Panigarola [Pannagrollo, Paniguerola, Panigardi], Giovanni Battista [Gianbattista] conte di

Panigarola [Pannagrollo, Paniguerola, Panigardi], Giovanni Battista [Gianbattista] conte di; maestre di campo [ – 6.9.1634 bei Nördlingen gefallen] Panigarola, nach den Angaben des Abtes Maurus Friesenegger [1590 – 1655][1] ein aus dem Mailändischen stammender Graf, war 1633/34 zusammen mit dem Marchese Torrecuso [Carraciolo] im Dorf Erling[2] und im Kloster Andechs[3] einquartiert. Er stand unter dem Befehl Ferias in spanischen Diensten und führte ein lombardisches Fußregiment.[4]

Friesenegger hält in seinem Tagebuch fest: „Gleich darauf [20.12.1633; BW] kam ein Eilbot von dem Generalissimo Altringer,[5] aus Dettenschwang[6] geschickt, der 3 oder 4 berittene Männer verlangte, die der ganzen Reviere und aller Ortschaften zwischen dem Ammer- und Würmsee wohl kundig wären, weil er des anderen Tages mit seiner Armee hier durchmarschieren müßte.

Den 21. begann früh um 9 Uhr der Durchmarsch, und wir sahen vor Nacht kein Ende. Kavallerie, Infanterie, Stücke, und Bagage[7] folgten aufeinander, und von Erling[8] teilte sich alles in seine gewissen Ortschaften aus. Die Offiziere betrugen sich sehr wohl. Die einen grüßten den hl. Berg schon von weitem, und die anderen besuchten ihn, bezahlten Bier, und Brot, und gaben noch reichlich Almosen. Allein die Gemeinen[9] gaben unserer Salva Guardia,[10] die ihrem Unfug widerstand, viel zu schaffen, und betrugen sich im Dorfe sehr übel, wo sie Öfen und Fenster einschlugen, weil sie Herr im Hause waren, und der Herr im Hause nichts zu essen fand. Und die anderen, und vielleicht noch mehrere gingen unten über Stegen[11] vorbei. Auf die Nacht war erst wahres Elend. Die letzten auf diesem Durchzug, die erst spät auf der Nacht kamen, waren die Spanier, noch zu einigem Glück, Infanterie.

Die nahmen ihr Nachtquartier zu 1500 Mann in Erling, machten Rasttag, und blieben bis zum 3. Tag. In das Kloster nahm man zwei Colonellen, Obristen,[12] spanische Grafen, samt ihrer Dienerschaft auf. Diese verlangte nicht mehr als zwei Zimmer, und die Kuchel mit wenigem Essen samt Bier, und Brot. Das übrige wollten sie bezahlen. Allein sie aßen frei, und die Dienerschaft war kaum zu begnügen, begehrte alles mit Gewalt, und bezahlte mit Grobheit. Sie verlangten auch Stallung, und Futter für 4 Pferde, allein es wurden 20. Nun im Dorfe, wo die Soldaten nichts als leere Häuser und keine Menschen fanden, war ein schrecklicher Anblick. Das ganze Dorf schien im Feuer zu stehen. Sie nahmen Stühle, und Bänke aus den Häusern, und trugen die Dächer ab, und füllten alle Gassen mit fürchterlichen Wachfeuern, und das ganze Dorf mit Schreien und Heulen an, wie sonst nur Hunger, und Verzweiflung zu tun pflegt. Kein einziger Erlinger, der von weitem zusah, versprach sich mehr sein Haus auf den anderen Tag.

Am anderen Tag durchstreiften sie die Wälder, und fanden manches für den künftigen Hunger, und Elend dort Verborgenes. Wen sie auf dem Weg, und Feld antrafen, dem nahmen sie Kleider, Schuhe, und Strümpfe, und ließen ihn auf Schnee, und Eis bei der größten Kälte hinlaufen.

Eben am 22. Dezember brannten diese Unmenschen das schöne Schloss Mühlfeld[13] ab. Sie trugen Tische, und Stühle zusammen, und machten Feuer darunter. Und da einige der ihrigen löschen wollten, denen drohten sie, sie totzuschießen. Der Herr P. Kellerer[14] von dem Kloster eilte zwar mit der Salva Guardia, und einigen Spaniern, und Bauern dahin. Allein er konnte nicht mehr als die Kirche, [den] Turm, und den Weiher retten. Da wir uns bei ihrem Heeresführer, dem Herzog a Feria, über den Schaden beklagen wollten, mußten wir zuvor unseren Colonellen das Attestat ausstellen, daß sie dabei ohne Schuld wären. Solches wurde sodann nach Starnberg[15] an den a Feria geschickt. Dieser überschickte es an den Generalissimum de Altringer, der sein Haupt-Quartier in Perchting[16] hatte. Und von daher kam ein Verweis an unsere Colonellen. Einer mußte alsobald das Kloster räumen, und sein Quartier im Dorfe nehmen, mit dem geschärften Auftrag, künftig mehr für die Sicherheit des Klosters zu wachen. Dieser wurde uns zum Feind, und wir mußten erst wieder bei hoher Stelle bitten, ihn behalten zu dürfen.

Nachdem jedermann den 23. und den Aufbruch hart erwartete, war jetzt der Befehl da, daß sie noch länger zu verbleiben hätten, weil noch irgends ein Winter-Quartier[17] ausgesteckt war. Himmel ! Man sah jetzt schon Bauern und Soldaten, nur halb gekleidet, vom Elend abgebleicht, von Hunger[18] ausgemergelt, mit bloßen Füßen bei der größten Kälte herumgehen. Und was wird es in die Länge werden ! Die Soldaten aßen Hunde, und Katzen, und gestohlenes Fleisch, und die Bauern hatten oft mehrere Tage keinen Brocken Brot ! Viele suchten in unserem Garten die Kraut- und überwinterten Salatstengel, Wurze[l]n, und Kräuter zusammen, die sie roh, und gesotten aßen. Das Militär schickte nacher München um Viktualien, im Kloster schlachtete man das gerettete Vieh, und backte Brot, so viel möglich war. Es kamen auch fremde Bäcker aus Dießen,[19] und anderen Orten mit Brot. Aber was war das unter so vielen, da im Dorfe 1500 Soldaten, und im Kloster Leute von mehreren Dorfschaften beisammen waren ! Da den Lieferanten die Viktualien im Hergang, oder das Geld im Hingang öfter mit Gewalt abgenommen wurden, blieben auch dieselben aus, und so stieg der Hunger auch bei den Soldaten auf das äußerste, den auch die Offiziere empfanden, weil sie um teures Geld, das sie im Überflusse hatten, nichts mehr zu bekommen wußten.

Den 28. brachen die Hungrigen in die Kirche zu Unser Lieben Frau im Dorf, stiegen bis unter das Dach, und nahmen dort das dahin geflüchtete Getreide, den Samen auf das Frühjahr, und die letzte Hoffnung der Bauern, nebst anderem, was sie fanden, weg.

Den 30. Dezember war Musterung des welsch-spanischen Regiments, und da war ein Spektakel zu sehen. Mehrere,  nur halb volle Kompanien,[20] schwarze und gelbe Gesichter, ausgemergelte Körper, halb bedeckte, oder mit Lumpen umhängte, oder in geraubte Weibskleidern einmaskierte Figuren, eben so wie Hunger, und Not aussieht.  Beinebens waren aber die Offiziere ansehnliche und prächtig gekleidete Leute.

Indessen erkrankten, und starben auch viele von den Soldaten vor Hunger, und Kälte, so daß ihr Feldpater in einem Tage 30 Kranke zur Beichte hören mußte. – Und das machte uns alle den Tod, das Ende aller übel, fürchten, oder hoffen. [Es verstarben in kurzer Zeit allein 60 Mailänder und Neapolitaner.][21]

Den 1. Januar [1634; BW] kamen 5 Wagen mit Proviant für das Militär von München, und 3 kamen leer. Denn man hat 8 Wägen dahin geschickt. Über dieses wurde unser Colonell aufgebracht, und begehrte von dem Kloster den Ersatz mit Brot oder ein Stück Vieh aus dem Stall. Da er unsere Armut in dem Speisegewölbe und Kellern selbst augenscheinlich einnahm, begnügte er sich mit 10 Laibeln von einem Bauern. Er schickte aber dieselben darnach wieder zurück, weil ein Marketender[22] mit einigem Proviant angekommen.

Gleich darauf stellten sich einige Abgeordnete von dem Kurfürstlichen Kriegs-Commissario[23] in Perchting ein, und forderten 6 Stück Vieh von denen, die die Bauern im Kloster hatten. Nach allem Protestieren, und Bitten begnügten sie sich endlich mit 4 Stücken.

Am Abend schickte der P. Kellerer eine Fuhre am See, um Mehl aus der Mühle zu Dießen abzuholen und einiges Getraide von den Armen hinüberzubringen. Am See waren 50 Mann Spanier, die nahmen das beste Pferd, und alles, was auf dem Wagen war, und wir konnten nichts mehr davon erfragen. Unsere Salva Guardia war dabei zu schwach.

Da unsere Salva-Guardianer sahen, daß auf solche Weise unsere Pferde, und Vieh immer weniger wurden, und sie für jedes Stück täglich etwas Gewisses hatten, so begehrten sie ihr Ausgeworfenes auf einmal, für jedes Pferd 20 kr., und für jede Kuh 10 kr. Zudem wurden die Bauern täglich mit mehreren Vorspannen nacher München, und anderwärts geplagt, wobei die Pferde allemal in der größten Gefahr waren. Das Elend dieser Tage bei uns läßt sich wahrhaft nicht beschreiben. In dem Kloster befanden sich über die tausend Menschen, alle Zimmer waren voll geschoppt, einer lehnte sich an den anderen. Es war Winter, und kein Ofen, kein Bett, und oft in 3 und 4 Tagen kein Brocken Brot, indessen die eben so hungrigen Soldaten immer bei uns um Brot bitteten. Aus dem Dorfe hörten die Erlinger nichts als Lärmen, Schlagen, und Hämmern, wobei man ihre Häuser einriß, um Holz zum Feuern zu bekommen.

Den 4. speisten uns unsere Gäste wieder mit der Hoffnung ihres gewissen Abmarsches auf den andern Tag. Allein anstatt der Erfüllung ihres Versprechens forderten sie am andern Tag wieder Vieh aus unseren Ställen für die Soldaten, die sie nicht verhungern lassen könnten, mit der Bedrohung, solches, und desto mehr mit Gewalt zu nehmen. Und so kamen auch von anderen Orten mehrere, die 8 – 10 -12 Stück Vieh begehrten, oder mit Gewalt nahmen, mit dem Zusatz, daß sie nicht eher abgehen werden, als bis kein Stück in dem Reviere mehr übrig sein wird. Sie werden aber bald [alles] aufgegessen haben, weil schon vieles Vieh für den bisherigen Hunger der Unsrigen aufgeschlachtet worden.

Den 6. Januar schickte der P. Kellerer nochmal einige Schäffel Getraid zum See, und in die Mühle nach Dießen. Da erst das wenige zu Schiffe gebracht worden war, wurden unsere Leute von den welschen[24] Räubern überfallen, das mehrere Getraid geraubt, den Unsern Schuhe, und Strümpfe ausgezogen, und so bei der Nacht über Schnee, und Eis heimgeschickt. Zu dem allen durften wir bei unseren Colonellen nicht klagen. Sie wurden von Tag zu Tag gegen uns feindseliger, und ungestümer. Sie begehrten von uns Sachen, die sie wußten, daß wir sie nicht haben könnten, als Honig, Oel, Eier, Kerzen, da sie doch nebst dem Unschlitt[25] auch die Wachskerzen vom Gotteshaus alle schon selbst verzehrt haben.

Den 7. mußten unsere Bauern wieder 4 Wägen um Proviant nacher München anrichten. Und da nicht gleich alles auf dem Zeitpunkt fertig war, wurden die Elenden, die ohne das vor Hunger, und Leid kaum [mehr] ein wenig lebten, von unserer Salva Guardia sowohl, als von den anderen Soldaten so barbarisch mit Schlägen traktieret, daß man es nur bewundern mußte, wie sie mit dem Leben davon gekommen sind.

Am 8. Januar kamen wieder 7 Wägen mit Proviant gefüllt, und 4 leer zurück von München, mit der Weisung, daß künftig keines mehr abgegeben werden könne. Ohngeachtet dessen mußten doch gleich wieder 6 Fuhren der Bauern nacher München, obwohl man vorsah, umsonst. Und wirklich kehrten dieselben am 10. ohne Brot zurück.

Was um uns herum geschah, das vermehrte immer unsere Schmerzen. Zu Bernried[26] nahmen die Soldaten zu 200 Stück Vieh weg, wobei 4 von den Soldaten, und 8 oder 9 von den Bauern tot auf dem Platz geblieben. Zu Hadorf[27] wurde ein neues Haus, und zu Landstetten[28] 5 abgebrennet, welches man zu Erling wegen der fürchterlichen Wachtfeuer alle Stunden zu besorgen hatte. Und so wurden in der Gegend herum immer Feuer gesehen.

Den 10. Januar trugen einige Arme Getreide in die Mühl nacher Dießen, und andere holten dort Brot, und Mehl, und alles wurde ihnen abgenommen, und sie kehrten hungersterbend zurück.

Eben damal klagten der P. Prior[29] und P. Kellerer bei den Colonellen über die gar zu harten Pressungen, und Feindseligkeiten, sowohl gegen das Kloster, als die Bauern, besonders an Forderungen an Sachen, die sie gar nicht haben, noch haben können, und wegen den großen und gefährlichen Feuern sowohl in Öfen, als auf den Gassen. Die Colonellen wurden dadurch aufgebracht, und befahlen, von nun an alle Tage ihnen weißes Semmelbrot, Fleisch, und Gemüse auf die Tafel zu liefern. Wo nicht, so begehrten sie alle Tage, wenigst über den andern Tag eine Kuh von den Bauern zum Verkauf, um sich weißes Brot zu verschaffen. Denn die Güter der Bauern, sagten sie, gehören den Soldaten so gut als den Bauern selbst, und also haben sie das Recht, davon zu leben. Und mit diesem Recht fordern sie alle Milch, und Butter von den Kühen. O ! Die letzte, und fast einzige Nahrung der Elenden ! Hernach wurde die Hauptwache, die bisher bei der Pfarrkirche zu Erling war, näher zum Kloster herauf gezogen, und alsobald brachen die Welschen in die Kirche, rissen die Decke, und das Getäfel auf, drangen bis unter das Dach, und nahmen alles, was dort für die Dorfleute und das Gotteshaus hinterlegt war, hinweg. Sie brauchten das Gotteshaus statt einer Tafern,[30] und brannten Feuer darin, um sich zu erwärmen.

Da wir eben eine große Feuersbrunst in Dressling[31] erblickten, kamen Soldaten, die 10 Stück Vieh von den Bauern begehrten, und ohngeachtet aller Vorstellungen, Bitten, und Weinens mit Gewalt aus den Ställen hinwegnahmen.

Den 11. Januar erschien bei uns der Bediente unseres Colonells Pannagrollo, eines Mailändischen Grafen und gratulierte uns zu ihrer Abreise, die auf den morgigen Tag festgesetzt sei. Diesem gaben wir mit Freuden, was er für sich und seinen Herrn verlangte: Hafer, Butter, Mehl, und noch anderes, um ihn uns noch auf gute Abreise zu verbinden. Da dann der glückliche Tag, der 12. Januar anbrach, sahen wir uns nicht nur in unserer Hoffnung betrogen, sondern dieß wurde noch für uns der schrecklichste aus allen bisherigen Tagen. In der Frühe nahmen etliche Soldaten unseren Bauernkindern ihr Mus, und weniges Brot. Unser Richter, und einige Bauern hielten sich darüber auf, und wollten mit Gewalt widerstehen. Die Sache kam so weit, daß der eine, und der andere von den Soldaten, wiewohl sehr leicht verwundet wurden. Der Colonell sah das Gemenge, und lief in voller Wut zu, und ließ unseren Richter alsobald binden, um ihn ohne weiteres aufhängen zu lassen. Im Wirtshause nahmen die wütenden Soldaten gleichfalls einen fremden Mann, den Bäck von Machtlfing,[32] ganz unschuldig, und vielleicht der ganzen Sache unbewußt, hinweg, und führten ihn ganz rasend mit unserem Richter in den Pferdstall, und schlossen beide mit auf den Rücken gebundenen Händen an eine Säule an, und ließen sie das Todesurteil erwarten. Der P. Prior, und P. Kellerer gingen mit einigen Offizieren, die sie als Mittler angesprochen hatten, zu dem Colonell, um für die Unschuldigen zu bitten, und sie zu entschuldigen. Allein keine Bitte, keine Entschuldigung wurde angehört, sondern er ließ uns durch seinen Dolmetsch sagen, daß er all unserer Freundschaft absage, daß er seinen Soldaten den Befehl erteilen werde, alle Männer, Weiber, und Kinder von Erling zu morden und das Kloster, und Dorf mit Feuer und Schwert ganz zu verheeren. Und letztlich gab er den Befehl, daß sich die 2 Gefangenen durch Beicht, und anderes zum Tod, und Strick bereiten sollen. Und mit dem entließ er die Bittenden. Der P. Prior wollte es nochmal probieren, und ging mit dem P. Pfarrer zum Colonell, um für die Gefangenen Gnade zu erbitten. Sie fielen beide ihm zu Füßen, und bitteten durch die Barmherzigkeit Gottes, und aller Heiligen, den unschuldigen Gefangenen Gnade des Lebens widerfahren zu lassen, dem geheiligten Berg die Schand des Galgens[33] nicht anzutun, und dem ohnehin schon größten Teils ruinierten Erling das noch wenige Dasein zu vergönnen. Endlich ging er zu den Bittenden, und hob die Fußfälligen von der Erde auf, sagend, daß er der nicht sei, dem Priester zu Füßen fallen sollen. Der Heiligkeit ihres Ortes, und ihrer Religion wegen sollen die Gefangenen freigeschenkt sein, und weder das Kloster noch das Dorf sollten mehr etwas zu entgelten haben. – Die Gefangenen mußten aber vom Morgen, wo die Gnad für sie erhalten worden war, bis Nachmittag zur Vesperzeit  die Todes-Angst leiden.

Nach diesem fingen erst die übrigen Offiziere, und die Gemeinen neuen Process an, und forderten Satisfaktion für den Schimpf ihrer verwundeten Waffenbrüder. Sie wollten auch nicht eher ruhen, bis man ihnen alle Viktualien, die die Bauern im Kloster niedergelegt hatten, ihnen auslieferte, denn was den Bauern gehört, das gehört auch den Soldaten; und ihr Hunger ist der äußerste, sagten sie. Sie haben schon mehrere Tage Proviant von München erwartet und keinen bekommen. Und unter denen, die erst vergangene Nacht gestorben, waren 2, die vor ihrem Hungertod noch ihre Arme angebissen, und ihre Finger abgenagt haben. Und der P. Prior sagte ihnen 12 [Säcke] von dem Getraid der Bauern und des Klosters zu, die alsobald nacher Dießen in die Mühl geführt, und des anderen Tages 1600 Brote – so stark war noch das Militär – gebacken wurden.

Kaum war dieser Prozeß geendet, fing schon wieder ein anderer Tumult an. Ein Haufen hungriger Soldaten fiel in unser Maierhaus[34] ein, und brach alle Türen der Stallungen mit Gewalt auf, um daraus zu nehmen, was ihnen gefiel. Und besonders gefielen ihnen die Schweine, die ihnen aber auf das Feld entlaufeten. Wir sprachen eilends unsere Quartiers-Offiziere um Abhilfe an, die auch eilends samt dem Colonell dem Maierhaus zulauften, um sich diesen einheimischen Räubern entgegen zu stellen. Wenn uns in diesen Zeit-Umständen noch um das Lachen gewesen wäre, so war dieß gewiß ein lächerlicher Auftritt, zu sehen, wie die Gemeinen den Schweinen, und die Offiziere den Gemeinen auf dem Felde nachlauften, daß jenen die Lumpen, und diesen die Haare in die Höhe flogen. Endlich wurden 2 von diesen von diesen Gewalttätigen, die ihrer 90 waren (damit unsere gebietenden Herren nicht nur gegen die Bauern, sondern auch gegen die ihrigen streng zu sein schienen), gefangen genommen, an einen Pfahl, der in dem Hof des Maierhauses in die Erde geschlagen ward, angebunden, und zum Todschießen verurteilt, denen wir aber Pardon des Lebens ausbitten mußten, vielleicht, um uns verbindlich zu machen.

Wenigst am nämlichen Abend begehrten unsere Colonellen 10 Stück Vieh für ihre Soldaten. Und ohne unsere Einwendungen, und das Bitten, und Weinen der Bauern anzuhören, warfen sie das Los über was für eines, und nahmen es aus dem Stall hinweg.

Da die Bauern also endlich sahen, daß es wirklich darauf abgesehen sei, ihnen alles zu nehmen, und sie dem Hungertode zu überlassen, schlachteten sie ihr übriges weniges Vieh selbst, und wollten lieber ihren Hunger, als den der Soldaten damit stillen. Hiermit schien in Erfüllung zu gehen, was der General Altriner einst gesagt solle haben, nämlich, dass eine Kuh, die man nach diesem Krieg in Baiern noch finden werde, in Silber gefaßt werden solle.

Endlich mußten unsere Schrecken dieses Tages auch noch auswärtige Unglücke vermehren: nämlich zu Seefeld wurde die schöne Hart-Mühl, und zu Traubing[35] das Pfarrhaus, und der Turm abgebrannt. Das Gotteshaus wurde noch kümmerlich gerettet.

Auf die Nacht mußten die Bauern wiederum unter gewaltigen Schlagen und Stoßen 8 Fuhren um Brot nach München eilends anrichten. Doch wurde ihnen auch erlaubt, einige Wagen um Getraid für sich mitzumachen. Da sie den anderen Tag glücklich zurückkehrten, nahmen die Soldaten alles Brot und Getraid für sich, und die hungrigen Bauern, die schon 5 Tage kein Brot mehr hatten, durften sich jetzt gar keines mehr hoffen. Unsere 2 Colonellen wurden nach München berufen, um dem Leichen-Zeremoniell des Herzogs a Feria, obersten Kommandanten der spanischen und welschen Truppen beizuwohnen, der in München gestorben ist.

Indessen wurden alle unsere Wachen verdoppelt, weil eine Sage herumging, daß die Bauern ein Komplott machen, und, gleich den Peitingern[36] neulich, die noch besseren Schweden von Augsburg[37] gegen sie um Hilfe rufen wollten. Es war aber sicher nichts an der Sache, obwohl es ihnen zum Schrecken mag gesagt worden sein. Doch ließen die Colonellen schreckliche Drohungen ergehen, alle Bauern, samt Weib, und Kindern niederzuhauen, und das ganze Dorf zu verbrennen, sobald sich die Schweden werden sehen lassen.

Der 14. Januar brachte uns endlich einige wenige Freude, da der Hälfte unseres Quartier, die nämlich unter dem Colonell von Neapel Marquis Tarragurio diente, der Abmarsch angesagt wurde. Der Colonell ging gar nicht mehr zurück von München, sondern erwartete seine Leute zu Solln[38] bei München. Die Abreisenden nahmen 5 Kühe mit sich auf den Marsch, und 3 bespannte Wagen für die Kranken. Zudem behielten sie von den 8 vierspännigen Wägen, die Tags vorhin nacher München um Brot abgeschickt worden waren, zu Solln samt Brod und den 8 besseren Pferden vier Wägen, und schickten die übrigen und schlechteren nach Hause. Und so wurden nebst dem Vieh auch die Pferde immer weniger.

Um diese Zeit gab es sehr viele Kranke, und starben auch manche, und es war fast kein Zimmer im Kloster, und kein Stall, wo nicht ein, und andere darnieder lagen. Es war auch kein Wunder; denn alle, alle Wohnungen, und Ställe waren so voll von Menschen angefüllt, daß oft ein, und 200 über einander kauerten, ohne sitzen, viel weniger liegen zu können. Man stelle sich dabei das Elend, das Schreien der Kinder, das Jammern der Eltern, den Hunger, den Gestank vor. Der Abgang des Brotes tat uns im Kloster lange so wehe nicht, als der Mangel des Weines zum zum hl. Meßopfer, und wir müßten oft ohne Messe sein, wenn uns nicht unser Colonell mit wenigem von dem seinen geholfen hätte.

Den 16. wurden die Bauern wieder mit vielen Stockschlägen gezwungen, 3 Wägen nacher München um Proviant anzurichten, denen auch 24 Mann als Salva Guardia mitgegeben wurden. Zu Brunnen[39] begegneten ihnen 7 teutsche Reiter, die nahmen den Bauern alle Pferde, und den Welschen alle Gewehre ab, und jagten sie in die Flucht.

Am 17. bekam unser Colonell die Order, den andern Tag aufzubrechen, und seinen Marsch nach Ettal,[40] Ammergau,[41] Werdenfels[42] und Mittenwald[43] zu nehmen, welche Gegend des Tirols ihm die angenehmste war. Allein am nämlichen Tag kam eine andere Order, den Weg nacher München zu nehmen, und in Ober-[44] und Untersendling[45] Quartier zu machen, welches ihm wieder alle Freude verdorben, als in Orte hinzumarschieren [war], die andere schon ausgezehret haben. Zu seinem Abmarsch verlangte der Colonell nicht weniger als 5 Kühe, die er sich ohne weiteres selbst nahm mit dem Versprechen, alles übrige unbeschädigt zu lassen. Es stund aber nicht lange an, wurden  mehrmal 3 Wägen angeschafft zur Fortbringung der Kranken, und da diese gar viele waren, müßten 5 und so viele, als erforderlich sein werden, in Bereitschaft stehen.

Den 18. um 9 Uhr ging der Marsch an, ohne alle Ordnung. Da aber vorhin die 5 Wägen für die Kranken nicht erkleckten, wurde der Befehl gegeben, so viele Pferde aus dem Stall mit Gewalt wegzunehmen, als, für jeden Kranken ein Pferd, erforderlich sein würden. Und die Anzahl belief sich auf 40 Pferde, und darüber. Ob noch eines, oder keines mehr zurückkehren werde, mußte der arme Bauer mit Schmerzen erwarten.

Was nach dem Abzug dieser sauberen Gäste im ganzen Kloster (das Convent ausgenommen) sowohl in den Zimmern, als Gängen, und Vorhöfen für Wust, Unrat, Grauß, und Gestank gewesen, läßt sich aus dem, daß täglich nebst den Militärpersonen über die 1000 Menschen da wohnten, leicht etwas, aber nicht genug einbilden.

Zudem ist alles, was außer dem Kloster, und zum Teil auch in demselben, und in den Stallungen von Holz war sowie alle Zäune, und Planken im Garten, Angern, und Feldern ganz in Feuer aufgegangen, Nebstdem, daß uns der Tisch, und der Stall der Colonellen sicher über die 200 fl. gekostet hat, für welches wenigst der Mailänder gedanket hat.

Das Dorf stand ganz in Unflat, und Wüste, alles zum Grausen, und für Menschen unbegreiflich. In den Häusern wie auf den Gassen lagen nichts als abscheuliche Lumpen, zerschlagener Hausrat, Köpfe, Füße und Gedärme von verzehrten Pferden, Menschen Unrat und mehrere Toten-Körper. In den Häusern waren nur Stuben, Kammer und Kuchl bewahret, das übrige davon hatte kein Dach, keinen Mantel, keine Mittelwand, keinen Balken, und meistens standen dieselben nur auf 4 Säulen. Die Zäune, Planken, und schönste Obstbäume in den Gärten waren alle verbrennet. Auch aller Hausrat von Bänken, Kästen, Bettstellen, Geschirren, und die Baufahrnisse von Wägen, Pflügen, und was immer von Holz war, gingen in den Flammen auf. Selbst in beiden Kirchen war ein Greuel zu sehen. Türen, und auch Fenster waren zerbrochen. Alles, was darin aufbewahret, und zum Gebrauch war, wurde geraubet. In der Frauenkirche brannten sie wenigst die letzte Woche eines, und in der Pfarrkirche stets 2 Feuer. Alles hölzerne Kirchengerät mußte hierzu dienen. Das Gemäuer war voll Rauch und Ruß, und der Boden voll Unrat. Auf dem Friedhofe konnte man vor Menschen-Unflat keinen Fuß mit Ehren setzen, und die Sakristei brauchten sie für ihr geheimes Ort. In der Kirche zu U. L. Frau lagen auch 4 unbegrabene Toten-Körper, die man außer der Kirche auf der Nordseite, wo schon mehrere lagen, in ein Grab zusammen warf. Den 23. kamen von den 40 Pferden, die die Welschen von den Bauern mitgenommen, 19, und von 12, die nacher Weilheim[46] haben abgehen müssen, kamen 6 Stück zurück“.[47]

Panigarola fiel am 6.9.1634 in der Schlacht bei Nördlingen.[48]

[1] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 91f.

[2] Erling, heute Ortsteil von Andechs [LK Starnberg].

[3] Andechs [LK Starnberg].

[4] Vgl. ENGERISSER; HRNČİŘİK, Nördlingen, S. 208f. (die umfangreichste und detallierteste Darstellung der Schlacht). – Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Leutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

[5] Vgl. HALLWICH, Gestalten aus Wallenstein’s Lager II. Johann Aldringen; DUCH, Aldringen (Aldringer), Johann Frhr.

[6] Dettenschwang, heute Ortsteil von Dießen [LK Landsberg am Lech].

[7] Bagage: Gepäck; Tross. „Bagage“ war die Bezeichnung für den Gepäcktrain des Heeres, mit dem die Soldaten wie Offiziere neben dem Hausrat auch ihre gesamte Beute abtransportierten, so dass die Bagage während oder nach der Schlacht gern vom Feind oder von der eigenen Mannschaft geplündert wurde. Auch war man deshalb darauf aus, dass in den Bedingungen bei der freiwilligen Übergabe einer Stadt oder Festung die gesamte Bagage ungehindert abziehen durfte. Manchmal wurde „Bagage“ jedoch auch abwertend für den Tross überhaupt verwendet, die Begleitmannschaft des Heeres oder Heeresteils, die allerdings keinen Anspruch auf Verpflegungsrationen hatte; etwa 1, 5 mal (im Anfang des Krieges) bis 3-4mal (am Ende des Krieges) so stark wie die kämpfende Truppe: Soldatenfrauen, Kinder, Prostituierte 1.-4. Klasse („Mätresse“, „Concubine“, „Metze“, „Hure“), Trossjungen, Gefangene, zum Dienst bei der Artillerie verurteilte Straftäter, Feldprediger, Zigeuner als Kundschafter und Heilkundige, Feldchirurg, Feldscherer, Handwerker, Sudelköche, Krämer, Marketender, -innen, Juden als Marketender, Soldatenwitwen, invalide Soldaten, mitlaufende Zivilisten aus den Hungergebieten, ehemalige Studenten, Bauern und Bauernknechte, die während der schlechten Jahreszeit zum Heer gingen, im Frühjahr aber wieder entliefen, Glücksspieler, vor der Strafverfolgung durch Behörden Davongelaufene, Kriegswaisen etc. KROENER, „ … und ist der jammer nit zu beschreiben“; LANGER, Hortus, S. 96ff.

[8] Erling, heute Ortsteil von Andechs [LK Starnberg]

[9] Knecht, gemeiner: dienstgradloser einfacher Soldat. Er hatte 1630 monatlich Anspruch auf 6 fl. 40 kr. Ein Bauernknecht im bayerischen Raum wurde mit etwa 12 fl. pro Jahr (bei Arbeitskräftemangel, etwa 1645, wurden auch 18 bis 24 fl. verlangt) entlohnt. Doch schon 1625 wurde festgehalten; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 92: „Ihme folgete der obrist Blanckhardt, welcher mit seinem gantzen regiment von 3000 fueßknechte sechß wochen lang still gelegen, da dann die stath demselben reichlich besolden muste, wovon aber der gemeine knecht nicht einen pfennig bekommen hatt“. In einem Bericht des Obristleutnants des Regiments Kaspar von Hohenems (25.8.1632) heißt es; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 336: „daß sie knecht gleichsam gannz nackhent und ploß auf die wachten ziehen und mit dem schlechten commißbroth vorlieb nemmen müessen, und sonderlichen bey dieser kelte, so dieser orten erscheint, da mich, als ich an ainem morgen die wachten und posti visitiert, in meinem mantl und guetem klaidt geforn hat, geschweigen die armen knecht, so übel beklaidt, die ganze nacht auf den wachten verpleiben müessen. So haben sie auch gar kain gelt, das sie nur ain warme suppen kauffen khönnen, müessen also, wegen mangl der klaiser und gelt, mit gwalt verschmachten und erkhranken, es sollte ainen harten stain erbarmen, daß die Graf hohenembsische Regiment gleich von anfang und biß dato so übel, und gleichsam die armen knecht erger alß die hundt gehalten werden. Es were gleich so guet, man käme und thete die armen knecht […] mit messern die gurgel abschneiden, alß das man sie also lenger abmatten und gleichsam minder als einen hundt achten thuett“. => Verpflegung.

[10] Salvaguardia: Ursprünglich kaiserlicher Schutzbrief, durch den der Empfänger mit seiner Familie und seiner ganzen Habe in des Kaisers und des Reichs besonderen Schutz und Schirm genommen wurde; zur öffentlichen Bekräftigung dieses Schutzes wurde dem Empfänger das Recht verliehen, den kaiserlichen Adler und die Wappen der kaiserlichen Königreiche und Fürstentümer an seinen Besitzungen anzuschlagen. Der Schutzbrief bedrohte jeden Angreifer mit Ungnade und Strafe. Im 30jährigen Krieg militärische Schutzwache; Schutzbrief (Urkunde, die, indem sie geleistete Kontributionen und Sonderzahlungen bestätigte, gegen weitere Forderungen schützen sollte, ggf. durch militärische Gewalt des Ausstellers); auch: sicheres Geleit; eine oft recht wirkungslose Schutzwache durch abgestellte Soldaten, in schriftlicher oder gedruckter Form auch Salvaguardia-Brief genannt, die meist teuer erkauft werden musste, und ein einträgliches Geschäft für die zuständigen Kommandeure darstellten. Teilweise wurden entsprechende Tafeln an Ortseingängen aufgestellt, „Salvaguardia“ an die Türen der Kirchen (HERRMANN, Aus tiefster Not, S. 55) geschrieben oder für die ausländischen Söldner ein Galgen angemalt. Die 1626 von Tilly erlassene Schultheißen-Ordnung hatte festgelegt: „Wer salua Guardia mit wortten oder that violirt, den solle niemandt zu verthädigen understehen, sonder welcher hoch oder nider Officir ein dergleichen erfahren mag, der solle den muthwilligen verbrecher sobalden zu dem Provosen schaffen, dem Schultheysen neben einandtwortung bey sich unrecht befundenen sachen und guetter hiervon berichten ohn einred, die Restitution und was bey der sachen underlauffen möcht dass Gericht entscheiden lassen, und welcher einem andern sein gewonnen beuth abnimbt oder an seinem freyen verkauff nachtheilig verhindert, den solle Schultheyss zur Restitution anhalten und noch darzu mit straffen hart belegen“. ZIEGLER, Dokumente II, S. 986. Der Abt Veit Höser (1577 – 1634) von Oberaltaich bei Straubing; SIGL, Wallensteins Rache, S. 140f.: „Da die Schweden so grausam wüteten und sich wie eine Seuche immer weiter ausbreiteten, alle Dörfer mit Taub, Mord und Jammer heimsuchten, erbaten die Bürger ab und zu von den Kapitänen der Weimaraner eine Schutzwache, die bei ihnen meist Salva Guardia heißt. Erhielten sie diesen Schutz zugesagt, so wurde jeweils ein Musketierer zu Fuß oder zu Pferd in das betreffende Dorf, die Ortschaft, den Markt abgestellt. Dieser sollte die herumstreifenden Soldatenhorden, kraft eines vom Kapitän ausgehändigten schriftlichen Mandats, im Zaume halten, ihre Willkür beim Rauben und Plündern einschränken. […] Es ist aber nicht zu bestreiten, dass eine solche Schutzwache unseren Leuten oder den Bewohnern anderer Orte, denen auf ihre Anforderung eine Salva Guardia zugestanden wurde, keinen Vorteil brachte. Im Gegenteil, sie schlugen ihnen vielmehr zum Schaden aus und waren eine Belastung. Offensichtlichen Nutzen dagegen hatten nur die Kapitäne, denn ihnen mussten die Leute gleich anfangs die ausgehandelte Geldsumme vorlegen oder wenigstens wöchentlich die entsprechende Rate (pensio) entrichten. Kurz, wie Leibeigene oder Sklaven mussten sie blechen, was die Kapitäne verlangten. Ich habe nur einen Unterschied zwischen den Orten mit und denen ohne Salva Guardia festgestellt: Die Dörfer ohne Schutzgeleit wurden früher, jene mit einer Salva Guardia erst später ausgeplündert. Da nämlich die Schweden vom Plündern nicht ablassen konnten, solange sie nicht alles geraubt hatten, so raubten und plünderten sie entweder alles auf einmal (sodaß sie nicht mehr zurückkommen mußten) oder sie ließen allmählich und langsam bei ihren Raubzügen alles mitgehen, bis nichts mehr zu holen war. Obendrein haben diese eigentlich zum Schutze abkommandierten Musketiere und Dragoner gewöhnlich die Ortschaften, ihre Bewohner und deren Habseligkeiten – als Beschützer – ausspioniert und dann verraten. Wurde nämlich der bisherige Beschützer – und Spion – unvermutet abberufen, dann brachen seine Kameraden, Raubgesellen und Gaunerbrüder ein und raubten alles, was bislang durch den Schutz der Salva guardia verschont geblieben war, was sie in Wirklichkeit aber für sich selbst hinterlistig und heimtückisch aufbewahrt hatten, und wüteten um so verwegener (pro auso suo) gegen die jämmerlich betrogenen und enttäuschten Menschen, beraubten sie nicht menschlicher und marterten sie“. BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 49f. (1629): „Eine Eingabe des Bauern Jacob Löffler aus Langenwetzendorf [LK Greiz] wegen der bei ihm einquartierten »Schutzgarde« schildert die Heldentaten der derselben ungemein plastisch: »Was ich armer Mann wegen anhero zweijähriger hiesigen Einquartierung für groß Ungemach ausstehen müssen, gebe ich in Unterthänigkeit zu vernehmen: Denn erstlichen habe berührte Zeit über 42 ganze 42 Wochen Tag und Nacht bei den Soldaten ich aufwarten, nicht allein viel Mühe und Wege haben, sondern auch welches zum Erbarmen gewesen, Schläge gewärtig zu sein und geprügelt werden zu müssen, 2. habe ich meine geringe Haushaltung wegen jetziger Unsicherheit beiseits setzen, meine Felderlein wüst, öd und unbesamt liegen lassen, daß seither ich im geringsten nichts erbauen, davon samt den Meinigen ich mich hätte alimentieren mögen, 3. haben die Soldaten mir die Gerste, so zu einem Gebräulein Bier ich eingeschüttet, aus den Bottichen genommen, zum Teil mutwilligerweise zerstreut, zum Teil mit sich hinweggenommen, verfüttert und verkauft, 4. haben sie mir das wenige Getreidig, so noch unausgedroschen vorhanden gewesen, mit dem Geströhde aus der Scheune in andere Quartiere getragen, ausgeklopft und ihres Gefallens gebraucht, 5. weil sie an meiner geringen Person sich nicht allzeit rächen können, haben sie mir die Bienen und derselben Stöcke beraubet, umgestoßen und zu Grund und Tode gerichtet, 6. sind von ihnen mir alle Hühner, Gänse und ander Federvieh erschossen, genommen und gefressen worden, meine Wiesen, Raine und Jagen mir dermaßen verödet, daß ich nicht eine einzige Bürde Heu und Grummet von denselben genießen kann, 7. endlich ist von ihnen mir eine Kuh aus dem Stalle, so meinen Geschwistern zuständig gewesen, gezogen, in ein anderes Losament getrieben, geschlachtet und gefressen worden.«

[11] Stegen, heute Ortsteil von Inning am Ammersee [LK Starnberg].

[12] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S.388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide.  II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[13] Mühlfeld, heute Ortsteil von Herrsching am Ammersee [LK Starnberg].

[14] Keller: I. Der Keller, oder auch „Kellner“ (von lat.: cellarius = Kellermeister), war zunächst ein mittelalterlicher Ministerialer, der in einem ihm zugewiesenen Verwaltungsbereich im Auftrag des Lehns- oder Grundherren für die Verwaltung, Gerichtsbarkeit und Steuern verantwortlich war, insbesondere für die Eintreibung und Verwaltung der Geld- und Naturalabgaben an den Grundherren. Er hatte damit eine ähnliche Funktion wie der Rentmeister. In der Frühneuzeit wurde dieses Amt zunehmend nicht mehr von Niederadligen und Edelfreien, sondern auch von Bürgerlichen ausgeübt.

II. In Klöstern, besonders in den nach benediktinischen Regeln geführten, ist der Cellerar (oder die Cellerarin) das für die wirtschaftlichen Belange des Klosters zuständige Mitglied des Konvents. Eine „Kellerei“ (oder auch „Kellnerei“) bezeichnete daher einen von einem Keller verwalteten Amtsbereich, aber auch das Amtsgebäude und die Gesamtheit der dort Bediensteten. [wikipedia]

[15] Starnberg [LK Starnberg]; HHSD VII, S. 713f.

[16] Perchting, heute Ortsteil von Starnberg [LK Starnberg].

[17] Winterquartier: Zugewiesenes Quartier, das in der Regel vom November bis zur Eröffnung der Sommerkampagne im Mai/Juni beansprucht wurde und in dem andere, höhere Verpflegungssätze galten. Natürlich versuchten die Magistrate und Stände, diesen Zeitraum zu verkürzen, indem man schon ab Februar das „Sommertraktament“ einzuführen versuchte, was wiederum zu Aufruhr bzw. einer Erhöhung der Beschaffungskriminalität unter den Soldaten führen musste. Vgl. die Versuche des Magistrats von Berlin im Januar 1641; FADEN, Berlin, S. 226.

[18] Hunger: Hungerkrisen traten durch Missernten, Wettereinflüsse, Truppendurchzüge, Einquartierungen, Erntezerstörungen, Pferde- und Viehdiebstahl immer wieder auf. Oftmals blieb nur die Flucht ins Heer oder der Anschluss an den Tross. So hatten sich 2.000 hungernde Eichsfelder Pappenheims Soldaten angeschlossen. Ein Berittener oder Knecht in der Musterung hatte immerhin noch zwei Pfd. Fleisch, drei Pfd. Brot, eine Maß Wein und drei Maß Bier pro Tag zu fordern – drei bis fünf Maß Bier je nach Geschlecht pro Tag galten auch sonst als üblich – , was zur raschen Auszehrung einer Landschaft führte, zumal die eingeforderten Naturalabgaben im Laufe der Zeit noch weiter anstiegen und von Jahr zu Jahr neue Verpflegungssätze erfordern. Vom Verpflegungsansatz her war dies eine gewaltige Kalorienmenge, entsprachen doch drei Pfd. (gutes) Brot allein bereits etwa 3.750 kcal. Rechnet man noch über 2.000 kcal für das Fleisch hinzu, ohne Bier und Wein, so wird eine Kalorienzahl zwischen 6.000-7.000 kcal erreicht, was dem Zweieinhalb- bis Dreifachen eines durchschnittlichen Tagesbedarfs entsprochen hätte. Das war wohl Anfang des 17. Jahrhunderts nur Privilegierten vorbehalten, während die Gemeinen nur unzureichend verpflegt wurden. HIPPEL, Bevölkerung, S. 422, schätzt den täglichen Nahrungsbedarf in Württemberg auf knapp 2.400 kcal pro Tag. Vgl. BEHRENDS, Chronik, S. 145f. (1636): „Man gab den Armen von jedem Backvorgang ein Brot, […] welches damals als Krieg, Pest und Hunger hieselbst gar übel hauseten, von armen Leuten nicht für eine geringe Gabe gehalten ward, sintemal man damals oft weder Brot noch Bier und Geld haben konnte, und viele, meistenteils aber die Soldaten Hunde und Katzen, Pferde- und Menschenfleisch fraßen und nicht einmal bekommen konnten“. 1641 heißt es über die Prignitz: „So sind auch alle Dörfer so gar verwüstet, verödet, universaliter et particulariter in Brand gesteckt, die Untertanen Hungers und des milites immanitet [Unmenschlichkeit, Rohheit] halber gestorben und ins Elend [Ausland] verlaufen, dass man in dem ganzen Kreise nach angestellter fleißiger Inquisition bloß 373 Bauersleute, die doch etliche gar wenig ausgenommen, weder Hunde noch Katzen, weniger etliche Lebensmittel haben, besonderen sich vom Obste und wohl ganz unnatürlichen Speisen aufhalten müssen, gefunden worden“. HERRMANN, Ländliche Bevölkerung, S. 86. Der Bieberauer Pfarrer Minck (1635); KUNZ/LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 261: „Durch diesen Hunger verschmachteten viele Leut dermaßen, daß nichts als Haut und Bein an ihnen war, die Haut hing ihnen am Leib wie ein Sack, waren ganz schwarz-gelb, mit weiten Augen, gepläcketen Zähnen, grindicht, krätzig, gelbsichtig, dick geschwollen, febricht [= fiebrig], daß einem grauete, sie anzusehen“. ZILLHARDT, Dreißigjähriger Krieg, S. 161f. (1635): „Dan auß diser teürung und hungersnot ist entstanden noch ein jamer uber alle jamer, nemlich ein sterbet und pestelentz, das vüll taußendt menschen sind zu grundt gangen durch hunger, krieg und pestelenz. Dan durch den hunger ist von denen armen menschen vüll greüwlich und abscheüliches dings auffgefressen worden. Alls nemlich allerley ungereimbten dings: hundt und katzen, meüß und abgangen vüch, roßfleisch, das der schinder und meister uff dem vassen sein fleisch von dem abgangne vüch, als roß, hundt und andere thier, ist hingenomen worden, und haben dannoch einander drumb gerißen und für köstlich gut gehalten. Es ist auch für gut gehalten worden allerley kraut uff dem feld: die distel, die nesle, schersich, hanefüeß, schmerbel, schertele. In suma allerley kraut ist gut gewessen, dan der hunger ist ein guter koch, wie man im sprichwort sagt“. Vgl. auch  die Lebensbeschreibung des Gottfried Andreae (1637); DOLLINGER, Schwarzbuch, S. 321: „Doch im Jahr 1637 stieg das Elend auf’s höchste, nachdem kaum 200 Bauern in der untern Pfalz mehr übrig waren, da die übrigen teils an Hunger und Pest bereits gestorben, teils von den Kaiserlichen erwürgt oder als Soldaten weggeschleppt worden waren … Der Hunger aber zwang die Leute zu den unnatürlichsten Nahrungsmitteln: Gras, Kräuter, dürre und grüne Baumblätter, Felle von Tieren; Hunde, Katzen, Ratzen, Mäuse, Frösche und faulendes Aas waren gesuchte Bissen. Die Hungernden erschlugen einander selbst, verzehrten sie, durchwühlten Gottesäcker, erstiegen Galgen und Rad und nahmen die Toten zur Speise weg“. Notiz aus dem Pfarrbuch von Mauern (LK Neuburg/Donau) für 1648: „Viele haben aus Hunger Roßmist gegessen, der Feind hat alles fort; es ist nichts angebaut worden. Viele sind Hungers gestorben, die Überlebenden nähren sich von Wurzeln und Baumblättern und sind froh um die Häute der gefallenen Pferde“. [rdl. Mitteilung von Herrn Fahmüller, Pfeffenhausen]. Der Kitzinger Pfarrer Bartholomäus Dietwar [1592-1670] über 1649; DIETWAR, Chronik, S. 91: „Etliche tausend bayerische Bauern bettelten mit Weib und Kind durchs Land. Darunter waren auch Mörder. Sie stahlen und raubten was sie konnten. Das war Gottes sichtbare Strafe dafür, dass der Kurfürst von Bayern im 30jährigen Kriege viele Tausend armer Leute gemacht hatte. Darum war sein Land im vorigen Jahre durch die Schweden und Franzosen wieder verdorben worden, also dass seine Leute von München und Landshut her das Frankenland durchliefen, das gebettelte Brot dörrten und heim nach Bayern trugen“. Der Salemer Mönch Bürster (1644); WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 196: „Dan ehe muoß der burger sterben zehen mal, ehe der soldat verderben ainmahl“.

[19] Dießen a. Ammersee [LK Landsberg/Lech]; HHSD VII, S. 136f.

[20] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.

[21] so bei BUCHNER; BUCHNER, Bayern, S. 195.

[22] Marketender: Dem Heer nachziehende Händlerin oder Händler, der oder die vom Obristen befugt war, den Soldaten Lebensmittel zu verkaufen. Dafür hatten sie ihm z. B. von jedem Eimer Wein oder Bier 2 Maß für die Küche abzugeben und zumeist 10 Prozent ihrer Einkünfte. Sie waren auch zum Kranken- und Munitionstransport verpflichtet, falls die üblichen Rüstwagen nicht ausreichten. Marketender und Marketenderinnen handelten auch mit Beutegut, wobei das Beutegut weit unter Wert angenommen wurde. Die Frauen unter ihnen waren nicht nur Händlerinnen, sondern auch Helferinnen, Partnerinnen, Krankenschwestern, häufig Prostituierte. Bei einem im April 1634 in Dinkelsbühl einquartierten Regiment fanden sich bei 950 Soldaten 11 Marketender, aber 26 Marketenderinnen; HEILMANN, Kriegsgeschichte S. 465 Anm. Obwohl bekannt war, dass kein Heer ohne Marketender existieren konnte, standen diese – wie die übrigen Trosser – in schlechtem Ansehen: Sie traten als Geldverleiher auf, und so mancher Söldner war bei ihnen verschuldet. Sie standen zudem in dem Ruf, für die materielle Not vieler Söldner verantwortlich zu sein, indem sie bei Nahrungsmittelknappheit und Ausbleiben der Soldzahlungen das Heer verließen und ihre Fahne in den Wind besserer Märkte hängten. Gewalttätige Übergriffe auf die Marketender durch Bauern, Bürger und eigene Soldaten waren vielfach die Folge, zumal diese z. T. zum 15fachen Preis Waren an die Bürger verkauften, die von diesen auf den Druck einquartierter Soldaten hin erstanden werden mussten (BRAUN, Markredwitz, S. 45). Vgl. KLUGE, Hofer Chronik, S. 163: „Das rauben und plündern war um diese zeit [April 1640] sehr arg, wie dann die kayßerlichen ihre eigenen marquetener, so zu Culmbach wein und vieh erhandelt und erkauft, ganz ausgeplündert, auch zugleich ein 800 thaler darzu an geld abgenommen“. Häufig wurden sie als Spione verdächtigt. Auch Juden wurden als Marketender geduldet; LOTZE, Geschichte, S. 80f. Die Aussicht auf großen Gewinn ließ Zivilisten oder Amtsträger (vgl. PFEILSTICKER, Tagebuch) häufig für einige Zeit zu Marketendern werden. REDLICH, Marketender; Continuatio Der Siegreichen Victorien, S. 4f.

[23] Kriegskommissar: Bevollmächtigter des Kriegsherrn zur Eintreibung von Kriegssteuern (Kontribution). Als Quartierkommissarius legte er darüber hinaus die Einquartierungen der Soldaten fest. (Der Quartiermeister bzw. Fourier sorgte dann für deren praktische Umsetzung; vgl. s. v. „Fourier“.) Der „Musterkommissarius“ führte in landesherrlichem Auftrag die Musterungen durch und überwachte die Zusammensetzung des Heeres. Musterkommissare waren bei gemeinen Soldaten wie Offizieren gleichermaßen verhasst, da sie Manipulationen und Betrügereien auf den Musterplätzen zu unterbinden suchten: Söldner erschlichen sich vielfach Sold, indem sie sich unter verändertem Namen mehrfach mustern ließen, Offiziere führten zuweilen mehr Männer in den Soldlisten, als tatsächlich vorhanden waren, um die eigene Tasche mit den überschüssigen Löhnungen zu füllen (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 120ff.). Auch hatten sie die Abdankungen und die Zusammenlegung und Neuformierung kleiner Einheiten zu überwachen.

[24] Welsche: pejorativ für „Italiener“ (bzw. Südländer), z. T. auch für alle aus dem Süden stammenden Nichtdeutschen.

[25] Unschlitt: Rindertalg, u. a. zur Verwendung von Talglichtern.

[26] Bernried am Starnberger See [LK Weilheim-Schongau].

[27] Hadorf, heute Ortsteil von Starnberg [LK Starnberg am See].

[28] Leutstetten, heute Ortsteil von Starnberg [LK Starnberg].

[29] Prior: Stellvertreter des Abts oder Propstes, der vom Abt bzw. Propst bestimmt wird. In großen Klostergemeinschaften wird der Prior zum Teil vom Subprior vom Abt bzw. Propst bestimmt und untersteht dessen Weisungsbefugnis. Prior und Subprior haben ihrerseits Weisungsrecht gegenüber den Brüdern. Bei den Dominikanern, den Augustiner-Eremiten und den Karmeliten wird jeder Klostervorsteher als Prior bezeichnet.

[30] Taverne: Kneipe.

[31] Drößling, heute Ortsteil von Seefeld (Oberbayern) [LK Starnberg].

[32] Machtlfing, heute Ortsteil von Andechs [LK Starnberg].

[33] Hochgericht, Galgen: Vorrichtung zum demonstrativen abschreckenden Vollzug der schimpflichen Todesstrafe durch den Henker und Wahrzeichen der „hochnotpeinlichen Gerichtsbarkeit“ des Gerichtsherrn. Er bestand aus zwei aufrecht stehenden Pfosten mit einem Querholz, bisweilen aus drei Pfosten mit Querhölzern oder aus einem Pfosten, in den ein Querholz rechtwinkelig eingelassen war. Man unterschied zwischen Kniegalgen, Schnellgalgen, Soldatengalgen (Quartiergalgen, der in der Regel zusammen mit einem hölzernen Esel von den Bürgern zwangsweise errichtet werden musste) und Wippgalgen (LAHRKAMP, Dreißigjähriger Krieg, S. 198. Die Galgen befanden sich zumeist außerhalb der bewohnten Orte in einem Waldgebiet auf dem Galgenberg. Die Errichtung oder Ausbesserung galt als anrüchig. Deshalb mussten alle beteiligten Zünfte Hand anlegen oder es entschied das Los. Galgen, mit einer kreisförmigen Untermauerung, auf der die Pfeiler mit den Querbalken standen, nannte man Hochgericht. Der Verurteilte musste mit dem Henker auf einer Leiter zu einem der Querhölzer hinaufsteigen, um zunächst aufgeknüpft, dann durch Wegziehen oder Umstoßen der Leiter getötet zu werden. Bei Einquartierungen wurde als drastische Abschreckung auf einem öffentlichen Platz der Quartiergalgen zur Schnelljustiz errichtet. Es lag im Ermessen des Henkers, ob der Tod durch Genickbruch rasch oder durch Strangulation langsam eintrat. Ihm stand auch die Verwertung des Körpers [Armesünderfett oder Blut als Heilmittel, Diebsfinger (vgl. WOLF, Niederländische Sagen, S. 364-365) etc.] zu. Der Hingerichtete blieb je nach Delikt oft lange sichtbar hängen, dem Verwesungsprozess bzw. den Hunden, Raben und den Witterungseinflüssen preisgegeben. Der abgefallene Leichnam wurde zumeist auf dem Galgenberg verscharrt.

[34] Amtshof: Haupthof (Oberhof) einer größeren Grundherrschaft, von dem aus eine Gruppe von Unterhöfen verwaltet wurde, Sitz eines Amtsmeiers, Schulten oder Vogts.

[35] Traubing, heute Ortsteil von Tutzing [LK Starnberg].

[36] Peiting [LK Weilheim-Schongau]; HHSD VII, S. 577f.

[37] Augsburg; HHSD VII, S. 44ff.

[38] Solln, heute Stadtbezirk von München.

[39] Oberbrunn [LK Starnberg].

[40] Ettal [LK Garmisch-Partenkirchen].

[41] Oberammergau [LK Garmisch-Partenkirchen].

[42] Werdenfelser Land: oberbayerische Region, die sich von Mittenwald im Süden bis hin nach Farchant erstreckt. Sie umfasst Teile der Bayerischen Alpen.

[43] Mittenwald [LK Garmisch-Partenkirchen].

[44] Obersendling, heute Stadtbezirk von München.

[45] Untersendling, heute Stadtbezirk von München.

[46] Weilheim [LK Weilheim-Schongau]; HHSD VII, S. 797.

[47] FRIESENEGGER, Tagebuch, S. 35ff.; bei BUCHNER; BUCHNER, Bayern, S. 192ff. in sprachlich und inhaltlich veränderter Form.

[48] Vgl. die Erwähnungen bei ENGERISSER; HRNČİŘİK, Nördlingen (die detaillierteste Darstellung der Schlacht); WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 86. Schlacht bei Nördlingen am 5./6.9.1634 zwischen den kaiserlich-ligistischen Truppen unter Ferdinand (III.) von Ungarn und spanischen Kontingenten unter dem Kardinal-Infanten Fernando auf der einen Seite und dem schwedischen Heer unter Feldmarschall Gustav Horn, der in eine 7 Jahre dauernde Gefangenschaft geriet, und Bernhard von Weimar auf der anderen. Die Schwedisch-Weimarischen verloren nicht allein die Schlacht, etwa 8.000-10.000 Tote und 3.000-4.000 Verwundete – auf kaiserlicher Seite waren es 1.200 Tote und 1.200 Verwundete – , sondern mit ihr auch den Einfluss in ganz Süddeutschland, während der französische Einfluss zunahm. Vgl. die ausführliche Darstellung bei  ENGERISSER; HRNČIŘĺK, Nördlingen 1634 (die detaillierteste Darstellung der Schlacht); STRUCK, Schlacht, WENG, Schlacht. Vgl. den lat. Bericht »Pugna et victoria ad Nordlingam«, der den protestantischen Ständen zuging; Staatsarchiv Bamberg B 48/145, fol. 74 (Abschrift). Zur französischen Sicht vgl. den Avis Richelieus, 1634 IX 11; HARTMANN, Papiers de Richelieu, Nr. 288.

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