Marschalk [Marschalck, Marschall], Philipp Ernst

Marschalk [Marschalck, Marschall], Philipp Ernst; Obristleutnant [ – ] Marschalk war ligistischer Hauptmann. Er lag ab 1629 in Osnabrück.[1] Bei dem Osnabrücker Chronisten Bellinckhausen wird Marschalk des öfteren erwähnt. Lythmann, ein Jude, hatte als Soldat 1629 unter Marschalk in Osnabrück gedient. „A[nn]o 1629 war ein getaufter oder geborner Jude in Oßnabrugk unter der haubtmanschafft Marschalcks mit namen Lythmannus. Der hat sich hie im Thumb bey uns taufen laßenn, ist ein Christ worden, unser G[nadiger] F[urst] und herr [Franz Wilhelm v. Wartenberg; BW] hat ihn den namen gebenn und genennet Petrus Franciscus. Dißes haben viel 100 menschen gesehen, das solchs ist geschehenn“.[2] Selbst eine wahrscheinliche Desertion wird von dem Protestanten Bellinckhausen entsprechend ausgeschlachtet: „A[nn]o 1630, 4. Aprilis, in der nacht zwischen 11 und 12 uhrn ist ein soldat, Adam […] unter haubtman Marschalck gelegen, vom bett aufgestanden, zum hause außkommen und man weyß nicht, wo er blieben. Man sagt, der teufel habe ihn weggefurt, dan da er nun letzt auf der neuen statt in der wittiben Annen Vogelsangs seligen Reyneken Kocks, beckers, behausoing 3 viertel jahrs gelegen im quartir. Derselben wittiben habe ich gefraget umb das verhalten des gemelten soldaten. Darauf sie zu mir gesagt, er sey furerst ein dieb gewesen, ein verächter Gottes und seins h[eiligen] worts, dan wan sein weib in buchern gelesen, hat er sie bespottet, sey auch ein sauf auß und recht Epicurier gewest. Item andere leute sagen, wan er zu bett gangen oder von bett aufgestanden, nymmermehr an Gott gedacht, auch nicht das geringst gebett fur oder (49r) nach der malzeytt getan, sondern stets geflucht, geschworn, Gotts h[eiligen] nahmenn gelästert, geschendet und myßgebraucht. Hat auch kurtz fur seiner hinfahrt gesagt, er must nun balt darvon, sein [zeytt] wer nun fast umb, hat sein mußquetten auf den tisch gelägt und gesagt, wan der sathan keme und wolt ihn weg holenn, so wolt er ihn durch schießen. Man weiß nicht, wo er ist hinkommen. Gott ists allein bekand. Dieser gottlosen und teufelschen gesellenn seind noch etliche mehr verlohrn, das man nicht weiß, wo sie hinkommen. Es ist aber schrecklich zu horen und sagen, das man leyder in unser statt so ein gottloß gesinde hat. (49v) Man mag heute woll mit warheyt sagenn: Der teufel ist nun gantz und gar außgelaßenn“.[3] „Ann diesem Tage [8.9.1631: Fest Mariä Geburt; BW] hat der obrist h[err] Marschalck dem olderman Curd Tolcken 10 soldaten sampt einem furerer ins hauß gesand, die frey freßen und gesofen darumb, das sie h[err] Marschalck keine bette fur seine gäste zugerichtet“.[4]

Marschalk hatte 1631 die Bauleitung der „Petersburg“, der Zwingburg des Osnabrücker Bischofs Franz Wilhelm von Wartenberg, gehabt. Auf Befehl Pappenheims sollte Marschalk heimlich zweihundert Soldaten in die Petersburg zur besseren Kontrolle Osnabrücks einschleusen,[5] da man offene Sympathiekundgebungen für Schweden erlebte und eine Rebellion der Bürger befürchtete. „Am gemelten nach Mittage [11.11.1631] nach 3 uhrn ist des hauptmans Marschalcks fuhrer zu mir kommen im namen des haubtmans und gesagt, es muste nothwendig am tag s[anct] Martini an der veste gewirckt werden. Also habe ich zu dem haubtman Gerhard Vorheyden und zu dem lautant Claues Ficker gangen, das die fahne muste da seinn“.[6] „Als fur etlichen monaten, wie noch itzunds durch Gottes gnade, der Konig von Schweden gute victoria gehabt sampt dem loblichen und christlichen Churfursten von Sachsenn, auch dem berumbten Landgrafen [Wilhelm V.; BW] von Heßenn und hertzog B[ernhard] von Weymarsch, hatt der Bischof von Oßnabrugk ein gesprach gehalten mit dem hauptmann Marschalck, wie man eß halten wolle, wan die große noth und gefahr dießer statt des kriegs betrefent. Darauf sollte der große h[err] h[auptman] Marschalck gesagt habenn, wan man unse statt nicht länger wegen der feynd erhaltenn kundte, so must man die statt an vier ortenn mit feuer anzunden und dan hinauß ziehenn. Darauf der Bischof gesagt, das wer nicht recht geantwortet, er muste sein unterthanen nicht im grundt verderbenn, darmit het er viel mehr zu bedenckenn. Der rath des h[auptmans] war vom teufel“.[7]

„Den 10. Januarii, sonabendts, hat der haubtman Marschalck die haußleut, die auß der grafschaft Tecklenburg mit holtz, stroh und heu ankommen, anhalten laßenn in unser statt wegen restirender contribution“.[8]

„Am 23. Januar 1632 sahen sich die Gräflich Bentheimischen Beamten in Bentheim[9] veranlaßt, wegen der rückständigen Kontributionszahlungen ein dringendes Mahnschreiben an die drei Städte zu richten. Dort heißt es: ‚Demnach Hauptmann Marschalck die Osnabrugksche Contributions Restanten nicht allein hartt thutt fordern, sondern auch fast an die funffzigk Musquetiers heran geschickt, die welche zu Oenn[10] ankommen, umb Execution zu thun, so wird der dreyer Stätte Bürgermeisteren, anstundt ihre Contributions Restanten anhero zuverschaffen, hiemit ufferlagtt, im wiedrigen Fall die Soldaten neben dieser Graffschafft Ausschuß den Seumigen uff ihre Kösten zugeschickt werden sollen‘. Jene Mahnschreiben tragen meistens auf der Außenadresse den Vermerk: ‚Cito, cito, cito, cito‘, um die Dringlichkeit der Angelegenheit noch zu unterstreichen“.[11]

„Eß hat auch der haubtman Marschalck fur und nach dießer zeyt [der Zerstörung Magdeburgs; BW] alle botten und briefträger, so hie in die statt kommen von allen ortten, in sein quartier durch die soldaten bringen lassen, dieselben inquerirt und examinirt er wegenn der brieff oder sonst neu zeytung zu erfahrenn“.[12]

„1632 erging eine neue ‚Ordinantz‘, wonach die Grafschaften Bentheim und Tecklenburg,[13] die Herrschaft Rheda[14] sowie die Stadt Steinfurt[15] für die Kosten kaiserlicher Truppen, und zwar der Kompanie zu Pferd des Rittmeisters Sinnema und die Kompanie zu Fuß des Hauptmanns Marschalck aufzukommen hätten, welche in Rheda bzw. in Osnabrück einquartiert seien. Der Anteil der Grafschaft Bentheim wurde auf 524 Rtlr. berechnet, der Rittmeister Sinnema erhob sogar noch eine Nachforderung von 79 Rtlr. unter Hinweis darauf, daß er für seine Kompanie 120 Pferde veranschlage. Da die Kontributionen nicht aufgebracht werden konnten, sah sich Graf Arnold Jobst von Bentheim 1632 gezwungen, auf seine Tafelgüter die Summe von mehr als 32.000 Rtlr. aufzunehmen“.[16]

Bellinckhausen hält den Abzug 1633 fest: „Denn 3. Julii, am 6. sontag nach S[anctae] Trinitas, inn der nacht und morgens frue, must des hauptmans Marschalcks volck mit dem dritten trommenschlag mit sack und pack auf sein, und ist nach Minden[17] massirt und im aufzoge vielen burgernn in der Herrendeichs straßen die glasefinster muthwillig ohn ursache ausgeschlagenn“.[18]

1636 nahm er an der Belagerung Hanaus[19] teil.

„Die Belagerung Hanaus leitete der Generalwachtmeister Wilhelm von Lamboy, der über 4 Infanterie-Regimenter, darunter das Regiment Bönninghausen, verfügte. Seine Soldaten hatten rings um die Festung Schanzen angelegt; eine der kleineren war ‚Bönnin[g]hausische Schanze‘ benannt. In Hanau verteidigte sich der Gouverneur Jakob Ramsay, ein gebürtiger Schotte in schwedischen Diensten, den Herzog Bernhard von Weimar dort eingesetzt hatte; ‚als Musterbild eines heimatlosen, genußsüchtigen Soldaten von Fortune‘ spielt er im ‚Simplizissimus‘ eine Rolle. Bei der Annäherung der Entsatzarmee floh die kaiserliche Kavallerie, die Schanzen wurden nach Artillerievorbereitung mit leichter Mühe genommen. Nur wenige stärker befestigte Werke leisteten Widerstand, so die ‚Morastschanze‘, wo sich der entschlossene Verteidiger, Obristwachtmeister Buddingen, selbst in die Luft sprengte; von der hessischen Sturmkolonne mußten viele Angreifer seine heroische Tat mit dem Leben bezahlen.

Am 24. Juni schritten die Hessen zum Angriff auf die Hauptschanze, deren Besatzung aus 600 erprobten Soldaten bestand, über die das Kommando der Obristleutnant Ernst Wesseler von Pape und der Obristleutnant Marschall hatten. Sie verfügten über 3 Feldgeschütze. Der Landgraf ließ sie vier Stunden ununterbrochen beschießen und dann seine Regimenter stürmen, doch wiesen die Kaiserlichen drei Sturmangriffe heldenhaft ab, bis nach erneuter schwerer Beschießung durch schwere Mörser die Pulverkammer der Besatzung in die Luft flog. Nun mußten Pape und Marschall sich auf Gnade und Ungnade ergeben, nachdem mehr als 70 Mann in wenigen Stunden gefallen waren. Ihre mannhafte Gegenwehr hatte die Ehre der kaiserlichen Waffen gerettet.

Der Landgraf ließ die eroberten Schanzen – es waren insgesamt 22 – niederreißen, die Festung mit Lebensmitteln und frischer hessischer Besatzung versehen, ehe er am 27. Juni wieder abzog“.[20]

Im Theatrum Europaeum heißt es: „Kurz zuvor ist vermeldet / wie der Herr Käyserliche General Graff Gallas viel Volcks umb Wormbs[21] und Speyer[22] zusammen gezogen / welches uff Hanaw angesehen zu seyn erachtet wurde / unter welchen der Hertzog von Florentz [Mattia di Toscana; BW] / ist aber gar zu spath kommen / dann wiewol zu der Blocquirung Hanaw (als kurtz zuvor ist angezeigt worden) der Käys. Gen. Wachtmeister / Freyherr von Lamboy alle gute Vorsehung gethan / und starcke Præparatoria ( mit Auffwerffung unterschiedlicher Schantzen) verfertigen lassen / den Belägerten den Außfall gantz und gar zu benehmen / und der bevorstehenden Erndt verlustigt zu machen / so hat sich doch unversehens begeben / daß Landgraff Wilhelm von Hessen mit etlichen von deß Schwedischen Generals Leßle [Alexander Leslie; BW] Trouppen sich auffgemacht / unnd ehe man es recht wahr nehmen können / Sonntags den 12. 22. Junii beneben gedachtem General Leutenant Leßle unnd Major Beckerman zu Windecken[23] / unferm von Hanaw / mit der Avantgarde in 6000. starck angelangt / darauff in der Nacht den Belägerten ein Fewer-Zeichen von einer Höhe gegeben / welchem sie mit 4. halben Carthaun-Schüssen geantwortet. Nach solchem hat man sich zum Aufbruch fertig gemacht / unnd gegen dem Käyserischen Läger vor Hanaw angefangen zu marchiren. Und ob wol mehrbesagter Herr Lamboy / als Käyserlicher Wachtmeister / die Hess- und Schwedischen den Sambs- unnd folgenden Sontag auff den Pässen in dem Wald durch stätiges Scharmütziren auffzuhalten vermeynet / und indessen seine Schantzen umb die Statt alle besetzt / unnd mit den Stücken versehen / in Hoffnung der versprochene Succurs nächst diesem ankommen würde: Nichts desto weniger aber seynd besagte Hess- und Schwedische den folgenden Montag als den 13. Junii styl. vet. in aller frühe mit Gewalt durchgebrochen / gegen das Käyserische Läger avancirt / und der Schantzen theils mit Stürmen / Schiessen und Granaten / theils aber in der Güte mächtig worden. Haben also den Paß in die Statt mit Gewalt eröffnet / und den Orth nach jähriger Belägerung mit etlich hundert Wägen starck proviantiert / und mit frischem Volck als I. Fürstl. Gn. Landgraffen Wilhelms Rothen Leib-Regiment in 1200. Mann starck / und einem Regim. Pferdt ( gegen denen das Burgsdorffische [Hans Christoph v. Burgsdorff; BW] / so in 200. Mann nicht mehr gehabt / herauß genommen worden) wiederumb besetzt.

Es ist aber gleichwohl hierzwischen eine veste Real-Schantz von den Käyserischen / welche der Obr. Leutenant Marschall neben 400. commandirten Soldaten vom Jung-Tyllisch- und Bönninghausischen Regiment ingehabt / starck besetzt geblieben / biß endlich die Schwedisch- und Hessische / nach darauff gethanen 160. halben Carthaun-Schüssen / und drey verlornen General-Stürmen / darinnen in etlich hundert Soldaten geblieben / dieselbe auff Gnad und Ungnad bekommen / da dann mehrentheils darinn gelegene Soldaten / wie besagt / in die 400. untergestellt / der Commendant aber als Obriste Leutenant Marschall / unnd Obr. Leutent Papa [Ernst Weseler v. Pape; BW] in die Hanawer Newstatt gebracht / und über Nacht behalten / folgenden Morgen aber nach Windecken geführet worden. Selbigen Abend noch ist Steinheim[24] / einen starcken Canonenschuß gegen Hanaw / oberhalb jenseit Mayns gelegen / mit 1000. Pferdten berennet worden / wohin herr General Lamboy sich reterirt / die Thor beschütten / und sich aufs beste wider allen Anlauff verwahren lassen / wie er dann von seinem Beicht-Vatter einem Jesuiten / das Hochheylig Abendmahl empfangen / und sich mit seinen Soldaten ritterlich zu defendiren / resolvirt / ist aber durch gegebene Ordre daselbst abgefordert / unnd in 200. Chur-Mäyntzische Soldaten von deß Herrn Graffen zu Dona [Heinrich Graf zu Dohna ?; BW] Regiment / so zu Mäyntz[25] / dahin gelegt worden“.[26]

Nicht ohne Befriedigung notiert Bellinckhausen 1636: „Als man gottlob gute Zeitung von Hanau bekommen, das die Schwedischen durch Gottes hulff mit sturmer hand 7 schantzen aufgeschlagen und in der 8. den obristen Marschalck darein gefangen &, hat man in unsern evangelischen kirchen am 2. sontag nach Trinitatis wegen der victori gott zum eren ein schuldig dancksagung gethan, das ‚Te Deum Laudamus’ gesungen und Gott gebetten, das er ferner victoria wollte gebenn“.[27]

1637 diente er als Obristleutnant unter Wahl.

[1] Osnabrück; HHSD II, S. 364ff.

[2] TEGEDER; KREIENBRINCK, Bellinckhausen, S. 19.

[3] TEGEDER; KREIENBRINCK, Bellinckhausen, S. 32f.

[4] TEGEDER; KREIENBRINCK, Bellinckhausen, S. 159.

[5] Staatsarchiv Osnabrück Rep. 100 Abs. 246 Nr. 5, fol. 3 (Ausfertigung): Pappenheim an P. E. Marschalk, Lüdge, 1632 III 12.

[6] TEGEDER; KREIENBRINCK, Bellinckhausen, S. 174.

[7] TEGEDER; KREIENBRINCK, Bellinckhausen, S. 175.

[8] TEGEDER; KREIENBRINCK, Bellinckhausen, S. 179.

[9] Bentheim [LK Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 40f.

[10] Ohne [LK Grafschaft Bentheim].

[11] STEINWASCHER, Krieg, S. 55f.

[12] TEGEDER; KREIENBRINCK, Bellinckhausen, S. 181f.

[13] Tecklenburg [LK Tecklenburg]; HHSD III, S. 714f.

[14] Rheda [LK Wiedenbrück]; HHSD III, S. 633f.

[15] Burgsteinfurt [LK Steinfurt]; HHSD III, S. 135ff.

[16] STEINWASCHER, Krieg, S. 61.

[17] Minden [LK Minden]; HHSD III, S. 517ff.

[18] TEGEDER; KREIENBRINCK, Bellinckhausen, S. 241.

[19] Hanau; HHSD IV, S. 199ff.

[20] LAHRKAMP, Bönninghausen, S. 320f.

[21] Worms; HHSD V, S. 410ff.

[22] Speyer; HHSD V, S. 350ff.

[23] Windecken [Kr. Hanau], HHSD IV, S. 475f.

[24] Steinheim a. Main; HHSD IV, S. 427.

[25] Mainz; HHSD V, S. 214ff.

[26] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 664f.

[27] TEGEDER; KREIENBRINCK, Bellinckhausen, S. 350.

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