Gérard [Gérarde], Jacques [Jakob]

Gérard [Gérarde], Jacques [Jakob]; Obristleutnant [ – gefallen vor Demmin 1676]

Die kaiserliche Armee unter der Führung Holzappels hatte 1647/48 bei ihrer Absetzbewegung vor den heranrückenden schwedischen und hessen-kasselischen Einheiten drei Plätze besonders befestigt: Burg Gleichenstein[1] im südlichen Eichsfeld, Schloss Friedewald[2] und Schloss Homberg an der Efze.[3] Diese drei Plätze den weiteren Vormarsch Wrangels aufhalten, im kaiserlichen Lager glaubte man damit Zeit zu gewinnen. Wrangel kümmerte jedoch sich bei seinem Vormarsch aber nicht weiter um diese Plätze, sondern überließ sie den hessen-kasselischen Truppen unter Generalmajor Rabenhaupt und den aus Leipzig[4] und Erfurt[5] zusammengezogenen schwedischen Garnisonstruppen unter Generalmajor Douglas.

Auf Schloss Homberg befehligte Jacques Gérard, Stellvertreter Pachonhays, vom Kommando der Pachonhay-Dragoner. Gérard galt als besonders kriegserfahrener, entschlossener Offizier. Als kleinere Besatzungen wurden Dragoner-Einheiten nach Möglichkeit bevorzugt. Sie konnten einerseits beritten in der Umgebung ihres Stützpunktes Aufklärungsarbeit leisten, andererseits nach Beginn einer Belagerung die Verteidigung wie Fußtruppen führen. Das sparte Truppen bei der Feldarmee und beschränkte die Zahl der Esser in der Festung. Pferde wurden dabei nicht als Belastung empfunden, zumal sie gegen Ende einer Belagerung geschlachtet und verzehrt werden konnten. Obwohl Gérard Holzappel bereits um seine Ablösung gebeten hatte, um den kommenden Feldzug mitmachen zu können,[6] hatte Holzappel ihn als Kommandant des Schlosses belassen. Da ihm die Orte um Homburg die Kontribution verweigerten – Amalia Elisabeth hatte ihren Untertanen die Kontributionsleistungen untersagt – musste Gérard über weite Strecken hinweg Proviant requirieren.[7] Es gelang Gérard sogar, im ausgeplünderten Hessen einen Vorrat an Früchten, Mehl, Speck, Salz, lebendem Schlachtvieh sowie Bier und Wein zu requirieren und auf dem Schloss anzulegen. Mit etwa sechzig Soldaten, die barfuß einmarschiert waren – soviel zum Ausrüstungsstandard der kaiserlichen Armee – und ebenso vielen Berittenen hatte Gérard im November 1647 das Schloss besetzt.

Am 22.1.1648 eröffnete Generalmajor Rabenhaupt mit 1.500 Mann zu Fuß, einem Regiment zu Pferd „undt mitt Feuer und Stein mächtig Hineinschmeißen“, wie der auf Schloss Friedewald kommandierende Petter Leonhardt schrieb[8] – im „Theatrum Europaeum“ findet sich ein Stich – , die Belagerung. Die Besatzung hielt dieser Übermacht bis zum 9.2. stand. Am 10.2. durften die Verteidiger frei nach Elbogen[9] an der Eger abziehen. Nach Aussage des Kommandanten auf Friedewald hatte wahrscheinlich Wassermangel die Belagerer zur Aufgabe veranlasst.

Im „Theatrum Europaeum“ heißt es zur Aufgabe Homburgs: „Inwischen dessen / hat der Herr General Major Rabenhaupt / mit den übrigen Nieder-Hessischen Regimentern / das Hauß Homburg in Hessen belägert / beschossen / und mit allem Ernst angegrieffen: Wiewol nun der Commendant darob (so ein Keyserl. Obrist. Lieutenant / vom Pachonhayischen Regiment) mehr nicht / dann etwan 100. Mann zu Fuß / und halb so viel Reutter bey sich hatte / fassete er dannoch eine brave Resolution / und that mit denen bey sich habenden dreyen Stücken / was das Schiessen anbelangt / so lang es seyn konnte / sein bestes: aber er war in die Länge nicht bastant / sondern muste sich endlich auß Zwang ergeben; gestalt dann gedachtes Hauß den 26. Januar. auß sechs Mörsern mit Steinen und Granaten beworffen / und anderen Tags auß 2. zwölffpfündigen Stücken / und etlichen halben und drey viertheils Carthaunen / hefftiger Weise beschossen worden. Hingegen haben sich die Belägerten auch nicht faul finden lassen / starcken Widerstand gethan / unterschiedliche Knechte verderbt / und Donnerstag den 27. hujus dem Herrn Obristen Widerhold einen Schenckel (an welcher Verwundung er kurtz hierauff verstorben; wiewol man solches Unglück einen zurück geschlagenen Granate beymessen wollen) einem Constabel aber den Kopff mit einem Stücklein hinweg genommen.

Endlichen aber / nachdem die Hessischen jetzo die Belägerten gar auß dem Graben geschlagen / und eine ziemliche bresche auch mine gemacht / hat der Keyserl. Commendant angefangen zu accordiren; welcher Accord dann / Sonntags den 30. Jan. 9 Febr. auff nachfolgende Conditiones gesetzt / beschlossen worden.

I.

Sol der Herr Obr. Lieut. für seine Person / alle Staabs-Officirer / Reutter und Dragoner mit ihren Weibern / Kindern / Sack und Pack / Wagen / Pferden / und Artillerie-Bedienten / Ober- und Untergewehr / Kugeln im Mund / brennenden Lunten / und gefüllten Pantelieren / neben 1. Centner Lunten / 1. halben Centner Pulver / und 1. viertheil Centner Kugeln / morgenden Tags / zwischen 9. und 10. Uhr / abziehen / und nacher Elbogen in Böhmen convoyirt werden: diesen Abend aber / weil der Außzug nicht geschehen kan / Pfort und bresche zu besetzen / einraumen.

II.

Die Abziehende sollen des Tags / so weit sie können / marchiren / und er Herr Obr. L. wegen der marche, mit zurathen haben mögen.

III.

Weil aber das Land aller Pferde durch die Keyserl. und Bäyerische entblöst / können ihnen deßwegen keine Vorspanne gegeben werden.

IV.

Die Krancke und Verwundete sollen / biß zu ihrer Gesundheit verpflegt / und hernach ihrem Regiment zu folgen / mit einem Paß versehen werden; der Herr Obr. L. aber wegen ihrer Cur / Richtigkeit zu treffen gehalten seyn.

V.

Sollen alle die jenige / wie sie Namen haben mögen / welche vor diesem unter Ihrer Fürstl. Gn. oder deren Alliirten Armeen gedienet / und nicht mit gehörigem Abschied darvon kommen / zurückgelassen werden.

VI.

Alles Geschütz / Gewehr / Munition und Proviant / neben den Materialien / sol dem von Fürstl. Hessischer Seiten darzu verordnetem Commissario getrew und auffrichtig überlieffert / auch so etwas / es sey nachtheilig oder nicht / vergraben / entdeckt / und sonsten nichts verdächtiges auffgeladen werden.

VII.

Der Capit. Lieutenant / neben einem Fähnderich / sollen biß zu Rückkommung der Convoy / als Geyssel / zu rück bleiben / und hernach mit einem Paß dimittirt werden.

Auf daß nun diese Puncten beyderseits / sonder Gefährde und Argelist / gehalten werden mögen; so seynd sie von beyden Theilen unterschrieben / versiegelt / auch Zweymal gleichlautend verfertigt / und gegen einander aussgelieffert worden. So geschehen vor Homburg / den 30. Januar 9. Febr. 1648.

(L. S.) Carl Rabenhaupt von Süche.

(L. S.) Jacque Gerard.

Der Vorrath / den man auff dem Schloß befunden / bestehet in nachfolgender Verzeichniß: 2. Metallne Stück / jedes 4. Pfund Eisen schiessend / vorauff der Name Ferdinandus Tertius; 2 Eyserne / eben so viel Eysen schiessend : 7. Eiserne Doppelhäcken: 28. Centner Pulver : 18. Centner Lunten : 7. Centner Musqueten-Kugeln : 40. Vierthalbpfündigte Eyserne Kugeln : 14. Handgranaten : 50 Bechkränze : 6. vierpfündigte Stechkartausen : 20. Morgensterne / und 2. Glocken / deren eine der auff dem Schloß befundene Münch nacher Fritzlar[10] in sein Kloster geschickt / neben andern Materialien mehr. Ob aber mehrgedachtes dieses Hauß / wie man uns zwar berichtet / sonsten noch mit Frucht / Meel / Bier /Saltz / Holtz / Speck und dergleichen mehr / versehen gewesen / lassen wir dahin gestellt sein“.[11]

Immerhin hat die Homberger Besatzung einen Teil der hessen-kasselischen Armee beschäftigt. Nach der Aufgabe Gérards wandten sich die Belagerer dem von einer kurbayerischen Besatzung gehaltenen Friedewald zu, das sie am 19.2.1648 durch eine Kriegslist einnehmen konnten.

1655 verlieh Ferdinand III. Gérard ein „Deutsches Regiment“ zu Fuß, dessen Inhaber und Kommandeur er bis 1660 war. Am 9.6.1675 wurde er zum Generalfeldwachtmeister befördert. Er fiel 1676 vor Demmin.[12]

[1] Gleichenstein; HHSD IX, S. 147.

[2] Friedewald; HHSD IV, S. 149.

[3] Homberg a. d. Efze; HHSD IV, S. 236f.

[4] Leipzig; HHSD VIII, S. 178ff.

[5] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff.

[6] Österreichisches Staatsarchiv Wien Reichskanzlei Kriegsakten 172, fol. 329-332: Gérard an Holzappel, Homberg, 1647 XII 14.

[7] Österreichisches Staatsarchiv Wien Reichskanzlei Kriegsakten 172, fol. 40-41: Beschwerden des Vormunds der Boineburg’schen Erben bei Holzappel wegen der Requirierung v. Schweinen, Spangenberg, 1647 XII 18.

[8] Österreichisches Staatsarchiv Wien Reichskanzlei Kriegsakten 175, fol. 133-134: Hauptmann Petter Leonhardt an Obristleutnant Sturm vom Lützelburgischen Regiment, Friedewald, 1648 II 08.

[9] Elbogen [Loket); HHSBöhm, S. 133f.

[10] Fritzlar; HHSD IV, S. 149ff.

[11] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 6, S. 310ff.

[12] SCHMIDT-BRENTANO, Kaiserliche und k. k. Generale, S. 34. Demmin; HHSD XII, S. 175ff.

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