Westphal, Johann Egbert von

Westphal, Johann Egbert von; Hauptmann [ – 27.10.1621 bei Rusteberg] Johann Egbert von Westphal, der Bruder des Kaspar von Westphal, stand 1621 als Obristleutnant[1] [?] eines Fähnleins,[2] geführt unter „Niedergandern“,[3] in kurpfälzischen Diensten.[4] Wahrscheinlich hatte er als Hauptmann[5] dem braunschweigisch-dänischen Heer der niedersächsischen Kreisfürsten angehört, das Anfang August 1621 abgedankt worden war.[6]

„Unterdessen hatte sich der thatkräftige Hauptmann Johann Egbert Westphal in dem ummauerten Kirchhof von Niedergandern zur Vertheidigung eingerichtet. Die auch mit Westphal angeknüpften Verhandlungen ergaben, wie es scheint, bis zum Abend des 26. Oktober [1621; BW] kein Ergebnis. Auf eine Anweisung Hoyenhougks[7] hin, sich leineaufwärts nach Uder,[8] südwestlich von Heiligenstadt,[9] zurückzuziehen, setzte sich Westphal noch in der Nacht zum 27. Oktober [1621; BW] über Rustenberg[10] dorthin in Marsch. Als Hauptmann Westphal während dieser von Landvolk bedrängten rückgängigen Bewegung bei Rustenberg tötlich getroffen fiel, brach bei seinen drei Fähnlein eine förmliche Panik aus. Hoyenhougk sandte daher den Weichenden die zur Hand befindlichen zwei Compagnien[11] Buttler und Willers entgegen, welche sich jedoch bei dieser Gelegenheit als wenig zuverlässig erwiesen. Nachdem sich die Trümmer Westphals bei Eder mit dem Vorzug vereinigt hatten, überschritten die pfalzgräflichen Truppenreste am 27. Oktober die nordwestlichen Höfen des Ober-Eichsfeldes und erreichten an diesem Tage mit der Spitze in Wahlhausen[12] noch das Werrathal. Die übrigen Teile der Gruppe Dohnas fanden weiter in Dietzenrode[13] und Vatterode[14] ein Unterkommen. Trotz der Katastrophe gab Achaz von Dohna[15] vorerst den Versuch nicht auf, nach der Unterpfalz durchzubrechen“.[16]

[1] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[2] Fähnlein: militärische Einheit; die kleinste Gliederungseinheit beim Fußvolk, im 17. Jahrhundert allmählich durch die Bezeichnung „Kompanie“ verdrängt. In der kursächsischen Armee bestand ein Regiment zu Fuß aus 10 „Fendl“: ein Fähnlein umfasste ca. 300 Mann (100 Pikeniere, 160 Musketiere, 20 Hellebardiere und 20 Rundschildner). Es gliederte sich wiederum in Rotten von 10 – 15 Mann, die von einem Rottmeister angeführt wurden.

[3] Niedergandern, heute Ortsteil von Friedland [LK Göttingen].

[4] REITZENSTEIN, Der Feldzug 1622, 1. Heft, S. 75.

[5] Hauptmann: Der Hauptmann (schwed. Kapten) war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden so genannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.

[6] REITZENSTEIN, Der Feldzug 1622, 1. Heft, S. 81.

[7] Cornelius v. Hoyenhougk [ – ] Kriegskommissar. Vgl. auch REITZENSTEIN, Der Feldzug 1622, 1. Heft, S. 70.

[8] Uder [LK Eichsfeld].

[9] Heiligenstadt [LK Eichsfeld]; HHSD IX, S. 186ff.

[10] Rusteberg [LK Eichsfeld], HHSD IX, S. 365f.

[11] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.

[12] Wahlhausen [LK Eichsfeld].

[13] Dietzenrode, heute Ortsteil von Dietzenrode-Vatterode [LK Eichsfeld].

[14] Vatterode, heute Ortsteil von Dietzenrode-Vatterode [LK Eichsfeld].

[15] Achatius von u. zu Dohna [1581 Mohrungen-1647], kurpfälzischer Diplomat, Hauptmann zu Waldsassen.

[16] REITZENSTEIN, Der Feldzug 1622, 1. Heft, S.76f.

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