Warendorf, Bernd von

Warendorf, Bernd von; Hauptmarketender [ – ] Der Jude Bernd von Warendorf war der Chefeinkäufer (Hauptmarketender)[1] des kaiserlichen Feldmarschalls[2] Peter von Holzappel,[3] der bis zu 52 Marketender unter sich hatte. Holzappel, einer der größten Kriegsgewinnler dieses Krieges, war anteilmäßig an den Gewinnen der Marketender beteiligt.

Im Ratsprotokoll der Stadt Münster heißt es unter dem 26.6.1647: „Alß Henrich Storck uff hiebevohr ime der judengleits[4] abforder- und erhebung halber ertheilte commission[5] zu red gestellet ward, mit verweiß, daß bei ime schlechter fleiß[6] verspüret würde, so entschuldigt er sich, daß umb deswillen die juden kein zeichen tragen er die schwerlich erkennen oder underscheiden könne, in specie[7] Bernd jude von Warendorff berufe sich uff von Irer Excellentz grafen von Holtzapfel habende commission zu einkaufung waren.

Item in specie berichtet er, daß ein jud Abraham Benniß genant kein schew getragen, vor disem in herrn burgermeisteren Plöniß behausung gesprochen zu haben, so mancher pfenning von ime fürs gleidgelt abgefordert würde, so manchen thaler wolt er von den dem burgere, so in Kayserliche guarnisoun kehme, erholen.

Senatus gibt ime Storck befelch, von Bernd juden und dessen söhnen ihre pässe oder commission deren sie sich anmaßen, abzufordern, sonderlich uf den Abraham oder dessen sohn, der die verwegene wort solle gesprochen haben, wo der hereinkäme, acht zu geben und dominis consulibus zu verwissigen.[8]

Et conclusum zur ordinantz,[9] daß allen juden ufferlegt werden solle, hinfüro nit einzukommen, es trage dan ein jeglicher, wie es in vorjaren geschehen, einen weyer[10] in der hand zum abzeichen etc., welche meinung allen pförtneren intimirt[11] werden solle, umb gebürend zu beobachten.

Alß Tobias von Handrup zur red gestellet ward, daß senatui fürkommen, alß ob etliche juden bei ime synagoge gehalten haben sollten, ob deme also und warumb er solchs verstattet und nit entdeckt,[12] praetendirt[13] er, davon gar keine wissenschafft zu haben. Eß sei zwar Bernd jude von Warendorff mit seinen söhnen und kinderen hie gewesen, aber diesen morgen wider nach Warendorff verreiset, doch sey der vatter Bernd in der person noch hie, aber die kinder weren, indeme er hiehingangen, parat gewesen, nach Warendorff zu reisen“.[14]

Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !

[1] Marketender: Dem Heer nachziehende Händlerin oder Händler, der oder die vom Obristen befugt war, den Soldaten Lebensmittel zu verkaufen. Dafür hatten sie ihm z. B. von jedem Eimer Wein oder Bier 2 Maß für die Küche abzugeben und zumeist 10 Prozent ihrer Einkünfte. Sie waren auch zum Kranken- und Munitionstransport verpflichtet, falls die üblichen Rüstwagen nicht ausreichten. Marketender und Marketenderinnen handelten auch mit Beutegut, wobei das Beutegut weit unter Wert angenommen wurde. Die Frauen unter ihnen waren nicht nur Händlerinnen, sondern auch Helferinnen, Partnerinnen, Krankenschwestern, häufig Prostituierte. Bei einem im April 1634 in Dinkelsbühl einquartierten Regiment fanden sich bei 950 Soldaten 11 Marketender, aber 26 Marketenderinnen; HEILMANN, Kriegsgeschichte S. 465 Anm. Obwohl bekannt war, dass kein Heer ohne Marketender existieren konnte, standen diese – wie die übrigen Trosser – in schlechtem Ansehen: Sie traten als Geldverleiher auf, und so mancher Söldner war bei ihnen verschuldet. Sie standen zudem in dem Ruf, für die materielle Not vieler Söldner verantwortlich zu sein, indem sie bei Nahrungsmittelknappheit und Ausbleiben der Soldzahlungen das Heer verließen und ihre Fahne in den Wind besserer Märkte hängten. Gewalttätige Übergriffe auf die Marketender durch Bauern, Bürger und eigene Soldaten waren vielfach die Folge, zumal diese z. T. zum 15fachen Preis Waren an die Bürger verkauften, die von diesen auf den Druck einquartierter Soldaten hin erstanden werden mussten (BRAUN, Markredwitz, S. 45). Vgl. KLUGE, Hofer Chronik, S. 163: „Das rauben und plündern war um diese zeit [April 1640] sehr arg, wie dann die kayßerlichen ihre eigenen marquetener, so zu Culmbach wein und vieh erhandelt und erkauft, ganz ausgeplündert, auch zugleich ein 800 thaler darzu an geld abgenommen“. Häufig wurden sie als Spione verdächtigt. Auch Juden wurden als Marketender geduldet; LOTZE, Geschichte, S. 80f. Die Aussicht auf großen Gewinn ließ Zivilisten oder Amtsträger (vgl. PFEILSTICKER, Tagebuch) häufig für einige Zeit zu Marketendern werden. REDLICH, Marketender; Continuatio Der Siegreichen Victorien, S. 4f. Der Salemer Mönch Bürster hielt den Erwerb der Amtleute fest; WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 220: „So seyen auch unsere amptleute fast alle marketender, damit sie süch, weib und künd ernehren und außbringen möchten, seyen naher Constanz gefahren, wain flaisch, vüsch, käß und brod, salz, schmalz, unschlig, schmer, gflügel, in summa allerlay sachen uff- und im läger widerumb den soldaten verkauft, daß sich also mancher zümlich und wohl darbey befunden und hindurchbringen hat kenden“.

[2] Feldmarschall [schwed. fältmarskalk]: Stellvertreter des obersten Befehlshabers mit richterlichen Befugnissen und Zuständigkeit für Ordnung und Disziplin auf dem Marsch und im Lager. Dazu gehörte auch die Organisation der Seelsorge im Heer. Die nächsten Rangstufen waren Generalleutnant bzw. Generalissimus bei der kaiserlichen Armee. Der Feldmarschall war zudem oberster Quartier- und Proviantmeister. In der bayerischen Armee erhielt er 1.500 fl. pro Monat, in der kaiserlichen 2.000 fl. [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)], die umfangreichen Nebeneinkünfte nicht mitgerechnet, war er doch an allen Einkünften wie Ranzionsgeldern, den Abgaben seiner Offiziere bis hin zu seinem Anteil an den Einkünften der Stabsmarketender beteiligt.

[3] Peter Melander Graf v. Holzappel [8.2.1589 Niederhadamar-17.5.1648 Augsburg], hessen-kasselischer, kaiserlicher Feldmarschall. Vgl. HÖFER, Peter Graf Holzappel; GEISTHARDT. Peter Melander; LEINS, Soziale und räumliche Mobilität; LEINS, Peter Melander von Holzappel. Militärwirtschaft, Bündnisdiplomatie und Miniaturherrschaft im späten Dreißigjährigen Krieg. Phil. Diss. [in Arbeit].

[4] Judengeleit: Schutzgeld für sichere Hin- und Rückreise und Aufenthalt.

[5] commission: Auftrag.

[6] schlechter fleiß: Euphemismus für Faulheit.

[7] in specie: insbesondere.

[8] dominis consulibus zu verwissigen: den Herrn Ratsherren zur Kenntnis zu bringen.

[9] Et conclusum zur ordinantz: und ist als Befehl beschlossen worden.

[10] weyer: Fächer oder Wedel.

[11] Intimirt: bekanntgegeben.

[12] nit entdeckt: nicht zur Anzeige gebracht.

[13] praetendirt: gibt er vor.

[14] LAHRKAMP, Stadtmünsterische Akten, S. 197

Dieser Beitrag wurde unter Miniaturen abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.