Holm, Malgré; Obristwachtmeister [ … ] Holm war 1635 Obristwachtmeister im Regiment Seebach, genannt Strassburger.
In dem „Bericht über die jüngst vorgangene kaiserliche Einquartierung“ in der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt heißt es: „Als des durchleuchtigen etc. residenz Darmstadt[1] unverschuldeter ding und allein darum, weil seine fürstl. gnaden in der röm. kaiserlichen majestät devotion gestanden, seit anfang dieses 1635. Jahres mit französischer und schwedischer kontinuierlicher verderblicher inquartierung beschwert gewesen und samstag den 14. Februar der bei schwedischer armee sich verhaltende general Hebron [John Hepburn; BW] mit seinen unterhabenden Franzosen von hinnen die bergstraße[2] hinauf und forters übern Rhein mit der ganzen schwedischen armee gezogen, daher wir samt der ganzen bürgerschaft in guter hoffnung gestanden, es würde nunmehr die fürstliche residenz sonderlich von kais. majestät kriegsvolk kraft der kaiserlichen und königlichen salvaguardien von inquartierung wohl befreiet bleiben und der arme mann wiederum luft schöpfen können, so ist doch solcher unserer hoffnung entgegen und zuwieder gleich montags den 16. ejusdem der röm. kaiserlichen majestät generalfeldmarschall herrn Philippsen, grafen zu Mansfeld, bestellter obrister zu pferd, herr von Sebach, mit 1000 pferden kommandierten volks in die nähe der stadt kommen und durch vorangeschickten herrn oberstwacht- und forstmeister um quartier ansuchen lassen; auch ob man wohl allerhöchstgedachter röm. kaiserlicher, auch zu Ungarn und Böhmen königlicher majestät schriftliche salvaguardien und ausdrückliche kaiserliche deklarationschreiben vorgeschützet, hat doch solches nicht attendiert werden wollen, sondern, wiewohl mit vertröstung, daß es nur um eine nacht zu tun sei, die inquartierung vorgehen müssen. Ob nun zwar herr obrister von Sebach gern gesehen, daß gute ordre gehalten worden wäre, so hat es doch wegen bei sich gehabter unterschiedlicher nationen viel exorbitantien gegeben, starke geldpressuren und schändung ehrbarer weibspersonen vorgeloffen, sonderlich aber bei so vielen pferden in mangel des gefütters unzählbar viel eßfrüchte verfüttert, auch sonsten großer abnahm beschehen.
Und obwohl gedachter herr obrist von Sebach den 18., als des dritten tages mit etlichem volk wieder abgezogen, inmittelst aber über 200 dragoner zurückgelassen worden, so ist doch noch selbigen abends ein ganzes regiment von 15 kompagnieen zu fuß und herr obrister wachtmeister Malgré Holm mit vorzeigung einer von dem römisch kaiserlichen herrn feldmarschall grafen von Mansfeld habenden ordre darzukommen, welches dann der armen und bereits hart beschwerten bürgerschaft eine unerträgliche last und große betrübnis erwecket. Darbei es aber nicht verblieben, sondern seind wenig tag hernach unzählbar viel bagagewägen und -kärch samt vielen weibern, kindern und gesind gefolgt.
Nun dann solche große beschwerung bis auf den 20. Martii ohne einige hoffnung der vielfältig vertröstung der abführung continue verharret und derowegen in dieser stadt allein an kommißwein etlich und 70 fuder,[3] an mehl zu proviant 346 malter[4] und zu verfütterung der vielen pferd täglich ungefähr 100[5] malter eßfrüchte, ohne was sonsten hin und wieder in den häusern verschwendet und abgetragen worden, so alles noch einmal so hoch kommt, ufgangen, auch über das alles von hochgedachtem unserem gnäd. fürsten und herrn ihrer exzellenz herrn grafen von Mansfeld zu behuf der kais. majestät armee, sonderlich aber, damit die seiner fürstl. Gnaden selbst versprochene delogierung desto gewisser und fürderlicher beschehe, 1000 malter[6] früchte verwilliget, so nach austeilung hin und wieder von armen leuten auf dem lande und hier zusammengestoppelt werden müssen, so ist leichtlich zu ermessen, wie ein geringer vorrat dem armen mann zu seines lebens erhaltung gelassen worden, dannenhero auch wohl 130 häuser in dieser stadt ganz leer gefunden werden, daraus die leut teils hungers halber entwichen, teils gar gestorben.
Ob nun zwar die gewisse vertröstete delogierung gedachten 20. Martii vermittelst zweier deswegen einkommener ordinanz vorgehen und die stadt wieder luft schöpfen sollte, so ist doch, nachdem das regiment kaum vor die pforten kommen, die dritte ordre gefolget und alles volck wieder kontramandiert worden und liegt noch bis auf diese stund, wiewohl etwas weniges in die nächstgelegenen pfälzischen ort ausgeteilet worden, allhie, von denen bereits auf ein neues wieder etlich und 30 fuder[7] weins an kommiß verzehrt worden. Nichtsdestoweniger aber wollen ihre exzellenz herr graf von Mansfeld beides, die verwilligte früchte geliefert und dabei sowohl hier als anderer orten in unseres gnäd. fürsten und herrn erschöpften armen landen die unerträglichen garnisonen erhalten haben. Seind auch nicht gemeint, diejenigen früchte, so inmittelst auf die garnisonen verwendet worden, ob der verwilligten 1000 malter abkürzen zu lassen. Gestalten sie uns durch dero kriegskommissar, herrn obristen von Lerchenfeld, erst vorgestern bedrohlich anfügen lassen. Wollen auch pferd und geschirr zur abführung solcher früchte, unerachtet in der ganzen grafschaft unseres wissens nicht 50 pferd, ohne was etwan zu Rüsselsheim[8] der festung zu dienst bishero kümmerlich erhalten worden, welche auf diese stund zu Dieburg[9] vorgehalten werden, mehr in leben oder bei kräften seind, also der selbstredenden unmöglichkeit zuwider von uns haben und keine gott weiß in wahrheitsgrund bestehende entschuldigung gelten lassen wollen.
Inmittelst haben sich etlich kompagnieen Crabaten in unseres gnäd. fürsten und herrn ohne das zum öftern mit brand und plünderung beschädigte städtlein Reinheim[10] gelegt, solches ganz in grund ruiniert, mit den leuten übel gehauset und also geängstiget, daß, was nicht gestorben, doch mehrenteils auf den tod liegt. Und befinden sich anjetzo auch 7 kompagnieen Crabaten zu Zwingenberg[11] an der Bergstraß, welchem städtlein sie gleichfalls den garaus machen, alle überbliebene früchte verfüttern und beneben alle mühlen auf dem lande hin und wieder berauben, frucht und mehl und pferd hinwegnehmen. Darbei sie es aber nicht bewenden lassen, sondern täglich in die dörfer fallen, die dahin sich gleichsam aus zwang wiederum begebene blutarme bauersleut barbarisch und unchristlich traktieren, auch um alles, was sie in dieser stadt mit hunger und kummer erhalten und gleichsam den räubern aus den zähnen gerissen, bringen tun. Auch darf sich kein mensch auf dem feld, ja nicht vor der stadt allhie sehen lassen; beschädigen und hauen die leut auf den tod, zwingen auch unmenschlicher weis, ihre eigene excrementa – salva venia – zu verschlingen, gestalten in Pfungstadt[12] beschehen. Dannenhero der feldbau ganz liegen bleibt und sowohl die saat als schnitt in den weingärten hochschädlicher maßen verhindert wird. Zu Umstadt,[13] alda die kaiserlichen garnisonen fort und fort bleiben und nach anzeig der beamten also sich verhalten, daß sie, wann sie nicht pflicht halber bleiben müßten, bereit vor langer zeit sich salviert und entwichen wären, wird gedachter feldbau vorsätzlich verhindert und niemand von dem daselbst liegenden kommandanten [Johann Schnell; BW] des Cronsfeldischen [Jost Maximilian v. Gronsfeld; BW] regiments vor die porten hinausgelassen, er gebe dann in ein- und ausgehen sein weißpfennig. Wöchentlich aber soll deswegen die stadt ihm, kommandanten, 30 reichsthaler erlegen. Wann nun dergleichen exaktionen ohne das sich nicht gebühren und wider kais. majestät ausdrücklich verbot laufen, zumalen aber den armen leuten, als die das brot nicht mehr zu essen haben und fast mehrerteils gestorben und verdorben, zu erlegen unmöglich fallen, so erforderts neben der billigkeit die christliche lieb, in eines freunds land leidenlich und nicht so tyrannisch zu traktieren.
Und kommt eben jetzo ein bericht ein, daß die daselbst liegenden soldaten auch der fürstlichen kellerei nicht verschonen, sondern allen darin befindlichen wein und früchte herausnehmen und ihres gefallens abführen und verkaufen.
Als nun hochgedachter unser gnäd. fürst und herr landgraf Georg zu Hessen obgesetzter ding untertänig berichtet worden und sonderlich zu ganz mitleidendem gemüt gezogen, daß wider die von generalfeldmarschall graf von Mansfeld empfangene Parole die delogierung des in ihrer residenz liegenden volks so lang hinterbleibe, dardurch der jammerstand von tag zu tag ergrößert worden, haben sie sich aus landsväterlicher hochlöblicher vorsorg gegen uns und alle inwohner erkläret, nit eher zu ruhen, biß daß gemelte delogierung endlich und aufs allereheste effektuiert werde, gestalten ihre fürstl. gnaden auch durch verschiedene schreiben und persönliche abschickungen seine exzellenz herrn grafen von Mansfeld des delogierungsverspruchs freundlich erinnern und endlich so viel erhalten, daß kategorische resolution erfolget. Daruf ihre fürstl. gnaden durch einen einspänner die ordinanz abfordern und dem obristen wachtmeister Malgré Holm, damals kommandanten allhie, übertragen lassen, welches den 7. April anno 1635 zu recht eingehändiget worden. Ob nun zwar sowohl der kommandant als andere offiziere dessen übel zufrieden waren, als welche gern ihre wöchentliche erzwungene geldlagen länger genossen hätten, inmaßen die gemeine stadt dem kommandanten alle woch 100 reichsthaler erlegt und noch mit schweren kosten die küche bestellen müssen, ohn was ihm sonsten von bürgern, denen er die quartier mit einer geldlag befreiet, wöchentlich gereicht worden, und allerhand excuses, warum sie der ordre noch nicht parieren könnten, uns zu fürstlicher kanzlei entbieten lassen, wie wir auch mit bekümmertem gemüt hochgedachter ihrer fürstl. Durchlaucht untertänig klagen müssen, so haben sie sich doch endlich eines andern besonnen und seind sonntags den 12. April zwischen 9 und 10 uhr abgezogen“.[14]
[1] Darmstadt; HHSD IV, S. 79ff.
[2] Bergstraße; HHSD IV, S. 43f.
[3] Über 11.000 Liter.
[4] 56.360 Liter.
[5] 16.000 Liter.
[6] 160.000 Liter.
[7] 2.100 Liter.
[8] Rüsselsheim [Kr. Groß-Gerau]; HHSD IV, S. 392f.
[9] Dieburg; HHSD IV, S. 88f.
[10] Reinheim; HHSD IV, S. 372.
[11] Zwingenberg (Bergstraße); HHSD IV, S. 486f.
[12] Pfungstadt; HHSD IV, S. 365.
[13] Umstadt; HHSD IV, S. 189.
[14] HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 136ff.