Ratschin [Rattschin, Rätschin, Ratscher, Ratschien], Johann von

Ratschin [Rattschin, Rätschin, Ratscher, Ratschien], Johann von; Major [ – ] Johann Ratschin [Rattschin, Rätschin, Ratscher, Ratschien] [ – ] stand 1640 noch als Major[1] in schwedischen[2] Diensten.

Das „Theatrum Europaeum“[3] schildert für 1640 einen Überfall auf das Quartier des Kroaten-Obristen[4] Losy:[5] „Den Obristen von Rosen[6] wurden von seinem Major Johann von Ratschin / vom alten Regiment 6. Compagnien[7] zugebracht / darum konnte er abermahlen nicht fey[r]en / sondern nahme seinen Vetter Wolmaren / den Tollen[8] zu sich / und überfiele noch selbige Nacht / von Ziegenhain[9] auß / deß Croatischen Obristens / Petern Logy Regiment und Quartier zu Allendorff[10] / die noch andere 6. Compagnien Rubländischer[11] Tragoner[12] bey sich hatten, darüber der Obriste durch einen Pistolen-Schuß selbsten verwundet worden / der sich deßwegen auff den Kirchhoff salviret / aber sein Obrister Lieutenant[13] todt geblieben / in angestecktem Quartier neun Standarten[14] verbronnen / ein Standarte und ein Capitäin[15] mit Beuten[16] und Pferden darvon geführet / und sie alle so hefftig aufgeschlagen worden / daß wann der Obriste Fetuari[17] nicht nahe im Anzuge gewesen / so wäre dieses gantze Regiment gantz und gar zu scheitern gegangen“.[18]

Ratschin wird im „Theatrum Europaeum“ unter den Toten bzw. „Gequetschten“ aufgeführt, woraus nicht eindeutig hervorgeht, was mit ihm geschehen ist.[19]

Die in Frankfurt/M.[20] erscheinende „Relationis Historicæ Semestralis Continuatio“ berichtet unter dem Februar 1645 über die von Ratschin verübten, zwei Aufsehen erregende Morde an dem Amtmann und hessen-darmstädtischen Gesandten Johann Christoph Cobe [Cob, Kobe] [ -10.2.1645 bei Walluf][21] und dem Kornett[22] Johann Conrad Drach[23] aus seiner Begleitung: „Diß Orts können wir / Christlicher Ehrliebender Leser / nicht vorbey / einer gantz abscheulichen / ja fast vnmenschlich- vnnd vnerhörten Mordthat zu gedencken / so sich der Zeyt an weyland dem Fürstl. Hessen-Darmstättischen Rhat vnd Amptmann der Herrschafft Itter[24]  / Herrn Johann Christoph Coben / wie dann auch an dem bey sich gehabten Cornet / begeben vnnd zugetragen: davon ist der vmbständige Verlauff / wie hernach folget:

Als Herr Landgraff Georg zu Hessen[25]  / etc. Donnerstags den 30 Jan. A. vnd 9. Febr. N. C. 1645. Seiner Fürstl. Gn. Rhat vnnd Ambtman der Herrschaft Itter / Herrn Johann Christoff Coben / zu deß Königs in Frankreich General-Lieutenant,[27] Herrn Vicomte de Turenne[28] gen Mäyntz[29] vnnd fürters zum Königl. Frantzösischen Obr. Rußwurmen[30] gen Elfeld[31] / wegen allerhand schwerer an dero Land vnd Leuthe beschehener Anforderungen abgeordnet / vnd vmb moderation vnnd Milterung solcher Kriegsbeschwerden nachsuchen lassen / da hat sichs zugetragen / daß eben damals auch ein Niderhessischer Obristlieutenant, Rätschin genannt / welcher sich vor einen HessenCasselischen Abgesandten außgegeben / vnd sonst im OberFürstenthumb Hessen in Alßfeld[32] gelegen / sich bey dem Obr. Rußwurm zu besagtem Elfeld im Ringgaw[33] befunden / welcher nach der / bey ermeltem Obristen eingenommener Abend Mahlzeit / den Hessen Darmstadischen zu derselben auch erfordert gewesenen Abgesandten Johann Christoff Coben / ohne einig darzu empfangene Vrsach / mit groben Ehrenrührigen Wortten gantz schimpflich angestatet / sich zu demselben / ohnerachtet jhme mit grosser discretion[34] vnd moderation[35] vom Hessen Darmstadischen begegnet worden / starck genötiget / daß er der Hessen Darmstadische alß deß affrontirens[36] kein Maas sein wollen / auch endlich gesagt / weil er sehe / daß ihme Obristlieutenant mit Querelln[37] bedient / vnd jhne gleichsam mit Haaren darzu ziehen wollte / als würde Er jhme auff den andern Tag schon darumb zu finden / vnnd solches mit jhme zu verfechten wissen / inmittelst aber hat der Herr Obrist Rußwurm dem Obrist Lieutenant Rätschin hart zugesprochen / vnd jhn ermahnet / er solle dergleichen Vngelegenheiten in seinem Quartier vnderwegen lassen / vnnd Herrn Coben / als einem ehrlichen Cavallier, der von Ihrer Fürstl. Gn. Herrn Landgraff Georgen zu Hessen / etc. in gewissen Verrichtungen / wegen seines Regiments / zu jhme abgeschickt were / mit dergleichen affront verschonen / im widrigen er etwa andere Mittel vor die Hand nehmen müste / welches aber bey jhme nichts verfangen wollen / sondern hat noch härter an Herrn Coben gesetzt / daß Sie auch endlich beyde einander bey den Armen genommen / vnd gegen der Thür zugangen / vmb sich / noch selbigen Abend / miteinander zu schlagen / die aber gedachter Herr. Obr. Rußwurm widerumb voneinander separiret, also daß Herr Cob zur Thür hinauß gangen / deme deß ObristLieutenants Trompeter[38] mit außgezucktem Degen nachgefolgt / welchen aber der Obrist Rußwurm zurück gestossen / vnd betrohet / sich aller thätlichkeit zu enthalten / oder es würde jhme was anders widerfahren / Inmittelst hat ermelter Obrister den Obrist Lieutenant Rätschin / welcher Herrn Coben mit Gewalt nachfolgen / vnd auch gar zum Fenster hinauß springen wollen / so weit zurück gehalten / daß er sein böses intent nicht zu Werck setzen können / welches jhne dannoch zu grösserer furie beweget / daß er auch in diese vnverantwortliche Trohwort außgebrochen / Es sollte ihrer Fürstl. Gn. Herrn Landgraff Georgen zu Hessen fünfftzig Dörffer kosten / hat damit seinen Vortheil ersehen / ist in die Cammer geloffen / vnd zu selbiger Thür hinauß gewolt / deßwegen der Herr Obriste Rußwurm Herrn Coben seel. welcher noch haussen auff dem Gang gestanden / eylends zugeruffen Er solte sich bey selbiger Thür wol vorsehen / damit er nicht etwan vnversehens angefallen würde / worauff er Herr Cob zur Antwort gegeben / wann jhme sollte Gewalt geschehen / müste er die nothwendige erlaubte Gegenwehr gebrauchen. Nach diesem hat Herr Obr. Rußwurm Herrn Coben seel. bitten lassen / weil er ja sehe / daß der Obriste Lieutenant also toll vnd rasend seye / solte er jhme für diesmahl auß den Augen gehen / vnd sich in die Vnterstuben[39] / vmb alles besorgendes Vnglück zu verhüten / begeben / welches er auch gethan / vñ hat darüber auch der Obrist Lieutenant Rätschin sich zu Bette begeben / also daß selbigen Abend weiter nichts vorgangen. Dieweil aber der Obrist Rußwurm jhme wohl einbilden können / es möchte darbey nicht verbleiben / sondern besorglich deß andern Tags zu einem duell[40] außschlagen / als ha er seinen Leuthen anbefohlen / so bald sie vermercken / daß diese beyde etwa einander besprechen lassen würden/ jhme solches vnverzüglich anzuzeigen / in dem er nun deß andern Morgens frühe berichtet worden / daß sie zwar beyde auffgestanden / aber noch nichts zwischen jhnen vorgangen / ist eben der Obriste Lieutenant Rättschin in deß Obristen Cammer vor sein Bett kommen / hat jhn vmb Verzeihung dessen / was er den vorigen Tag gethan / gebetten / deme ermelter Obrister zur Antwort gegeben / er hette jhn nicht / sondern Herrn Coben / dene er ohne eintzige gegebene Vrsach zum höchsten offendiret, vmb Verzeihung zu bitten / worüber Er Rätschin replicirt, es were jhme lieb / daß er jhme Herrn Obristen nichts entgegen gethan / Herrn Coben aber hielte er nicht vor capabel sich mit jme zu schlagen / (welches aber desselben valor vnd der Außgang deß duells viel anders bewiesen:) dargegen jhme der Herr Obrist widerumm vermeldet / er würde zwar in seinem Quartier nicht zulassē / daß Sie / als beyde Fürstl. Abgeordnete / in einen duell sich einlassen solten / allein hielte er Herr Obrist Rußwurm seines Theils wol darfür / daß Herr Cob solches nicht also würde ersitzen[41] lassen / sondern zu anderer gelegener Zeit vnd Ort solches außzuführen versparen. In deme nun der Obrist Lieutenant also vom Herrn Obristen Rußwurm hinweg gangen / trifft er Herrn Coben vnder Wegs an / vnd spricht jhme mit diesen Wortten zu: Herr / ich halt euch vor den jenigen / darfür ich euch gestern Abend gescholten / wann jhr nicht dasselbige / was euch dazumahl begegnet / manutenirt,[42] darauff der Cob alsobald geantwortett: Eben darumb bin ich hie / kompt darauff vor deß Obr. Rußwurms Cammerthür / rufft jhme zu / vnd bittet jhn / ob er jhm wolt ein Pferd vnnd ein paar Pistolen (sintemal er Herr Cob seine Pferde vnnd Pistoln zu Mäyntz hinderlassen hatte / vnnd von dannen in einem Nachen gegen Elfeld kommen war:) lehnen / welchem er der Obr. Rußwurm wider zugeruffen / er solte sich nur ein klein wenig patientiren, er wollte bald bey jhme seyn / als dann auch geschehen / darauff er jhme dann nicht allein eins: sondern alle seine Pferde zu seinem Dienst zwar offerirt, jedoch aber darbey gebetten, von seinem Vornehmen abzustehen / dann er in seinem Quartier dergleichen Dinge nicht zulassen könnte; Weiln aber der Obrist Lieutenant bereits fort gewesen / vnnd deß Herrn Coben am Vfer deß Rheins gewarttet / hat der Obrist Rußwurm demselben nachgeeilet / vnnd jhne gleichfalls auch von dem vorhabenden duell noch ferner abgemahnet / da er Rätschin dann endlich von jhme begehrt / sie nur zu Fuß zusammen zu lassen / welches jhme aber eben so wenig verstattet werden wöllen. Inmittelst wurde der Herr Cob nochmaln von dem Obrist Lieutenant aufgefordert / der sich auch præsentiret, vnnd sich erbotten / jhme zu Fuß satisfaction zu thun / darauff der Obrist Lieutenant mit enblößtem Degen auff jhne zugeilet / Herr Cob nicht weniger auch vom Leder gezogen / seinen Rock von sich geworffen / auch gegen den Obrist Lieutenant Rätschin sich dergestalt dapffer zur Wehr gestellt / daß Er / Cob / jhn / Rätschin im duell alsobald fast weit zurück getrieben / vnd weil der Obrist Rußwurm ohne Degen gewesen / hat er Herr Obrister den andern anwesenden Officirern zugesprochen / daß sie darzwischen gehen / vnd sie voneinander separiren wollten / welches auch geschehen / Als aber der Rätschin sich vnderm Gesicht an der Naasen etwas verletzt empfunden / hat er auß grossem Grimm so bald seinen Degen nach Herrn Coben geschossen / ohnangesehen nun bey solcher Beschaffenheit Herr Cob / wie vornehme Cavallier so dem duell beygewohnt darvon judiciren:) genugsam befugt / vnd bemächtiget gewesen were / jhme Obrist Lieutenant auff solch sein vnziemliches Beginnen den Degen durch die Rippen zu stossen / hat er sich gleichwol auß grosser moderation dessen enthalten / vnd ferner nichts gegen denselben tentiret. Ob nun wol nach dessen duells Endigung die Sach auch vom Obristen Rußwurm selbst vor außgetragen gehalten worden / der Hessen-Darmstadische Gesandte Herr Cob auch bald hernach / vnnd als er seine Commission abgelegt / von jhme Herrn Obrist Rußwurm seinen Abschied genommen / vnd wieder nach Mäyntz sich zu begeben / zu Nachen gangen / so hat doch der Nider-Hessische Obrist Lieutenant Rätschin / den Hessen-Darmstadischen Gesandten / welcher bereits auffm Rhein in einem Nachen gegen Walluf[43] zu fahrend / sich befunden / mit vnderschiedlichen Pferden biß gen bemeltes Walluf vnderm Vorwand / als wollte er zu seiner daselbst in viertzig Pferd starck gelegenen Convoy reiten / in aller eyl / doch heimlich vnd vnverwahrnter sach nachgesetzt / denselben verweglaustert[44] / vnd jhm vorgewarttet / vnd als er deß Nachens / darinn der Hessen-Darmstadische Abgesandte war / gewahr worden / aber seine darzu am Vfer auffpassende complices, ob sie schon die Läin denen am Vfer gegangenen Schiffern genommen /vnd den Nachen ans Land ziehen wollen / denselben weil diejenige / so im Nachen gewesen / den Mastbaum umbgelegt / nicht so bald ans Land bringen können / hat er sich neben etwa sieben von seiner Rotte[45] (deren jeder Pistolen vnnd Rohre[46] in Händen vnd bey sich getragen:) von Pferden in einen andern Nachen eilends begeben / dem Hessen-Darmstadischen Abgesandten (welcher ohne dergleichen Gewehr / vnnd allein neben einem von der Hessen-Darmstadischen LeibCompagnie bey sich gehabtem Cornet / Johann Conrad Drach genannt / einem Diener / vnnd Schiffer Jungen im Nachen gewesen / sich auch solcher Gewaltthat / im geringsten nicht versehen gehabt / mit aller Gewalt / vnd zwar anfangs mit Beredung der Ferger[47] / daß es eine Wettung betreffe / wer am ersten vber Rhein komme / welche er aber als sie jenseit Rheins vbersetzen wollen / mit starcker Betrohung vnnd Ansetzung der Pistolen vor die Köpffe / gezwungen / abwarts Rheins zu fahren:) darauff gantz blutdürstiglich nachgerudert / vnnd nicht allein den vbrigen am Vfer gelassenen reuttern Fewer auff den Nachen zu geben zugeruffen / welches auch / wiewol ohne einige Verletzung geschehen / sondern auch so bald Rätschin zu deß Hessen-Darmstadischen Abgesandten (ohnerachtet derselbe als vberfallen vnd vbermannet / auß dem Nachen jhme Rätschin starck zugeruffen / vnnd jhn erinnert / keine Gewalt / als davon er Obrist Lieutenant schlechte Ehr haben würde / zu verüben / sondern jhme Quartier[48] zu geben / auch der in gleicher Gefahr begriff gewesene Cornet gesaget / daß er sich niemals geschewet / einem redlichen Mann vnder Augen zu gehen / auch mit den Sachen nichts zu thun hätte / vnnd da er dergestalt gewalsamlich ohn gestattung einiger defension, von jhm niedergeschossen werden solte / vorn Richterstuhl Christi jhn gefordert haben wolte / dannoch Rätschin die Pistol / mit Heraußstossung harter Scheltwort an Kopff gesetzet / vnnd gelöset / welche aber versagt / darauff er strack zur andern Pistol gegriffen / vnd den Abgesandten vorn Kopf vberm rechten Aug mit 2. Kugeln durchschossen / daß er gleich todt geblieben / die vbrige aber haben so bald auch dem Cornet den garauß gemacht / vnd ist diese schnöde grausame Mordthat beschehen / mit vielen Schossen im Kopff vnnd in den Leib / als auch sie beyde schon tod da gelegen / hat Rätschin doch noch etliche Schösse auff sie thun lassen / gestalt dann der Hessen-Darmstadische Abgesandte vier Schösse gehabt / ein Schuß vberm rechten Aug in die Hirnschaln / vnd fast mitten auff dem Kopf wider herauß ein Schuß auff der lincken Seiten deß Halses / in Leib gehend / ein Schuß oben durch die rechte Schultern in Leibe / ein Schuß auff der rechten Seiten in Ruck mit zweyen Kugeln / nebeneinander / der Cornet aber hat zween Schösse / einen durch den Kopff / den andern auff der lincken Seiten oben durch den Schenckel in Leib gehend / gehabt.

Ob nun wol solches ein grausame vnd bey diesem Kriegswesen fast vnerhörte Mordthat gewesen / so ist der blutdürstige Mordthäter daran doch noch nicht ersättigt gewesen / sondern hat noch nach solcher vnmenschlichen Vnthat seinen Mordhelffern zugeruffen / man solte sehen / ob der Hessen-Darmstadische Gesandte noch einig Zeichen deß Lebens von sich gebe / vnnd ihn alsdann mit dem Degen durchstossen / hernach hat er dem Hessen-Darmstadischen Abgesandten den Mantel / Rock / Hut / Degen / Schreiben vnd anders / zumahl auch das bey ihme gehabte Geld / durch seine Mordhelffere abrauben lassen /  Er der Mordthäter Rätschin selbst aber / als er gesehen / daß in dene / dem ermordetem Gesandten abgeraubten Beutel Gold gewesen / hat er dasselbe selbst bey sich gesteckt / vnnd fort reitten wollen / hat er deß entleibten Herrn Cobens Diener im Nachen noch zugeruffen / er solte nun mit den Cörpern hinfahren / vnd dem Landgraffen (Herrn Landgraff Georgens zu Hessen / etc. F. Gn. meinend:) sagen / daß er / Obrist Lieutenant, es gethan habe. Vnd sich eylends fort vnnd davon gemacht / welche grausame Ermordung / vnnd jämmerlichen Tod zweyer redlicher Männer vnnd gewesener trewer Diener nicht allein hochgedachtes Herrn Landgraff Georgens zu Hessen / etc. vnd dero geliebten Herrn Bruders / Herrn Landgraff Johannßen[49] zu Hessen / etc. F. F. Gn. Gn. vnd deren Fürstliche hochangehörige / vnnd auch der gantzen Fürstlichen Hoffstatt hoch betawert / sondern auch der Fürstl. Fraw Wittib[50] zu Cassel Fürstl. Gn. selbst / dieselbe sehr improbirt[51] vnd empfunden haben soll.

Vnd seynd beyde deß Herrn Abgesandten vnd Cornets verblichene Leichnambe / vnd zwar Sonntags den 2. 12. Febr. von Rüsselsheim[52] in die Fürstl. Residentz gen Darmstatt[53] gebracht / vnnd der Cornet den 4. 14. der Herr Abgesandte aber den 7. 17. ejusdem daselbst bey Volckreicher ansehentlicher Versammlung vnd in trauriger Leich-procession, auch nicht ohne vieles Thränen vergiessen deß Volcks / zu ihren Ruhekämmerlein begleitet worden“.[54] Diese Darstellung hat auch das „Theatrum Europaeum“ von 1647 übernommen.[55]

In einer älteren Darstellung von 1696 heißt es ähnlich: „2. Im Jahr 1645. im Monat Jenner / hat der Herr Landgarf zu Hessen-Darmstadt / Herzoge George / seinen Rath und Amtmann der Herrschaft Itter / Herrn Johann Christoph Coben / zu des Königs in Franckreich General-Lieutenant, Hn. Vicomte de Turenne, gen Mäyntz / und förders zum Königl. Französischen Obristen Rußworm gen Elfeld abgesendet / wegen allerhand schweren an dero Land und Leuten beschehener Anfoderung / um Moderation und Milderung solcher Kriegs-Beschwerden Ansuchung zuthun. Es ist der Feind in diesem Stücke wohl mit denen Raben zu vergleichen / welche / wo sie einmal an Aaß antreffen / von demselben eher nicht weichen / biß daß alles Fleisch von denen Beinen abgezogen und verzehret ist. Es fügte sich aber / zu einen grossen und sonderbaren Unglück / daß eben damahls auch ein Nieder-Heßischer Obrister Lieutenant, Rätschin genannt / welcher sich für einen Hessen-Casselischen Abgesandten ausgegeben / und sonst im Ober-Fürstenthum Hessen / in Alßfeld gelegen / sich bey dem gemeldeten Obristen Rußworm / zu besagtem Elfeld / im Ringgau / sich auch befunden. 3. Der Obriste Rußworm wolte / als ein höflicher Cavallier, diesen seinen beyden Gästen eine Ehre erweisen / lude sie derowegen beyde zur Abend-Mahlzeit / wobey sie auch erschienen.Was bey gehaltener Taffel / geredet worden / ingleichen ob man / Cavalliers Gebrauch nach / bey der Mahlzeit starck getruncken[56] / ist uns unwissend; dennoch aber hat besagter Obr. Lieutenant Rätschin / nach gehaltener Mahlzeit / den Hessen-Darmstädtischen Abgesandten / Herrn Coben / ohne einige darzu empfangene Ursache / mit groben ehrenrührigen Worten / gantz schimpflich angestatet / sich zu demselben / ohnerachtet er ihm mit grosser Diskretion und Moderation begegnet / starck genöthiget / daß auch der Hessen-Darmstädtische / als des Affrontirens keine Masse seyn wollen / endlich gesagt: Weil er sehe / daß ihme / dem Obr. Lieutenant, mit Querellen gedienet / und er ihm gleichsam mit den Haaren darzu ziehen wollte / als wollte er ihn auff den andern Tag schon darum zu finden / und solches mit ihm zu verfechten wissen. 4. Inmittelst aber hat der Obriste Rußworm getrachtet die Sache in der Güte beyzulegen / dem Obr. Lieutenant Rätschin harte zugesprochen / und ihn ermahnet / er solte dergleichen Ungelegenheit in seinem Quartier unterwegen lassen / und Herrn Coben / als einen ehrlichen Cavallier / der von Ihr. Fürstl. Gn. Herrn Landgraf Georgen zu Hessen / in gewissen Verrichtungen / wegen seines Regiments / zu ihm abgeschickt wäre / mit dergleichen Affront verschonen / im widrigen er etwa andere Mittel für die Hand nehmen müste. Welches aber bey ihme nichts verfangen wollen / sondern hat noch härter an Herrn Coben gesetzt / daß sie auch endlich beyde ein ander bey den Armen genommen / und gegen der Thür zu gangen / um sich noch selbigen Abend mit einander zu schlagen / die aber gedachter Herr Obrister Rußworm wieder von ein ander gebracht / also daß Herr Cob zur Thür hinaus gangen / dem des Obr. Lieutnants Trompeter mit ausgezucktem Dagen nachgefolget / welchen aber der Obrist Rußworm zurück gestossen / und betrohet / sich aller Thätlichkeit zu enthalten / oder es würde ihm was anders wiederfahren. Inmittelst hat ermeldter Obrister den Obr. Lieutnant Rätschin / welcher Herrn Coben mit Gewalt nachfolgen / und auch gar zum Fenster hinauß springen wollen / so weit zurücke gehalten / daß er sein böses Absehen nicht zu Wercke setzen können. 5. Gleichwie aber eine grimmige Bestie desto sehrer wütet / ie enger man sie einsperret / also ereignete sichs auch bey diesem Rätschin / denn er ward durch das Zurückhalten nur zu grösserer Furie bewogen / daß er auch in diese unverantwortliche Drohworte ausgebrochen: Es sollte J. Fürstl. Gn. Herrn Landgraf Georgen zu Hessen funffzig Dörffer kosten; hat damit seinen Vortheil ersehen / ist in die Kammer gelauffen / und zu selbiger Thür hinaus gewollt; deswegen der Herr Obr. Rußworm Hn. Coben / welcher noch draussen auff dem Gange gestanden / eilends zugeruffen / er sollte sich bey selbiger Thüre wohl fürsehen / damit er nicht etwan unversehens angefallen würde; worauff Herr Cob zur Antwort gegeben: Wenn ihm solte Gewalt geschehen, müste er die nothwendige erlaubte Gegenwehr gebrauchen. Nach diesem hat Hr. Obr. Rußworm Hn. Coben bitten lassen / weil er ja sehe / daß der Obr. Lieutenant also toll und rasend sey / solte er lieber ihm für das mahl aus den Augen gehen / und sich in die Unter-Stube / um alles besorgende Unglück zu verhüten / begeben; welches er auch gethan / und hat darüber auch der Obriste Lieutenant Rätschin sich zu Bette begeben / also daß selbigen Abend weiter nichts fürgegangen. 6. Weil aber der Obriste Rußworm ihm wohl einbilden können / es möchte dabey nicht verbleiben / sondern besorglich des andern Tages zu einem Duell ausschlagen / als hat er seinen Leuten anbefohlen / so bald sie vermerckten / daß diese beyde einander besprechen lassen würden / ihm solches unverzüglich anzuzeigen. Indem er nun des andern Morgens frühe berichtet worden / daß sie zwar beyde auffgestanden / aber noch nichts zwischen ihnen fürgangen / ist eben der Obriste Lieutenant Rätschin / in des Obristen Kammer für sein Bette kommen / hat ihn um Verzeihung dessen / waß er den vorigen Tag gethan / gebeten / dem ermeldter Obrister zur Antwort gegeben / er hätte nicht ihn / sondern Herrn Coben / den er ohne eintzige gegebene Ursache zum höchsten offendiret / um Verzeihung zu bitten; worüber er / Rätschin / repliciret / es wäre ihm lieb / daß er ihm dem hn. Obristen nichts entgegen gethan / Hn. Coben aber hielte er nicht für capabel, sich mit ihm zu schlagen. Dagegen ihm der Herr Obriste wiederum vermeldet / er würde zwar in seinem Quartiere nicht zulassen / daß sie / als beyde Fürstl. Abgeordnete / in einen Duell sich einlassen solten; allein er hielte seines Theils wohl dafür / daß Herr Cob solches nicht also ersitzen lassen[57] / sondern auff eine andere Zeit und Orth solches auszuführen versparen. 7. Indem nun der Obriste Lieutenant also von Hn. Obr. Rußworm hinweg gegangen / trifft er Hn. Coben unter Weges an / und spricht ihm mit diesen Worten zu: Herr / ich halte euch für denjenigen / darfür ich euch gestern Abend gescholten / wenn ihr nicht dasselbe / was euch dazumahl begegnet / manuteniret. Darauff Herr Cob alsobald geantwortet: Eben darum bin ich hir. Kömmt darauff für des Obristen Rußworms Kammer-Thür / und bittet ihn / ob er ihm wolte ein Pferd und ein paar Pistolen (sintemahl Herr Cob seine Pferde und Pistolen zu Mäyntz hinterlassen hatte / und von dannen in einem Nachen gen Elfeld kommen war) lehnen; welchem der Obr. Rußworm wieder zugeruffen / er sollte sich nur ein klein wenig patientiren / er wolte bald bey ihm seyn / als denn auch geschehen; darauff er ihm nicht allein eines / sondern alle seine Pferde zu seinem Dienst zwar offeriret / iedoch aber dabey gebeten / von seinem Fürnehmen abzustehen / denn er in seinem Quartier dergleichen Dinge nicht zulassen könte. Weil aber der Obriste Lieutenant bereits fort gewesen / und des Herrn Coben am Ufer des Rheins erwartet / hat der Obriste Rußworm demselben nachgeeilet / und ihn gleichfalls auch von dem vorhabenden Duell noch ferner abgemahnet; da er / Rätschin / denn endlich von ihm begehrt / sie nur zu Fuß zusammen zu lassen; welches ihm aber eben so wenig verstattet werden wollen. 8. Inmittelst wurde der Herr Cob nochmahls von dem Obr. Lieutenant ausgefordert / der sich auch præsentiret / und sich erboten / ihm zu Fuß Satisfaction zu thun; darauff der Obr. Lieutenant mit entblößtem Degen auff ihn zugeeilet / Herr Cob nicht weniger auch vom Leder gezogen / seinen Rock von sich geworffen / auch gegen den Obristen Lieutenant Rätschin sich dergestalt tapffer zur Wehr gestellet / daß er Cob ihn Rätschin im Duell alsobald fast weit zurück getrieben; und weil der Obriste Rußworm ohne Degen gewesen / hat er denen andern Officirern zugesprochen / daß sie darzwischen gehen / und sie von einander sondern wolten / welches auch geschehen. Als aber der Rätschin sich unterm Gesicht an der Nase etwas verletzt empfunden / hat er aus grossem Grimm seinen Degen nach Hn. Coben geschossen; ohnangesehen nun bey solcher beschaffenheit Herr Cob (wie vornehme Cavalliere / so dem Duell beygewohnet / davon judiciret) gnugsam befugt und bemächtiget gewesen wäre / dem Obr. Lieutenant, auff solch sein unziemliches Beginnen / den Degen durch die Ribben zu stossen / hat er sich gleichwohl / aus grosser Moderation, dessen enthalten / und ferners nichts gegen denselben tentiret. 9. Allein man sehe / in was vor verzweiffelte Anschläge der höllische Mord-Geist seine Werckzeuge verleiten kan. Es meynete ein iederman / auch der Obriste Rußworm selbst / es würde / nach Endigung dieses Duells / die Sache nunmehro beygeleget und vertragen seyn; der traurige Ausgang aber hat gantz ein anders erwiesen: Denn als der Hessen-Darmstädtische Gesandte / Herr Cob / nachdem er seine Commission abgelegt / von dem Obristen Rußworm seinen Abschied genommen / und wieder nacher Mäyntz sich zu begeben zu Schiffe gegangen / hat der Nieder-Hessische Obriste Lieutenant Rätschin dem Hessen-Darmstädtischen Gesandten / welcher bereits auff dem Rhein / in einem Nachen gegen Walluf zufahrend sich befunden / mit unterschiedlichen Pferden / biß nach besagtes Walluf / unterm Vorwand / als wolte er zu seinem daselbst in 40. Pferde starck gelegenen Convoy reiten / in aller Eil / doch heimlich und unverwarneter Sache / nachgesetzt / denselben verwegelagert / und ihn vorgewartet. Als er nun deß Nachens / darinne Herr Cob gesessen / gewahr worden / und seine darzu am Ufer auffpassende Mord-Gesellen /  ob sie schon die Leinen denen am Ufer gehenden Schiffern genommen / und den Nachen ans Land ziehen wollen / denselben / weil diejenigen / so im Nachen gewesen / den Mast-Baum umgelegt / nicht so bald an Land bringen können / hat er sich neben etwa sieben Personen von seiner rotte (deren ieder Pistolen und Rohr in Händen und bey sich getragen) von Pferden in einen andern Nachen eilends begeben / und die Ferger beredet / daß es eine Wette beträffe / wer am ersten übern Rhein komme. Als aber diese Schiff-Leute ihr äuserstes gethan / und jenseit Rheins übersetzen wollen / hat der Mord-Bube / sie mit starcker Bedrohung und Ansetzung der Pistolen vor die Köpffe gezwungen / abwarts Rheins zu fahren; darauf gantz blutdürstiglich nachgerudert / und denen am Ufer gelassenen Reutern zugeruffen / daß sie Feuer auff des Hn. Cobs Nachen geben sollten; welches sie auch gethan / wiewohl ohne Verletzung einiges Menschen. 10. Der Hessen-Darmstädtische Abgesandte war ohne dergleichen Gewehr / hatte auch niemand bey sich / als einen von der Darmstädtischen Leib-Compagnie mitgegebenen Cornet, Joh. Conrad Drach genannt / einen Diener und Schiffer-Jungen / welche alle sich solcher Gewaltthat im geringsten nicht versehen gehabt. Derowegen auch Herr Cob dem herannahenden Rätschin starck zugeruffen / und erinnert / keine Gewalt / als davon der Obr. Lieutenant keine Ehre haben würde / zu verüben / sondern ihm / Quartier zu geben. Der in gleicher Gefahr begriffe Cornet ließ sich auch vernehmen / daß er sich niemahls gescheuet einem redlichen Mann unter Augen zu gehen / auch mit den Sachsen nichts zu thun hätte / und da er dergestalt gewaltsamlich / ohne Verstattung einiger deDension, von ihm niedergeschossen werden solte / so wolte er ihn hiemit vor den Richter-Stuhl Christi gefordert haben. Aber alle diese Protestationes wurden tauben Ohren fürgetragen; denn der durchteuffelte Rätschin setzte dem Herrn Cob die Pistol / mit Herausstossung harter Scheltworte / an den Kopff / lösete sie auch / weil sie aber versagte / griff er alsobald zu der andern / und durchschoß den Abgesandten / über den rechten Auge / mit zwo Kugeln durch den Kopff / daß er alsobald darnieder gefallen / und gleich todt blieben. Die übrigen haben auch alsobald dem Cornet den Garaus gemacht. 11. Diese schnöde und grausame Mordthat geschahe mit vielen Schüssen in den Kopff und in den Leib; als auch beyde schon todt da gelegen / hat Rätschin doch noch etliche Schüsse auff sie thun lassen / gestalt dann der Hessen-Darmstädtische Abgesandte vier Schüsse gehabt / einen Schuß über dem rechten Auge / in die Hirn-Schale / und fast mitten auff dem Kopff wieder heraus; einen Schuß auff der lincken Seiten des Halses / in den Leib gehend; einen Schuß oben / durch die rechte Schulter in den Leib; einen Schuß auff der rechten Seiten im Rücken / mit zwey Kugeln neben einander. Der Cornet aber hat zweene Schüsse / einen durch den Kopff / den andern auff der lincken Seiten / oben durch den Schenckel in den Leib gehend / gehabt. 12. Ob nun wohl solches eine grausame und zuvor fast unerhörte Mordthat gewesen / so hat doch das blutdürstige Mord-Kind  sich daran noch nicht ersättiget / sondern hat nach solcher unmenschlichen Unthat seinen Mordhelffern zugeruffen / man solte sehen / ob der Hessen-Darmstädtische Gesandte noch einig Zeichen des Lebens von sich gebe / und ihn alsdann mit dem Degen durchstossen; hernach hat er ihm den Mantel / Rock /Hut / Degen / Schreiben und anders / zumahl auch das bey ihm gehabte Geld / durch seine Mordhelffer abrauben lassen. Er / der Mörder Rätschin / selbst aber / als er gesehen / daß in des ermordeten Gesandtens Beutel geld gewesen / hat dasselbe bey sich gesteckt / und indem er mit seinen Mordhelffern sich eilends zu Pferde gesetzt / und fort reiten wollen / hat er des entleibten Herrn Cobens Diener im Nachen noch zugeruffen: Er solte nun mit den Cörpern hinfahren / und dem Landgrafen (Herrn Landgraf Geörgens zu Hessen Fürstl. Gn. meynend) agen / daß er / Obr. Lieutenant / es gethan habe; worauf er sich eilends fort und davon gemacht. Welche grausame Ermordung und jämmerlichen Tod zweyer redlicher Männer und gewesener treuer Diener die Fürstl. Landgräfl. Herrschafft hoch empfunden und improbiret. Ob aber dieser Mörder mit seinen Mordgesellen zu Oberkeitlicher Straffe gezogen worden / habe in dem V. Theil des Theatri Europæi, woraus wir dieses erzehlen / noch nicht finden können; sonder allein Zweiffel ist er Gottes gerechten Händen nicht entgangen / als welcher scharff zu fragen pfleget: Wo ist dein Bruder Habel ? was hast du gethan ? die Stimme deines Bruders Blut schreyet zu mir von der Erden / I. B. Mos. IV. v. 9. 10. 13. Es sind aber beyde des hn. Abgesandten und Cornets verblichene Leichnam / Soñtags den 2. Februarii, von Rüsselsheim in die fürstl. Residenz Darmstadt gebracht / und der Cornet am 4. der Abgesandte aber am 7. ejusd. daselbst / bey ansehnlicher volckreicher Versammlung und in trauriger Leich-Procession, auch nicht ohne Thränen-Vergiessung des mitleidenden Volcks / zur Erde bestattet worden“.[58]

Über ein Verfahren gegen Ratschin ist bisher nichts bekannt.

Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !

[1] Major [schwed. Major, dän. Major]: Der Major war im Dreißigjährigen Krieg der Oberwachtmeister des Regiments (zunächst nur in der Infanterie). Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten, sorgte für die Instandhaltung ihrer Waffen, hatte die Aufsicht über die Munition und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte der Major für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht. Er erhielt 1633 monatlich 200 Rt. bei der Infanterie und 300 fl. bei der Kavallerie.

[2] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 9/10 der Armee Banérs stellten deutsche Söldner; GONZENBACH, Der General Hans Ludwig von Erlach von Castelen II, S. 130. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“. Vgl. auch das Streitgespräch zwischen einem kaiserlich und einem schwedisch Gesinnten „Colloquium Politicum“ (1632). Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.

[3] Vgl. BINGEL, Das Theatrum Europaeum; SCHOCK; ROßBACH; BAUM, Das Theatrum Europaeum.

[4] Kroaten: kroatische Regimenter in kaiserlichen und kurbayerischen Diensten, des „Teufels neuer Adel“, wie sie Gustav II. Adolf genannt hatte (GULDESCU, Croatian-Slavonian Kingdom, S. 130). Mit der (älteren) Bezeichnung „Crabaten“ (Crawaten = Halstücher) wurden die kroatischen Soldaten, die auf ihren Fahnen einen Wolf mit aufgesperrtem Rachen führten [vgl. REDLICH, De Praeda Militari, S. 21], mit Grausamkeiten in Verbindung gebracht, die von „Freireutern“ verübt wurden. „Freireuter“ waren zum einen Soldaten beweglicher Reiterverbände, die die Aufgabe hatten, über Stärke und Stellung des Gegners sowie über günstige Marschkorridore und Quartierräume aufzuklären. Diese Soldaten wurden außerdem zur Verfolgung fliehender, versprengter oder in Auflösung begriffener feindlicher Truppen eingesetzt. Diese Aufgabe verhinderte eine Überwachung und Disziplinierung dieser „Streifparteien“ und wurde von diesen vielfach dazu genutzt, auf eigene Rechnung Krieg zu führen. Vgl. GOTTFRIED, ARMA SVEVICA, S. 85 (1630): „Die Crabaten litten dieser Zeit von den Schwedischen viel schaden / weil es bey ihnen viel stattliche Beuten gab. Dann sie hatten theils Gürtel voller Gold und Silber vmb den Leib / auch gantze Blatten von Gold vnd Silber geschlagen vor der Brust“. Zudem war „Kroaten“ ein zeitgenössischer Sammelbegriff für alle aus dem Osten oder Südosten stammenden Soldaten. Ihre Bewaffnung bestand aus Arkebuse, Säbel (angeblich „vergiftet“; PUSCH, Episcopali, S. 137; MITTAG, Chronik, S. 359, wahrscheinlich jedoch Sepsis durch den Hieb) und Dolch sowie meist 2 Reiterpistolen. Jeder fünfte dieser „kahlen Schelme Ungarns“ war zudem mit einer Lanze bewaffnet. SCHUCKELT, Kroatische Reiter; GULDESCU, Croatian-Slavonian Kingdom. Meist griffen sie Städte nur mit Überzahl an. Die Hamburger „Post Zeitung“ berichtete im März 1633: „Die Stadt Hoff haben an vergangenen Donnerstag in 1400. Crabaten in Grundt außgeplündert / vnnd in 18000 Thaller werth schaden gethan / haben noch sollen 1500. fl. geben / dass sie der Kirchen verschonet / deßwegen etliche da gelassen / die andern seind mit dem Raub darvon gemacht“. MINTZEL, Stadt Hof, S. 101. Zur Grausamkeit dieser Kroatenregimenter vgl. den Überfall der Kroaten Isolanis am 21.8.1634 auf Höchstädt (bei Dillingen) THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 331f.; bzw. den Überfall auf Reinheim (Landgrafschaft Hessen-Darmstadt) durch die Kroaten des bayerischen Generalfeldzeugmeisters Jost Maximilian von Gronsfelds im Mai 1635: HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 148ff.; den Überfall auf Reichensachsen 1635: GROMES, Sontra, S. 39: „1634 Christag ist von uns (Reichensächsern) hier gehalten, aber weil die Croaten in der Christnacht die Stadt Sontra überfallen und in Brand gestecket, sind wir wieder ausgewichen. Etliche haben sich gewagt hierzubleiben, bis auf Sonnabend vor Jubilate, da die Croaten mit tausend Pferden stark vor Eschwege gerückt, morgens von 7-11 Uhr mittags mit den unsrigen gefochten, bis die Croaten gewichen, in welchem Zurückweichen die Croaten alles in Brand gestecket. Um 10 Uhr hats in Reichensachsen angefangen zu brennen, den ganzen Tag bis an den Sonntags Morgen in vollem Brande gestanden und 130 Wohnhäuser samt Scheuern und Ställen eingeäschert. Von denen, die sich zu bleiben gewaget, sind etliche todtgestoßen, etlichen die Köpfe auf den Gaßen abgehauen, etliche mit Äxten totgeschlagen, etliche verbrannt, etliche in Kellern erstickt, etliche gefangen weggeführet, die elender gewesen als die auf der Stelle todt blieben, denn sie sind jämmerlich tractirt, bis man sie mit Geld ablösen konnte“. LEHMANN, Kriegschronik, S. 61, anlässlich des 2. Einfall Holks in Sachsen (1632): „In Elterlein haben die Crabaten unmanbare Töchter geschendet und auf den Pferden mit sich geführet, in und umb das gedreid, brod, auf die Bibel und bücher ihren mist auß dem hindern gesezt, In der Schletta [Schlettau] 21 bürger beschediget, weiber und Jungfern geschendet“. LANDAU, Beschreibung, S. 302f. (Eschwege 1637). Auf dem Höhepunkt des Krieges sollen über 20.000 Kroaten in kaiserlichen Diensten gestanden haben. In einem Kirchturmknopf in Ostheim v. d. Rhön von 1657 fand sich ein als bedeutsam erachteter Bericht für die Nachgeborenen über den Einfall kroatischer Truppen 1634; ZEITEL, Die kirchlichen Urkunden, S. 219-282, hier S. 233-239 [Frdl. Hinweis von Hans Medick, s. a. dessen Aufsatz: Der Dreißigjährige Krieg]. Vgl. BAUER, Glanz und Tragik; neuerdings KOSSERT, „daß der rothe Safft hernach gieng…“, S. 75: „In einer Supplik der niederhessischen Stände an Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel aus dem Jahr 1637 heißt es beispielsweise, die „unchristlichen Croaten“ hätten ‚den Leute[n] die Zungen, Nasen und Ohren abgeschnitten, die augen außgestochen, Nägel in die Köpff und Füsse geschlagen, heis Blech, Zinn und allerhand Unflat, durch die Ohren, Nasen und den Mund, in den Leib gegossen [und] etzliche durch allerhand Instrumenta schmertzlich gemartert’ “. http://home.arcor.de/sprengel-schoenhagen/2index/30jaehrigekrieg.htm: „Am grauenhaftesten hatte in dieser Zeit von allen Städten der Prignitz Perleberg zu leiden. Die Kaiserlichen waren von den Schweden aus Pommern und Mecklenburg gedrängt worden und befanden sich auf ungeordnetem Rückzug nach Sachsen und Böhmen. Es ist nicht möglich, alle Leiden der Stadt hier zu beschreiben.
Am ehesten kann man sich das Leid vorstellen, wenn man den Bericht des Chronisten Beckmann über den 15. November 1638 liest: ‚… Mit der Kirche aber hat es auch nicht lange gewähret, sondern ist an allen Ecken erstiegen, geöffnet und ganz und gar, nicht allein was der Bürger und Privatpersonen Güter gewesen, besonders aber auch aller Kirchenschmuck an Kelchen und was dazu gehöret, unter gotteslästerlichen Spottreden ausgeplündert und weggeraubet, auch ein Bürger an dem untersten Knauf der Kanzel aufgeknüpfet, die Gräber eröffnet, auch abermals ganz grausam und viel schlimmer, als je zuvor mit den Leuten umgegangen worden, indem sie der abscheulichen und selbst in den Kirchen frevelhafter und widernatürlicher Weise verübten Schändung des weiblichen Geschlechts, selbst 11- und 12-jähriger Kinder, nicht zu gedenken – was sie nur mächtig (haben) werden können, ohne Unterschied angegriffen, nackt ausgezogen, allerlei faules Wasser von Kot und Mist aus den Schweinetrögen, oder was sie am unreinsten und nächsten (haben) bekommen können, ganze Eimer voll zusammen gesammelt und den Leuten zum Maul, (zu) Nase und Ohren eingeschüttet und solch einen ‚Schwedischen Trunk oder Branntwein’ geheißen, welches auch dem damaligen Archidiakonus… widerfahren. Andern haben sie mit Daumschrauben und eisernen Stöcken die Finger und Hände wund gerieben, andern Mannspersonen die Bärte abgebrannt und noch dazu an Kopf und Armen wund geschlagen, einige alte Frauen und Mannsleute in Backöfen gesteckt und so getötet, eine andere Frau aus dem Pfarrhause in den Rauch gehängt, hernach wieder losgemacht und durch einen Brunnenschwengel in das Wasser bis über den Kopf versenket; andere an Stricken, andere bei ihren Haaren aufgehängt und so lange, bis sie schwarz gewesen, sich quälen lassen, hernach wieder losgemacht und andere Arten von Peinigung mit Schwedischen Tränken und sonsten ihnen angeleget. Und wenn sie gar nichts bekennen oder etwas (haben) nachweisen können, Füße und Hände zusammen oder die Hände auf den Rücken gebunden und also liegen lassen, wieder gesucht, und soviel sie immer tragen und fortbringen können, auf sie geladen und sie damit auf Cumlosen und andere Dörfer hinausgeführt, worüber dann viele ihr Leben (haben) zusetzen müssen, daß auch der Rittmeister der Salvegarde und andere bei ihm Seiende gesagt: Sie wären mit bei letzter Eroberung von Magdeburg gewesen, (es) wäre aber des Orts so tyrannisch und gottlos mit den Leuten, die doch ihre Feinde gewesen, nicht umgegangen worden, wie dieses Orts geschehen’ „. METEREN, Newer Niederländischen Historien Vierdter Theil, S. 41: „Diese [Kroaten; BW] nach dem sie die Thor deß Stättleins [Penkun (LK Vorpmmern-Greifswald); BW] zerbrochen / haben sie mit grossem Grimm auff dem Schloß / in der Kirche / in der Pfarr / in den Häusern / Ja auch unerhörter Weise in den Todtengräbern gesuchet: Das Korn theils außgetroschen vnnd hinweg geführet / theils auch zertretten / die Inwohner hefftig geschlagen vnnd biß auff den Todt gemartert / daß sie solten sagen / on sie Gelt vergraben hetten / vnder denselben haben sie auch deß Pastorn nicht verschonet / der ihnen doch vor diesem alle Ehr vnnd Freundschafft erwiesen: Vnnd welches das allerärgste / haben sie Weibspersonen genothzüchtiget vnd geschändet / vnnd so sich etliche im Wasser vnder dem Rohr / oder sonst verborgen / haben die Crabaten / als deß Teuffels rechte Spürhund / solche auffgesucht / vnd wie das Vieh zur Vnzucht vor sich hergetrieben / auch ein theils Mannspersonen / so ihre Weiber vnnd Kinder wider solchen Teufflischen Muthwillen vnnd Gewalt vertheidigen wollen / jämmerlich erschossen vnd nidergehawen. Vnd dergleichen Vnzucht haben sie auch an Mägdelein von acht vnnd zehen Jahren zu treiben vnd am hellen Tag auff den Kirchhöfen / öfffentlichen Gassen vnd Gärten zu begehen / sich nicht geschewet“. Vgl. auch die Beschreibung des Kroateneinfalls in Neustadt a. d. Aisch am 18.7.1632 => Kehraus [Kerauß, Kehrauß], Andreas Matthias in den „Miniaturen“, bzw. die Aufzeichnungen des Pfarrers Lucas, Trusen (Anfang Januar 1635); LEHMANN, Leben und Sterben, S. 129: „[…] die Dorfschaften sind nacheinander alle ausgeplündert, die Leute übel geschlagen und beraubt worden, einige tot geblieben, Elmenthal und Laudenbach und Heßles sind ganz ledig [menschenleer] diese Zeit über gestanden, alles an Heu, Stroh, Holz hinweg ist geführt worden, das Getreide in den Scheunen ist ausgedroschen oder sonst verdorben worden, die Häuser sind zerschlagen, das Eisenwerk an Türen und Läden, Bratkacheln, Ofenblasen sind ausgebrochen und hinweg genommen worden [ …] sind über 300 Kroaten zu Elmenthal und Laudenbach gewesen, dort geplündert und folgenden Tag nach Brotterode gezogen und dort auch großen Schaden verübt, indem sie allein 100 Pferde allhier weggenommen, des anderen Viehs zu geschweigen, mancher Mensch ist übel traktiert worden, viele sind in großen Schaden gekommen, zu Herges sind alle Pferde hinweg genommen, desgleichen mehrentheils auch die Schafe und jungen Lämmer, in der Auwallenburg sind über 3 Kühe nicht verblieben, sondern alle hinweg genommen worden […]“.THEATRUM EUROPAEUM 2. Band, S. 630 (1631): „Den 10. Martii sind die Crabaten ein halbe Meil von der Prager Newstatt / zimblich starck zu Roß vnnd Fuß ankommen / ein schönes Dorf Micheln genant / in Brand gesteckt / Mann / Weib / vnnd Kinder / was nicht entlauffen können / entweder nidergehawen oder ins Fewer gejaget : ist also groß Elend gewesen. Das verbrandte Stroh hat der Wind / weil er gleich darbey entstanden / biß nach Prag gar auff die Brücke getrieben. Die Sächsische haben sich zwar alsbald zu Roß vnnd Fuß hinauß begeben / in Meynung sich an die Crabaten zumachen: aber selbige hatten sich vor jhrer Ankunfft schon weg gemacht / vnd vnderwegens noch etliche Dörffer angezündet“. WERTHER, Chronik der Stadt Suhl 1. Bd., S. 226f. (1634): „In einem Umlaufschreiben wies die gemeinschaftliche Regierung und das Consistorium zu Meiningen darauf hin: ‚Es gehen viele und große Sünden wider das sechste und siebente Gebot im Schwange, da die Weibspersonen sich leichtfertig an die Croaten gehänget“. Gefangene Kroaten wurden schon unter Gustav II. Adolf von den Schweden in ihre Kupferbergwerke verbracht; THEATRUM EUROPAEUM 2. Bd., S. 349; METEREN, Newer Niederländischen Historien Vierdter Theil, S. 87. – Obrist [schwed. överste, dän. oberst]: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung, 500 fl. zu Fuß, 600 fl. zu Roß [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] in der kurbrandenburgischen Armee 1.000 fl. „Leibesbesoldung“ nebst 400 fl. Tafelgeld und 400 fl. für Aufwärter. In besetzten Städten (1626) wurden z. T. 920 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15). Nach Wallensteins Verpflegungsordnbung (1629) standen ihm als Obrist und Hauptmann der Infanterie 800 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Zur brandenburgischen Armee heißt es; OELSNITZ, Geschichte, S. 64: „Fälle, daß die Obersten mit ihren Werbegeldern durchgingen, gehörten nicht zu den größten Seltenheiten; auch stimmte bei den Musterungen die Anzahl der anwesenden Mannschaften außerordentlich selten mit den in der Kapitulation bedingten. So sollte das Kehrberg’sche [Carl Joachim v. Karberg; BW] Regiment 1638 auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Es wurde dem Obersten der Proceß gemacht, derselbe verhaftet und kassirt. Aehnlich machte es der Oberst Rüdiger v. Waldow [Rüdiger [Rötcher] v. Waldow; BW] und es ließen sich noch viele ähnliche Beispiele aufführen“. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nichts anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. OELSNITZ, Geschichte, S. 64f.: Der kurbrandenburgische Geheime Rat Adam Graf zu „Schwarzenberg spricht sich in einem eigenhändigen Briefe (22. August 1638) an den Geheimen Rath etc. v. Blumenthal [Joachim Friedrich Freiherr v. Blumenthal; BW] sehr nachtheilig über mehrere Obersten aus und sagt: ‚weil die officierer insgemein zu geitzig sein und zuviel prosperiren wollen, so haben noch auf die heutige stunde sehr viele Soldaten kein qvartier Aber vnter dem schein als ob Sie salvaguardien sein oder aber alte reste einfodern sollen im landt herumb vagiren vnd schaffen ihren Obristen nur etwas in den beutel vnd in die küch, Es gehöret zu solchen dantz mehr als ein paar weißer schue, das man dem General Klitzingk [Hans Kaspar [Caspar] v. Klitzing; BW] die dispositiones vom Gelde und vonn proviant laßen sollte, würde, wan Churt borxtorff [Konrad [Kurt] Alexander Magnus v. Burgsdorff; BW] Pfennigmeister vnd darvber custos wehre der katzen die kehle befohlen sein, wir haben vnd wissen das allbereit 23 Stäbe in Sr. Churf. Drchl. Dienst vnd doch ist kein einsiger ohne der alte Obrister Kracht [Hildebrand [Hillebrandt] v. Kracht; BW] der nit auß vollem halse klaget als ob Man Ihme ungerecht wehre, ob Sie In schaden gerieten, Man sol sie vornemen Insonderheit die, welche 2000 zu lievern versprochen vnd sich nit 300 befinden vndt sol also exempel statuiren – aber wer sol Recht sprechen, die höchste Im kriegsrath sein selber intressirt vnd mit einer suppen begossen“. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 504. Die z. T. für den gesamten Dreißigjährigen Krieg angenommene Anzahl von rund 1.500 Kriegsunternehmern, von denen ca. 100 bis 300 gleichzeitig agiert hätten, ist nicht haltbar, fast alle Regimentsinhaber waren zugleich auch Kriegs- bzw. Heeresunternehmer. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; BOCKHORST, Westfälische Adelige, S. 15ff., REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[5] Peter [Pál, Petrus] Freiherr v. Losy [Losey, Loysen, Loosi, Loßi, Loschi, Loschy, Lossii, Lossy, de Laucy, Lohse, Logy] [ – ], kaiserlicher Obrist.

[6] Reinhold v. Rosen [Rosa, Rosau, Roß], der „Gute“, Herr v. Bollweiler u. Herrenstein [nach 1595, um 1604 Ninigall, Livland-8./18.12.1667 Schloss Dettweiler, Kr. Zabern; Elsass], schwedisch-französischer Obrist, Generalmajor.

[7] Kompanie [schwed. kompani, dän. kompany]: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, doch wurden Kranke und Tote noch 6 Monate in den Listen weiter geführt, so dass  ihre Ist-Stärke bei etwa 70-80 Mann lag. Eine Kompanie zu Pferd hatte bei den Bayerischen 200, den Kaiserlichen 60, den Schwedischen 80, manchmal bei 100-150, zum Teil allerdings auch nur ca. 30. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.

[8] Vol[l]mar [Wolmar, Woldemar] v. Rosen [ -1645 in Basel erstochen], französisch-weimarischer Obrist. Als der „Tolle“ wurde aber Helm Wrangel bezeichnet.

[9] Ziegenhain, heute Stadtteil von Schwalmstadt [Schwalm-Eder-Kreis]; HHSD IV, S. 483ff.

[10] Allendorf, heute Ortsteil von Bad Sooden-Allendorf [Werra-Meißner-Kreis], HHSD IV, S. 33f.

[11] Johann Christoph Freiherr v. der [de] Ruebland [Rübländer, Rübeland, Rübelant, Rubland] [ -1655], kaiserlicher Obrist.

[12] Dragoner [schwed. dragon, dän. dragoon, frz. dragon]: leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit Drachenkopf (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. „Arbeiter zu Pferd“ hat man sie genannt. Der Dragoner war im Prinzip ein berittener Musketier (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. So sprechen auch Zeitgenossen in der Regel von Reitern und Dragonern. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen und zu sichern. Teilweise machte man auch Unberittene zu Dragonern, indem man ihnen ein Pferd und eine Muskete gab; SCHWARZ, Die Neumark, S. 52. Des Öfteren führten Dragoner am Sattelknopf kleine Äxte mit, um Hindernisse entfernen oder sich auch zeitweise selbst verteidigen zu können. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten im Kampf auch als Musketiere eingesetzt. Zu ihren Aufgaben gehörte auch Sicherung und Deckung von Konvois, Patrouillen, Angriffe aus dem Hinterhalt, Bildung der Vor- und Nachhut. Ausführlich dargestellt bei ENGERISSER, Von Kronach, S. 468ff., FLIEGER, Die Schlacht, S. 123ff.  Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 Gulden 55 Kreuzer in Rechnung. Ein schwedisches Dragonerregiment soll zu einem Drittel aus Zigeunern bestanden haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd. Zu den Waffen vgl. http://www.engerisser.de/Bewaffnung/Bewaffnung.html.

[13] Obristleutnant [schwed. överstelöjtnant, dän. oberstløjtnant]: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] und 150 fl. bezog – in besetzten Städten (1626) wurden z. T. monatlich 400 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15 – , in der brandenburgischen und dänischen Armee Armee sogar 300 fl. KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 320 Rt. monatlich zu. Dazu kam sein Anteil an der Beute, der pro 1.000 Rt. 16 Rt. 39 Albus betrug; HOFMANN, Melander, S. 156. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian I. hatte Tilly den Ersatz der „unkatholischen“ Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann oder Rittmeister einer Kompanie, wofür er ein zusätzliches Einkommen bezog, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[14] Standarte: an einer Stange als => Fahne angebrachtes Feldzeichen berittener Truppen, deren Verlust im Kampfe oder bei der Kapitulation als Verlust der Ehre empfunden wurde. Im Kampf und bei Belagerungen erbeutete Standarten waren dagegen Zeichen des bewiesenen Mutes der Einheit und einzelner Soldaten, so dass ihre Anzahl in zeitgenössischen Berichten meist verzeichnet war.

[15] Kapitän [schwed. Kapten, dän. kaptajn]: Der Hauptmann war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden so genannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl., d. h. 1.920 fl. jährlich, ein bayerischer Kriegsrat erhielt 1637 jährlich 792 fl. Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Der tägliche Unterhalt für einen Kapitän betrug in der brandenburgischen Armee (1631) 2 Rt.

[16] Beute: Beute war im allgemeinen Verständnis das Recht des Soldaten auf Entschädigung für die ständige Lebensgefahr, in der er sich befand und das Hauptmotiv für den Eintritt in die Armee. BURSCHEL, Söldner, S. 206ff. Für den lutherischen Theologen Scherertz galten allerdings nur der Bestand der Christenheit, die Reinheit des Glaubens und der Erhalt der Gerechtigkeit aus hinreichender Grund; BITZEL, Sigmund Scherertz, S. 153.  Dabei war Beute ein sehr weit gefasster Begriff, von Beutekunst wie sakralen Gegenständen, Altarbildern, Bildern, Büchern (wie etwa in der Mainzer Universitätsbibliothek; FABIAN u. a., Handbuch Bd. 6, S. 172), bis hin zu den Wertgegenständen der Bürger. STEGMANN, Grafschaft Lippe, S. 63: Interessant ist auch die Auflistung der von staatischen Truppen bei einem Überfall erbeuteten Wertsachen des ligistischen Generalproviantmeisters Münch von Steinach, darunter augenscheinlich auch Beutegut: „Ein gantz gülden Khetten mit zweyen Strengen. Daran ist gewesen ein gantz güldens Agnus Dei. Aber ein kleins auch güldens Agnus Dei Gefeß. Wieder eins von Silber und vergolt. Ein schönes Malekhidt-Hertz mit Goldt eingefast. Ein Goldtstückh mit einem Crucifix. Aber ein Goldstückh mit einem Kreutz. Aber ein Hertz von Jaspis vom Goldt eingefast, so für den bösen Jammer gebraucht wirdt. Ein großer Petschafftring von Goldt. Ein von Silber und vergolts Palsambüchsel. Ein Paternoster an silbern Tradt gefast. Ein Pethbuch. Dan an Geldt, so Herr General-Proviantmeister bey sich gehabt, 7 Thlr. 18 Gr. Von der Handt ein gülden verfachen Denckhring. Aber ein Petschafftring von Goldt, daß Wappen in Jaspisstein geschnidten. Ein gestickt Paar Handtschuch. Ein Paar von silberfarb Daffent Hosenbänder mit lang seiden Spitzen“. In Askola, einer Gemeinde in Südfinnland, nördlich der Hafenstadt Porvoo, befindet sich noch heute in der Holzkirche eine reich verzierte barocke Kanzel, die von finnischen Söldnern als Kriegsbeute mitgebracht wurde. Die Beutezüge wurden zum Teil mit Wissen der Offiziere unternommen, denen dafür ein Teil der Beute überlassen werden musste. Besonders wertvolle Stücke nahmen die Kommandierenden (oder auch die Marketender) den oft verschuldeten Soldaten gegen einen Bruchteil des Wertes ab. Auch Offiziersfrauen handelten mit Beute oder trieben damit Tauschhandel. Vgl. die Schadensliste vom März 1634 bei BARNEKAMP, Sie hausen uebell, S. 58ff.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 32ff.; REDLICH, De Praeda; ZIEGLER, Beute; KAISER, „ … aber ich muß erst Beute machen“. Auf der Suche nach Beute wurden sogar Latrinen erfolgreich durchsucht; SAUERLÄNDER, Geschichte der Stadt Lüdenscheid, S. 107. Der Superintendent Braun (1589-1651), zit. bei ROTH, Oberfranken, S. 303f.: „Die Ursache dieses Übels wird jeder leicht verstehen, wenn er die völlig aufgelöste Disziplin der Armee näher bedenkt. Die Fürsten selber und die Heerführer bringen ihr Militär ohne Geld zusammen; das muß von schnödem Raub sich selbst erhalten. Sie öffnen ihnen damit die Tür zu aller Nichtswürdigkeit und Grausamkeit, und müssen zu allen abscheulichen Freveln die Augen zudrücken. Pünktlich bezahlte Löhnung erhält den Soldaten, auch den sehr unguten, durch die Furcht vor dem Kriegsrecht bei seiner Pflicht und hindert ihn an Übergriffen. Enthält man ihm hingegen die Löhnung vor, so verwildert er und ist zu jeder Schandtat bereit. Dazu kommt die schon erwähnte Lässigkeit der Führer beim Anwerben der Soldaten. Denen liegt ja an der reinen Lehre und an der Gottesfurcht gar nichts; sondern die blinde Beutegier treibt sie zum Kriegsdienst; dadurch geht alles zu grunde. Wird eine Stadt oder eine Festung eingenommen, so schenkt der Sieger den Mannschaften der Besatzung, wenn sie auch noch so sehr dem päpstlichen Aberglauben ergeben sind, ihr Leben und reiht die Feinde in seine Truppen ein, nicht ohne gewaltigen Schaden der evangelischen Verbündeten. Denn um ihre Niederlage gründlich zu rächen, speien diese Scheusäler unter dem Deckmantel der militärischen Freiheit alles Gift ihrer Seele aus gegen die Bekenner des evangelischen Glaubens und wüten auf alle Weise in unsäglicher Grausamkeit, Raub und Wegelagerei, zünden die Dörfer an, plündern die Häuser, zwingen die Bewohner mit Schlägen, zu tun, was sie verlangen und stehen in keiner Weise auch hinter den grimmigsten Feinden zurück. Wie viel unserer Sache durch den Zuwachs dieser ehrlosen Räuber gedient ist, sieht jedermann leicht ein“.

Bei der Plünderung Magdeburgs hatten die Söldner 10 % des Nominalwertes auf Schmuck und Silbergeschirr erhalten; KOHL, Die Belagerung, Eroberung und Zerstörung, S. 82. Profitiert hatten nur die Regimentskommandeure bzw. die Stabsmarketender. WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 222: „Wie demoralisierend der Krieg auch auf die Landeskinder wirkte, ergibt sich aus einem fürstlichen Erlaß mit Datum Dessau, 6. März 1637, in dem es heißt: ‚Nachdem die Erfahrung ergeben hat, daß viele eigennützige Leute den Soldaten Pferde, Vieh, Kupfer und anderes Hausgerät für ein Spottgeld abkaufen, dadurch die Soldaten ohne Not ins Land ziehen und zur Verübung weiterer Plünderungen und Brandstiftungen auf den Dörfern, zum mindesten aber zur Schädigung der Felder Anlaß geben; sie auch oft zu ihrem eigenen Schaden die erkauften Sachen wieder hergeben müssen und dadurch das ganze Land dem Verderben ausgesetzt wird, befehlen wir (die Fürsten) hierdurch allen unseren Beamten und obrigkeitlichen Stellen, daß sie allen Einwohnern und Untertanen alles Ernstes auferlegen, Pferde, Vieh und sonstige Dinge von den Soldaten nicht zu kaufen“ ’. Gehandelt wurde mit allem, was nur einigermaßen verkäuflich war. Erbeutete Waffen wurden zu Spottpreisen an Städte und Privatleute verkauft; SEMLER, Tagebücher, S. 27f. Der Überlinger Pflummern berichtet in seinem Tagebuch unter dem 4.5.1635; SEMLER, Tagebücher, S. 199: „Vmb dise zeitt daß rauben, stehlen vnd plündern auff dem landt, sonderlich vmb die statt Veberlingen daß tägliche handwerckh geweßt, dan nirgendts ein remedium, kein zucht noch kriegsdisciplin, vnd hatt obrist von Ossa zu Lindaw selbst denen, so vmb abstellung diser straßenraubereyen bei ihme angehalten (der jedoch auf dieses landts defension vom kayßer patenten empfangen) sollche abzustellen nicht möglich, dan wie er discurrirt, müeße der kayßer knecht haben, die knecht müeßen geessen haben, müeßen auch wol gemundirt seyn, vnd müeßen noch darzu fir andere ihr notturfft ein stuckh gellt im peüttel haben, ergo sollen vnd mögen sie stehlen, rauben vnd plündern, waß vnd wa sie finden“. Teilweise waren sogar Pfarrer mit auf Beute ausgezogen“. STÜNKEL, Rinteln, S. 20: „Im Oktober [1623; BW] erhält der Rat Kenntnis von einer für die Stadt sehr unangenehmen Angelegenheit, die unter Umständen die schwerstwiegenden Verwicklungen nach sich ziehen konnte. Uns aber zeigt dieses Vorkommnis, wie sehr schon in den ersten Jahren des Krieges die Moral der Bürgerschaft gelitten hatte. Es handelt sich um folgendes: Bürger der Stadt haben von den kaiserlichen Kriegsvölkern Seiner Exzellenz des Grafen von Tilly, die links der Weser von Exten bis Hemeringen lagerten, unter anderem gestohlenes Vieh gekauft und es durch Tillysche Soldaten nach Rinteln bringen lassen. Bei der Rückkehr von der Stadt in ihre Quartiere haben diese Kriegsknechte die Kirche in Hohenrode aufgebrochen und ausgeplündert. Als der Rat am 2. Oktober davon erfährt, ordnet er sofort eine Untersuchung über diese Vorkommnisse unter den Bürgern und Bürgerschützen an. Dabei stellt sich heraus, daß nicht nur einzelne Bürger im Tillyschen Lager gewesen sind, sondern daß auch Schützen aus allen Korporalschaften die scheinbar billige Kaufgelegenheit wahrgenommen haben und daß in diese schmutzige Angelegenheit, denn es handelt sich ja meist um gestohlene Sachen, nicht nur die Männer, sondern auch deren Ehefrauen und Dienstmädchen und auch die Schutzjuden verwickelt sind. Bürgermeister Curt Hanes Magd hat von den Soldaten Kleider gekauft, ein Knecht dem Juden Leaser eine geringe Kuh für einen Taler abgenommen, ein Fremder hat zwei große Kessel mitgebracht, die Frau von Carl Schnar hat elf Kuhhäute für 4 Tonnen Broihan eingehandelt, Carsten Bohne hat einen Krug für 2 ½ Groschen, Jürgen Bennemanns Magd einige Kleider, Lewin Storck eine Kuh für 2 ½ Taler, Hans Rosemeyer zwei Kühe und ein Rind für 7 Taler gekauft. Andere haben eingehandelt ein Pferd für fünf Koppstück, eine Büchse für einen Taler, Kessel, Messingkannen, Schaffelle, ein Leibstück für drei Brote, fünf Schlösser, die aus dem Hause von Wartensleben in Exten stammten – der Käufer behauptet aber, sie dem früheren Besitzer schon wieder angeboten zu haben – , Feuerschlösser, 15 Stück Leder, Mäntel und Leinwand, ein altes Feuerrohr, Degen, einen Messingkessel für einen Hut, einen kupfernen Kessel für zwölf Groschen, ein Bandelier, eine Kuhhaut, ‚so durchschossen‘, für 2 Koppstück, einen kleinen ‚Pott‘, ein Leinenlaken, ein Stück Samt, Wollgarn usw. Einer kaufte eine Axt von einem Soldaten, ‚der ihn Hungers halber um Gottes Willen gebeten, ihm ein Brot dafür zu geben‘ “.

[17] Nikolaus Földvary [Felduari, Felduary, Feldtwari] [ – ], kaiserlicher Obrist.

[18] THEATRUM EUROPAEUM 4. Bd., S. 200f.

[19] THEATRUM EUROPAEUM 4. Bd., S. 201.

[20] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.

[21] Christoph Cobe [Cob, Kobe] [ -10.2.1645 bei Walluf], hessen-darmstädtischer Amtmann u. Gesandter.

[22] Kornett [schwed. kornett, dän. cornet]: Der Kornett führte die kleinste Einheit der Reiterei mit eigenen Feldzeichen, entsprach der Kompanie; 1 berittene Kompanie hatte in der kursächsischen Armee ca. 125 Pferde, 1 schwedische Reiterkompanie umfasste in der Regel 80 Mann. Der Kornett erhielt ca. 50 fl. Monatssold;  z. T. wurden allerdings 240 Rt. (!) in besetzten Städten (1626) erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermarck, S. 15). Sein Anteil an 1.000 Rt. Beute u. Ranzion betrug 17 Rt. 60 Alb. 2 Heller; HOFMANN, Peter Melander, S. 156. => Fähnrich; Fahne.

[23] Johann Conrad Drach [ -10.2.1645 bei Walluf], hessen-darmstädtischer Kornett.

[24] Itter: Neben seinem Hauptterritorium an der Eder, das sich von Dorfitter im Norden bis vor Altenlotheim im Süden und von der Orke im Westen bis zur Werbe im Osten erstreckte, besaß das Haus Itter im Norden die Exklave Höringhausen, im Nordwesten die Exklave Eimelrod und um die Herrschaft herum eine Menge Streubesitz. Außerdem lässt sich weiterer Streubesitz um Arnsberg, Soest, Erwitte, Lippstadt und Paderborn nachweisen. Möglicherweise gab es noch weiteren Besitz im Bereich der Grafschaften Nassau und Diez. Der nördliche Teil der Herrschaft gehörte zum sächsisch-westfälischen Raum, der südliche Teil zum fränkisch-hessischen. Der nördliche, größere Teil gehörte kirchlich zum Bistum Paderborn, der südliche zum Erzbistum Mainz. Lehnsherr war der Abt von Corvey auf Grund der Lehensauftragung des allodialen nördlichen Teils der Herrschaft durch das erste Haus Itter im Jahre 1126. Weitere Lehnsherren waren die Grafen von Arnsberg, die Landgrafen von Hessen, die Grafen von Nassau, die Grafen von Wittgenstein und Battenberg, die Grafen von Ziegenhain, die Grafen von Waldeck, die Bischöfe von Paderborn, die Erzbischöfe von Mainz und Köln, möglicherweise auch die Grafen von der Mark und von Berg, sowie das Stift Busdorf und das Abdinghofkloster in Paderborn. Das Haus Itter hatte selbst einen Lehnshof und somit freie Vasallen aus dem Ritterstand sowie ritterliche Dienstleute (unfreie Ministeriale). Aufgrund dieser Stellung in der Lehnsordnung gehörte das Haus Itter dem mittelalterlichen Stand der Edelfreien an. Als Territorium der späteren Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde Itter mehrfach als Paragium an nachgeborene hessische Prinzen gegeben [wikipedia].

[25] Georg II. Landgraf v. Hessen-Darmstadt [17.3.1605 Darmstadt-11.6.1661 Darmstadt], heiratete 1627 Sophie Eleonore v. Sachsen [1609-1671], Tochter Kurfürst Johann Georgs I. v. Sachsen, u. regierte v. 1626 bis 1661. 1627 Hauptakkord mit Wilhelm V. v. Hessen, der Georg Oberhessen, die Niedergrafschaft Katzenelnbogen u. die Versicherung seiner Ranggleichheit zugestand. 1636 übernahm Georg an Stelle des geächteten Wilhelm V. die Verwaltung Niederhessens, das v. kaiserlichen Truppen besetzt wurde. Wilhelms V. Witwe Amalie Elisabeth begann 1645 mit Hilfe Frankreichs u. Schwedens den Kampf gegen Georg II.; sie erreichte 1647 einen Waffenstillstand u. 1648 einen Friedensvertrag, der Georg zur Rückgabe großer Teile der gewonnenen Gebiete zwang. „Hessen-Darmstadt, Georg II. Landgraf von“, in: Hessische Biografie <http://www.lagis-hessen.de/pnd/118884352> (Stand: 8.3.2012). Vgl. DIEHL, Georg II.; BECK, Die Neutralitätspolitik Landgraf Georgs II.; WACHENDORFER, Möglichkeiten und Grenzen.

[27] Generalleutnant [schwed. generallöjtnant, dän. generalløjtnant]: Der Generalleutnant vertrat den General bzw. Feldherrn und war in der kaiserlichen, kurbayerischen, dänischen und schwedischen Armee der höchste Befehlshaber und Stellvertreter des Kaisers und des Königs/der Königin, mit weitgehenden politischen und militärischen Vollmachten. Über ihm stand nur noch der „Generalissimus“ mit absoluter Vollmacht. 1625 wurde er mit 908 Rt. monatlich in der dänischen Armee besoldet; OPEL, Der niedersächsisch-dänische Krieg 2. Bd., S. 171. Als Rekompens erhielt er in der kaiserlichen und kurbayerischen Armee für seine Leistungen Landzuweisungen (zumeist aus eroberten Gebieten oder den sogenannten „Rebellengütern“) sowie die Erhebung etwa in den Grafen- oder Herzogsstand. Als Stellvertreter seines Dienstherrn führte er Verhandlungen mit den Ständen, erzwang die Depossedierung von Adligen und Absetzung von Territorialherrn in den besetzten Gebieten und lenkte durch seine Abgesandten auch Friedensverhandlungen. Wichtige Träger der gesamten Organisation des Kriegswesens waren dabei die Generalkriegskommissare und die Obristen, die in der Regel nach ihm oder nach seinen Vorschlägen bestallt wurden.

[28] Henri de La Tour d’Auvergne, vicomte de Turenne [11.9.1611 Sedan-27.7.1675 Sasbach], Marschall v. Frankreich.

[29] Mainz; HHSD V, S. 214ff.

[30] Hans Georg v. Rußwurm [Rosswurm, Russwurmb, Rußworm] zu Hellingen u. Frauenbreitungen [16.6.1602-6.5.1667], weimarisch-französischer Obristleutnant, Obrist u. Generalmajor, später schwedischer Generalmajor, dann kaiserliche Dienste.

[31] Eltville am Rhein [Rheingaukreis]; HHSD IV, S. 106f.

[32] Alsfeld [Vogelsbergkreis]; HHSD IV, S. 3.

[33] Muss heißen Rheingau.

[34] Diskretion: Zurückhaltung, Rücksichtnahme.

[35] Moderation: Mäßigung.

[36] affrontieren: jemanden durch eine Beleidigung, Kränkung, Beschimpfung herausfordern, angreifen.

[37] Querele: unerfreuliche Auseinandersetzung, [kleinere] Streiterei, Gezänk, Händel.

[38] Trompeter: Eigener, mit 12 fl. monatlich – teilweise wurden in besetzten Städten 12 Rt. (18 fl.) herausgepresst; HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15); Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm 16 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 461 – wie der Trommelschläger recht gut bezahlter, aber auch risikoreicher Berufsstand innerhalb des Militärs und bei Hof mit wichtigen Aufgaben, z. B. Verhandlungen mit belagerten Städten, Überbringung wichtiger Schriftstücke etc., beim Militär mit Aufstiegsmöglichkeit in die unteren Offiziersränge. Vgl. dazu etwa Siedeler in den „Miniaturen“.

[39] Unterstube: im Erdgeschoss liegende Stube, im Gegensatz zur repräsentativeren Oberstube.

[40] Duell: Zweikampf zu Fuß oder zu Pferd, mit Degen und Pistole, dem Militär zumeist verboten, aber wenig beachtet und fast schon an der Tagesordnung, eine „Frage der Ehre“. In der dänischen Armee waren Duelle bei Billigung des Obristen mit dem Seitengewehr, allerdings nur in einem Gang, erlaubt. Wurde einer getötet, so wurde der Andere mit dem Tode bestraft; MEYNERT, Geschichte, Erstes Hauptstück, S. 10; WATTS, Swedish Discipline, 2. Teil, S. 48 (§ 35-38, 87). Duelle fanden nicht nur auf der Offiziersebene statt. SCHMIDT, Der protestantische Aischgrund, S. 7 (nach SCHHNIZZER, Chronica): „Auf der Kaubenheimer Kirchweih (17. August) haben sich zwei Reiter miteinander zu Roß duelliert. Der Provocant ist von dem anderen mit zwei Kugeln auf einen Schuß durchschossen worden, so dass er tot zur Erde sank“. Vgl. FREVERT, Ehrenmänner.

[41] ersitzen: stehen, sitzen, stecken lassen.

[42] manutenieren: aufrecht erhalten.

[43] Walluf [Rhein-Taunus-Kreis].

[44] verwegelagern: verwarten im Sinne von wegelagern: diejenige Handlung, da man auf öffentlicher Straße im Hinterhalte auf jemanden lauert, in der Absicht, ihn zu berauben; eine Art des Landfriedenbruchs. Geschieht es nicht auf öffentlicher Landstraße und ist bloße Privatrache die Absicht, so nannte man es „vorwarten“.

[45] Rotte: in Anlehnung an die biblische „Rotte Korah“ (4. Moses 16, 5) hier eine Bande von Räubern, Aufrührern, Rebellen.

[46] Rohr: Gewehr, Waffe für leichte Kugeln, die in freiem Anschlag verwendbar war; bei der Infanterie als Handrohr, Büchse oder => Arkebuse (vgl. Archibusier Reuter), bei der Kavallerie als Karabiner oder Faustrohr (Pistole mit Radschloss). Vgl. ENGERISSER, Frühe Neuzeit, online verfügbar unter: engerisser.de/Bewaffnung/Bewaffnung.html.

[47] Ferge: ADELUNG Bd. 2, Sp. 112: „Fährmann oder Schiffer; ein altes Oberdeutsches im Hochdeutschen unbekanntes Wort, welches Luther aus einer ältern Oberdeutschen Übersetzung beybehalten hat. Deine Fergen werden umkommen, Ezech. 27, 27. Von fahren, wovon Färich, Ferch, Feriger, ein Schiffer, Fährmann, und Fergegeld für Fährgeld, noch jetzt im Oberdeutschen üblich sind“.

[48] Quartier: Pardon, Gnade. Das hing zumeist von den Möglichkeiten ab, sich zu ranzionieren: Lösegeld zahlen, (sich) auslösen, (sich) freikaufen, auslösen von Personen, Gegenständen oder Vieh. Der organisierte Vieh-, vor allem aber Menschenraub stellte neben der Plünderung angesichts der fehlenden Soldauszahlung die wichtigste Einnahmequelle gerade der unteren Chargen dar, wurden doch pro Person je nach Stand und Beruf oft 300 Rt. und mehr erpresst. Vgl. WAGNER; WÜNSCH, Gottfried Staffel, S. 116; GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 29.  Dieses Lösegeld erreichte trotz der zwischen den Kriegsparteien abgeschlossenen Kartelle z. T. enorme Höhen: So bot der ehemalige Kommandant von Hanau, Sir James (Jacob) Ramsay „the Black“ [1589-1639], 70.000 Rt. für seine Freilassung, die aber vom Kaiserhof abgelehnt wurde (KELLER, Drangsale, S. 357), da man von ihm wissen wollte, wo er die bei der Einnahme Würzburgs und Bad Mergentheims erbeuteten Schätze (KELLER, Drangsale, S. 355) verborgen hatte. Ramsays Kriegsbeute wurde auf 900.000 Rt. beziffert; KELLER, Drangsale, S. 361; GAIL, Krieg, S. 28f.; MURDOCH (Hg.), SSNE ID: 3315. Auch die Leichname gefallener Offiziere mussten in der Regel vom Gegner ausgelöst werden. Im Mai 1633 war die kaiserliche Garnison in der Festung Lichtenau (bei Ansbach) so schlecht verproviantiert, dass Nürnberger Untertanen gefangen genommen wurden, die sich dann gegen Kartoffeln auslösen mussten; SODEN, Gustav Adolph 3. Bd., S. 450. Nach Lavater, KRIEGSBüchlein, S. 66f., hatten folgende Soldaten bei Gefangennahme keinerlei Anspruch auf Quartier (Pardon): „Wann aber ein Soldat eine eiserne / zinnerne / in speck gegossene / gekäuete / gehauene / oder gevierte Kugel schiesset / sol man ihm kein Quartier halten. Alle die / so gezogene Rohre oder Füseschlosse führen führen / haben das Quartier verwürckt. Item / alle diejenigen / die von eisen geschrote / vieregkichte / und ander Geschröt / und Stahel schiessen / oder geflammete Tegen haben / sol man todtschlagen: auch alle diejenigen / so man in einem Land / welches preis gegeben wird / vor dem Feind antrift / sol man henken lassen: Auch alle Spionen haben kein Quartier / sonder sollen ohn alle gnad gehenkt werden. Alle Nachtvögel / so die Strassen unsicher machen / und keinen Herren haben / sol man henken lassen. Item / alle diejenigen / so ohne Paßporten zum Feind überlauffen / und wider ergriffen werden / sol man todtschlagen“. Auch wurde beim Angriff zum Teil die Parole ausgegeben, kein Quartier zu gewähren; THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd., S. 609f. (Treffen bei Haselünne 11.1.1636). Doch selbst die Gewährung von Quartier bedeutete nicht, danach nicht noch getötet zu werden.

[49] Johann Landgraf v. Hessen-Darmstadt [17.6.1609 Darmstadt-1.4.1651 Bad Ems], 1631 schwedischer, 1636 kaiserlicher Obrist. Landgraf Johann war ein Sohn Landgraf Ludwigs V. und ein Bruder Georgs II. Dem Testament seines Vaters nicht ganz gemäß, focht er im schwedischen Heer unter Bernhard u. Weimar u. später unter Melchior v. Hatzfeldt. „Hessen-Darmstadt, Johannes Landgraf von“, in: Hessische Biografie <http://www.lagis-hessen.de/pnd/121930882> (Stand: 5.7.2012).

[50] Amalia Elisabeth Landgräfin v. Hessen-Kassel [29.1.1602 Hanau-3.8.1651 Kassel]. Vgl. BUCKREUS, Die Körper einer Regentin; PUPPEL, Amelie Elisabeth; BECHERT, Die Außenpolitik; PETRI, Das Militärwesen von Hessen-Kassel; HELFFERICH, The Iron Princess.

[51] improbieren: missbilligen, tadeln.

[52] Rüsselsheim [LK Groß-Gerau]; HHSD IV, S. 392f.

[53] Darmstadt; HHSD IV, S. 79ff.

[54] LATOMUS, Relationis Historiæ Semestralis Continuatio 1645, S. 93ff.

[55] THEATRUM EUROPAEUM 5. Bd., S. 692f.

[56] Alkoholabusus: In  den zeitgenössischen Berichten ist immer wieder von Alkoholabusus und dadurch bedingten Trunkenheitexzessen unter allen Militärs die Rede, die dem Interesse der Leserschaft entgegen kamen. So galten Gallas und Götz als berüchtigte Säufer. Generell ist angesichts der angegebenen Mengen festzuhalten ist, dass Wein in der Regel im Verhältnis 1:4 oder 1:3 mit Wasser gemischt wurde, um dieses „trinkbar“ zu machen. Auch bei den angegebenen Biermengen halte es sich zumeist um =>  Kofent, ein Dünnbier. Dagegen wurde billiger Branntwein in großen Mengen konsumiert. Allerdings berichtet z. B. Chemnitz auch, dass 7 Kompanien des Regiments Kracht den Aufbruch aus Halle/Saale versäumt hatten, weil sie berauscht waren; CHEMNITZ, Königl. Schwedischen ]…] Kriegs, 4. Buch, 7. Kap., S. 953f. Vgl. den Bericht des bayerischen Kriegskommissars Burhus über Alwig Gf v. Sulz (1632); HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 122: „Da hatte er, sobald er einen Rausch bekommen, alle Musketiers in der Stadt, wie auch die kleinen Stückhlein […], so oft er einen Gesundtrunkh angefangen, abschießen lassen, welches woll etwan 2 und mehr Stunden gewerth“. SCHNEIDER, Chronik der Stadt Beelitz, S. 26f.: „Diese [Truppen Johann Wanglers d. Ä.; BW] brachten auch einen Fähnrich mit sich, welcher sich bei der Wache zu Trebbin todtgesoffen, und nun begehrte man, er solle hier in der Kirche begraben werden. Weil aber der Grund sumpfig und wässerig war, und man nicht tief in der Kirche also graben konnte, berichtete ich solches dem katholischen Meßpfaffen, als er etliche Male wegen des Begräbnisses Ansuchen that. Er wollte es aber nicht glauben und als man ihm die Kirche eröffnen mußte, ward er gewahr, daß es an einem Ort in unserer Kirche etwas höher sei als am andern, daselbst hin mußten wir geschehen lassen, daß nach Kriegsmanier der Trunkenbold begraben ward“. Vgl. auch SCHWARTZ, Die Neumark, S. 50, 52. Bei der Belagerung Hamelns (1633) hatten die Patres SJ der Besatzung reichliche Mengen Alkokol spendiert, um sie zu Ausfällen zu veranlassen; KARWIESE, Hameln, S. 9f. Vgl. HÖFER, Ende, S. 165: Wie sich herausstellte, hatte Hermann, der Kommandant von Bad Windsheim, bei der Belagerung der Stadt 1648 durch schwedische Truppen seinen Dragonern ein großes Fass Wein spendiert: „Aber sie soffen sich so voll, daß fast weder ein oder der ander mehr sehen noch Schiltwach stehen kundt“, so dass sich schwedischen Truppen durch die Approchen bis zum inneren Wall heran arbeiten konnten. Hermann wurde nach dem Kriegsgerichtsverfahren wegen der schnellen Übergabe mit dem Schwert hingerichtet. Manchmal endeten die Räusche auch tödlich. Der Markgröninger Dekan Wendel Bilfinger berichtet unter dem 22.6.1635; BILFINGER, Wahrhaffte Beschreibung, S. 313: „Auff mittag ist abermahls ein kays. Officier ins verbrantte dorff Asperg hinein geritten, war voll, welchen die Schwedische musquetierer erdapt, und weil er sich nit ergeben wollen, nidergeschossen, außgezogen, klaider, pferd, Sattel und Zeug herauff getragen, Nachmittag haben ihne gemelte Musquetierer begraben, Er soll ein Quartier Meister gewest sein, von Schwabach gebürtig“.

[57] ersitzen lassen: auf sich beruhen lassen.

[58] ERNST, Historiæ Miscellæ Amphittheatrum Curiosum [ … ]. Leipzig 1696, S. 454ff.

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