Lewenhaupt [Leijonhufvud, Löwenhaupt], Carl Maurits, Graf zu Raseborg und Falkenstein, Freiherr zu Vinburg und Reipoltskirchen

Lewenhaupt [Leijonhufvud, Löwenhaupt], Carl Maurits, Graf zu Raseborg und Falkenstein, Freiherr zu Vinburg und Reipoltskirchen; Obrist [1620 – 1666] Carl Maurits Lewenhaupt, der mittlere der drei Lewenhaupt-Brüder, führte 1645 beide Adelsfahnen, die schwedische und die finnische. Ab 1646 führte er wie Planitz[1] ein deutsches Reiterregiment und gehörte zu den finnischen Offizieren im schwedischen Heer. 1646 wird sein Aufenthalt in der Grafschaft Waldeck[2] erwähnt. „1646 ging es im Waldeckischen wieder bewegter zu. Der kaiserliche [?] General Löwenhaupt quartierte sich vorübergehend in Korbach[3] ein. Mengeringhausen,[4] Sachsenhausen[5] und Wildungen[6] klagten über erzwungene Brot-, Bier- und Weinlieferungen, über beschädigte und eingerissene Häuser, über Verproviantierung für Mensch und Pferd und über Geldleistungen für Löhnungszwecke“.[7]

In diesem Jahr heiratete er Dorothea Wrangel.

Im Februar 1648 lag sein Regiment im Bereich der protestantischen Grafen von Castell[8] (Herzogtum Franken], wie Wolfgang Georg I. seinem Bruder schrieb: „So ist es doch an dem, daß ich jezige zeit wegen dern in der nähe liegenden französischen völckhern und befahrung ihres nit allein alhie fürgehenden durchzuegs, sondern auch des an dießem ortt angestellten hauptquartiers inzwischen ankommenden parthien, die ohne spendirung proviand und fourrage nicht von staaten zu bringen, und andern noch darzue bevorstehenden, höchst beschwerlichen ungelegenheiten mich von hauß nicht hinwegk begeben noch die meinige in gefahr sezen darf, langt derhalben an dero Ld. mein gantz herzliche pitt, sie wollen mirs dißmahl, daß ich nicht selbsten hinauf kommen noch jemandt der meinigen von hierauß abordnen kan, herzlich zue guet halten. Stelle aber zue dero Ld. belieben, dan gelegenheit, ob dieselbe zue herrn generalveldtmarschall Wrangels Exc., weiln zue deroselben sie etwas nähern zugang haben, sich in person erheben und in unser beeder, der graven zue Castell, nahmen, dern eüßerste noth undt betrangnus, indem unsere grafschaft von churbayerischen ein hartte winterquartierung erlitten und darzue noch mein hienieden dörfer bei jüngstem durchzug der kaißerlichen trouppen dermassen, daß auch ein solcher ortt noch zur zeit nit bewohnt werden können, ruinirt sein, über daß noch von herrn general Königsmarcks Exc. eine starke proviant- und fourage forderung für Löwenhauptische und Planitzische regimenter, so dann ein ebenmäßig großes postulatum von der französischen artillerie beschehe, repraesentiren und umb gedult bitten wollten“.[9]

Erding[10] wurde durch das finnische Regiment Lewenhaupt um 4.000 Rt. gebrandschatzt, dann aber trotzdem von nachrückenden Truppen unter Wrangel und Turenne in Schutt und Asche gelegt. „Der schwedische Oberst Graf Karl Moritz von Löwenhaupt überfiel mit der Vorhut die Stadt Erding und brandschatzte sie um 4000 Reichsthaler; dagegen versicherte er den Bürgern, daß ihre Stadt nicht geplündert werde. Als Turenne und Wrangel mit dem Großtheil des Heeres bei Erding ankamen, gingen ihnen die Bürger entgegen und wiesen ihnen den Accord Löwenhaupts. Allein die Barbaren warfen die Urkunde den zitternden Männern zu Füßen und führten ihre Truppen in die Stadt. Alle Häuser wurden bis auf die leeren Wände ausgeplündert, von den unzähligen Weibern und Kindern der Soldaten sowie von den Troßknechten den Einwohnern die Kleider vom Leibe gerissen, die entblößten Frauen nebst ihren Kindern ins Lager zur Schändung geschleppt und so dann vor ihren Augen ganz Erding in Brand gesteckt, ein gräßliches Schauspiel, wie es nur von den wildesten Völkern aufgeführt zu werden pflegte“.[11] Wrangel soll später behauptet haben, Erding sei ohne sein Wissen in Flammen aufgegangen.[12]

Der Erzgebirgschronist Lehmann berichtet über den Abzug der schwedischen Truppen aus Böhmen durch das Erzgebirge 1648: „Es wahr in March durch diß gebirg ein großer hunger unter den Schwedischen, daß Sie in grund [Mittweida[13]-Tal] kleien und Sauerkraut untter einandergekocht und gefreßen, und weil (man) die heußer Meist wüste stehen laßen, haben Sie die almuthen, Kesten und betten zerhauen und darmit eingeheizt, viel ofen und fenster eingeschlagen, daß viel nicht wieder einziehen konnen; interim haben Sie das Samgedreit, futter und mobilien weggenommen. Kurtz zuevor quartirten Sich in der Rasche[14] 4 Partheien ein, die die leute verpflegen mußen, haben gekostet 409 fl., So sie specificirn und ins ampt eingeben mußen 28. December. Hoc ao. solten die Marienberger[15] nach Publicirten Frieden geben den Schwedischen durch dieß gebirg von Prag marchirenden volckern 1200 pfund brod, 20 fas bier, 10 strich haber. Den 18. Dezember logirte im Dorfel Cranzahl[16] das Wittenbergische Leibregiement und Obriste Planitz zuegleich biß Dinstag zue Mittag, Drauf kam der Obriste Presewitz [Brüsewitz; BW], der bliebe biß Sonntag frühe; in der Pfarr lag Major Schonleben [Barthel Schönleben; BW] von Wittenbergischen regiement mit 30 Pferden und 10 stuckhen rindviehe. Die Bauern hatten all ihr viehe uffn kirchhoff zuesammengetrieben und ihn fest vermacht. Den musten 4 reuter bewachen. Obrist Presewitz befreyete den Pfarrhoff, untterdes ging heu, stroh, haber, hüner, ganß alles drauf. Die Artollerey ging auch alle durch uff grosen frost. Den 19. December kahmen Sie bey tiefen schnee auf Annenberg[17] an und legten die ban und march wunderlich von Annenberg nach Schlette[18] auf Scheibenberg[19] und marchirt die Schwedische Armee durch Scheibenberg und quartirte sich ein 2 stunden. Von Wittenbergischen blieben viel hier in Stadlein liegen. Dann gings auf Schwarzbach,[20] auf Elterlein,[21] Zwenitz,[22] ferner uff Leipzig.[23] Den 20. und 21. December quartirt sich der konigsmarck mit dem Generalstab ein in Scheibenberg und lag bis den 22. Decembris mit seinem Weibe und gantzen Hofstaat bey Abraham Heegen den Cammerer, Sein felt-Prediger bey dem Pfarrer, welche des andern tages mit ezlichen Officirern voran nach Leipzig reiteten. 2 regiementer lagen von ihnen in Neudorf,[24] nahmen weg viel Pferde, haber, korn, heu und streu und was sie funden; ihr schade kostet 281 thl. 4 gr. alleine, den Stedlein Scheibenberg aber 800 thl. Der General Wittenberg aber und Graf Lowenhaupt blieb mit allen Volck noch einen tag und Nacht liegen in der Schletta in er-schrecklicher kelde und bei tiefen schnee, trieben viel mutwillen und zehreten das Volck auß, daß (es) manchen Bürger 20 biß 50 thl. gekostet. Den 22. huius brachen sie auf und zogen weitter.4 regiementer darvon lagen in der Rasche, Mipe und Schwartzbach, die ziemlich ausgedroschen und ubel haußgehalten. Die Stucke und Munitionwägen stunden an Scheibenberg vor den Schletner Walde, die darzue gehörigen Pferde aber und Völcker zue Crotendorf,[25] darinnen Sich die bauern abermahl in das Herrenhauß salviret und zur wehre gestellet hatten. Aber es half nichts. Sie nötigten den Richter und bauern ab 300 strich haber, 23 fas bier, 6 rinder ohne andere Lebensmittel und discretionsgelder und trilleten die leute wie die argsten feinde“.[26]

Zusammen mit Steenbock’schen Reitern trieben Lewenhaupt Finnen noch im August 1650 die Lütticher dazu, 342.000 Imperiaux zur Abdankung der schwedischen Soldaten beizusteuern.[27]

Lewenhaupt wurde später Feldmarschall und Reichsrat sowie Generalgouverneur von Finnland. Was er mit viel Mühe in sieben deutschen Kriegsjahren „gesammelt“ und nach Schweden geschafft hatte, darum stritten sich nach seinem Tode seine Kinder und Kindeskinder siebzig Jahre lang vor dem Hofgericht in Stockholm.

[1] TESSIN, Regimenter, S. 667.

[2] Waldeck; HHSD IV, S. 444f.

[3] Korbach; HHSD IV, S. 275ff.

[4] Mengeringhausen; HHSD IV, S. 327f.

[5] Sachsenhausen; HHSD IV, S. 395.

[6] [Bad] Wildungen; HHSD IV, S. 35ff.

[7] SEIDEL, Waldeck, S. 60.

[8] Castell; HHSD VII, S. 123f.

[9] Fürstliches Hausarchiv Castell VI/b/90 (Ausfertigung): Wolfgang Georg I., Graf v. Castell-Remlingen, an Georg Friedrich, Graf zu Castell-Rüdenhausen, Remlingen, 1648 II 18 (a. St.).

[10] Erding, HHSD VII, S. 178f.

[11] SCHREIBER, Maximilian, S. 947.

[12] RYSTAD, Schweden, S. 434, vgl. Bayerische Staatsbibliothek München Cgm 1938, fol. 222 (Abschrift): Wrangels Antwort, 1648 IX 30, dass diese Vorgänge mehr zu beklagen als abzustellen seien. So auch DEUTINGER, Schwedische Verwüstungen, S. 724, ohne Rücksicht auf dt. Archivalien: „Daß schließlich im allgemeinen Chaos die Verheerungen unkontrolliert zunahmen, darf nicht verwundern; in der Regel geschahen sie ohne Wissen und ganz ohne Billigung Wrangels, wie im Falle von Erding, das im September 1648 vollständig den Flammen zum Opfer fiel. Oft waren aber die Betroffenen selbst nicht ganz schuldlos, so wie die Bewohner des Schlosses Lichtenhaag, die von einer vereinbarten Brandschatzungssumme von 3000 Reichstalern nur 300 bezahlt hatten“. Anscheinend kommt es DEUTINGER gar nicht in den Sinn, dass derartige Summen aufzubringen den betroffenen Städten, Märkten u. Flecken schon gar nicht mehr mögl. war. > dazu auch die berechtigte Kritik HOLZFURTNERS, Katastrophe, S. 573, Anm. 81: „Das Fehlen eines entsprechenden Befehl Wrangels und dessen abqualifizierende Äußerung über die Beschwerden der Bauern sind allerdings für sich allein kein evidenter Beweis, da das Schadensbild, wie es die vorliegende Studie ermitteln konnte, den gegenteiligen Schluß nahelegt. In Niederbayern führten diese Feldzüge zu einem mehrere Jahre andauernden Totalausfall mancher klösterlicher Grundherrschaften (z. B. BayHSTA KL Fürstenzell 12 i), was es sogar zwischen 1632 und 1634 in Oberbayern kaum einmal gegeben hatte“.

[13] Mittweida; HHSD VIII, 234.

[14] Raschau, Ortsteil der Gemeinde Raschau-Markersbach im Erzgebirgskreis/Sachsen.

[15] Marienberg; HHSD VIII, 215f.

[16] Cranzahl bei Weipert [Vejperty]; HHSBöhm, S. 650.

[17] Annaberg; HHSD VIII, S. 5ff.

[18] Schlettau; HHSD VIII, S. 319f.

[19] Scheibenberg; HHSD VIII, S. 316ff.

[20] Schwarzbach, heute Stadtteil von Elterlein [Erzgebirgskreis].

[21] Elterlein [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 89.

[22] Zwönitz; HHSD VIII, S. 385f.

[23] Leipzig; HHSD VIII, S. 178ff.

[24] Neudorf [Sehmatal].

[25] Crottendorf; HHSD VIII, S. 55.

[26] LEHMANN, Kriegschronik, S. 181f.

[27] DARIS, Histoire, S. 290.

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