Saint-Chamont, Melchior Mitte, marquis de; Gesandter [um 1586 – 1649]
„Werth war wegen Ehrenbreitsteins[1] baldiger Kapitulation so zuversichtlich, weil er durch Überläufer hinreichend über die Not der französischen Besatzung unterrichtet war. Auf Entsatz hatten sie nicht zu hoffen; keine verbündete Armee war in der Nähe, um die Belagerer zu vertreiben, so dünn deren Postenkette auch sein mochte, da die kalte Jahreszeit die Bayern in die Quartiere trieb. Im Auftrage des Kardinals Richelieu versuchte der französische Gesandte Marquis de Saint-Chamont,[2] der sich in Wesel[3] aufhielt, einen bedeutenden Lebensmitteltransport in die Festung zu werfen. ‚Die Holländer gaben Rat und Wagen, die Franzosen Gold und Unkosten, die Hessen Volk zu diesem Zuge‘. Der hessische Generalleutnant Melander stellte dem französischen Diplomaten zum Entsatz von Ehrenbreitstein elf Kornetts Reiter und 400 Musketiere zur Verfügung, die der hungernden Besatzung einen großen Wagenzug von über 100 Karren mit Lebensmitteln, die z. T. in Holland gekauft worden waren, zuführen sollten. Zum Transportführer wurde der hessische Obristleutnant Durmenstein bestimmt, der sich am 23. Januar von Dorsten[4] aus in Bewegung setzte, nachdem sich Melander von Saint-Chamont die Zusicherung hatte geben lassen, daß alle Unkosten, auch die eventuelle Auslösung hessischer Gefangener, von Frankreich getragen würden. Aber Jan von Werth hatte rechtzeitig von dem Anschlag Kunde bekommen und nahm sich vor, den hessischen Konvoi ungesäumt abzufangen. Mit geringer Bedeckung verließ er Köln, zog das Regiment ‚Neu-Werth‘ und Gaylings Reiter an sich, nahm 350 Musketiere mit und marschierte stromaufwärts; der Rhein, auf dem Eisschollen trieben, wurde überquert, die Nacht des 31. Januar hindurch marschiert. Durch Kundschafter benachrichtigt, daß der hessische Geleitzug in der Nähe sei, legte er im Morgengrauen zwischen Grenzhausen[5] und Ehrenbreitstein einen Hinterhalt. Die Hessen, deren Marsch durch Regenwetter und schlechte Wege verzögert worden war, hatten bereits in der Nähe der Festung ein Nachtlager bezogen und warteten, daß französische Führer ihnen, wie verabredet, den Weg wiesen. Doch der Kommandant de La Saludie wollte von seiner zusammengeschmolzenen Mannschaft keine Leute aufs Spiel setzen und verwarf den Vorschlag des Colonels Montaigu, mit 50 Musketieren den Wagen sicher in die Festung zu geleiten. So sahen die Hessen im Angesicht Ehrenbreitsteins ‚eine halbe Stunde vor der Festung‘ die bayerischen Reiter unter persönlicher Führung Werths anreiten. Ihr Führer ließ eiligst eine Wagenburg bilden und aus zwei Geschützen feuern. Die erste Attacke Werths wurde zwar abgewiesen, doch die zweite drang in die Wagenburg ein und die hessischen Reiter wandten sich zur Flucht. Durmenstein, der das Fußvolk kommandierte, fiel, der Anführer der hessischen Reiter, Obristleutnant Andreas Haumann, zwei Kapitänleutnants und der französische Begleitkommissar wurden gefangen, alle 117 Karren und Wagen erbeutet. Auf bayerischer Seite war Werths Obristleutnant gefallen, auch Gayling empfing eine Schußwunde, ebenso drei Kornetts, deren einer daran starb“.[6]
[1] Ehrenbreitstein [Stadt Koblenz]; HHSD V, S. 86f.
[2] Vgl. TISCHER, Französische Diplomatie, S. 168.
[3] Wesel [LK Rees]; HHSD III, S. 773ff.
[4] Dorsten [LK Recklinghausen]; HHSD III, S. 165f.
[5] Grenzhausen, heute Stadtteil von Höhr-Grenzhausen.
[6] LAHRKAMP, Werth, S. 70f.