit dem Erz Herzog und Picolomini zu Felde geritten, das Schwedische Lager und dessen Gelegenheit zu recognosciren und dieselbe nicht tüglichen befunden, daß die bayerische Armée so damaln ümb Würzburgk, Bamberg, Königshofen, Hilperhaußen und der Orten gelegen, sich mit ihnen zu conjungiren, beydes wegen des Schwedischen Lägers fortification, wie auch großer Mangel proviants wegen. Alß seynd damaln die Bayerischen wegen diversion[60] zurückzubleiben beschlossen worden.
Den 22. May haben die Schwedischen abermal heftig in hiesiges Feld-Läger geschossen und einer Rittmeisterin, so im Läger ihr Kind gestillet und auf ihrer Carreten[61] gesessen, den Kopf ohne Verlezung des Kindes hinweg geschossen, welches Tages Gen. Hazfeld und Gälen neben andern wieder zurückgereyset.
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Den 23. May fingen die Schwedischen mit Gewalt an, auf die Mühlen zu sezen, in meinung, den Kayserl. solche abzuschneiden, und bemächtigten sich der neuen aufgeworfenen Schanz, welche die Kayserl. die Nacht zuvor erbauet, so wol der alten Saalfeldischen Kirche[62], hatten aber selbe, darauf sie Stücke pflanzen wollen, nicht lang innen, sondern wurden mit aller Macht, mit beydenseits zimmlichen Verlust, wieder aus- und abgetrieben, welcher Scharmüzel[63] von frühe 6 Uhr biß Mittags 11 Uhr gewehret.
Den 24. und 26. alß den 1. und 3ten Pfingstag seynd die Schwedischen fast mit schiesen still gewesen, die Kayserl. aber wegen erhaltung der Mühlen heftig geschanzet, sie auch biß zu Ende erhalten, und seynd Mittags so große Gewitter und Wasser-Fluten entstanden, daß sie über den breiten Berg und Steiger herein, Item das Garnßdorfer und Bilbizer[64] Thal herabkommen, daß in dem Kayserl. Lager das Gewässer von Bergen gleichsam gewälzet, der Soldaten Gezelt, Pacage, Pferd, Menschen und Vieh verjaget, das retrenchement ruiniret und den meisten Salz-, Mehl-, Pulver- und Lunden-Vorrath verderbet und theils verschwemmet hat. Immaßen viel todte Cörper und Viehe, so wol Pferde in der Saal man schwimmend gesehen, auch die Wege, Schanzen, Laufgräben, Gründe und Straßen dermaßen zerrissen, das bey Menschen gedenken dergleichen nicht geschehen.
In dem Fürstl. Ampts Closter[65] hat es damals gar wunderliche 2 oder 3 mal eingeschlagen, 2 Ochsen in einem Stall erschmissen und der Soldaten selbst eigenen Bericht nach im Läger überauß großen Schaden gethan, dergleichen alte Soldaten vom
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Wetter zu geschehen, nicht erfahren, daß auch das Wetter die Rgt. Stück nebenst andern mehr Sachen über die Schanzen geflüttet und geführet. Dagegen im Schwedischen Läger aufm Rothen Berge und an der Haide, wie männiglich gesehen, dergleichen nicht geschehen, und obwoln die Schwedischen einen Anschlag gleich solche Zeit auf die Kayserl. Proviant-Wägen, so von Schweinfurt, Königshofen und Hilperhausen ankommen, gehabt, so ist doch solcher ohne Frucht abgegangen. Es haben aber doch beyderseits Reuter immer mit einander stark scharmüziret,[66] daß auf beyden Seiten viel blieben.
Den 27. ist die Feld Marschalln Banerin[67] im Läger plötzlich gestorben, deren Tugendhaftiges Leben bey manniglichen berühmt gewesen, deren jählinger Todt aber bey der Soldatesca und andern vor ein bößes Omen geachtet worden.
Den 28. haben die Kayserl. Donnerstags ihren Fronleichnambs Tag mit großer Solennitaet begangen, ihre bräuchliche Procession ümb die Stadtkirche (nachdem selbe mit vielen Mayen bestäcket und 3 Altare außerhalb gezieret) verrichtet und unterschiedliche Messen gehalten worden. Hat sich Ihre Erz Hochf. Durchl. haben nebenst allerley vielen Ordens-Leuten in der Person befunden und hat dazumal im
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Kayserl. Lager so wol aufm Nicolaus Kirchhof (woselbst das Tieffenbachische Rgt. zu Fuß in der Stadt gelegen) der Soldaten eigenen Bericht nach gegen Abend Blut geregnet,[68] welches auch vielen auf die Hände, Hüte, Goller[69] und Gezelte gefallen und mit vielen Augen gesehen worden. Welches dann von den Lutherischen Soldaten sehr beherziget worden und solches für ein böß Omen und zeichen auf der Kayserl. Seiten gehalten: dahero auch der Erz Herzog neben dem Picolomini selbst in den Gedanken gestanden, es würde zu Saalfeld ein blutiges Treffen geschehen. Die meisten Catholischen aber[70] haben das nicht groß geachtet, sondern es auf der Schwedischen Untergang gedeutet, mit oftmaliger Verwunderung, daß die Kayserl. die gewünzschte Victoria schon in Händen und wolten selbe die Schwedischen noch mit Prügeln zu todte schlagen.[71] Zum Zeugnüß haben viel lutherische Soldaten, die es mit den Catholischen nicht hielten, das geregnete Blut aus ihren Zelten und andern mehr schneiten lassen und verwahret behalten.
Dem 29. May ist es abermal ganz still gewesen, darüber sich die Kayserl. verwundert, alß man aber erfahren, so ist die meiste Reuterey auf Anschläge commendiret gewesen, welches Tages zur Kayserl. Armée gehörige 24 Zimmerleuthe die ruinirte Stadt-Saal Brücken zum nothdurftigen Bedurf wieder mit 4 langen Bau-Stämmen überlegt, mit Bretern geduppelt beschlagen und aufgelegt und den Zimmerleuten 24 Ducaten von H. Feld Marschalln Picolomini davor zur recompens zugestellet worden.
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Den 30. May haben beyderseits Armée scharmuziret und kegen Abend sind den Kayserl. die 4 Feldschlangen,[72] darauf sie mit großen Verlangen gewartet, von Forchheim durch die Bayerischen zugesendet worden und ankommen, welche selbe alsobalden aufm Fuchs-Stein kegen dem Rothen Berg dem Schwedischen Lager zugepflanzet. Dieweil aber die Schwedischen allbereit zu marchiren im werck, haben doch nichts weniger die Kayserl. mit Stücken stark gespielet, aber wenig Schaden gethan.
Den 31. May rücketen die Kayserl. die 4 Feld-Schlangen förder, damit sie desto besser in das Schwedische Lager schießen möchten, aber vergeblichen, von frühe 8 Uhr nach Mittag, ist doch weniger nicht von Kayserl. unaufhörlich Feuer gegeben worden, damit die Schwedischen auch erfahren, daß ihre grobe Stücke (aber zu spät) ankommen wären.
Den 1. Juny ging die Schwedische Pacage meisten fort und ist damaln von beyden Theylen starck scharmuziret worden.
Den 2. Juny ist Gen. Baner mit öffentlichen abnemen der Gezelt und Hinterlassung eines Fasses[73] guten Francken-Weins in seinem gehabten Feld Quartir ligend, doch ohne ansteckung des Lägers, mit zurückverlassen etlicher Esquadronen Reuthern, und wenig Geschützes zum Hinterhalt, ob vielleicht die Kayserl., weil sie nicht heimlich, sondern öffentlich marchiret, ihnen nachsezen Courage hätten, so aber die Kayserl.
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eingestellet, aufgebrochen. Von da Er die Zeit über 1000 Schüß aus Stücken in die Stadt, Closter, Vorstadt, Mühlen, Hospital, Kirchen, Schul und Kayserl. Feld-Lager mit Stein, Eißen und Glüenden Kugeln,[74] doch ohne Frucht und Verlezung einiges Bürgers durch Gottes Gnad, auch wegen entzündung Feuers, vom 12. 14. 15. biß 23 und 24 Pfd. schwehr geschossen, und zurück auf Pößeneck, Neustädt und Jena marchiret, worüber dann die Kayserl. gleichsam erfreuet, welches Tages frühe der Schwedische Oberst Braun, so sich in Rudelstädt befunden, auch marchiret, und ist von den Kayserl. aus commendirten Trouppen das Städtlein nach Mittags ümb 1 Uhr biß andern Tages ümb 4 Uhr ausgeplündert, daß Schloß aber, von deme man sich gewehrt, erhalten worden.
Den 3. Juny marchirete Baner vollständig, zog öffentlich aus seinen retrenchementen und commendirete 3 Cartaunen zum Valete,[75] alß 2 in das Kayserl. Feld-Lager und eins in die Stadt loß zubrennen. Die Kayserl. aber spieleten über die maß dagegen in die Schwedischen Fuß-Völker, so mit den Stücken im nachzuge, die gaben aber wenig darauf, dann solch schiesen alles ümbsonst angelegt.
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Den 4. Juny hat ein Koch[76] seinen Capit. Leuten. mit Nahmen Johann Wentzel Poppel von Weitz[77] unter den Weisensteinischen Rgt. mit einem Messer, damit er Ihm 5 Stich geben, ermordet, aus Ursachen, daß er seines Weibes bei ihme gefürchtet, welcher in der Stadt-Kirchen begraben, und anderen Tages hernach dem Mörder die rechte Hand sammt den Kopf abgeschlagen, auf das Rad unter Garnßdorf, neben noch einen andern Delinquenten[78], gelegt und justificiret[79] worden.
Alß nun die Kayserl. vermeinet, die Schwedischen wären gänzlich marchiret und den rothen Berg quitiret, seynd etliche Trouppen zu recognosciren abgangen, welche aber von denen noch hinterhaltenen Esquadronen zurückgetrieben worden, die folgende Nacht aber seynd solche Völker eylend gänzlichen fortgegangen, worüber die Kayserl. froh und lustig, daß sie einmal ausschlafen können, sintemalen solche oft im besten Schlaf erschröcket, indem sie vielmals nächtlichen Lermen gehabt.
Den 6. Juny wurde die Kayserl. Pacage ingleichen voranzugehen commendiret und das erste Häupt-Quartier auf der Glaßhütte zur schmalen Buchen gemacht.
Den 7. Juny darauf ist die ganze Kayserl. Armee von der Stadt und Feld-Läger zwart mit guten Ordre, aber wegen Versprechung und Bezahlung des abgenommenen Getreydigs, Bier und Malzes, so sich auf ein ansehnliches belaufen[80] nach
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Schmiedefeld, Schmalen-Buch, Steinheide, Eißfeld und Hilperhausen zu, aufgebrochen, daselbsten sich die campirende Chur-Bayerische Reuterey und Fußvolck mit den Kayserl. conjungiret, mit Hinterlassung einer lebenden Salve Guarde von 54 Tragonern auf 3 Tagelang nach dem Franckenland gezogen.
Nachdem beyde Armeen auf 4 Wochenlang, auf 3 oder 4 guten Musqueten Schuß von der Stadt Saalfeld, die eine disseits, die andere jenseits der Stadt, gegen einander über gelegen, Land und Leute auf 2 oder 3 Meil weges herümb eußerstes verderbet, beneben den lieben Feld-Früchten und einiges Häuptsächliches dabey nicht ausgerichtet.[81] Auch hat der Baner den Kayserl. allzeit mehr Schaden und Abbruch gethan, alß ihm die Kayserl. wegen mangelung grober Stücke, und wird bei keinem Historico zu finden seyn, daß sich einige Armée in Thüringer Walde vor ihrem Feinde verschanzet habe.
Endlichen ümb solcher entstandener großen Unruhe, Gefahr, Schrecken, Noth und Angst beyde Arméen und sonderlich wegen der Catholischen Meßhaltung willen ist der lutherische Gottesdienst, Gebet und Schulexercitium[82] sehr verhindert gewesen, deßwegen auch zu verhütung großen Unheils gewisse Stunden gesezet worden, wann die lutherischen ihr Exercitium und die Catholischen ihre Messe halten solten. Und weiln wegen solcher beyderley religionis exercitio[83] und Begräbnüssen vielfeltiges Läuten verursachet, so ist von Erz-H. Dchl. angeordnet worden: Dieweil auch sonderlichen deßwegen der Baner einen Trompeter ümb abschaffung dessen mit betrohung herüber gesand, daß die ganze Zeit über alle das Geläute eingestellet, ernstlich verboten und nicht mehr dann ein einiges kleines Glöcklein zum Bedurf gerühret werden solte, so seynd auch die Päbstler, was nur vornehmes gewesen, so
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gestorben, von dem Feind ümbkommen oder sonsten ermordet, in die Stadtkirche begraben worden.
Nach dieser ausgestandenen großen Kriegs-Unruhe, allerhand Erschröcknüß und Gefährligkeit, hat sich bald hernach ein starckes giftiges Fieber nebenst andern Krankheiten, rothen und weißen Ruhr, Gelbsucht, Durchlauf, auch bösen Blattern[84] unter den jungen und alten Leuthen ereignet, also daß durch den zeitlichen Todt derer in 400 blötzlich nach einander seynd hingeraffet worden, ingleichen viel hundert Stück Viehe und Ochsen solche Zeit hingefallen und gestorben seynd.
Vor solchen aufkommenden sehr harten Land-Strafen hat sich begeben, daß im hiesigen Ambts Closter und aufm Rathhause in und außer der Stadt 3 oder 4 Wochen zuvor allerley prodigia[85] sich ereignet; alß 1) hat es im Closter alhier, in allen Gemachen, sowol Tages- alß Nachtszeit, sehr heftig gepoltert, daß man nicht gewust, wohin sich solches ziehen möchte. 2) Ist auf dem Rathhauße alhiero ein großer rumor[86] unter denen viel lange Jahre aufgehängeten Harnischen unversehener und unberuhrter Dinge, da doch die Riemen deßelben ganz verblieben, so wol die Hagken, in dem dieselben aufgehänget gewesen, unversehrt, ümb Mittags alß die Raths Herren zum theil in der Raths-Stuben gewesen, heruntergefallen und großes Schrecken gemachet. 3) Umb die Stadt herümb und auf den Gräbern haben sich etliche mal Reutereyen bei Nächtlicher Zeit, alß wenn viel Truppen vorhanden, hören lassen, und hat doch die Wache nichts ersehen können, und ob sich wol damalß niemand darein zu schicken vermocht, so hat es doch nunmehr der Außgang mit Schaden eröffnet.
Folget nun ein Verzeichniß, was bey sperrung der Pässe und mangelung Proviants und Fourage der Zeit in der Stadt das Getreyde und Geträncke gegolten, alß
1 Schl. Weitzen 10. 11. 12. 13 biß (?) Rthlr
Korn 6. 7. 8. 9 biß 10 Rthlr
Gersten biß 9 Rthlr
Haberen biß 7 Rthlr
1 Eymer[87] Bier biß 4 Rthlr
S. 23
Klein Bier[88] biß 2 Rthlr
Kofend[89] biß ½ Rthlr
1 Eymer[90] Landtwein biß 12 Rthlr
1 Maaß[91] Brandewein biß 1 Rthlr 3 gr
1 Tonne[92] Kraut biß 4 Rthlr
1 Nößel[93] Salz biß – Rthlr 6 gr
Signatum[94] Saalfeld am Tage Bartholomaei den 24. Augustj
Anno 1640.
[1] Quelle: Schriften des Vereins für Sachsen Meiningische Geschichte u. Landeskunde. 23. Heft (1. Oktober 1896), Hildburghausen 1896, S. 3-15.
[2] Bonner, Christian Victor [ – ] Bürgermeister von Saalfeld. Die kursiv gesetzten Anmerkungen und Ergänzungen stammen von dem Herausgeber BW.
[3] quitiren = aufgaben, verlassen
[4] gewendet = Anm. Trinks: Baner [10017] war durch Piccolomini und Breda nach Verlust fast seines ganzes Heeres aus Böhmen verdrängt und hatte in dem Gefecht bei Plauen [20.4.1640; BW] noch den Rest seiner Reiterei nebst Bagage eingebüßt.
[5] Misericordia Domini (Gnade des Herrn) = in der evangelischen Liturgie der 2. Sonntag nach Ostern
[6] Orila = Orla
[7] geschehen = Anm. Trinks: Der Schwedische Oberst Stallhantsch hatte damals erst den fünften und äußersten Schwibbogen der Brücke bei Saalfeld aufgraben wollen, wegen Festigkeit des Gemäuers dies Vorhaben aber aufgeben müssen und dafür den mittelsten Bogen abbrechen lassen, zu welcher „verfluchten“ Arbeit die Bürger mitzuhelfen gezwungen waren. S. Grobe, „Die Kriegsereignisse bei Saalfeld im Jahre 1640“ im Programm der Saalfelder Realschule. 1863, S. 3.
[8] : recognosciret = Anm. Trinks: recognosciret = auf Kundschaft gegangen
[9] in die 50 000 starck = Anm. Trinks: Das Kaiserl. Heer bestand bei der Anfang Mai erfolgten Musterung aus: „Fünf Generalspersonen: S. Hochfürstl. Durchl. Erzherzog Leopold, Generalfeldmarschall Graf Piccolomini, General-Wachtmeister Freiherr v. Breda [10069], General-Wachtmeister Traudisch [Trauditsch; BW], General-Quartiermeister … (Name nicht angegeben) [Ruck; BW], 17 Regimentern Kürisser und Archibusirer benebens 9 Regimentern Dragoner, 23 Regimentern andere leichte Pferde und 53 Regimentern Mußquetierer oder Fußvolk: welche Anzahl sich auf 102 Regiment und zu 40000 beloffen haben mögen.“ S. Thümmel, Kriegstage aus Saalfelds Vergangenheit, S. 3. Erzherzog Leopold Wilhelm war der Bruder Kaiser Ferdinands III 1637-57.
[10] Herzog Friedrich Wilhelm zu Sachsen = Anm. Trinks: Friedrich Wilhelm II, reg. 1639-1669, Nachfolger seines Bruders Johann Philipp, und der dritte aus der durch seinen Vater Friedrich Wilhelm I gestifteten Altenburger Linie, welche unter Friedrich Wilhelm III 1672 wieder erlosch.
[11] Feldschlange = Meist als Feldschlange bezeichnet wurde auch die „Halbe Schlange“: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 32-34faches Kaliber (10, 5- 11, 5 cm), schoß 8-10 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-30 Zentner, das Gesamtgewicht 34-48 Zentner. Als Vorspann wurden 10-16 Pferde benötigt.
[12] über 40.000 Mann effective stark = Anm. Trinks: Nach Thümmel S. 2 zählten die schwedischen Truppen zusammen 16.000 Mann. Dazu war gekommen der Oberst von Plettenberg [ …..] mit zwei Regimenten Infanterie und einem Kavallerie-Regiment – 21 Kompagnien oder 1500 Mann aus Eisfeld. Ferner waren eingetroffen am 6. Mai 6000 Mann Lüneburger unter Generallieutemant Hans Kaspar von Klitzing, weiter 14.000 Weimaraner, d. i. die Reste der vordem von Bernhard von Weimar befehligten Truppen, und Hessen, letztere unter Melander, erstere unter dem Herzog von Longueville und Marschall Guebriant. Es waren im Ganzen 22 Brigaden zu Fuß mit einer „wohlmuntirten Reuterei.“ Die Gesamtmacht betrug somit 38.000 Mann.
[13] über 200.000 stark gewesen sein sollen = Anm. Trinks: Wallhausen, defensio patriae (vgl. Thümmel S. 12) rechnet als unvermeidlich auf ein deutsches Fußregiment von 3000 Mann, 4000 Weiber, Jungen und anderen Troß, dazu 300 Wagen. Bei den Schweden war im Laufe der Zeit dasselbe Verhältnis eingetreten, so daß die Zahl der in und um Saalfeld zusammengedrängten Menschenmassen einschl. der Einwohner der Stadt auf 130–140000 Menschen angenommen wird.
[14] fortificiret = verschanzt
[15] recognosciren = auskundschaften, aufklären
[16] Weyerau = Anm. Trinks: Die gegenwärtige Bezeichnung der zwischen Altsaalfeld und Gorndorf liegenden Flurabteilung „Weira“ oder „Weyra“ findet also hier ihre Erklärung: Au in der Weyer, wie der dortige Bach heißt.
[17] scharmuziren = sich kleinere Gefechte liefern
[18] Anno-Flaur = Anm. Trinks: Zwischen der Rudolstädter Straße und Graba, benannt nach dem Bischof gleichen Namens.
[19] flangiren = in die Seite fallen, von der Seite her anfallen
[20] scharmuziren = sich kleinere Gefechte liefern
[21] Stephan Baluctz Nabocsca = Anm. Trinks: Anderwärts Baloch Naboiska geschrieben. Möglicherweise ist hier Petrowitz, Stephan [ – ] kaiserlicher Kroatenobrist gemeint.
[22] siezend blieben = gefallen, getötet worden
[23] exenteriret = der Leichnam geöffnet
[24] seinem Verlaß nach = Anm. Trinks: D. i. seiner letzten Willensmeinung nach.
[25] Balvi = Anm. Trinks: Palffy war schon ein Jahr vorher in Böhmen gefallen. Pálffy, Stephan Graf [ – 1639] Kaiserlicher Obrist der leichten Reiterei, bekannt geworden dadurch, dass seine Husaren den aus dem Gefängnis geflohenen Grafen Johann Philipp Cratz von Scharfenstein (6.7.1635 hingerichtet) an der schlesischen Grenze wieder einfangen konnten.
[26] Schlangen = Anm. Trinks: Slang, Schlang, Schlange.
[27] Stück Kugel = Kanonenkugel
[28] Birsch Rohr = Jagdbüchse
[29] scharmuziren = sich kleinere Gefechte liefern
[30] Halbe Kartaune = langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 32-34faches Kaliber (10, 5 – 11, 5 cm), schoß 8-10 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-30 Zentner, das Gesamtgewicht 34-48 Zentner. Als Vorspann wurden 10-16 Pferde benötigt.
[31] Schmelzhütten = Anm. Trinks: Jetzt Zubehör der „Saalfelder Farbenfabriken, vormals Bohn & Lindemann“ und der Farbenfabrik der Firma Gernhardt & Schönherr.
[32] Pulver Mühlen = Anm. Trinks: Beim Saalthor da, wo früher der Knabesche Garten nach der Saale zu endete, gelegen. Nach Grobe a. a. O. S. 6 sind dieselben mehrmals, zuletzt 1813, aufgeflogen, wieder aufgebaut, noch in den zwanziger Jahren im Gang gewesen und dann abgerissen worden.
[33] Bredau = Anm. Trinks: Hans Rudolf Freiherr von Bredaw (Breda) wurde am 15. [14.] November 1640 bei Belagerung der Feste Ziegenhain von Reinhold von Rosen besiegt und durch einen Schuß des Ziegenhainer Bürgers Jakob Muhly getötet.
[34] siezend blieben = gefallen, getötet worden
[35] Hütten lache = Anm. Trinks: Arm der Saale bey der früheren Schmelzhütte.
[36] Pässe = Anm. Trinks: Eiba – Oberloquitz – Probstzella – Ludwigsstadt – Rothenkirchen, sodann Arnsgereuth oder Wittmannsgereuth – Reichmannsdorf – Schmalbuche – Steinheid – Eisfeld und Arnsgereuth – Gräfenthal – Judenbach – Coburg – Kronach.
[37] schmalen Buche = Anm. Trinks: Schmalbuche [Schmalenbuche] bei Neuhaus a. R.
[38] Klein-Bier = GRIMM; GRIMM Bd. 11, Sp. 1105: „KLEINBIER [Lfg. 11,5], n. kofent, wol nordd., wie nl. klein bier […], vgl. übrigens kleienbier“. GRIMM; GRIMM Bd. 11, Sp. 1086: „KLEIENBIER [Lfg. 11,5], n. ein geringes bier, aus der kleie bereitet, kofent, kleienkofent, nordd. Scharbier“.
[39] Kofent = GRIMM; GRIMM Bd. 11, Sp. 1574: „1) so heiszt das dünne bier, dünnbier, das nach dem bier durch aufgusz auf die träbern entsteht, nachbier, afterbier, auch speisebier, tafelbier, tischbier und mit andern namen, wie scherp, schemper, bair. hainzel, schles. langfel; hie und da unterscheidet man noch nachbier als ersten und kofent als zweiten nachgusz“.
[40] Reiche und arme Hospital = Anm. Trinks: Da das von dem deutschen Ritterorden im 13. Jahrhundert gegründete, mit der Marienkapelle verbundene Hospital in der Saalgasse bei dem großen Brande 1517 abgebrannt war, so kann hier nur der Siechhof und das von Eckhart von Enzenberg 1442 gestiftete Jakobspital am Saalthore in Frage kommen, welches 1813 abgetragen wurde. Wagner-Grobe, Chronik S. 235.
[41] Kirchen vor der Stadt = Anm. Trinks: Es kann sich hier nur um die St. Gehülfenkapelle auf der Brücke, das Kirchlein am Siechhof und die Gottesackerkapellen zu Garnsdorf und zu St. Michael in Altsaalfeld handeln. Wagner-Grobe, Chronik S. 175, 184, 185.
[42] 301200
[43] Schindanger = Anger, auf dem der Schinder (Abdecker) dem toten Vieh die Haut abzog.
[44] Flauer = Flur = Boden(fläche), Saatfläche
[45] Marksteine = Grenzsteine
[46] Faschinen = Holzwälle, Reisig, Bündel, Rutenbündel
[47] abgegraben worden = Anm. Trinks: bei Boner findet sich noch der Zusatz „und anders wohin geleitet worden“, wodurch der Satz erst seinen Sinn erhält.
[48] Glühende Kugeln = Kugeln, die vor dem Abfeuern erhitzt wurden und die Dächer und Böden in Brand setzen sollten, an sich weniger problematisch, sobald die Dächer und Böden befeuchtet bzw. auf den Dachböden Sand aufgeschüttet wurden. Vor allem nachts hatten sie jedoch psychologische Wirkung.
[49] Unluft = unbekannter Begriff für Unrat ?
[50] Feldmeister = Abdecker, Schinder
[51] Butte = Gerät, das sowohl stehend als auch liegend gebraucht, auch auf dem Rücken getragen wird.
[52] Pfennig = 1 Groschen = 12 Pfennige
[53] erkaufen müßen = Anm. Trinks: Es ist auffällig, wie hier im Gegensatz zu der seitherigen sorgfältigen Darstellung eine Reihe unvollständiger Sätze aneinander gefügt ist.
[54] Barte = GRIMM; GRIMM Bd. 11, Sp. 1143: „der spitze oder schneidende theil des werkzeugs mit einem bartähnlichen widerhaken“.
[55] Karst = Hacke mit zwei Zähnen, die im Feld- und Weinbau verwendet wurde.
[56] Verhauung = Durch Fällen von Bäumen und auch das Anlegen von Schießunterständen wurden wichtige Nachschub- und Transportwege bzw. Pässe unbefahrbar gemacht.
[57] Pässe = Anm. Trinks: Eiba – Oberloquitz – Probstzella – Ludwigsstadt – Rothenkirchen, sodann Arnsgereuth oder Wittmannsgereuth – Reichmannsdorf – Schmalbuche – Steinheid – Eisfeld und Arnsgereuth – Gräfenthal – Judenbach – Coburg – Kronach.
[58] Mercy, Franz Freiherr de (von), Herr von Mandre und Collenberg [zwischen 1589 und 1590 – 3.8. 1645] Mercy stammte aus Lothringen und war der wohl fähigste kurbayerische Generalfeldmarschall. Als Obristwachtmeister nahm er unter Tilly Kommando an der Schlacht bei Breitenfeld (17.9.1631) teil, 1633 wurde er Obrist in Konstanz. Am 29.8.1634 musste er trotz tapferer Verteidigung die Festung Rheinfelden an Bernhard von Sachsen-Weimar übergeben. Am 30.4.1635 wurde er kaiserlicher Generalwachtmeister, im Juli 1638 mit Billigung Ferdinands III. bayerischer Generalfeldzeugmeister. 1640 konnte er Franken erfolgreich gegen Banér verteidigen, Anfang 1641 gelang es ihm, Banér vor Regensburg zu vertreiben und Banérs Nachhut am 27.3. 1641 bei Neuburg vorm Walde zu besiegen. Im Sommer 1641 lag er als Unterführer vor Wolfenbüttel, 1642 wurde ihm die selbstständige Verteidigung Schwabens übertragen. 1643 zum Generalfeldmarschall befördert gelang ihm am 24.11. 1643 ein großer Sieg bei Tuttlingen, am 11.5.1643 die Einnahme Überlingens und am 27.7. die Freiburgs, am 5.8.1644 ein wichtiger Sieg gegen Turenne und Louis II. Prinz von Condé, den Herzog d’Enghien. Am 5.5.1645 gelang ihm bei Mergentheim erneut ein großer Sieg über Turenne, der fast die Hälfte seiner Truppen verlor. Am 3.8.1645 wurde Mercy in der Schlacht bei Allerheim gegen Condé von einer Kugel aus den eigenen Reihen getötet. Sein Tod bedeutete für die bayerische Armee einen unersetzlichen Verlust.
[59] Gilli de Hass = Anm. Trinks: Die Führer der bairischen Truppen, Merci […….], Feldzeugmeister, Hatzfeld [10186] und Geleen [ 10150], Generale, und Gilli de Hafi [10177], Oberst.
[60] Diversion = Ablenkungsmanöver, Vorstoß auf einem Nebenkriegsschauplatz, unerwarteter Angriff, um den Gegner zum Abzug zu veranlassen, um seine Fortschritte zu unterbinden.
[61] Carette = leichte Kutsche
[62] Saalfeldischen Kirche = Anm. Trinks: Die Gottesackerkapelle zu St. Michael. Auf dem Grund und Boden des Gottesackers und der Kapelle wurde später das Gemeindehaus von Altsaalfeld errichtet, das nach der Einverleibung Altsaalfelds in Saalfeld verkauft wurde und anderweiten Bauten Platz machte.
[63] Scharmützel = kleines Gefecht
[64] Bilbizer = Anm. Trinks: Beulwitz wird im Volksmund heute noch Bilbitz genannt.
[65] Ampts Closter = Anm. Trinks: D. i. das Benediktinerkloster. Das Barfüßerkloster wurde bereits 1533 als Knabenschule verwendet.
[66] scharmutziren = sich kleine Gefechte liefern
[67] Banerin = Anm. Trinks: Elisabeth Juliane geb. Gräfin von Erbach [10122], Witwe des Grafen Georg Ludwig von Löwenstein, Herrn zu Scharfeneck [10267]. Die Stelle auf dem Rothenberg, wo die Gräfin verschied, wurde deshalb später der „Banneracker“ genannt. Baner vermählte sich übrigens schon am 16. September desselben Jahres anderweit zu Arolsen mit einer Prinzeß von Baden-Durlach. – S. Grobe, Progr. S. 7.
[68] Blut geregnet = rotgefärbte Bestandteile des Aërosols, die durch Niederschlag wieder gefällt werden. Blutregen gilt als Prodigium, als Zeichen für Pest, Krieg und bevorstehende Schlachten.
[69] Goller = (Leder-)Koller; aus Hirsch- oder Büffelleder gefertigter Leibrock
[70] Die meisten Catholischen aber = Anm. Trinks: Der Wiederspruch mit dem vorangehenden Satz ist nur scheinbar. Die Worte in letzterm „auf der Kayserl. Seiten“ bedeuten nämlich offenbar „für die Kayserl.“
[71] mit Prügeln zu todte schlagen = Dahinter stand die abergläubische Vorstellung, dass man damit auch sogenannte „kugelfeste“ Soldaten, die sich mit magischen Praktiken geschützt hatte, töten könnte.
[72] Feldschlange = Meist als Feldschlange bezeichnet wurde auch die „Halbe Schlange“: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 32-34faches Kaliber (10, 5- 11, 5 cm), schoß 8-10 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-30 Zentner, das Gesamtgewicht 34-48 Zentner. Als Vorspann wurden 10-16 Pferde benötigt.
[73] Fass = 997, 08 Liter in Schwarzburg-Rudolstadt (Unterherrschaft)
[74] Glühende Kugeln = Kugeln, die vor dem Abfeuern erhitzt wurden und die Dächer und Böden in Brand setzen sollten, an sich weniger problematisch, sobald die Dächer und Böden befeuchtet bzw. auf den Dachböden Sand aufgeschüttet wurden. Vor allem nachts hatten sie jedoch psychologische Wirkung.
[75] Valete = Abschied
[76] N, N [ – ] Koch des Wenzel Poppel von Weitz.
[77] Poppel von Weitz, Johann Wenzel [ – ] Kapitänleutnant im kaiserlichen Regiment Maximilian von Waldstein [10524]
[78] Delinquent = verurteilter Straftäter
[79] justificiret = gerichtet
[80] auf ein ansehnliches belaufen = Anm. Trinks: Hier fehlen einige ergänzende Worte, dahin gehend, daß das Versprechen der Zahlung nicht eingehalten worden.
[81] dabey nicht ausgerichtet = Anm. Trinks: Der Nachsatz fehlt:
[82] Schulexercitium = Schulunterricht
[83] religions exercitio = Religionsausübung
[84] Böse Blattern = Pocken („Variola“),, eine sehr ansteckende, akute, sowohl endemisch als episch auftretende Infektionskrankheit. Hier sind entweder die schwersten Formen der Pocken, die „Schwarzen Blattern“ („Variola haemorrhargica“) mit Blutungen in den Pusteln, oder die „Purpura variolosa“, bei der das Ansteckungsstadium nur 6 bis 10 Tage betrug, gemeint. Im letzten Fall kam es zu ausgedehnten Hautblutungen bzw. Blutungen in die Schleimhäute und inneren Organe. Ihre Letalität lag bei bis zu 90 %, sie wurde im Mittelalter oft mit der „Schwarzen Pest“ verwechselt. Vgl. WINKLE, Kulturgeschicht,e S. 831ff.
[85] Prodigia = Wunderzeichen
[86] Rumor = Aufruhr, Lärm
[87] Eimer = 1 Eimer = 72 Maß zu 2 Kärtchen/Nösel = 66, 997 Liter (Saalfeld)
[88] Klein-Bier = GRIMM; GRIMM Bd. 11, Sp. 1105: „KLEINBIER [Lfg. 11,5], n. kofent, wol nordd., wie nl. klein bier […], vgl. übrigens kleienbier“. DWB 11, Sp. 1086: „KLEIENBIER [Lfg. 11,5], n. ein geringes bier, aus der kleie bereitet, kofent, kleienkofent, nordd. Scharbier“.
[89] Kofent = GRIMM; GRIMM Bd. 11, Sp. 1574: „1) so heiszt das dünne bier, dünnbier, das nach dem bier durch aufgusz auf die träbern entsteht, nachbier, afterbier, auch speisebier, tafelbier, tischbier und mit andern namen, wie scherp, schemper, bair. hainzel, schles. langfel; hie und da unterscheidet man noch nachbier als ersten und kofent als zweiten nachgusz“.
[90] Eimer = 1 Eimer = 72 Maß zu 2 Kärtchen/Nösel = 66, 997 Liter (Saalfeld)
[91] 1 Maß = 2 Kärtchen = 0, 93 Liter (Saalfeld)
[92] Tonne = 1 Tonne = möglicherweise 64, 5 Liter (Saalfeld)
[93] Nösel = 1 Nösel = ca. 0, 5 Liter (Schwarzburg)
[94] Signatum = gezeichnet