Pissinger [Pißinger, Bisinger ?], Hans Friedrich

Pissinger [Pißinger, Bisinger ?], Hans Friedrich; Obrist [ – ] Pissinger stand als Obristleutnant bzw. Obrist in kurbayerischen Diensten. Möglicherweise handelt es sich um jenen Kapitän Bisinger, der kaiserlicher Kapitän im Regiment Daniel Hebron war und ab Oktober 1627 in Wismar[1] lag.

„Unerträglich aber wurde die Lage der Stadt schon dadurch, daß die Kaiserlichen die Kapitulationsbedingungen nicht innehielten. Mochte es auch tatsächlich nicht zu bedeutungsvoll sein, so kennzeichnet es doch die Lage der Dinge, daß Stadtschlüssel nur die Offiziere in Händen hatten. Aber auch die Gerichtshoheit des Rates ward nicht immer gewahrt. Am 15 Februar 1628 z. B. beschwerte sich ein Bürger, daß er auf Hebrons Befehl ohne jede Schuld aus einem Krug heraus in Haft genommen sei; erst auf Eingreifen des Rates wurde er nach mehreren Stunden dessen Jurisdiktion übergeben. Ganz besonders jedoch litt die Stadt unter der Disziplinlosigkeit der Soldaten. Da wird über Einbrüche und Diebstähle geklagt, über Unsicherheit aus den Straßen, Ausschreitungen betrunkener Soldaten, über Niederreißung von Zäunen und Ställen, deren Holz dann für die Wachtfeuer gebraucht wurde, usw. Den Gebäudeschaden schätzte die Stadt bereits im ersten Winter auf 50000 Gulden ein. Man glaubte geradezu, die Hauptleute steckten mit ihren Soldaten unter einer Decke und bekämen ihren Anteil an jeder Beute, die diese aus Einbrüchen und Diebstählen gewönnen. Bezeichnend für die Gesinnung ,der Garnison ist die Antwort, die ein Soldat, der am 1 März 1628 wegen Diebstahls stranguliert ward, gab; er wies das Abendmahl mit den Worten zurück, er hätte es im Leben nicht gebraucht, was solle er jetzt damit. Und weiter: Schon am nächsten Tage wurde wieder ein Wachtmeister auf dem Markt mit dem Schwerte hingerichtet, weil er einen Leutnant erschossen hatte. Schließlich ein Gegenstück dazu: Am 28. April 1628 gab ein Deserteur vor seiner Hinrichtung als Grund für seine Fahnenflucht Überdruß an dem gottlosen Leben der Soldaten an.

Daß der Kapitulationsvertrag nicht innegehalten wurde, zeigt sich auch, wenn wir nunmehr die Stärke der Garnison sowie die Geld= und Naturalleistungen der Stadt an sie betrachten. Es waren zehn Kompagnien eingerückt unter dem Obristen Hebron und den Kapitänen Johann Gordon, der zugleich Obrist=Wachtmeister war, Mandit, Zeche, Krumkow, Bisinger, Wopersnaw, Bernhard, Oertz, Wiedenbach und Odewalßky. Für die Verpflichtungen der Stadt ihnen gegenüber galten Arnims Anordnungen vom 18./28. Oktober 1627. Hiernach war mit den Ständen vereinbart, daß diese für drei Monate Sold aufbringen sollten. Davon hatten die Offiziere und Soldaten sich selbst zu verpflegen, nur soll jeder Obrist außerdem täglich für 12, ein Rittmeister für 6, ein Hauptmann für 4, ein Leutnant und Fähnrich für 2 Pferde Futter, und zwar für jedes Pferd „ein Viertt“ erhalten, und es müssen den gemeinen Soldaten die gewöhnlichen servitia gegeben werden. Für den Fall aber, daß nicht sofort für einen Monat Sold gegeben werden kann, sollen die Offiziere „ettwas an Gelde“, die gemeinen Soldaten “ nottürfftig“ Futter, Essen und Trinken bekommen, und zwar ein Viert Gerste täglich aufs Pferd und auf jede Person 2 Pfund Fleisch, 2 Pfund Brot, 3 Maß Bier. Diese Leistungen sollen später, „nach dem gewißen Taxt, so aniezo zuverferttigen untterhanden,“ „an Gelde hinwiederumb abgezogen “ werden. Auch einige der Einzelbestimmungen mögen genannt sein, so, daß kein Soldat von seinem Wirte Geld erpressen oder ihm Gäste ins Haus führen dürfe, und daß nur die hohen Offiziere Anspruch auf eigenes Feuer und Licht hätten, dagegen kein Soldat sich selbst Holz holen oder gar Zäune und Häuser abbrechen dürfe. Für die Wachen sollen wöchentlich drei Faden Holz geliefert werden. Kein Soldat dürfe ohne Erlaubnis seines Offiziers aus dem Tore gehen oder nach neun Uhr sich in einem Bier= oder Weinhaus oder auf der Straße sehen lassen.

Alle Bagagepferde sollen vor Einzug in die Quartiere abgeschafft werden. Schließlich werden ausdrücklich Schatzungen an den Toren verboten. – Was aber unter dem “ ettwas an Gelde“ (s. o.) zu verstehen war, ersehen wir etwa aus einem Verzeichnis über die Zahlungen, die bis zu Wallensteins fernerer Anordnung wöchentlich an die Offiziere zu leisten waren: Hauptmann 50 Rtlr., Leutnant 20, Fähnrich 15, Feldwebel 8, Furier 4, 2 gemeine Webel je 3, Feldschreiber 4, Feldscherer 3, 4 Korporale je 2, 4 Spielleute je 1 1/2, 4 Landespassaten je 1 1/2 Rtlr., 24 Gefreite je 2 Pletze.

Nun wurde aber Wismar nicht allein die Besoldung oder Unterhaltung der eintausend Mann des Kapitulationsvertrages auferlegt. Unter dem 18. Oktober 1627 beschwert sich die Stadt bei dem Herzog, ihr würde jetzt zugemutet, ein ganzes Regiment Fußvolk von 3000 Mann zu besolden. „Unnd daß die Besazung allein uff die 1000 Mann gemeinet sein solle, nichts destoweniger aber die ubrigen deß ganzen Regimentts auch von unß uff drey Monatt besoldet werden sollenn, welches dan zu unsern Quoten allein jedes Monatt 25000 Reichsthaler sich belauffen thutt.“ Außerdem solle die Stadt für den Stab, „wie eß genennet, oder zu deß Obristen selbst eignen Tisch unnd Untterhalttung, darunter gleichwoll alle andern Officirer deß ganzen Regimentts gerechnet werden sollenn, wochentlich 500 Rthaler, und dan zum Dritten uff 110 Pferde für daß ganze Regiment an Habern 55 Scheffel teglich, ohne Hew und Strow, davon sich der Haber allein miss 25 Drombt 1 Scheffel wochentlich belauffen thutt, entrichten.“ Auf die Bitte um Einberufung eines Landtages, der Wismar von diesen unerfüllbaren Verpflichtungen befreien sollte, kam vom Herzog nur die Antwort, er erwarte stündlich die Ankunft des Obristen Arnim und wolle mit ihm über diese Angelegenheit sprechen; auch sollte sein Abgesandter an Wallenstein mit diesem darüber verhandeln. Aber es möchte bis auf Wallensteins weitere Entscheidung mit der Unterhaltung des ganzen Regiments eingehalten werden“.[2]

Pissinger nahm an der Schlacht bei Wittstock[3] teil.

In schwieriger Lage besiegte Báner am 4.10.1636 bei Wittstock überraschend die siegessicheren Sachsen und Brandenburger. „Einen solchen unerwarteten Gegenstoß arrangierte er jetzt im nördlichen Brandenburg. Elf Tage lang spielte sich dort ein merkwürdiges Schauspiel ab. Wie zwei Boxer umkreisten die zwei Heere einander; die schwedische Armee wie ein verbissener und selbtbewußter Fliegengewichtler, der immer wieder den Schlagabtausch sucht, während der großgewachsene Widersacher – verwirrt und nicht wenig verängstigt durch seinen aggressiven Gegner – immer wieder ausweicht. Aber am Samstag, dem 24. September, stellte Banérs Heer seinen Gegner in dem hügeligen, bewaldeten Terrain unmittelbar südlich der kleinen Stadt Wittstock. Die Kaiserlichen und die Sachsen hatten beschlossen, ihre Gegner auf einigen sandigen Höhen, dem Scharfenberg, zu empfangen; der Sicherheit halber hatten sie einen Teil der Front mit sechs in aller Hast gegrabenen Schanzen und einer Mauer zusammengeketteter Troßwagen gedeckt. Ihre Befehlshaber warteten lange darauf, daß sich die schwedischen Truppen auf den offenen, sumpfigen Feldern vor ihrer Front offenbarten, um sich wie bei Nördlingen[4] in geordneten Formationen von der zahlreichen Artillerie niedermähen zu lassen. Aber statt dessen kam die Meldung, daß die schwedischen Truppen völlig unvermutet und gegen herkömmlichen Brauch durch einen Wald aufmarschiert waren, an den sich der linke Flügel der vereinigten Armeen anschloß, und daß sie schon gut geordnet bereitstanden, um die kaiserlichen und sächsischen Truppen zu überflügeln ! Letztere waren daher gezwungen, ihre schönen Schanzen und ihre feine Wagenburg zu verlassen und gegen die angreifenden Schweden umzuschwenken. Dann begann die Schlacht.

Sie dauerte Stunde um Stunde. Wie gewöhnlich war es kein richtig geordneter Kampf, sondern eher nur ein rhapsodischer Wirrwarr von Schwadronen und Brigaden, die ein ums andere Mal im Rauch aufeinanderprallten. Beide Seiten verfügten über große Kavallerieverbände, und diese waren bald in eins der blutigsten und ausgedehntesten Reitergefechte des ganzen Krieges verbissen – Schwadronen prallten für einige kurze, verwirrte Augenblicke aufeinander, während die wogenden Reiter (die Gesichter schwarz von Pulverstaub und weiß vor Schrecken) wild mit den Degen in die Luft hieben und ihre schweren Pistolen aufeinander abfeuerten: dann kämpften sie sich frei, wie Ringer, ordneten ihr Glied und ritten aufs neue an. Oft entschieden die Pferde über die Dauer der Schlacht. Sie hielten in der Regel nicht länger als vier, fünf Stunden Kampf durch, dann mußte der Verband aus dem Feuer genommen werden. Über dem Ganzen waren das Dröhnen der Schüsse, das Klappern der Harnische, das Splittern von Piken, das Wirbeln von Trommeln und die Silbertöne von Trompeten und Pfeifen zu hören, gemischt mit den Schreien der Verwundeten und Rufen der Kämpfenden. […] Banér selbst schrieb später in einem Brief, einen so »grausamen« Kampf habe er bis dahin noch nie gesehen.

Es fehlte nicht viel, und es wäre für die Schweden schlecht ausgegangen. Nicht genug damit, daß sie zahlenmäßig unterlegen waren: Banér hatte auch noch kurz vor der Schlacht seinen gesamten linken Flügel unter King auf einen langen und unerhört gewagten Flankenmarsch durch morastiges und waldiges Gelände geschickt; er sollte nach einiger Zeit im Rücken der Vereinigten auftauchen. Nur selten hatte ein General die Nerven, im Kampf ein so riskantes Manöver zu versuchen, aber Banér wagte es. Das Problem war nur, daß der linke Flügel ausblieb. Währenddessen wurden Banérs Verbände langsam von dem überlegenen Feind zermürbt. Die aus Nationalschweden bestehende Schwedische Brigade wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen und »fast ganz ruiniert«; von den 892 Männern des Verbands wurden fast zwei Drittel getötet oder verwundet. Die schwedischen Streitkräfte standen kurz vor dem Zusammenbruch, als ferner Kampflärm verkündete, daß King und die Männer des linken Flügels schließlich wieder zum Schlachtfeld gefunden hatten. Der Druck ließ sogleich nach, die Kaiserlichen wichen zurück, doch der einbrechende Abend setzte weiteren Kämpfen ein Ende.

Die beiden Heere biwakierten auf dem Schlachtfeld und entzündeten nur wenige hundert Meter voneinander entfernt ihre Lagerfeuer. Die Nacht wurde ruhig – nur vereinzelte Schüsse waren aus dem Dickicht zu hören; das waren die ständigen Begleiter der Schlachten, die Marodeure, die umherstreiften und die Toten und Verwundeten ausplünderten. Die anderen warteten auf den Tag und den Tod. In der Frühe des kalten Sonntagmorgens nahmen die schwer mitgenommenen schwedischen Verbände Aufstellung und rückten – sicher mit einem inneren Beben – aufs neue gegen die Höhen vor, die sie am vorhergehenden Tag vergebens zu erstürmen versucht hatten. Zu ihrer Verwunderung begegnete ihnen Schweigen. Die Sachsen und die Kaiserlichen hatten während der Nacht das Schlachtfeld verlassen. Sie fanden nur Reihen von verlassenen Kanonen (alles in allem 33 Geschütze; eins davon ein Dreipfünder, den Gustav Adolf 1631 seinen damaligen Verbündeten geschenkt hatte, der aber nun gegen die Schweden verwendet worden war; 24 der anderen waren schön gegossene Stücke mit Abbildungen von Wilden auf den Rohren), 180 Munitionswagen (ein Teil davon in tausend Stücke gesprengt, andere unbeschädigt und vollbeladen mit hochwillkommenem Pulver) sowie natürlich unglaubliche Mengen von Toten und Verwundeten. Ein Augenzeuge beschreibt das Grauen des Schlachtfeldes wie folgt: Die Erde, deren Gewohnheit ist, die Toten zu bedecken, war damals am selbigen Ort selbst mit Toten überstreut, welche auf unterschiedliche Manier gezeichnet waren, Köpf lagen dorten welche ihre natürlichen Herren verloren hatten, und hingegen leiber, die ihrer Köpf mangleten; etliche hatten grausam- und jämmerlicher Weis das Ingeweid herauß, und andern war der Kopf zerschmettert und das Hirn zerspritzt; da sah man, wie die entseelten Leiber ihres eigenen Geblüts beraubet und hingegen die lebendigen mit fremdem Blut beflossen waren, da lagen abgeschossene Arm, an welchen sich die Finger noch regten, gleichsam als ob sie wieder mit in das Gedräng wollten, hingegen rissen Kerles aus, die noch keinen Tropfen Blut vergossen hatten, dort lagen abgelöste Schenkel, welche ob sie wohl der Bürde ihres Körpers entladen, dennoch viel schwerer worden waren, als sie zuvor gewesen; da sah man zerstümmelte Soldaten um Beförderung ihres Tods, hingegen andere um Quartier und Verschonung ihres Lebens bitten. Summa summarum: da war nichts anders als ein elender jämmerlicher Anblick !

Die nachsetzende schwedische Reiterei brauchte nur der Spur von verwundeten Soldaten, fortgeworfenen Kleidern, liegengelassenen Waffen und zu Bruch gefahrenen Troßwagen zu folgen, die nach Südwesten führte. Innerhalb weniger Stunden wurden große Teile des fliehenden Heeres zersprengt und auf den schmalen Wegen, die von Wittstock wegführten, niedergeritten; als man später die Beute zusammenzählte, waren unter anderem 151 Fahnen und Feldzeichen – die Ablieferung eines eroberten Feldzeichens wurde mit zwischen 10 und 30 Reichstalern belohnt, die Kanzlei des Kurfürsten, seine vergoldete Karosse sowie sein gesamtes Tafelsilber darunter“.[5]

[1] Wismar [Kr. Wismar]; HHSD XII, S. 133ff.

[2] WIEGANDT, Wismar, S. 23ff.

[3] Wittstock [Kr. Ostprignitz/Wittstock]; HHSD X, S. 394ff.

[4] Nördlingen [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 525ff.

[5] ENGLUND, Verwüstung, S. 157ff.

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