Leiningen-Dagsburg, Johann Casimir Graf von

Leiningen-Dagsburg, Johann Casimir Graf von; Obrist [1619-1688] Johann Casimir Graf von Leiningen-Dagsburg stand als Obrist in kaiserlichen Diensten.

Im Februar 1643 sollte Anton Lemre, Obristleutnant und Landdrost von Corvey,[1] Johann Casimir von Leiningen-Dagsburg als Kommandanten von Höxter[2] ablösen, wie auch in dem Schreiben des Generalprokurators Petrus Heister an den Hofkriegsratspräsidenten Schlick gefordert wurde.[3] Im August wurde er als Kommandant von Corvey durch Obristwachtmeister Anton Wolff abgelöst.[4] Vom September dieses Jahres datiert die Bitte Wolfgang Wilhelms bei Melchior von Hatzfeldt, Johann Casimir in Höxter zu belassen,[5] worum Johann Casimir auch selbst nachsuchte.[6] In diesem Monat wurde er nach Höxter abgeordnet.[7] Die Kommandantur von Lemgo[8] wurde im Dezember an Philipp Ludwig von Schleswig-Holstein-Sonderburg übergeben, während er um die Kommandantenstelle in Höxter anhielt.[9]

Johann Casimir wurde Nachfolger Philipp Ludwigs Herzog von Holstein als kaiserlicher Kommandant von Lemgo. Er war ein Vetter ersten Grades des in Detmold vormundschaftlich regierenden Grafen Emich XII. von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg (1612-1657), der seit 1641 mit Katharina von Waldecks jüngerer Schwester Dorothea von Waldeck verheiratet war. Der Kontakt zu diesen Verwandten [Johann Casimir] des Regenten erwies sich aber gar bald als nicht etwa vorteilhaft oder gewinnbringend für die Familie zur Lippe und das Land, vielmehr wurde diese Begegnung für einen der Detmolder Grafen, fatal im eigentlichen Sinn des Wortes.

„Im Frühjahr 1644 trug sich ein Vorfall zu, der für den Grafen Hermann Adolf sehr unangenehm war und für seinen Bruder Otto Heinrich in den späteren Folgen verhängnisvoll wurde. Am 18. April begab sich der Administrator Graf Emich v. Leiningen nach Brake,[10] um im dortigen Kruge mit dem Grafen Hermann Adolf, der als Rittmeister im Regiment des Herzogs [Philipp Ludwig; BW] von Holstein in Lemgo stand, und mit dessen Bruder Otto Heinrich zu konferieren. Von dort aus ließ er seinem Vetter, dem Oberst und Kommandanten von Lemgo, Grafen Johann Kasimir von Leiningen, sagen, er werde nächstens selber zu ihm kommen, um mit ihm zu reden, oder wenn es ihm gefiele, möge er ein wenig zu ihm herausreiten. Graf Johann Kasimir hatte zunächst Bedenken wegen des ‚allda zu besorgenden Trunkes‘, machte sich aber schließlich zwischen 2 und 3 Uhr nachmittags doch noch mit einigen anderen Offizieren nach Brake auf und nahm, da zwischen Detmold und Lemgo eine verdächtige Truppe gesehen worden war, zu seiner und der anderen Sicherheit einen Korporal und 15 Knechte mit. Nach einem Trunk, wie ihn Johann Kasimir befürchtet, begaben sich mehrere Offiziere zur Erfrischung auf den Hof, wo eine ‚Pielketafel'[11] stand, und vergnügten sich damit, nach den auf dieser Tafel stehenden Steinen mit anderen Steinen zu werfen. Dabei flog ein vom Grafen Johann Kasimir geworfener Stein zwischen den Beinen des Grafen Hermann Adolf hindurch, ohne ihn zu berühren. Wie ersterer später behauptete, war dies unabsichtlich geschehen, und er hatte auch um Entschuldigung gebeten; andere sagten, er habe es mit Absicht getan und noch einige Steine hinterher geworfen. Den Obristwachtmeister Witte vom Holsteinischen Regiment verdroß dieser Scherz, und er reizte den den Grafen Hermann Adolf, sich das nicht gefallen zu lassen, mit Redensarten, wie: ‚Frische Eier, gute Eier ! oder: Wenns mich anginge, wollte ichs ihm gedenken. Fort, fort, Herr Graf, es muß geschlagen sein ! Ein jeglicher nehme seinen Mann in acht, ich will meinen wohl finden, daß er bald soll in Stücken liegen. Wir müssen uns von den Paßgängern und Fußschabben (Infanteristen) nicht kommandieren lassen‘. Graf Hermann Adolf fragte den Oberst: ‚Vetter, wie soll ich das verstehen ?‘ Dieser aber legte sich auf die Tafel und lachte ihn höhnisch aus. Als nun Graf Hermann Adolf den Oberst aufforderte, ‚herauszukommen‘, antwortete dieser, daß man ‚einen solchen Rittmeister wohl in Arrest nehmen könnte‘. Darauf entfernte sich Graf Hermann Adolf. Als nun der Oberstleutnant Witte seinen Rittmeister dem Oberst gegenüber in Schutz nahm, antwortete dieser mit einer groben Beleidigung; es kam zu Tätlichkeiten, und die beiden mußten mit Gewalt von den Umstehenden getrennt werden. Am nächsten Morgen ließ der Oberst dem Oberstleutnant wie dem Grafen Hermann Adolf Arrest ankündigen, und sie mußten wohl auch trotz ihres Protestes den Arrest antreten. Später fand dann eine Untersuchung der Sache statt, über das Ergebnis derselben ist aber in den Akten nichts zu finden. Graf Hermann Adolf nahm zu Anfang des folgenden Jahres seinen Abschied aus kaiserlichen Diensten“.[12]

„Es ist schwer, jetzt zu entscheiden, wie weit die Behauptungen beider Städte [Horn[13] und Salzuflen;[14] BW] begründet waren; so viel steht jedenfalls fest, daß es in beiden überaus traurig ausgesehen haben muß, und es ist kaum zu begreifen, woher doch immer das Geld genommen wurde, um die Kontribution zu bezahlen. Nur die Angst vor den gewaltsamen Exekutionen vermochte immer noch etwas von den armen Leuten herauszupressen. Wie es dabei zuweilen herging, sehen wir aus einem Klagschreiben aus Salzuflen vom 27. Juli 1644. Demnach erschienen zwei Tage vorher zwei betrunkene Soldaten vor einem Tore der Stadt und verlangten unter Lärmen und Toben Einlaß, ohne sich zu legitimieren oder den Zweck ihres Kommens anzugeben. Nachdem sie endlich einen Paß vom Kommandanten von Lemgo vorgezeigt hatten und eingelassen waren, erklärten sie, daß innerhalb von zwei Tagen 100 Tlr. rückständige Kontribution geliefert werden müßten. Sie fügten auch gleich hinzu, daß sie die Nacht über ‚lustig dominiren‘ wollten. Dies taten sie denn auch und drohten neben allerlei Unfug ihre Wirtin mit dem Feuerrohr niederzuschießen. Am folgenden Morgen nahmen sie den Torwachen die Schlüssel ab und drohten weder Menschen noch Vieh ein- und auszulassen, wenn ihnen nicht zuvor Geld gezahlt würde, obwohl ihnen versprochen war, daß die geforderte Summe so schnell wie möglich zusammengebracht werden sollte. Während nun die armen Bürger unter vielem Weinen und Seufzen ihre Beiträge ablieferten, überfielen die trunkenen Soldaten einen Bauersmann, schleppten ihn in ein Wirtshaus, stießen ihn unter den Tisch und peinigten und ängstigten ihn mit gespanntem Feuerrohr dermaßen, daß er sich mit einem Stück Geld loskaufte. Dasselbe versuchten sie bei dem Müller von Salzuflen, aber ohne Erfolg. Zu Mittag wurde den Soldaten gesagt, daß das verlangte Geld da sei und daß sie dem Boten folgen möchten. Sie tranken aber weiter und feuerten in ihrem Übermut mehrere Schüsse ab, darunter einen in das mit Korn gefüllte Nachbarhaus, welches dadurch in Brand geriet, und bei der großen Trockenheit war zu befürchten, daß die ganze Stadt eingeäschert werden möchte. Der Täter wurde deshalb festgenommen und zur Verhütung weiteren Unglücks aufs Rathaus gebracht. Während nun die durch den Glockenschlag herbeigerufenen Bürger aufs eifrigste mit Löschen beschäftigt waren, lief der zweite Soldat zum Rathaus und rief dem gefangenen zu, er möge herunterkommen, sie wollten einen Handel anfangen, davon solle die ganze Stadt zu sagen wissen. Er bedrohte auch die beim Löschen beschäftigten Bürger mit dem Feuerrohr und nannte sie Schelme und Diebe, was ihm diese wieder durch Stöße mit den Feuerleitern und Eimern vergalten. Schließlich brachte man ihn auch noch aufs Rathaus und bat den Administrator zu Detmold, die Bestrafung der Soldaten zu erwirken. Ob diese erfolgt ist, läßt sich nicht ermitteln.

Aber nicht nur die gemeinen Soldaten, sondern auch die Offiziere machten es, wie Graf Otto in einem Beschwerdeschreiben an den Feldzugmeister v. Vehlen [Velen; BW] sagt, ‚je länger je gröber‘. Rittmeister Alefeld aus Lemgo nämlich, dem von Graf Otto, wie jener behauptete, ein Knecht zum Kriegsdienst überlassen und dann wieder entzogen war, hatte sich gegen ihn und ’seinen Edelmann‘ v. Offen ungebührlich betragen. Als nun Graf Otto seinem Obristwachtmeister Witte davon Anzeige machte, ritt Alefeld sofort, nachdem er davon Mitteilung erhalten, mit 18 Reitern nach dem Dorfe Brake, wo Graf Otto gerade dem Gottesdienst beiwohnte. Er ließ sogleich den Kontributionsschreiber aus der Kirche holen und verlangte, daß er eine Tonne Mindener Bier für seine Reiter holen lassen sollte, bis Graf Otto aus der Kirche käme. Die Reiter trieben unterdessen allerlei Mutwillen und schlugen etliche Leute. Als Graf Otto aus der Kirche kam, ritt Alefeld auf ihn zu, saß zwar vor ihm ab, ließ aber sofort etliche Reiter hinter, vor und neben ihn und seine Angehörigen reiten und sie wie Gefangene unter allerlei ‚unnützen Worten‘ nach dem Schlosse begleiten. Unterwegs wußte es Graf Otto so einzurichten, daß seine Gemahlin, Kinder und Gesinde den Reitern vorauskamen. Als aber Alefeld dies merkte, schickte er sofort einige Reiter nach, um Offen zu holen, daß er sich zu Fuß oder zu Pferd mit ihm raufen sollte. Diese ritten mit gespannten Hahnen zwischen den Frauen, Kindern und Mägden auf Offen los, und einer faßte ihn am Arm, um ihn zurückzubringen. Offen erklärte, daß er erst einen Degen holen müsse, worauf sie ihn unter Schimpf- und Drohworten gehen ließen. Als Graf Otto den Rittmeister darüber zur Rede stellte, erwiderte er, Graf Otto habe geschrieben, daß er mit ihm und Offen ‚Abtrag‘ machen solle; er kenne keinen anderen Abtrag als mit Degen und Pistolen und sei deshalb da, um mit Offen zu raufen. Auf dem Schlosse angekommen, ließ Graf Otto das Tor versperren und verbot Offen, der sich schon fertig gemacht hatte, hinauszugehen. Alefeld setzte sich darauf in den Krug und trank, während seine Leute draußen allerlei Unfug verübten. Eer ließ auch Offen noch einigemale auffordern, herunterzugekommen, um mit ihm ‚zu raufen oder zu saufen‘; aber Graf Otto trug mit Recht Bedenken, unter solchen Umständen das Leben Offens aufs Spiel zu setzen. Alefeld blieb dann noch die ganze Nacht mit seinen Leuten im Dorfe, dessen Bewohner nicht nur reichlich zu essen und zu trinken heranschaffen mußten, sondern auch auf alle Weise belästigt wurden. Als er aber von seinen Vorgesetzten deswegen zur Rechenschaft gezogen wurde, behauptete er nicht nur völlig unschuldig zu sein, sondern beklagte sich noch obendrein über den Grafen Otto, der den angeworbenen Knecht ihm vorenthalten habe; sein Verhalten in Brake überging er klugerweise ganz mit Stillschweigen“.[15]

Bei dem Höxter Chronisten Olxheimb heißt es: Im September 1644 „ist Gräffl. Gnaden von Luimigen (?) für einen Commendanten nebst etlichen Compagnien hereingelegt, ist biß in den December 1644 liegen blieben, damalß außgezogen undt den Obrist-Wachtmeister Wolff liegen laßen“.[16]

„Die Kriegsfackel schien beinahe erloschen zu sein; da flammte sie gerade in unserer Gegend noch einmal mächtig empor. Im April 1646 zog nämlich der schwedische Reichszeugmeister Graf Karl Gustav Wrangel mit einem großen Heere durch Lippe, um den Kaiserlichen die Festung Höxter zu entreißen. Die Grafschaft war zeitweise mit 15 Regimentern belegt, Städte und Dörfer wurden völlig ruiniert, alles war auf der Flucht. Während der Belagerung von Höxter begab sich Graf Emich von Leiningen selbst in das schwedische Lager, und auch der junge Graf Jobst Hermann ritt von Schwalenberg mit Drost v. Mengersen dorthin, um nach Möglichkeit Schaden von Lippe abzuwenden; natürlich aber mußte den Belagerern Proviant geliefert werden, so viel nur in dem völlig erschöpften Lande noch aufgetrieben werden konnte. Höxter wurde bald genommen, die Lieferungen aber mußten noch fortgesetzt werden, da Wrangel bleiben wollte, bis die Befestigungen von Grund aus demoliert wären.

Obwohl die Besatzung von Lemgo die Schweden an ihrem Marsche durch Lippe nicht hatte hindern können, so suchten sie natürlich jetzt auch diese am Wege von Minden[17] nach Höxter liegende Festung in ihre Gewalt zu bekommen. Zu diesem Zweck rückte Generalleutnant v. Königsmark von Nordwesten heran und verlangte am 12. Mai von Vechta[18] aus für seine Truppen 100000 Pfd. Brot, 50 Schlachtrinder, 200 Faß Bier und 400 Sack Hafer. Um die der Stadt Lemgo drohende Gefahr abzuwenden, hatte der Administrator Graf von Leiningen bereits mit dem Feldmarschall Melander [Holzappel; BW], der aus hessischen Diensten ausgetreten war und jetzt von Köln[19] aus die kaiserlichen Truppen in Westfalen kommandierte, Verhandlungen wegen Räumung Lemgos angeknüpft. Vom Grafen Wrangel hatte er auch am 9. Mai die Zusage erhalten, daß die kaiserliche Garnison ungehindert aus Lemgo ausziehen und nach Warendorf geleitet werden sollte. Es wurde hierzu eine Frist von acht Tagen bewilligt. Melander stellte darauf zur Sicherung seiner Truppen noch einige Bedingungen, über die noch weiter verhandelt wurde. Als die Frist abgelaufen war, ohne daß Melander eine bestimmte Erklärung abgegeben hatte, forderte Königsmark energisch zum Abzug auf, widrigenfalls er andere Mittel ergreifen würde. Graf Emich von Leiningen suchte auf alle Weise seinen Vetter, den Kommandanten von Lemgo, zum Abzug zu bewegen. Er stellte ihm vor, daß Melander im wesentlichen eingewilligt hätte und auch die von ihm noch gestellten Bedingungen erfüllt werden würden; er selbst wolle ihn wegen der übrigen Punkte, Zahlung der rückständigen Gelder und Mitführung der Geschütze und des Proviants, völlig sicher stellen. Er gab ihm auch zu bedenken, daß anderenfalls dem Römischen Kaiser sein Regiment verspielt, die Bürgerschaft von Lemgo und die ganze Grafschaft ruiniert und ein untüchtiges Glied des Reiches werden würde. Der Kommandant beriet sich darauf mit seinen Offizieren, und nachdem diese ihre Zustimmung gegeben, versprach er am folgenden Tage (20. Mai) auszuziehen. Wie verabredet, kam der Administrator am nächsten Morgen mit seinen Räten wieder nach Lemgo ‚um den Auszug zu fördern und eine schriftliche Versicherung für sein oben erwähntes Versprechen zu überreichen‘. Da zeigte ihm der Kommandant ein in der Nacht eingetroffenes Schreiben Melanders, worin ihm befohlen wurde, bis zum Eintreffen weiterer Ordre nichts in dieser Sache zu tun. Trotz allen Zuredens ließ sich der Kommandant nicht dazu bewegen, auf eigene Verantwortung die Stadt zu verlassen. Königsmark aber wollte sich nicht länger hinhalten lassen; er rückte von Salzuflen heran, schloß die Stadt ein und eroberte sie nach einem drei Stunden währenden Sturm in der Nacht zum 23. Mai. Der Kommandant und alle Offiziere wurden gefangen genommen und die Stadt gänzlich ausgeplündert. Auch der herbeigeeilte Administrator konnte durch seine Fürbitte nicht verhindern, daß den armen Leuten ihr Korn, Vieh, Kleider und ‚alles was nagellos‘ weggenommen wurde wurde. Der Befehl Melanders zum Auszug kam zu spät, und mit Recht beklagte sich der Graf von Leiningen in seinem Bericht an ihn bitter über den Schaden, der hierdurch der Stadt Lemgo und der ganzen Grafschaft entstanden wäre, nachdem sie während des Krieges dem Römischen Kaiser etliche Millionen Taler an Kontributionen und auf andere Weise erlegt hätten“.[20]

Der Historiograph und Habsburg-Anhänger Wassenberg berichtet in seinem „Florus“ von 1647: „Die Statt Lemgaw hat hierauff gleichfalls zum Creutz kriechen müssen / in dem Herr General Leut. Königsmarck den 20. May diesen Ort belägert / vnnd weil der Commendent den versprochen Außzug nicht annehmen / auch gemelter Statt die Neutralität gönnen wollen / sonder sich auffs eusserst zu wehren erklärt / als hat wolgedachter Herr General Leut. Königsmarck am 22. dieses auff ein Thurn am Thor starck canoniren, vnd zum Sturm Anordnung machen / auch zu Nachts vmb 11. Vhren an 6. Orten anfallen lassen / vnd innerhalb 3. viertel Stund / nach niderhawung der doppelten palissaden dem Graben passiret / das Thor gegen dem Schloß Brackel / (welches Vorbollwerck gewesen) Erobert / vnnd weil die Belägerten an ihrem Posten verblieben / nach vnd nach mehr Volck eingebracht / auch solcher Gesalt der gantzen Statt bemächtiget. Die Besatzung / als 4. Comp. zu Fuß vnnd 2. zu Pferd ist meistentheils gefangen / vnnd nach Münden gebracht worden / als Herr Obrister Johann Casimir, Graf zu Leiningen 12. Obr. Leutenante / als der von Ludersheim / vnnd Levin Friederich von Würtenberg: 1. Obr. Wachtmeister: 2 Capitäin: 1 Cap. Leut: 4. Leut: 1 Reg. Quartiermeister: 7 Fähndriche: 1 Regim. Sekretarius: 1. Adjutant vnd 400. Gemeine: Deßgleichen wurden bekommen 5. Fähnlein: 12. Metallische Stück vnd Feld-Schlangen / 2. Eyserne / 7 Pf. schiessende Stücke / 4. Stücke / 3. Pfund Steinwerffend / 3. Schrothacken / 4. Doppelhacken / 35 Centner Pulver / 15. Centner Lunten / 2000. Mußqueten-Kugeln / vnd 192. Scheffel Meels / so man im Magazin gefunden. Von den Königsmarckischen seynd im Sturm vnnd Gefechte etlich vnd viertzig Mann / darunter 2 Cap. todt geblieben / in allem aber bey 90. beschädiget: vnd ist der Herr Obrist Brandeshagen mit 4. Comp. in die Statt kommen / vmb daselbsten zu commandiren“.[21]

Im Juli 1646 wurde er aus der Gefangenschaft entlassen, wie Anna von Leinigen-Dagsburg Melchior von Hatzfeldt berichtete.[22]

„Es muß etwa im Februar 1648 gewesen sein, daß Otto Heinrich auf Bitten des Grafen Emich von Leiningen dessen Gattin Dorothea von Detmold aus nach Hause brachte zum leiningenschen Schloß Heidesheim,[23] nordostwärts von Grünstadt[24] in der Pfalz. Unglücklicherweise hielt sich damals auch Johann Casimir von Leiningen gerade dort auf. Otto Heinrich blieb für einige Zeit in Heidesheim und scheint sehr deutlich gezeigt zu haben, was er von dem früheren kaiserlichen Kommandanten von Lemgo hielt – diesem selbst und auch anderen Herren. Am 9. März (alten Stils) wollte er die in einer Sänfte reisenden Gräfin Agnes von Waldeck zu dem leiningenschen Schloß Hardenburg[25] (westlich von Bad Dürkheim[26]) begleiten. Johann Casimir ritt der kleinen Reisegruppe nach, holte sie zwischen Dackenheim[27] und Herxheim[28] ein und sprach den Lipper an. Es ergab sich ein Wortwechsel, Otto Heinrich wollte seine Pistolen ziehen, aber Johann Casimir kam ihm zuvor und holte ihn mit zwei Kopfschüssen aus dem Sattel. Der Tote wurde nach Detmold überführt und am 16. Mai in der Stadtkirche beigesetzt.

Die Akten des Staatsarchivs Detmold enthalten Darstellungen des Geschehenen, Zeugenaussagen, Ergebnisse von Befragungen usw., die Otto Heinrich eindeutig als das Opfer eines geplanten, heimtückischen, hinterhältigen Mordes erscheinen lassen. Daß Johann Casimir den Grafen zur Lippe ums Leben gebracht hat, ist unbestritten. Er selbst hat die Tat zugegeben, aber als Notwehr hingestellt. Schwer belastet ihn die Schilderung des Geschehenen durch Agnes von Waldeck in einem Brief an Emich von Leiningen, die keinen Zweifel daran aufkommen lassen will, daß es sich um einen vorbereiteten, gezielten Mord gehandelt habe. Es ist Bericht darüber an den Kaiser ergangen und gegen Johann Casimir ein Prozeß eingeleitet worden, der sich lange hingezogen hat. Mit wie wenig Sachverstand die Untersuchung geführt wurde, geht schon allein daraus hervor, daß ein im kaiserlichen Auftrag abgefaßter Schriftsatz vom 23. Dezember 1648 den Tatbestand so darstellt, als sei Otto Heinrich mit Agnes von Waldeck am 9. März von Lippstadt[29] (!) aus nach Hardenburg unterwegs gewesen. Nach jahrelangem Prozessieren ist die Untersuchung ergebnislos verlaufen, der Täter unbestraft geblieben“.[30]

[1] Corvey [Stadt Höxter]; HHSD III, S. 146ff.

[2] Höxter; HHSD III, 346ff.

[3] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 97.

[4] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 96.

[5] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 60.

[6] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 183.

[7] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 144, 183.

[8] Lemgo [LK Lemgo]; HHSD III, S. 452ff.

[9] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 183.

[10] Brake; HHSD III, S. 112.

[11] „Pielketafel“:  Beilketafel, „plur. die -n, das Deutsche Billiard, oder eine lange, schmale Tafel mit einem Rande, und Rinnen an den beyden Seiten, auf welcher man mit eisernen, unten glatt geschliffenen runden Steinen spielet. Anm. Es ist dieses eigentlich die Niedersächsische Benennung dieser Tafel, welche auch Pilketafel lautet, und in Ansehung ihrer ersten Hälfte das Diminutivum von Ball, eine Kugel, ist, wovon auch das Französische Billiard seinen Nahmen hat, welches aus diesem Spiele entstanden ist. Im Oberdeutschen heißt diese Tafel Drucktafel, und das Spiel selbst Druckspiel oder Trockspiel, weil die Steine mit einem Drucke fortgeschoben werden. In Nürnberg heißt sie Schießtafel, im Altfranz. Bellent, im mittlern Lateine Belencus. In einer Verordnung des Parisischen Parlamentes von 1371 bey dem Carpentier heißt es: Emolumentum ex sicca tabula seu ludo ad belencum proveniens ordinavimus converti in solutionem reddituum ad vitam; wo der Ausdruck sicca tabula merkwürdig ist, indem er eine sehr ungeschickte buchstäbliche Übersetzung des Oberdeutschen Nahmens Drucktafel ist. S. dieses Wort. Übrigens findet man dieses Spiel heut zu Tage nur noch auf den Dörfern“. www.zeno.org/Adelung-1793/A/Beilketafel,+die.

[12] STEGMANN, Lippe, S. 138ff.

[13] Horn [LK Detmold]; HHSD III, S. 341f.

[14] [Bad] Salzuflen [LK Lemgo]; HHSD III, S. 48.

[15] STEGMANN, Lippe, 143f.

[16] OLXHEIMB, Leiden, S. 94.

[17] Minden [LK Minden]; HHSD III, S. 517ff.

[18] Vechta [Kr. Vechta]; HHSD II, S. 461f.

[19] Köln; HHSD III, S. 403ff.

[20] STEGMANN, Lippe, S. 145f.

[21] WASSENBERG, Florus, S. 661f.

[22] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 183.

[23] Colgenstein-Heidesheim; HHSD V, S. 65f.

[24] Grünstadt; HHSD V, S. 121f.

[25] Hardenburg; HHSD V, S. 128f.

[26] (Bad) Dürkheim; HHSD V, S. 22f.

[27] Dackenheim [LK Bad Dürkheim].

[28] Herxheim; HHSD V, S. 136f.

[29] Lippstadt; HHSD III, S. 474f.

[30] FINK, Grafen zur Lippe, S. 42f.

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