Wengiersky [Wengersky, Wenskirsky, Winckerzi, Wingarzgi], Christoph von

Wengiersky [Wengersky, Wenskirski, Winckerzi, Wingarzgi], Christoph von; Obrist [ – ] Christoph von Wengiersky, Herr auf Gimmel,[1] Gallendorf[2] und Kolzig,[3] stammte aus altem polnischen Adel.

Er stand 1636 als Obrist[4] in kaiserlichen Diensten.

Der Chronist und Bürgermeister Georg Leopold[5] aus dem von Eger[6] abhängigen Marktredwitz[7] erinnert sich an den Juli 1636: „Als auch in diesem Jahr zwischen [der] Kron[e] Polen[s] und [der] Kron[e] Schweden[s] auf etlich[e] Jahr[e] ein Fried[e] geschlossen worden [ist], hat [die] Kais[er.] Majest[ät][8] das polnische Kriegsvolk,[9] welches selb[ig]er König abgedankt, in Bestallung (an)genommen und durch Böheim(b) hinaus in das Reich führen lassen. Von [diesem ist] den 13. Juli Ober[st] Wenskirsky mit seinem Regiment[10] zu Fuß zu Eger angelangt und vor dem Brucktor einlosiert worden. Als sie aber den 15. doselbst aufgebrochen und ihren Marsch durch die Pfalz gehalten und vermeldet, wie sie eine lange Zeit auf die Stadt Eger vertröstet worden wären, daß sie daselbst(en) Geld erlangen sollten. Weil sie denn nunmehr(o) in der Stadt wären, so begehrten sie ohne Geld nit weiter. Wollte man ihnen keines geben, so wollten sie die Stadt plündern und sich selbst bezahlt machen. Obwohl nun die Stadt Eger damals in großer Gefahr [war], ist es doch ohne Aufruhr noch gestillt worden. Doselbst [haben sie] übernacht logiert, die andere Nacht zu Gefrees“.[11]

Die Pfarrchronik von Vach[12] erwähnt ihn am 17.8.1636: „Heut [vor] 8 Tag, nämlich Dominica 7. post Trinitatis, ist aus diesem Dorf gezogen Herr Christoph von Winckerzi [?], ein spanischer Obrister, nachdem er mit 10 Fahnen Fußvolk und 400 Reitern von Mittwoch an bis auf den Sonntag darinnen gelegen. Hat am Getreid unzähligen Schaden auf dem Feld getan, das Korn in Nürnberg[13] um 7 Reichstaler verkauft, die Wicken mit ihrem Vieh, so sie bei sich gehabt, samt den Rossen abgekratzt, das übrige an Korn, Weiz, Gersten, Habern, Erbesen, Linsen etc. in die Erden getreten“.[14]

Der Stadtarzt Gabriel Furttenbach [1640-1716] von Leutkirch[15] hält in seiner „Ober-Ländischen Jammer- Und Straff-Chronic“ von 1669 fest: „Anno 1636. ist das Wingarzgische Regiment zu Fueß ankommen und den 2. Sept. wider ab und gegen Italien marchiert“.[16]

[1] Gimmel [Jemielno; LK Góra].

[2] Gallendorf [Kr. Munsterberg i. Schlesien].

[3] Kolzig [Kolsko; Kr. Nowa Sól].

[4] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[5] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 151f.

[6] Eger [Cheb]; HHSBöhm, S. 119ff.

[7] Marktredwitz [LK Wunsiedel i. Fichtelgebirge]; HHSD VII, S. 429f.

[8] Vgl. JENDRE, Diplomatie und Feldherrnkunst.

[9] Österreichisches Staatsarchiv Wien Kriegsarchiv Alte Feldakten 1635/12/45 (Ausfertigung). Vgl. die negative Beurteilung dieser Söldner durch Philipp Graf v. Mansfeld: „Sie fressen wohl weder Samstag noch Freitag Butter oder Eier; sich aber sonsten für den katholischen Glauben, das Romische Reich oder auch ihr eigenes Vaterland einige Ungelegenheiten zu machen, seind sie ganz keine Leut. Wahrheit oder Ehr hat bei ihnen nicht länger Bestand, als wan es ihnen zum Profit dient; wan der aufhört, schwören sie für fünf Groschen einen Eid, daß Gott nie zur Welt geboren!“ HALLWICH, Wallensteins Ende Bd. 1, S. 51f. Noch am 16.6.1636 teilte Maximilian I. der Amberger Regierung mit, dass die Kosaken wegen des ausstehenden Solds im Elsass gemeutert, ihren Gen. erschlagen, bei Mainz u. Oppenheim Häuser abgebrochen, aus dem Holzwerk Flösse hergestellt u. über den Rhein gesetzt seien. Isolano (habe sie mit mehreren Rgt verfolgt, an die „2000 niedergemacht, einen großen Teil untergesteckt“ u. zur Armada in Hessen gestoßen. Dort seien 3.000 Götz durchgebrannt, die nun auf dem Weg nach Böhmen seien. Auf Befehl Ferdinands II. vom 27.7. sollten sie aufgehalten, wenn nötig, „niedergemacht“, getrennt u. zurückgetrieben werden; HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 166. Vgl. ARNOLD, Annaberg, S. 272: „Den 20. Oct. kommen Polacken ins Buchholtz ohne Oberhaupt, muthwillig, übel mundiret Gesindel, nehmen Kinder mit sich“. Vgl. LEHMANN, Kriegschronik, S. 89f.: „Ao. 1635 haben die Schweden und Polen im September auf 26 jahr Frieden gemacht. Das Polnische Volck nahmen zum theils die keyßerlichen, zum theil die Schweden an, und darvor hatte der König in Polen auch 6000 Pferde zum Reuterdienst dem Keyßer zuegeschickt und uberlaßen, die sich auch in Brabant haben brauchen laßen. Diese wolten ihren solt mit gewalt von den Cardinal-Infanten erpreßen oder sich selbst an land bezahlt machen, inmaßen Sie grausame insolentien verubten und ihre eigenen Obristen niedermachten und mit erschrecken zue verstehen gaben, was solche extera et barbara auxilia mit sich brechten und hinder ihnen hetten. Darumb schickte Sie der Cardinal dem Keyßer wieder, und dieser schickte sie wieder heim. Sie zogen aber mutwillig einen weitten Weg umb, nur desto meher geld ihnen zue machen … Den 20. October lagerten sie sich umb Zwicka ein, vide Z. Chron. Den folgenden tag Sindt sie von Schneberg her auf Schwartzenberg marchiret und doselbst sich einquartiret. Das Hauptquartier wahr zue Schwartzenberg und die Compagnien lagen 1, 2, 3-fach in Dörfern herumb in Pöhle, Grünstedtel, Miepe, Rasche, Ober- und Unterscheibe, zum Elterlein und Schwartzbach, Scheibenberg biß Annenberg, soffen sehr viel bier auß, machten es mit Plündern, schenden erger denn alle feinde, ritten uff die welde, durchschändeten die Weibsbilder, daß Sie nicht gehen kundten, nötigten die Steinalten Weiber, daß Sie starben, zernichteten alles in heußern, weil ihrethalben alles uff die Welder und in die Städte gewichen wahr, haben viel vergrabene sachen uffgesucht, vermaurete keller gefunden, zien und kupfer mitgenommen, kirchen erbrochen, kelche, leichen- und Altartücher mitgenommen. Den 31. October s. n. fiel das Fest aler heiligen ein, drumb blieben Sie liegen, feyerten es mit fasten und speisen nur von öhl, Eßig und fischen, wo sies haben kundten, wahren aber nichts desto frömmer und brachen an Sontag frühe auf und marchirten auf Presnitz und Wiesenthal. Das ärgste und grausambste an ihnen wahr, daß Sie schöne kinden, gleichen wehren Sie Turcken oder Tartern, mitgenommen, wie geschehen umb Zwicka, in der Lauter, bey Schwartzenberg, in der Mipe, in Wiesenthal und zum Elterlein, deren eines theils die Officirer ihnen abgejagt, zum theil wieder entlauffen, und dasjenige kindt, so Sie vom Blöselstein in der Miepe, dohin die inwohner, Schwarzbächer, mehr den 40 läden und bürden unter die felsen geschafet gehabt, aber durch die haußhäne, so sie unvorsichtiger weiße auf die beume fliegen laßen, und ihr kräen verrathen worden, weggenommen und einen Obristen bracht haben, ist erwachsen und ein fürnehmer, reicher Mann worden, der Ao. 1667 verstorben und seinen Freunden in der Mipe 500 thl. durch ein Testament verschaffen laßen. Diese flüchtige Armee gabe vor, weil der keyßer ihnen keinen sold gegeben, so wolten Sie ihn selber suchen in Böhmen, Schlesien und Mähren“.

[10] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

[11] BRAUN, Marktredwitz, S. 69; Gefrees; HHSD VII, S. 228.

[12] Vach, heute Stadtteil von Fürth.

[13] Nürnberg; HHSD VII, S. 530ff.

[14] GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 53.

[15] Leutkirch im Allgäu [LK Ravensburg]; HHSD VI, S. 466ff.

[16] FURTENBACH, Ober-Ländische Jammer- Und Straff-Chronic, S. 99.

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