Grün [Green, Cruen], Johann Christoph Reichsfreiherr von der [van der]

Grün [Green, Cruen], Johann Christoph Reichsfreiherr von der [van der]; Generaladjutant [18.3.1603 Pressath-21.12.1666 Nonnenweier]

Grün.Johann.Christoph_Bianca vonderGrünFoto: Bianca von der Grün

Der lutherische Johann Christoph von der Grün[1] war Offizier, Generaladjutant Herzog Bernhards von Sachsen-Weimar und Festungskommandant, später Reichsfreiherr, Herr auf Bottmingen,[2] [Abb. rechts] BottmingenNonnenweier,[3] Allmannsweier,[4] Wittenweier[5] und Niederhausen.[6]

„Johann Christoph von der Grün war am 18. März 1603 in der Oberen Pfalz geboren worden. Der Ort ist zweifelsohne Pressath,[7] wo von der Grün als Vorfahren beurkundet sind. Schon sein Großvater Wolf von der Grün saß dort und versteuerte 1583 ein Vermögen von 2400 fl und hatte nach dem Wehrregister eine ganze Rüstung und ein Schlachtschwert und damit eine Bewaffnung, wie sie kein anderer Pressather hatte. Der Vater von Johann Christoph, Joachim von der Grün wurde als Protestant, genau wie die Witwe des Philipp Jakob von der Grün auf Weihersberg[8] mit ihren Kindern und Hans Adam von der Grün zu Menzlas[9] und Höflas[10] 1628 ein Opfer der Gegenreformation. Des Glaubens wegen musste er die Heimat verlassen und sich zu Nürnberg[11] aufhalten, wo er bei der Familie von Löffelholz Asyl fand. Seine Frau Margarete traf der Schlag so sehr, dass sie in dem Haupt zerrüttet ward, d. h. sie verlor den Verstand und starb noch im selben Jahre in der „Neuen Prisauen“, dem Nürnberger Armen- und Irrenhaus.

Der junge Johann Christoph, der einzige Sohn seiner Eltern, kam in seinem zehnten Lebensjahr in die Klosterschule nach Amberg[12] und später ins Kollegium nach Sulzbach.[13] Nach kurzem Studienaufenthalt in Altdorf[14] ging er mit dem Freiherrn Johann Carl von Gloyach auf Reisen. Er bereiste ganz Deutschland und Flandern, um dann in Ulm[15] seine Studien fortzusetzen. Doch schon im Jahre 1627 wurde er in den Strudel des Krieges gerissen. Er schloss sich im weiteren Verlauf dem Schwedenkönig Gustav II. Adolf an und blieb auch nach dessen Tode dem schwedischen  Heer enge verbunden. Er wurde schwedischer Ordonnanzoffizier. Mit seiner Frau kam er auch in Gefangenschaft, die sie aber alle glücklich überlebten.[16]

Er war als Leutnant im Regiment des Obristen Henderson nach Erfurt[17] gekommen. Dort heiratete er am 23.10.1632 Anna Amalie von der Sachsen [15.7.1604 Großvargula[18] – 4.11.1673 Nonnenweier), die ihn auf allen seinen Feldzügen begleitete.

„Nördlingen[19] ist eine der großen Verfolgungsschlachten der neuen Geschichte. Verfolgungstruppe waren vor allem die Kroaten. Sie jagten die Trümmer des schwedischen Heeres nach allen Richtungen und veranstalteten eine wahre Hetzjagd nach den Generalspersonen und deren Gepäck. Die Feldmarschälle Horn und Kratz wurden gefangengenommen. [Cratz wurde durch Isolanos Rittmeister La Fontana vom Pferd geworfen und gefangen genommen; BW] Bernhard von Weimar, am Hals verwundet, hatte sein Entkommen nur seinem besonders schnellen Pferd zu verdanken. Auf der Flucht durch das Remstal nach Cannstatt[20] waren ihm die Kroaten so dicht auf den Fersen, daß er in Schorndorf[21] kaum ein Ei essen konnte, um den Hunger zu stillen. Seinen Adjutanten Christoph van der Green [Grün; BW] hatte Bernhard nach Neresheim[22] entsandt, um die im Schloss aufbewahrte Bagage zu retten. Isolano persönlich verfolgte van der Green nach Neresheim, und nach einiger Gegenwehr mußte dieser das herzogliche Gepäck übergeben: ein Gold und Silberservice, kostbare Kleider und Sättel, ein mit Diamanten besetztes Degengefäß, ein mit seltenen Steinen ausgelegtes Goldstück von der Größe einer Hand sowie viele andere Gegenstände. Durch Ergreifung Herzog Bernhards hätte Isolano dem Kaiser allerdings besser gedient – wie der Verlust Breisachs[23] vier Jahre später zeigen sollte“.[24] Grün geriet mit Frau und Schwester in Gefangenschaft, wurde dort misshandelt, verwundet und nach Lösegeldzahlungen endlich freigelassen. Nach der Leichenpredigt für seine Frau soll man ihm die Pistole an den Kopf gesetzt und ihn mit dem Erschießen gedroht haben, was Anna Amalie gerade noch verhindern konnte.[25]

„Auch der schottische Generalmajor Jakob (James) King, der am 8. September auf Befehl Herzog Georgs von Braunschweig-Lüneburg zur Unterstützung der schwedischen Truppen in Richtung Main gezogen war, wurde Ende Oktober von Truppen des Kroatengenerals Goan Lodovico Isolano gefangen. Dies wird durch einen Brief Isolanos an Feldmarschall Piccolomini vom 10.11.1634 bestätigt, in welchem dieser über die seit der Schlacht bei Nördlingen gemachten Gefangenen berichtet. Darin schreibt er, er selbst halte Oberst König, einen Schotten, in Gewahrsam. Die Polen (Kosaken) hielten neben anderen Personen den Oberstleutnant zu Roß (David) Leslie, [Abb. rechts]Leslie.David.5 gleichfalls Schotte, Horns Generalquartiermeister und den Generaladjutanten Herzog Bernhards, von der Grün, gefangen. (StA Leitmeritz, RA Clam-Gallas XVIII/5, in: DBBTI V/1059).“[26]

Von Grün stammt auch ein Bericht über die Fälle von Anthropophagie in der von Bernhard von Sachsen-Weimar[27] am 17.12.1638 eroberten Festung Breisach:[28] „Es würde der mehrere Theil seiner verhungerten Soldaten nicht wohl über den Platz, geschweige durch die Stadt und das Thor zu den Schiffen marchiren können, daß sie nicht tott darnieder fielen ! Und bäte er derowegen Ihro fürstl. Gnaden gar hoch, Sie wolten Ihme vor accordirtermassen bey der Stadt in die Schiff sitzen und abziehen lassen. Dieweilen aber Ihro fürstl. Gnaden ihme [Hans Heinrich IX.; BW] von Rheinach noch einmal durch mich anzeigen lassen, es wäre kein ander Mittel, er müße solcher Gestalt den Anzug nehmen, damit er sich aber keiner Arglist und Gefahr zu besorgen habe, so sollte er auf Ihro fürstl. Gnaden parole sich versichern, daß keinen Soldaten einiges Leid geschehen würde…“ [Auszug erfolgt mit 400 Gesunden und 50 kranken gemeinen Soldaten] „darvon etliche im Stehen und Marchiren, darnieder gefallen, mit 19 Fahnen gefolgt. Hier zwischen stund unsere Infanterie auf beiden Seiten in Schlachtordnung, und als der Generalfeldzeugmeister Freyherr von Rheinach Ihro fürstl. Gnaden Hertzog Bernhardten: welcher auf der Seiten bei dem Eisenberg zu Pferdt sitzend gehalten: ersahe, stieg er von seinem Pferdt, ging mit sehr tieffer und oftmals wiederholter Reverence gegen höchstgedacht Ihro fürstl. Gnaden und küßete deroselben die Stieffel, welche sich aber anfänglich nicht bewegt, sondern aufrecht zu zu Pferdt sitzend Ihro Autorität gehalten, und mit scharffen und harten Wortten zu ihm gesagt, daß sie wohl genugsam Ursach hetten, ihme seinen Accord nicht zu halten, indem er, wie Sie allererst vernommen, 30 von deroselben gefangenen Soldaten zu Breysach im Stockhauß sterben, und 3. dererselben von ihren anderen Cameraden, auß großer Hungersnoth aufzehren lassen, welches eine unerhörte, unverantwortliche und crudele That sey, so der Gerechte Gott nicht ungestraft würde lassen hingehen. ob nun zuvor der Freyherr von Rheinach viel Entschuldigung, warum er die Gefangenen übel tractiret und nicht loßgeben wollen, vorgewendet, sagend, daß seine Armuth so groß gewesen, welches denen Gefangenen bekandt, sie es im Hineinführen an seinen Wachten [Wachen], welche schlecht waren, gesehen, und nun herauf dieselbe wieder sehen würden, welches Ihme sehr nachtheilig gewesen: so hätten ja auch die Gefangenen so lang Rossfleisch gehabt, alß seine Knechte, biß endlich die Noth so groß worden, daß sie einander selbsten gefressen, wäre also einer wie der andere gehalten worden. Verhoffe deswegen Ihro Fürstl. Gnad. würde Ihme verzeihen, daß Er es auf die Extremität kommen lassen müßen, da er solches auch Unserseits vor diesem in Augspurg und mehr andern Orthen geschehen wäre. Er nun ausgeredt, und sich solcher gestalt, so gut er gekunt, entschuldiget, so ließen Ihro Fürstl. Gnad. Ihn von sich, da Er dan mit den Frauenzimmer und denen Soldaten zu Fuß biß an den Eisenberg gegangen, und alda in die Schiffe gesessen“[29].

Im Juni 1639 wurde Grün zum Kommandanten der Festung Joux[30] ernannt. Ab 1648 war er Kommandant von Thann.[31]

[1] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 103f.
[2] Bottmingen [Schweiz, Bez. Arlesheim].
[3] Nonnenweier, heute Ortsteil von Schwanau [Ortenaukreis].
[4] Allmannsweier, heute Ortsteil von Schwanau [Ortenaukreis].
[5] Wittenweier [Kr. Lahr].
[6] Niederhausen, heute Ortsteil von Rheinhausen [LK Emmendingen].
[7] Pressath [LK Neustadt a. d. Waldnaab].
[8] Weihersberg, heute Ortsteil von Trabitz [LK Neustadt a. d. Waldnaab].
[9] Menzlas, heute Ortsteil von Schlammersdorf [LK Neustadt a. d. Waldnaab].
[10] Höflas, heute Ortsteil von Konnersreuth [LK Tirschenreuth].
[11] Nürnberg; HHSD VII, S. 530ff.
[12] Amberg; HHSD VII, S. 20ff.
[13] Sulzbach-Rosenberg [LK Amberg-Sulzbach]; HHSD VII, S. 728ff.
[14] Altdorf bei Nürnberg [LK Nürnberger Land]; HHSD VII, S. 8.
[15] Ulm; HHSD VI, S. 808ff.
[16] Nach: Erika von der Grün, famvondergruen.de/treffen_1999.html.
[17] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff.
[18] Großvargula [Unstrut-Hainich-Kreis]; HHSD IX, S. 181.
[19] Nördlingen [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 525ff. Schlacht bei Nördlingen am 5./6.9.1634 zwischen den kaiserlich-ligistischen Truppen unter Ferdinand (III.) von Ungarn und spanischen Kontingenten unter dem Kardinal-Infanten Fernando auf der einen Seite und dem schwedischen Heer unter Feldmarschall Gustav Horn, der in eine 7 Jahre dauernde Gefangenschaft geriet, und Bernhard von Weimar auf der anderen. Die Schwedisch-Weimarischen verloren nicht allein die Schlacht, etwa 8.000-10.000 Tote und 3.000-4.000 Verwundete – auf kaiserlicher Seite waren es 1.200 Tote und 1.200 Verwundete – , sondern mit ihr auch den Einfluss in ganz Süddeutschland, während der französische Einfluss zunahm. Vgl. die ausführliche Darstellung bei  ENGERISSER; HRNČIŘĺK, Nördlingen 1634 (die detaillierteste Darstellung der Schlacht); STRUCK, Schlacht, WENG, Schlacht. Vgl. den lat. Bericht »Pugna et victoria ad Nordlingam«, der den protestantischen Ständen zuging; Staatsarchiv Bamberg B 48/145, fol. 74 (Abschrift). Zur französischen Sicht vgl. den Avis Richelieus, 1634 IX 11; HARTMANN, Papiers de Richelieu, Nr. 288.
[20] Bad Cannstatt, unter Stuttgart; HHSD VI, S. 777ff.
[21] Schorndorf [Rems-Murr-Kr.]; HHSD VI, S. 714f.
[22] Neresheim [Ostablkr.]; HHSD VI, S. 556f.
[23] Breisach am Rhein [LK Breisgau-Hochschwarzwald]; HHSD VI, S. 110ff.
[24] BÜCHELER, Von Pappenheim, S. 120.
[25] BAUER, Personalschriften, Nr. 696.
[26] ENGERISSER, Von Kronach, S. 341 (die zurzeit beste kriegsgeschichtliche Darstellung).
[27] Vgl. JENDRE, Diplomatie und Feldherrnkunst.
[28] Breisach am Rhein [LK Breisgau-Hochschwarzwald]; HHSD VI, S. 110ff.
[29] Des durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Bernharden des Grafen Hertzogen zu Sachßen, Jülich, Cleve und Bergk höchst preißwürdigste Helden Thaten, welche Derselbe nach tödtlichen Abgang des Ehrwürdigsten Königs der Schweden, Gustavi Adolphi, biß an sein Seel. Ende, von Ao: 1632 biß 1639, verübet, wie solche von H. Johann Christoph von der Grün, Seel:; bey Höchstgedacht Sr. Fürstl. Durchl: gewesenen General Adjudanten, mit allen Fleiß auffgezeichnet, und auß dessen Annotatis in dieß Compendium verfaßet worden.“ Bl. 233 r, Forschungsbibliothek Gotha, Handschrift Chart. B 67.
[30] Joux, bei Pontarlier [Franche-Comté].
[31] Thann [Tann, Elsass, h. Frankreich, Dép. Haut-Rhin].
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