Haderslew, N von

Haderslew, N von; Generaladjutant [ – ] Haderslew stand 1635/1636 als Generaladjutant Banérs in schwedischen Diensten.

„Am 25. Januar [1636; BW] rief der General Banér seinen Namen zum ersten Male den Naumburgern[1] in die Stadt hinein. Kein anderer hat sich so ihrer Haut aufgebrannt; drei Jahre lang ist er wie ein Unheilsfluch durch die Gassen gegangen. In Banérs Auftrage kam der Generaladjutant von Haderslew von Weißenfels[2] herüber geritten. Er verlangte 50 000 Taler Ranzion gegen eine Salvaguardia, die die Bürger vor Plünderung und Brandschatzung schützte. Den grausamen Wor-ten fügte er im Ratszimmer hinzu: ‚Wenn die Herren das Geld ins Hauptquartier nach Weißenfels führen, wollen sie mir noch die Courtoisie erweisen, mir ein Stück schwarzen oder dunkelblauen Seifenzeugs mit goldenen oder silbernen Blumen zu einem Weibskleide alsobald mitzubringen’. Das Rathaus zitterte in seinen Grundmauern. Und indes die Ratsherren heimlich aus sächsischem Gemüt ein verzweifeltes Eilschreiben durch die Zeitzer[3] Stiftskanzlei ins kurfürstliche Lager sandten – ‚actum in größter Eil und Not’ – , suchten sie aus schwedischem Gemüt den General Banér durch ein Gesuch sehr höfischen Stils zur Gnade zu stimmen: ‚Als unser gnädigster König und Herr glorreichsten, christlichsten Gedächtnisses in Naumburg 1632 mit der königlichen Armee und vielen hohen Offiziers fürstlichen, gräflichen und anderen Standes angelanget und etliche Tage und Nächte dieses Orts quartiert, haben wir für Ihrer Majestät wie auch der anderen fürstlichen Personen Hofstatt und dazu auch für die in dieser Stadt einlogierten Regimenter mit untertänigstem, willigstem Herzen unser äußerstes Vermögen daran gewendet, daß Ihre Höchstselige Königliche Majestät gnädigst mit uns wohl zufrieden gewesen, und es sind aus dero königlichem Munde diese gnädigsten Worte gehört worden, dass Ihre Königliche Majestät uns gnädigst alle Aufwendungen erstatten und vergelten wollten’. Dabei war einer der Räte so pfiffig, zu bemerken, ‚ob man sich nicht in einem für den Herrn von Haderslew eingelegten Zettel erbieten wollte, den begehrten Damenkleiderstoff aus Leipzig[4] holen zu lassen und ihm zu übersenden, weil desgleichen allhier nicht zu erlangen gewesen’.

Nach zwei Tagen, am 27. Januar, kam Haderslew wieder angeritten. Er drohte, die Vorstädte abbrennen zu lassen, wenn er nicht sofort auf Abzahlung 10 000 Taler erhielte.  Doch zu gleicher Zeit überbrachte ein Kurier aus dem sächsischen Hauptquartier ‚Zur großen Kugel’ in Halle[5] eine Order des Kurfürsten: ‚Wir sind mit unserer Armee den Schweden fast nahe gekommen und verhoffen, mit göttlicher Verleihung die wegen der nicht erfolgenden Zahlung von 50 000 Talern gedrohte Brandschatzung und Plünderung verhindern zu können. Damit wiederholte sich für die Stadt die Lage, in der sie schon zweimal gesteckt hatte. Sie mußte ein kluges Liebhaberspiel mit zwei eifersüchtigen Bewerbern agieren, die jeder für sich, stürmisch Erhörung heischten. Immerhin schickte sie, die Banérs Anrücken von Eckartsberga[6] und von Freyburg[7] her zu erwarten stand, am 29. Januar zehn Zimmerleute nach Kösen,[8] um die Saalebrücke abzuwerfen. Es war wohl nur eine Geste, für den Kurfürsten berechnet, denn diese paar Zimmerleute, die zusammen einen Gulden und drei Groschen aus der Kämmereikasse erhielten, haben dem steinernen Brückenbau gewiß keinen ernstlichen Schaden getan. Die Schwedischen und die Sächsischen, beide tasteten sich behutsam vor. Es wurden zwei Schreiben des Kurfürsten auf dem Rathause abgegeben, vom 31. Januar aus Halle datiert. Sie befahlen, dass die Stadt sich zur energischen Verteidigung gegen Banérs Vordringen rüste und ‚dem Feinde weder Geld, Quartier, Proviant noch anderes im geringsten nicht bewillige …’ – ‚Wir sind’, so sprach Johann Georg, ‚itzo ganz nahe gekommen und verhoffen, ihm soviel zu schaffen zu machen, dass er euch weiter zu perturbieren wohl vergessen soll’. In diesem Augenblicke waren die Schweden nun doch schneller heran. Und die Stadt hatte keine Garnison, und die Bürgerwehr hatte nicht den rechten Sinn für verzwickte Kriegshändel. Das bißchen Artillerie hatte der Rat schon 1633 nach der Pleißenburg abliefern müssen – zwei alte Steinbüchsen, ganz verrostet, die man bisweilen an die Tore gestellt hatte, wenn man sich vor streifenden Rotten besorget; zwei andere von derselben Sorte waren schon vorher zerschlagen und zu Wasserröhren umgegossen; ‚wobei der Rotgießer die Unreinigkeit des Zeuges befunden, weil es im Schmelzofen ungewöhnlich gestunken’. Am 1. Februar stand Banér mit Reiterei und Fußvolk und Geschützen draußen vor den Mauern. Die Vorstadt und die Freiheit mussten sich ohne Umstände in seine Hand geben, und diese Hand griff weiter zu. Die Ratsdeputierten kamen zu ihm. Er zwirbelte seinen Knebelbart und blickte mit seinen großen hellen Augen über seine Hakennase auf sie hin, und war kurz angebunden: Einlaß oder gnadenlose Vergewaltigung ! Da wurden die Tore aufgetan. Mit dem Gelöbnis einer Abzahlung von 10 000 Talern erkaufte sich der Rat den Erlaß der Plünderung und Brandschatzung. Durch diesen Pakt konnte die Stadt sich in der Gnade des Gewaltigen geborgen glauben. Um so entsetzlicher musste sie verspüren, wie die ungebändigte, skrupellose Soldatenschaft sich an dem widerstandslosen Bürgertum verging. Die Plünderung Naumburgs durch die Schweden am 2. und 3. Februar hat den Chronisten brennende Farben zu einem wollüstigen Schreckensbilde gegeben. Das Theatrum Europäum macht von dem Geschehnisse kein großes Wesen. Maßloser ereifern sich die heimischen Darstellungen, und an schaurigen Einzelheiten behagt sich besonders die Flugschrift ‚Schwedisch-Banérischen Volkes Unverantwortliches Beginnen, so dasselbe sonderlich in beyden churfürstlich-sächsischen Städten Naumburg und Zörwigk[9] verübet’“.[10]


[1] Naumburg [Kr. Naumburg]; HHSD XI, S. 341ff.

[2] Weißenfels [Kr. Weißenfels]; HHSD XI, S. 487ff.

[3] Zeitz [Kr. Zeitz]; HHSD XI, S. 519ff.

[4] Leipzig; HHSD VIII, S. 178ff.

[5] Halle a. d. Saale [Kr. Halle]; HHSD XI, S. 177ff.

[6] Eckartsberga [Kr. Eckartsberga/Naumburg]; HHSD XI, S. 97f.

[7] Freyburg a. d. Unstrut [Kr. Querfurt/Nebra]; HHSD XI, S. 125ff.

[8] [Bad] Kösen [Kr. Weißenfels/Naumburg]; HHSD XI, S. 251ff.

[9] Zörbig [Kr. Bitterfeld]; HHSD XI, S. 530f.

[10] BORKOWSKY, Schweden, S. 66ff.; Schwedisch Banérischen Volcks Unverantwortliches Beginnen / So dasselbe sonderlich in beyden Churfürstlichen Sächsischen Städten Naumburg vnd Zörbigk verübet [Online verfügbar unter: VD17: 3:627691F].

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