Nassau-Siegen, Christian Graf von

Nassau-Siegen, Christian Graf von; Obrist [16.7.1616 Siegen – 11.4.1644 Düren] Christian Graf von Nassau-Siegen stand als Obrist in kaiserlichen Diensten.

Christian von Nassau-Siegen, Sohn von Johann VII. Graf zu Nassau-Siegen, auch: Johann VII. der Mittlere [7.6.1561 – 27.9.1623] und dessen zweiter Frau Margaretha Prinzessin von Holstein-Sonderburg-Plön [1583 – 1638], war verheiratet mit Anna Barbara Quadt von Landskron [6.5.1620 – 3.1.1677]. Er studierte in Leiden[1] und diente dann 1632 bei der Belagerung von Maastricht[2] im staatischen Heer, ab 1633 stand er in hessen-kasselischen Diensten. Bei der Belagerung Hanaus[3] durch die Kaiserlichen 1636 wurde er durch einen Schuss unter das linke Auge verwundet.[4]

Ab 1642, möglicherweise aber schon ab 1641 war er kaiserlicher Obrist eines Kürassier-Regiments.

Der schwarzburg-sondershausische Hofrat Happe[5] erwähnt ihn in seiner „Thüringischen Chronik“: „Eodem [die] [23.11./ 3.12.1641; BW];  sind drey Officier von von dem Tiefenbachischen Regiment zu Fuße einer und von dem Merker|c|ischen [Mercy; BW] Regiment zu Fuße auch einer anhero kommen, haben alle drey Ordinanz bracht, dass die drey Regimenter aus der armen zugrunde verderbten Grafschaft Sondershausen verpfleget werden sollen. der Hatzfeldischen Armee, als von dem Nassauischen Regiment zu Pferde einer, und von dem Merker|c|ischen Regiment zu Fuße auch einer anhero kommen, haben alle drey Ordinanz bracht, dass die drey Regimenter aus der armen zugrunde verderbten Grafschaft Sondershausen verpfleget werden sollen“.[6]

„Eodem [die] [24.11./4.12.1641; BW] ist mir der Nassauische, Tiefenbachische und Mercische Regiments Quartiermeister wegen der Quartiere und Verpflegunge accordiret worden. Das Tiefenbachische Regiment mit zehen Compagnien zu Fuße bleibt in Sondershausen[7] und bekommt daraus seine Verpflegunge. Das Nassauische und Mercische sollen in Greußen[8] liegen“.[9]

„Den 25. November [5.12.1641; BW] sind die Nassauischen und Mercischen in ihre Quartiere nach Greußen gezogen“.[10]

„Den 3. Dezember [13.12.1641; BW] haben wir alhier einen sehr mühseligen Tag gehabt, den[n] ohne und über das stetige Plündern, so umb hiesige Stadt geschehen, haben zu Greußen das Nassauische und Mercische Volck abermahls weidlich rumoret. Die arme Stadt hat dem Nassauischen abermahl 150 Thaler am Gelde, 2 Pferde und einen Ochsen geben müssen“.[11]

Im September 1643 schrieb Christian von Nassau-Siegen aus Siegen[12] an Melchior von Hatzfeldt, beklagte die mangelnde Auszahlung seines Soldes und bat ihn um finanzielle Unterstützung bei der Aufstellung neuer Truppen.[13]

Am 20.3.1644 teilte Werth[14] Maximilian I.[15] mit, vier kaiserliche Regimenter (neben Christian von Nassau auch Philipp von Waldeck, Beeck und Johann Christoph von Mandelsloh) seien ins Fürstentum Jülich verlegt worden, wo man sie ohne Aufsicht ließe, so dass sie Schlösser und Dörfer ruinierten und selbst in Untergang geraten möchten. Hatzfeldt hätte Regimenter an junge Grafen vergeben, ‚die sozusagen noch Kinder seind und von dem Krieg noch keine die geringste Wissenschaft haben’, weswegen Obristleutnant Lippe, ein braver und erfahrener Soldat, der Geleens[16] Regiment löblich geführt habe, aus Verdruss seinen Dienst quittiert habe.[17]

Für das Jahr 1644 konnte der katholische Kempener[18] Chronist Wilmius den Abzug der Hessen aus Kempen und Rabenhaupts Gefangennahme notieren: „Am Samstag, den 10. April [1644; BW], verliessen die von Kalkar[19] gekommenen Hessen wieder unsere Stadt. Sie zogen auch aus Linn[20] und Neuß[21] die Besatzungen heraus und stellten sie zu einer schlagstarken Truppe zusammen. Es kamen noch holländische Soldaten hinzu, die durch einige Fähnlein verstärkt waren. Mit dieser auserlesenen Schar zogen sie in aller Stille nach Jülich[22] gegen die Lothringer, die sich in dem Dorf Eschweiler[23] allzu sicher fühlten. Vor Tagesgrauen machten die Feinde einen Überfall, schlugen und zerstreuten sie. Die Hessen machten reiche Beute, steckten das Dorf in Brand und lieferten ein Beispiel unerhörter Grausamkeit und Unbeherrschtheit gegenüber dem anderen Geschlecht. Mit reicher Beute beladen, schickten sie sich an, den Rückmarsch anzutreten. Da sahen sie in der Ferne die Kaiserlichen heranrücken. An ein Entrinnen war nicht zu denken, da die schwere Beute eine Beschleunigung des Marschtempos nicht zuließ. Gegenseitig feuerten sie sich zum Widerstand an und rüsteten zur Schlacht, entschlossen, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen. Doch mit Ungestüm fielen die Kaiserlichen über sie her und richteten ein Gemetzel an, daß jeder nur durch die Flucht diesem Inferno zu entrinnen versuchte. So wurden die Hessen und Holländer geschlagen und zerstreut, die sich insgeheim von Maastricht aus entgegen ihrer Neutralitätserklärung gegenüber den Kaiserlichen mit den Hessen verbündet hatten. So kehrten sie ohne ihre fette Beute in einzelnen Trupps ruhmlos nach Hause zurück. 500 waren gefallen und genausoviel in Gefangenschaft geraten. Auf Seiten der Kaiserlichen wurden von den namhaften Männern der Graf von Nassau und einige andere vermißt. Sie waren wohl gefallen. Von den Hessen gerieten in Gefangenschaft der berühmte Karl Rabenhaupt, der Gouverneur und ein gewisser Bochorst, der höchste Offizier dieser Streitmacht und viele andere. Die Kaiserlichen errangen ihren Sieg unter dem Befehl des Hatzfeld“.[24] In Wassenbergs[25] 1647 erneut aufgelegten „Florus“ heißt es dazu: „Zu eingang deß Aprils / als die Hessische verkundschafftet / daß vier Lothringische Regimenter mit dem Geschütz vnweit vom Schloß Merode,[26] im Dorff aber daselbsten Obrister de Gierecourt zu Fuß / und Obrister de Mondragon zu Pferd / im Quartier gelegen / seynd sie auß Neuß / Kempen / vnnd Kalckar / vnterm Begleite deß Obristen Rabenhaupts / zu Nacht mit fünfhundert Reuttern / dreyhundert Tragonern / vnnd vierhundert Musquetierern außgangen / haben das Lothringische Hauptläger überfallen / vnnd / vnerachtet starcker Gegenwähr / den Obristen Bellemont / auch in zweyhundert gemeine Lothringische erleget / hundert vnnd sechzig Reutter gefangen / zweyhundert Pferde sampt sampt zwey Stücken Geschütz / auch was sonsten im Läger vorhanden / zur Beute bekommen. Vnter wehrendem scharmutzieren hat / nach deß Obristen Bellemont Tode / Obrister de Fauge [Faugy; BW] sich noch über ein halbe stund aufgehalten / biß endlich das Pferd vnter ihm erschossen / vnnd er darüber gefangen worden / da dann die Lothringischen endlich nach deß Obristen Gierecourts Quartier ihre Flucht nehmen müssen.

Nachdem aber inzwischen Herr Graff Christian zu Nasaw-Sigen / etc. hiervon bericht eingezogen / hat er mit dreyhundert Reuttern / sampt dem Mandelslohischen Regiment / die zerstrewete Lothringische hauffen in Eil widerumb gesamblet / vnnd auff die Hessischen (welche vnnöthiger weise lang im Feld geblieben / vnnd auß denen eroberten Stücken geschossen : ) mit wol gefaster Resolution angangen / da es dann erst rechte Stösse geben / vnnd beyderseits frisch zusammen geschlagen worden / biß endlich die Hessische Parthye in vnordnung gerathen / vnnd von beyden Theilen in fünffhundert auff der ställe todt geblieben : wobey dann die vorhin von den Hessischen gefangene Lothringische Obristen vnnd andere / sampt denen zwey eroberten Stücken / vnd mehr Beuten wider vmb / deßgleichen viel gesattelte Pferde / erobert / die Hessische Obristen / Rabenhaupt vnd Brunckhorst [Bronckhorst; BW] / auch der Obriste Leutenant vom Ebersteinischen Leib-Regiment / weitere sechs Beampten vnd hundert neunzig gemeine Soldaten gefangen / vnd sämptlich nach Münster-Eifel[27] gebracht worden.

Doch ist auff der andern Seiten vorgedachter Herr Graff von Nassaw / aller andern zugeschweigen / ebenfalls todt / drauff gangen / der junge Landgraff [Friedrich v. Hessen-Rotenburg; BW] auf der Hessischen Seite verwundt worden / jedoch glücklich wider nach Neuß kommen“.[28] In der Chronik des Adolff Wilhelm Moerbecke zu Stevening [1611 – 1675] gibt es weitere Details: „Hirentusschen hefft den oversten Ravenhoefft, commendant tot Nuis, den 9 deser maent 400 te voete voer heen ut Nuis geschicket ende ist selvest den 10 dito met 9 companien perden gefolget, warmede hee den 11 des morgens te 5 uhren 3 regement[e] perden en 3 regemente te voete Lamboysche en Lottringesche in’t dorp Merode, unfern von Eschweiler, averfallen ende geruinert hefft, bekommende 2 veltstucken, voele gefangen ende schonen buit. Mar also dieselve haer in’t plunderen te lange upheelden, ende tot bravade die 2 | bekommenne veltstucken (welck man segen wilde, dat de los was, in dien dese vorschrevene 6 regementer in noot waren, umme die andereumherligende keisersche truppen tot hun secors te trecken) loossbranden, hebben haer die verstroyden weer vergadert, ende met een goodt deel van die nast umhergelegene keiserschen versterckt synde, die Hesseschen weer verfolget ende unfern van Caster[29] in’t dorp Vrimersdorp[30] achterhaelt ende geheel geslagen, die 2 stucken neffens buit ende alle gefangene verloset ende van ddie Hesseschen umtrent 500 man (warunder was den oversten Ravenhoefft, den overste Luytenant Bakoes neffens andere | officeren) en tussen 5 ende 600 perden gefangen bekommen, umtrent 200 doot geslagen. Van die keiserschen waren ock prinsepalick in den ersten inval voele gebleven, warunder was den grave von Nassouv neffens einige andere officiren“.[31]

Der Hildesheimer[32] Arzt und Chronist Dr. Jordan hält in seinem Tagebuch unter dem 1./11.4.1644 festfest: „Die Hessische aus Neuß und andere der Ends Guarnisonen nebst Ständtischen [Staatischen; BW] überfallen 3 Regimenter Kaysersche, so bey Düren[33] und zwischen Aachen[34] gelegen, und miniren[35] sie auch. Es komen aber etzliche Lamboische und der junge Graf von Naßaw von Siegen ihnen zue Hülfe und die Hessische, die bei dem Gral. von Naßaw geplieben, nebest einen Marchioni aus Lotharingia. Von den Hessischen ist ein junger Landgraf von Hessen nur mit 40 Pferden davon(ge)komen, 4000 so sich in einer Schewr retiriret, verbrandt; ihr Doctor Rabenhorst [!; BW] gefangen“.[36]

„Die Hessen hatten sich in Westphalen und am Niederrhein festgesetzt und besonders Neuß[37] mit vielem Fleiße befestigt. Im April [1644; BW] erhielt die Hessische Garnison Nachricht, daß vier Kaiserlich-Ligistische Regimenter unter dem Herzog von Lothringen,[38] unweit dem Schlosse Merode, ständen, in dem Dorfe aber die Obersten Girecourt und Mondragon lägen. Der hessische Oberst von Rabenhaupt brach daher in der Nacht mit dem größten Theile der Neusischen Garnison auf und nahm den Obersten Bellmont gefangen. Über die gemachte Beute hocherfreut, vergaßen es die Hessen, sich zurückzuziehen. Kaum erhielt Graf Christian von Nassau-Siegen, Johann des Mittleren jüngster Sohn, dem wir schon bei oben bei der Entsetzung von Hanau[39] begegneten und der jetzt im Kaiserlichen Heere diente, davon Nachricht, als er sofort mit dem Mandelsloh’schen Regimente [Mandelsloh, Hermann Christoph v.; BW], 600 Mann zu Roß, dahin sprengte und die hessischen Obersten Rabenhaupt und Barnhorst mit acht Oberstlieutenants, sechs Subalternofficieren und 190 Soldaten gefangen nahm. Leider fand Graf Christian von Nassau-Siegen in diesem Treffen seinen Tod“.[40]

Sofort nach seinem Tod[41] begann der Konkurrenzkampf um sein Regiment: Im selben Monat hatte Ferdinand von Köln Egon Graf Friedrich von Fürstenberg zum Nachfolger vorgeschlagen.[42] Im April hatte sich auch Franz Egon von Fürstenberg für seinen vom Kölner Kurfürsten protegierten Bruder Egon Friedrich verwandt.[43] Vom Mai 1644 datiert die Empfehlung von Johann Ludwig von Nassau-Hadamar, Johann Franz von Nassau-Siegen das Regiment zu übertragen.[44]

„Graf Christian von Nassau-Siegen, der im 28. Jahr im Kampf sein Leben ließ, wurde am 4. Juni in der Stadtkirche Dillenburg[45]Dillenburg.Evangelische_Stadtkirche [=> Abb. links] im obersten Chor auf der rechten Hand beigesetzt. Später wurde dann sein Leichnam nach Siegen überführt“.[46]

Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !
[1] Leiden [Leyden, Prov. Südholland].
[2] Maastricht [Niederlande, Provinz Limburg].
[3] Hanau; HHSD IV, S. 199ff.
[4] KELLER, Drangsale, S. 273.
[5] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 111f.
[6] HAPPE II 439 r – 439 v; mdsz.thulb.uni-jena.de.
[7] Sondershausen [Kyffhäuserkreis].
[8] Greußen [Kyffhäuserkreis].
[9] HAPPE II 440 r; mdsz.thulb.uni-jena.de.
[10] HAPPE II 440 v; mdsz.thulb.uni-jena.de.
[11] HAPPE II 445 r; mdsz.thulb.uni-jena.de.
[12] Siegen; HHSD III, S. 686ff.
[13] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 71.
[14] Vgl. LAHRKAMP, Werth.
[15] Vgl. ALBRECHT, Maximilian I.
[16] Vgl. SCHRIJNEMAKERS; CORSTJENS, Graaf Godfried Huyn van Geleen (in der deutschen Fachliteratur kaum beachtete Biographie).
[17] LAHRKAMP, Werth, S. 142.
[18] Kempen; HHSD III, S. 384ff.
[19] Kalkar; HHSD III, S. 374f.
[20] Linn; HHSD III, S. 468f.
[21] Neuss; HHSD III, S. 556ff.
[22] Jülich; HHSD III, S. 367ff.
[23] Eschweiler; HHSD III, S. 211f.
[24] WILMIUS, Chronicon, S. 145.
[25] Vgl. LAHRKAMP, Everhard Wassenberg.
[26] Merode, heute Ortsteil von Langerwehe [LK Düren]; HHSD III, S. 510.
[27] (Bad) Münstereifel; HHSD III, S. 45ff.
[28] WASSENBERG, Florus, S. 566f. Vgl. ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 166: Bericht des Philipp v. d. Beeck für Hatzfeldt, April 1644.
[29] Kaster [LK Bergheim]; HHSD III, S. 381f.
[30] Frimmersdorf, heute Stadtteil von Grevenbroich [Rhein-Kreis Neuss]; HHSD III, S. 237.
[31] STROTHMANN, Westfalen, S. 141f.
[32] Hildesheim; HHSD II, S. 228ff.
[33] Düren [LK Düren]; HHSD III, S. 182ff.
[34] Aachen; HHSD III, S. 1ff.
[35] vernichten.
[36] SCHLOTTER, Acta, S. 426.
[37] Neuß; HHSD III, S. 556ff.
[38] Vgl. BABEL, Zwischen Habsburg und Bourbon.
[39] Hanau; HHSD IV, S. 199ff.
[40] KELLER, Drangsale, S. 404f.
[41] Vgl. ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 166 (Beeck), 187 (Hermann Christoph v. Mandelsloh); Nr. 272 (Philipp v. Waldeck).
[42] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 55.
[43] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 78.
[44] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 72.
[45] Dillenburg [Dillkreis]; HHSD IV, S. 89ff.
[46] GAIL, Krieg, S. 32.
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