Kayser, Anthon [Tönnies]

Kayser, Anthon [Tönnies]; Bürger [? Rinteln-24.7. ? Rinteln] Anthon Kayser stammte aus Rinteln[1] und nahm nach seiner Leichenpredigt in verschiedenen militärischen Funktionen an diesem Großen Krieg teil, ohne jedoch einem finanziellen Nutzen aus seinen Tätigkeiten zu ziehen.

„Als Beispiel der verworrenen Schicksale der Menschen des großen Krieges möge hier der Lebenslauf eines Rinteler Bürgers aus der Kriegszeit, des in Rinteln geborenen und nach dem Kriege verstorbenen Anthon Kayser, wie er uns in dieser Leichenpredigt geschildert wird, folgen. Sie ist ohne Berücksichtigung der Orthographie des Originals niedergeschrieben.

Leichenpredigt

Was nun anlanget unseres in Gott ruhenden Mitbruders, des weiland ehrenfesten und mannhaften Anthon Kaysers christlichen Herkommen, sein Lauf und Wandel, so ist derselbe in dieser Stadt Rinteln von ehrlichen frommen Eltern geborenen. Sein Vater ist gewesen der weiland ehrbare und fromme Hans Kayser und seine Mutter die weiland ehrsame und tugentsame fromme Magdalene Bilderbecken. Weilen er aber nach dem allgemeinen Lauf der Natur aus sündlichem Samen gezeugt und geborenen, so haben sich doch seine christl. Eltern bekümmert, daß er durch das Wasserbad der heiligen Taufe von Sünden abgewaschen und in das Buch des Lebendes mücht eingeschrieben werden, welches alles dann vollenzogen und zu dessen steter Erinnerung ihm der Name Anthon gegeben worden.

Folgendes haben ihn seine lieben Eltern auferzogen in der Furcht des Herrn, zum Gebet und zur Schule gehalten, damit er hernachmals Gott und Menschen dienen möchte. Als er nun etwas erwachsen, ist er seinen lieben Eltern gehorsam an die Hand gegangen, wie es einem frommen Kinde geziemet und gebühret. Nachgehendes aber, weilen des Krieges Unruhe allhier überhand genommen und seine lieben Eltern auch daneben dies Orts beschweret worden, ist er deswegen verursachet worden, sich in die Fremde zu begeben und sich zu versuchen und hat sich also Anno 1629, den 2. Octobris, vor einen Musquetirer[2] zur Stadthagen[3] unter Ihro gräflichen Gnaden Graf von Gronsfelt[4] bestellen lassen und demselben in allen gebräuchlichen Krieges-Occasion 5 Jahre lang vor einen Soldat gedienet und von demselbigen Anno 1634 seinen ehrlichen Abschied bekommen. Folgendes im selbigen Jahre hat er sich wiederum in Herrendienst begeben und sich unter dem Obristenleutnant[5] Johan Andressohn[6] vor einen Hofmeister[7] bestellen lassen ein Jahr lang, und weilen solche Scharße (Charge) ihm weiter nicht gefallen, Anno 1635 seinen ehrlichen Abschied genommen und ist wiederum allhier in sein Vaterland gezogen, das Knochenhaueramt[8] gewonnen, weilen aber die Unruhe sehr angehalten, hat er sich weiter müssen Unterhalt geben lassen und hat sich 4 Monate lang unter Rittmeister[9] Moller vor einen Freireuter[10] aufgehalten.

Nach diesem Anno 1638 ist er unter Ihrer fürstlichen Gnaden Georg,[11] Herzog in Braunschweigs und Leunenburgs Leibregiment[12] unter dem Hauptmann[13] Leopolt Fischer[14] Furirer[15] worden, und solchen Platz hat er in die 2 Jahr fleißig verrichtet und darauf seinen Abschied genommen. Alsobald aber ist er unter Ihrer fürstlichen Gnaden Gelben Regiment[16] unter dem Obristen[17] Waldow[18] zu Einbeck[19] zu Fuß vor einen Fähnrich[20] angenommen und selbigen Platz hat er verwaltet mit sondrem Ruhm 2 Jahre und darauf seinen ehrlichen Paß und Abscheid genommen. Anno 1643 hat sich der selige Mensch begeben in das Land Mecklenburg, seine Freunde, unter anderen Herrn Superintendenten Henericum Bilderbecken zu besuchen, ist aber allda am Hofe bei Ihrer fürstlichen Gnaden Fräulein Anna Sophien,[21] geborenen Herzoginnen zu Mecklenburg, Fürstinnen zu Wenden, Gräfinnen zu Schwerin und dero Landen Rostock und Stargard vor ein Küchen-[22] und Kornschreiber[23] angenommen und hat sich mit soderem Ruhm solchen Dienst verwahret 2 Jahr.

Nachfolgendes hat er unter Ihrer fürstlichen Gnaden zu Hessen[24] Leutenant Bosen[25] Kommando 12 Monate vor ein Cornet[26] gedienet. Anno 1646 ist er Leutenant[27] geworden unter den französischen Völkern und (hat) unterscheidliche Monat selbst bestellen lassen 5 Jahr lang.

Als er nun manchem sauwern Winde unter die Augen gesehen und oftmals in Leibes- und Lebendsgefahr gewesen, da ihn der liebe Gott allmächtig genedig behütet, und nun solches Krieges und Lebendes satt und müde worden, hat er sich wollen zur Ruhe begeben, weswegen er sich nach Gottes genedigen Willen und Wohlgefallen Anno 1645, den 26. Octobris, in den Stand der heiligen Ehe begeben und sich verheiratet an die viel ehr- und tugentsame Jungfrau Margreten Kloppers, damals sich aufhaltend bei ihrem Vettern, Obristenwachtmeister[28] Schultzen, anitzo aber hochbetrübte Wittibe, mit welcher er sich anhero begeben in sein Vaterland und mit großer Mühe, Sorge und Beschwer, ja mit vielen unterschiedlichen Prozessen sein väterlich Erbschaft angetreten und bewohnet, welches in den verwichenen Kriegszeiten sehr veralieniret[29] und verschuldet. Hat sich auch höchsten Fleißes bei seinem Lebende darüber bekümmert mit seiner herzlichen Frauen, daß er solches den lieben Seinigen zum Besten müchte wiederum zusammenbringen, worüber er mennige Gedanken und viel Sorge und Mühe gehabt. Sonsten hat der liebe Gott den seligen Mann in dem heiligen Ehestande mit 5 Kinderlein begabet, deren 2 in Gott ruhen, drei aber, als 1 Mädchen und 2 Knaben, noch im Lebende, deren Vater der liebe Gott sein wolle.

Was anlangend sein Christum, so hat er sich darumme verhalten, wie es einem rechtschaffenen Christen geziemet und gebühret, hat sich gehalten zum Gehör göttlichen Wortes und zum Gebrauch der hochwürdigen Sacramente und zum öfteren seinen schwachen Glauben damit gestärket und seinen Nebenchristen damit ein gut Exempel der Nachfolge geben.

Was seinen äußerlichen Wandel anlangt, so hat er sich mit seinen Nachbaren friedlich und nachbarlich begegnet.

Es hat auch dem seligen Man an Kreuz und Elende nicht gemangelt, also daß er unterschiedlich Mal nicht allein verwundet, sondern auch Leibes Schwachheit empfunden und ausgestanden, welche dann Vorboten des Todes, und als ihn der liebe getreue Gott an vergangenen Ostern mit Leibes Schwachheit heimgesucht, hat er’s an Medicamenten nicht ermangeln lassen und deswegen gute Medicos consultiret und angesprochen, haben aber selbige nicht helfen mögen, und weilen sich von Tage zu Tage seine Krankheit vermehret und seine Leibeskraft abgenommen, daß er keine Speise mehr genießen können, hat er sich zu Gott beständig gehalten, ist geduldig gewesen, hat emsig zu Gott geseufzet, daß, es möglich, der Allerhöchste ihn doch möchte den lieben Seinigen noch eine Zeit lang zum Troste beim Lebende friste. Als er aber nun vernommen, daß es nicht anders sein konnte und nunmehr der Tag seiner Wallfahrt würde verlaufen sein, hat er sein Haus bestellet, auch seinen Willen Gottes Willen untergeben. Weswegen er sich dem lieben Gott versöhnet und verwichenen Sonntag mich als seinen ordentlichen Beichtvater zu sich fodern und sich mit dem hochwürdigen Abendmahl versorgen lassen, darauf seine Seele in Geduld gefasset, sich zufrieden geben und seine lieben Frauen selbst getröstet, daß sie sich seinthalben nicht allzu sehr bekümmern sollt, auch fleißig Gebete vorgeredet bis an sein Ende. Als aber der Tod ihm nahegetreten und sein Herze gerichtet, da ist er sanft und selig in Christo Jesu, seinem Erlöser, den 24. Juni, um elf Uhr morgens im 48. Jahr seines Alters entschlafen. Gott tröste die hochbetrübte Wittib in andere Wege und verleih dem Körper eine sanfte Ruhe und fröhliche Auferstehung zum ewigen Leben“.[30]

[1] Rinteln [LK Schaumburg]; HHSD II, S. 395f.

[2] Musketier: Fußsoldat, der die Muskete führte. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. MAHR, Monro, S. 15: „Der Musketier schoß mit der Luntenschloßmuskete, die wegen ihres Gewichtes [etwa 5 kg] auf eine Gewehrgabel gelegt werden mußte. Die Waffe wurde im Stehen geladen, indem man den Inhalt der am Bandelier hängenden hölzernen Pulverkapseln, der sog. Apostel, in den Lauf schüttete und dann das Geschoß mit dem Ladestock hineinstieß. Verschossen wurden Bleikugeln, sog. Rollkugeln, die einen geringeren Durchmesser als das Kaliber des Laufes hatten, damit man sie auch bei Verschmutzung des Laufes durch die Rückstände der Pulvergase noch einführen und mit Stoff oder Papier verdämmen konnte. Da die Treffgenauigkeit dieser Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Die Verbände waren dabei in sog. Treffen aufgestellt. Dies waren Linien zu drei Gliedern, wobei das zweite Treffen etwa 50 Schritt, das dritte 100 Schritt hinter der Bataille, d. h. der Schlachtlinie des ersten Treffens, zu stehen kamen, so daß sie diese bei Bedarf rasch verstärken konnten. Gefeuert wurde gliedweise mit zeitlichem Abstand, damit für die einzelnen Glieder Zeit zum Laden bestand. Ein gut geübter Musketier konnte in drei Minuten zwei Schuß abgeben. Die Bleigeschosse bis zu 2 cm Kaliber verformten sich beim Aufprall auf den Körper leicht, und es entstanden schwere Fleischwunden. In den Kämpfen leisteten Feldscherer erste Hilfe; doch insgesamt blieb die medizinische Versorgung der Verwundeten mangelhaft. Selbst Streifschüsse führten oft aufgrund der Infektion mit Tetanus zum Tode, erst recht dann schwere Verletzungen“. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet den einzigen bisher bekannten Fall (1634), dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe. SCHLOTTER; SCHNEIDER; UBBELOHDE, Acta, S. 194. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics;  EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.

[3] Stadthagen [LK Schaumburg]; HHSD II, S. 435f.

[4] Jost Maximilian Graf v. Gronsfeld [6.11.1596 Rimburg-24.9.1662 Gronsveld], ligistisch-bayerischer Obrist, kurbayerischer Feldmarschall. Vgl. WARLICH, Für Bayern, Habsburg und Reich.

[5] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann einer Kompanie, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[6] Johan Andressohn [ – ], schwedischer (?) Obristleutnant.

[7] Hofmeister: a) Der Hofmeister war der oberste der weltlichen Bedienten bei Hof. Er war zuständig für die fürstliche Tafel. Der Hofmeister wies an, stellte ein und entließ die ihm untergebenen Bedienten. b) Auch adlige Heerführer und Offiziere hielten sich in ihrem mobilen Hofstaat einen eigenen Hofmeister. Zum Teil führte Obristen ihre Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden; MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 504. Der mobile Hofstaat aller Offiziere und ihrer Ehegattinnen trieb die Einquartierungskosten zusätzlich in die Höhe. Dass gerade auch Offiziersfrauen z. T. ein großes Gefolge (50 Personen und 50 Pferde) mit sich führten, erwähnt HELML, Oberpfalz, S. 59. Das Amtsprotokoll (1626 VIII 29), SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg , S. 281, täuscht hinsichtlich der Gesamtzahl: „Die Gravin von Ahnolt hat 9 pferdt, darzu wirdt außm ambt Stromberg contribuirt. Obrist Gallas hat 15 pferdt. Der ist nit hier. Der haubtmann hat 10 pferd, capitanleutenant 7, drey fendriche 12, cap(itan) S(t). Eloi 4, drei veltwaibell 9, drey furier 3, aventurier 12, ingenieur 5“. Dies waren lediglich die in Wiedenbrück stehenden Pferde. Selbst Hauptleute einer Kompanie unterhielten schon zu Anfang des Krieges einen eigenen kleinen Hofstaat und hatten nicht selten achtzehn Personen und vierzehn Pferde mit sich. Der schottische Söldner Robert Monro, „der Schwarze Baron, der als Freiwilliger mitgekommen war, erhielt die Erlaubnis, für einen Grafen Tafel zu halten, der gewöhnlich mit mehr als sechzehn Personen zu Tisch erschien. Die Besucher des Grafen, seine Pferde und seine Diener wurden dabei ebenfalls standesgemäß versorgt“. MAHR, Monro, S. 27. Bei den ligistischen Cronberg’schen Reitern (363 Soldaten) wurden in Langenau (Schwaben) „600 pferde, 66 weiber, 78 mädel, 307 jungen, 94 kinder und grosse anzahl hunde“ festgestellt; ZILLHARDT, Zeytregister, S. 128. „Die Offiziere führten ein Leben in Luxus, tranken täglich ihren Wein und forderten neben Geld, Fleisch, Weißbrot, Hafer und Heu auch Delikatessen, so der Örter nicht zu bekommen. Sie brachten nicht nur ihr Gesinde mit, sondern luden auch noch Freunde und Verwandte ein. Die Bauern mußten mit Pferd und Wagen bereitstehen, wenn die hohen Herren Jagden veranstalteten, und bei Truppenverschiebungen hatten sie den Transport zu bewerkstelligen. Eine Untersuchungskommission, die auf ständige Klagen der fürstlichen Räte und auch des Kurfürsten eingesetzt worden war, stellte lediglich fest, daß entsprechende Berichte stark übertrieben seien, und Anholt konnte auf die fehlenden Soldzahlungen verweisen, ohne die die Soldaten sich weder Lebensmittel noch Waffen oder Kleidung kaufen könnten. Erst Ende Mai 1623 trafen neues Geld sowie Waffen und Rüstungen ein, und Anholt erließ eine neue Ordonnanz, nach der die Soldaten nur noch das gewöhnliche Servis fordern durften, d. h. Bett, Feuer, Salz, Zwiebeln und Essig, alles Weitere aber bezahlen sollten“. TESKE, Bürger, S. 68. Auch fand man bei den Kompanien fünfzig Weiber und dreißig Jungen, was die Unterhaltskosten in die Höhe trieb, und gerade in einem solch kleinen Wigbolden im mikroökonomischen Bereich den Ruin auf Jahre hinaus bedeutete. . Der Aufwand für Erzherzog Leopold Wilhelms eigene Bedürfnisse und seinen Hofstaat scheint ziemlich groß gewesen zu sein. HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 230: „Bei dem Durchzug durch Heilbronn am 10. Oktober [1645; BW] hatte das Heer Leopolds so viel Troß bei sich, daß ‚2 Tage lang eine Kutsche ein Wagen, ein Troß auf den anderen folgte, und das Gesindel so zahlreich war, wie man es noch bei keinem Heere gesehen hatte‘ „. Angeblich wurden 1646 täglich 600 Personen an 40 Tafeln bei Erzherzog Leopold Wilhelm unterhalten; MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 612. „Als Leopold am 15. September [1646; BW] in Ammerthal war, wurden täglich 20 Ochsen, 100 Schöpse, 6 Kälber, 4 Ztr. Schmalz und Butter, 6 Säcke Weizenmehl, 120 Stück altes und 80 Stück junges Geflügel, 20 Eimer Wein, 60 Eimer Bier, 3 Zentr. Fische sowie 3000 Pfd. Schwarz- und Weißbrot verlangt“. HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 240.

[8] Knochenhauer: die in Zünften oder Gilden organisierten Fleischer, die das Fleisch verarbeiteten und verkauften, wurden als „Knochenhauer“ bezeichnet. Die für das Schlachten zuständigen Handwerker wurden „Küter“ genannt, da sie als Lohn Eingeweide (mnd. „küt“) und Kopf der Tiere erhielten [nach wikipedia].

[9] Rittmeister (Capitaine de Cavallerie): Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte,  bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.

[10] Freireiter: a) Söldner ohne Soldvertrag und Kriegsherrn, der auf eigene Rechnung kämpfte (auch als => „aventurier“ bezeichnet; PETERS, Lars Wivallius) und von der jeweiligen Kriegspartei für seine gefährliche Arbeit z. B. als Kundschafter ad hoc entlohnt wurde. Darunter waren aber auch Adlige wie Herzog Ulrich von Württemberg-Neuenbürg [1617-1671], der 1644 im Regiment Johann von Werth als Rittmeister diente. Ein Avanturier musste nach damaliger Sitte so lange kämpfen, bis er Ruhm erlangte; SODEN, Gustav Adolph III, S. 495 Anm. 1. Zum Teil operierten sie in eigenen Korps und überfielen kleinere Städte; PEETZ, Christian, S. 286. 1634 veranlasste Bernhard von Weimar die Abschaffung; RÖSE, Bernhard II, S. 16. Vgl. (für den 2. Nordischen Krieg) die Memoiren eines solchen Freireiters; LAHRKAMP, Kriegsabenteuer.

b) Soldat, der sich unerlaubter Weise einen Streifkorps angeschlossen hatte.

c) „Freireuter“ waren zum einen Soldaten beweglicher Reiterverbände, die die Aufgabe hatten, über Stärke und Stellung des Gegners sowie über günstige Marschkorridore und Quartierräume aufzuklären. Diese Soldaten wurden außerdem zur Verfolgung fliehender, versprengter oder in Auflösung begriffener feindlicher Truppen eingesetzt. Diese Aufgabe verhinderte eine Überwachung und Disziplinierung dieser „Streifparteyen“ und wurde von diesen vielfach dazu genutzt, auf eigene Rechnung Krieg zu führen. Zum anderen handelte es sich bei „Freireutern“ um bewaffnete und berittene Bauern, die über Raubzüge Verwirrung hinter den feindlichen Linien schufen. Sie taten dies entweder mit Erlaubnis ihrer Kommandierenden, als integraler Bestandteil der kaiserlichen Kriegsführung, oder aber unerlaubter Weise – nicht ohne dabei z. T. drakonische Strafen zu riskieren. Diese „Freireuter“ stahlen und plünderten auf Bestellung der eigenen Kameraden sowie der Marketender, die ihrerseits einen Teil ihrer Einnahmen an die Obristen und Feldmarschälle abzuführen hatten. An Schlachten nahmen sie in der Regel nicht teil oder zogen sogar auch in der Schlacht ab.

[11] Georg Herzog v. Braunschweig-Lüneburg [17.2.1582 Celle-2.4.1641 Hildesheim], kaiserlicher Obrist, 1631 schwedischer General. Vgl. DECKEN, Herzog Georg.

[12] Leibregiment: Als Leibregiment wurde im 17.Jahrhundert im Heiligen Römischen Reich, in Dänemark und in Schweden diejenigen Regimenter bezeichnet, deren Inhaber der regierende Landesherr war. Ihm standen zudem die sich daraus im Rahmen der Regiments- bzw. Kompaniewirtschaft ergebenden Einnahmen zu. Ein Leibregiment hatte daher eine grundsätzlich andere Funktion als die Leibkompanie eines Obristen.

[13] Hauptmann: Der Hauptmann (schwed. Kapten) war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Ein halbes Jahr Militärdienst galt als ausreichend für die Übernahme einer Hauptmannsstelle. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.

[14] Leopold Fischer [ – ], braunschweig-lüneburgischer Hauptmann.

[15] Fourier: Der Fourier übte eine ähnliche Aufgabe wie der Quartiermeister aus, indem er vor allem die Verpflegung der Truppe und die Beschaffung von Viehfutter in den besetzten Gebieten sicherstellen sollte. Geschickte Fouriere konnten gerade in ausgezehrten Landstrichen wichtig für das Überleben der Einheiten werden.

[16] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

[17] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 504. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[18] Rüdiger [Rötcher] v. Waldow [Waldau, Woldau] [ – ], kaiserlicher, württembergischer, braunschweig-lüneburgischer Obrist.

[19] Einbeck [LK Northeim]; HHSD II, S. 128ff.

[20] Fähnrich: Rangunterster der Oberoffiziere der Infanterie und Dragoner, der selbst bereits einige Knechte zum Musterplatz mitbrachte. Dem Fähnrich war die Fahne der Kompanie anvertraut, die er erst im Tod aus den Händen geben durfte. Der Fähnrich hatte die Pflicht, beim Eintreffen von Generalspersonen die Fahne fliegen zu lassen. Ihm oblagen zudem die Inspektion der Kompanie (des Fähnleins) und die Betreuung der Kranken. Der Fähnrich konnte stellvertretend für Hauptmann und Leutnant als Kommandeur der Kompanie fungieren. Bei der Kavallerie wurde er Kornett genannt. Zum Teil begannen junge Adelige ihre militärische Karriere als Fähnrich. Vgl. BLAU, Die deutschen Landsknechte, S. 45f.

[21] Anna Sophie v. Mecklenburg-Schwerin [19.9.1591-11.2.1648 Rhena].

[22] Küchenschreiber: Er führte die Rechnungen über das zum Zweck der Küche ausgegebene Geld. Benötigte Gelder empfing er vom Hofmarschall, vom Küchenmeister, vom Hofrentmeister oder dem Hofzahlmeister. Er wandte die Gelder entweder selbst zum Kauf von Viktualien auf und lieferte diese dem Hofspeisemeister oder erhielt die darüber geführten Rechnungen, wenn dieser Lebensmittel von den Hoflieferanten bekommen hatte. Die Buchführung des Küchenschreibers diente dem Hofmarschall zur Übersicht über die Aufwendungen für die Verköstigung des Hofes. Bei kleinen Hofhaltungen vertrat der Küchenschreiber die Stelle des Küchenmeisters [wikipedia].

[23] Kornschreiber: Bediensteter in einem Kornamt, auch in der Verwaltung landesherrlicher Naturalgefälle, der die Kornrechnung führt [DRW.

[24] Amalia Elisabeth Landgräfin v. Hessen-Kassel [29.1.1602 Hanau-3.8.1651 Kassel]. Vgl. BUCKREUS, Die Körper einer Regentin; PUPPEL, Amelie Elisabeth; BECHERT, Die Außenpolitik; PETRI, Das Militärwesen von Hessen-Kassel.

[25] N Bose [ -25.9.1647], hessen-kasselischer Obristleutnant.

[26] Kornett: Der Kornett führte die kleinste Einheit der Reiterei mit eigenen Feldzeichen, diese entsprach der Kompanie; 1 berittene Kompanie hatte in der kursächsischen Armee ca. 125 Pferde, 1 schwedische Reiterkompanie umfasste in der Regel 80 Mann. Der Kornett erhielt ca. 50 fl. Monatssold. => Fähnrich; Fahne.

[27] Leutnant: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-60 fl.

[28] Obristwachtmeister: Der Obristwachtmeister mit einem monatlichen Sold von 50 fl. entsprach vom Rang her dem Major in der schwedischen Armee. Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte er für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht. Daneben war er zum Teil auch Rittmeister, um seinen Sold aufzubessern.

[29] veralieniren: veräußern.

[30] STÜNKEL, Rinteln, S. 105ff. Anm. *: „Anthon Kayser, auch Tönnies Kayser genannt, hat erst im Jahre 1650 das Bürgerrecht und das Braurecht der Stadt Rinteln erworben. Viel Geld scheint er aus seinen Kriegsdiensten nicht mitgebracht zu haben, denn er bezahlt das Bürgergeld in drei Raten. – Mit seinen Mitbürgern hat er mehrfach Streit und wird einmal 3 Tage unter die Treppe gesetzt. Einmal geht er mit einem Spieße auf den Ratsdiener los, um ihn zu erstechen. Vor einer schweren Strafe schützt ihn die Rücksicht auf eine Kopfverletzung, die er aus dem Kriege mit gebracht hat“.

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