Landorw, N

Landorw, N; Obristwachtmeister [ – ] Landorw soll 1636 als Obristwachtmeister[1] in kaiserlichen Diensten gestanden haben.

Aus Rodenberg[2] in der Grafschaft Schaumburg wird berichtet: „Gar oft noch wurde das Eindringen fremder Kriegsvölker in unsere Stadt durch Verabreichung von Geld und Getränken abgewendet. So auch wieder am 16. November 1636, als der kaiserliche Obristwachtmeister Landorw mit einem „Fähnlein[3] polscher Pikenreuter“[4] unvermutet vor Rodenberg anlangte, um auf drei Tage in der Stadt und in Grove[5] Marschquartier[6] zu beziehen.

Glücklicherweise hatte der Ratskasten noch 59 Taler und die Stadtkellerei noch zwei Stückfässer[7] Stadthäger Branntwein[8] aufzuweisen. Der ganze Kastenbestand wurde nun vom Bürgermeister Deichmann dem Truppenführer als Befriedigungsgeld übergeben und den vorrätigen Branntwein erhielten die Soldaten als willkommenen Labetrunk. Diese Spendung hatte den guten Erfolg, daß die Reiterschar ohne  Aufenthalt zur Quartiernahme nach Großnenndorf[9] abrückte. Da der Branntwein aber erst dort getrunken werden sollte, so wurde zu dessen Beförderung von einem Korporal[10] und einigen Reutern ein Fuhrwerk requiriert und der Vollmeier[11] Jürgen Scheve aus Grove gezwungen, die Fässer nach Großnenndorf zu fahren. Als Scheve dieses besorgt und im Begriffe war, wieder heimzukehren, da spannten ihm die polnischen Reuter seine beide Pferde aus und ihn selbst schlugen sie obendrein nach halbtot, als er sich dieser Beraubung zu widersetzen wagte“.[12]

[1] Obristwachtmeister: Der Obristwachtmeister mit einem monatlichen Sold von 40 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] oder 50 fl. entsprach vom Rang her dem Major in der schwedischen Armee. Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte er für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht. Daneben war er zum Teil auch Rittmeister, um seinen Sold aufzubessern.

[1] Fähnlein: militärische Einheit; die kleinste Gliederungseinheit beim Fußvolk, im 17. Jahrhundert allmählich durch die Bezeichnung „Kompanie“ verdrängt. In der kursächsischen Armee bestand ein Regiment zu Fuß aus 10 „Fendl“: ein Fähnlein umfasste ca. 300 Mann (100 Pikeniere, 160 Musketiere, 20 Hellebardiere und 20 Rundschildner). Es gliederte sich wiederum in Rotten von 10 – 15 Mann, die von einem Rottmeister angeführt wurden.

[2] Rodenberg [LK Schaumburg]; HHSD II, S. 398f. Vgl. MITHOFF, Die Chronik.

[3] Fähnlein: militärische Einheit; die kleinste Gliederungseinheit beim Fußvolk, im 17. Jahrhundert allmählich durch die Bezeichnung „Kompanie“ verdrängt. In der kursächsischen Armee bestand ein Regiment zu Fuß aus 10 „Fendl“: ein Fähnlein umfasste ca. 300 Mann (100 Pikeniere, 160 Musketiere, 20 Hellebardiere und 20 Rundschildner). Es gliederte sich wiederum in Rotten von 10 – 15 Mann, die von einem Rottmeister angeführt wurden.

[4] Gemeint sind hier polnische Lanzenreiter (Hussaria): Die Bewaffnung der Hussaria bestand aus einem Reitersäbel, Brustpanzer, Schild (wurde bald abgeschafft), Lanze (bis 4 m lang, hohl und daher leicht) und Helm mit Nacken- und Nasenschutz. Ergänzt wurde sie zuerst durch einen Reflexbogen, später durch 2 Pistolen, einen Pallasch oder einen Kriegshammer (Nadziak) und den sog. „Koncerz“, eine 1,8 m lange Kreuzung aus Schwert und Lanze mit einer dreieckigen scharfen Spitze. Die polnischen Husaren blieben als einzige Kavallerie in ganz Europa eine schwere Kavallerie [nach wikipedia]. – Polen, Polacken [„Husacken“, „Hussaria“]: Die übliche, zunächst nicht pejorative Bezeichnung für die im kaiserlichen Heer wenig geschätzten polnischen Truppen, die hauptsächlich von Spanien besoldet und in habsburgischen Diensten standen. Die Kampfkraft dieser Truppen galt als gering. Einerseits galt ihre Führung als schwierig, andererseits waren sie wegen ihrer Tapferkeit und Geschicklichkeit im Umgang mit Muskete, Pistole, Säbel, Lanze und Wurfspeer gesuchte Söldner. Von Philipp Graf von Mansfeld-Vorderort stammt die negative Beurteilung: „Sie fressen wohl weder Samstag noch Freitag Butter oder Eier; sich aber sonsten für den katholischen Glauben, das Romische Reich oder auch ihr eigenes Vaterland einige Ungelegenheiten zu machen, seind sie ganz keine Leut. Wahrheit oder Ehr hat bei ihnen nicht länger Bestand, als wan es ihnen zum Profit dient; wan der aufhört, schwören sie für fünf Groschen einen Eid, dass Gott nie zur Welt geboren!“ HALLWICH, Wallensteins Ende, S. I51f. Vgl. auch LEHMANN, Kriegschronik (Oktober 1636), S. 89: Die polnischen Reiter „soffen sehr viel bier auß, machten es mit Plündern, schenden erger denn alle feinde, ritten uff die welde, durchschändeten die Weibsbilder, dass Sie nicht gehen kundten, nötigten die Steinalten Weiber, dass Sie starben, zernichteten alles in heußern, weil ihrethalben alles uff die Welder und in die Städte gewichen wahr, haben viel vergrabene sachen aufgesucht, vermaurete keller gefunden, zien und kupfer mitgenommen, kirchen erbrochen, kelche, leichen- und Altartücher mitgenommen. Den 31. October s. n. fiel das Fest aller heiligen ein, drumb blieben Sie liegen, feyerten es mit fasten und speisen nur von öhl, Eßig und fischen, wo sies haben kundten, wahren aber nichts desto frömmer und brachen an Sontag frühe auf und marchirten auf Presnitz und Wiesenthal. Das ärgste und grausambste an ihnen wahr, dass Sie schöne kinder, gleich wehren Sie Turcken oder Tartarn, mitgenommen“. WAGNER, Pforr, S. 129. THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd., S. 616f.: „Vnder diesen Crabaten vnd Pollacken ward eine scharpffe Kriegs-Disciplin vnnd gute Ordnung gehalten / wie dann drey ihrer Soldaten / welche in einem Dorff auß einer Kirchen etwas gestohlen / vnnd darüber ergriffen worden / eine harte Straff haben außstehen müssen / in deme sie alle drey an Pfählen angebunden / vnd lebendig im Fewer verbrändt worden. So ist auch ein Polnischer Edelmann / welcher sampt seinem Knecht / ein Weibsbild geschändet / vnd deßwegen bey seinem Obristen angeklagt gewesen / zur Rede gestellt / vnangesehen er eine grosse Summe Gelts für sein Leben gebotten / gleichwol anfangs der Knecht in Gegenwart vnnd Ansehen deß Edelmanns enthauptet / vnd hernacher folgenden Tags auch mit dem Schwerd hingerichtet worden“. Bei dem Rothenburger Chronisten Dehner werden die polnischen Kosaken aus der Ukraine als „Husacken“ bezeichnet; HELLER, Rothenburg, S. 20. Vgl. auch SCHWARTZ, Die Neumark, S. 53ff.

[5] Grove, heute Ortsteil von Rodenberg [LK Schaumburg].

[6] Marschquartier: zeitlich festgelegter Aufenthalt durchziehender Truppenteile, der z. T. zum Schaden der Städte und Ämter auch willkürlich von den Kommandierenden ausgedehnt wurde.

[7] Stückfass: 1 Stückfass (Frankfurt/M.) = 1154 ½ Liter; 1 Stückfass (Leipzig) = 293 3/5 Liter; 1  Stückfass (Nürnberg) = 1022 ¼ Liter.

[8] Branntwein: als Arznei verwendet, besonders gegen die Pest, später allgemein das billige Getränk des armen Mannes, mit Wasser gemischt, um dieses teilweise zu desinfizieren, dann durch Bier weitestgehend abgelöst. Branntwein hatte eine lange Lagerfähigkeit und half, Ernteüberschüsse (Obst und Getreide) abzubauen, zumal auch schlechtere Qualitäten verwendbar waren und die Abfälle als Viehfutter verwertet werden konnten. Vor Angriffen oder bei Ausfällen wurden den Soldaten, um ihnen Mut zu machen, regelmäßig Branntwein ausgeschenkt.

[9] Bad Nenndorf [LK Schaumburg].

[10] Korporal: Der Korporal war der unterste Rang der Unteroffiziere, der einen Zug als Teil der Kompanie führte. Er erhielt in der kaiserlichen Armee (1630) 12 fl. Sold monatlich; „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“. Das entsprach immerhin dem Jahreslohn eines Ochsenknechtes. DESING, Historia auxilia 2. Bd., S. 186: „Corporal ist ein Unter-Officier, der viel zu thun hat: Darumb seynd bey einer Compagnie zwey, drey oder vier. Für seine 15. Mann, welche man eine Rott nennt, empfängt er vom Capitain d’Armes das Gewehr, vom Fourier das Quartier, vom Muster-Schreiber das Geld, vom Sergeanten die Ordre, gehört nit zur Prima plana“.

[11] Vollmeier (Vollspänner): Der Vollspänner hatte seinem Grundherrn neben anderen Diensten und Zahlungen ein volles, aus vier Pferden bestehendes Gespann, zum Pflügen oder für Fuhrdienste zu stellen. Der Dienst wurde pro Tag gerechnet und dauerte im Sommer von 6 Uhr bis 18 Uhr bei 2 Stunden Mittagspause und im Winter von 8 Uhr bis 14 Uhr ohne Pause [wikipedia].

[12] MITHOFF, Chronik der Stadt Rodenberg, S. 257f.

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