Gültlingen, Jakob Bernhard Ritter von

Gültlingen, Jakob Bernhard Ritter von; Generalproviantmeister, Obrist [ – 1645]

Der Benediktinerabt von St. Georgen im Schwarzwald,[1] Georg Gaisser [1595-1655],[2] notiert unter dem 9.4.1627: „Mittagessen in Hornberg.[3] Dort war N. Edler von Gültlingen, der im Namen des Fürsten von Württemberg[4] Waffenmusterung der Untertanen vornahm“.[5] 1632 wird er von Gaisser wieder erwähnt: „13.[10.1632; BW] Der Bursche des Boldt meldet den Abzug des württembergischen Militärs von der Stadt Rottweil[6] selbst und das bevorstehende Einrücken in unser Gebiet.[7] 14.[10.1632] Um 7 Uhr erscheint ein Metzger auf schnellem Ritt vor der Stadt [Villingen;[8] BW] und verlangt im Namen des Kommandanten, daß 7 Männer vom Magistrat mit Aufträgen zu ihnen in das Lager kämen; (sie bieten an,) daß unterdessen ebensoviele württembergische Geiseln in die Stadt (Villingen) sich begeben sollten, damit man so über die Bedingungen einer friedlichen Vereinbarung verhandeln könne. Man erwiderte, der Kommandant könne in Sicherheit an einen Ort vor der Stadt vor jedem Tode Leute schicken, die über diese Bedingungen verhandeln könnten. Nach Abgang des Boten erscheinen kurz darauf 7 württembergische Reiter auf prächtigen Pferden beim sogenannten Oberen Stadttore, zu denen zwecks einer Unterredung die beiden Bürgermeister, die Schultheißen[9][10] und der Stadtschreiber sich hinaus begeben.

Die vorgeschlagenen Bedingungen wurden den die Verteidigung der Stadt mit Waffengewalt stürmisch verlangenden Bürgern, auf daß kein größerer Tumult entstehe, erst spät bekannt gegeben; ihre hauptsächliche aber war: die Stadt und ihre Bewohner sollten unter Wahrung der Freiheit der katholischen Religion und Beibehaltung ihrer Rechte sich dem Schutze und der Verteidigung des Herzogs[11] unterwerfen; er dürfe das Brigachtal und die Dörfer der Stadt für die Unterbringung des Militärs bestimmen und solle die Verpflegung (commeatum) stellen. Nach langer Verhandlung dieser Punkte schieden endlich die württembergischen Unterhändler, unter denen der führende (praecipuus) aus der adeligen Familien von Gütlingen war, und nicht lange nach ihrem Abgang erschienen etliche Reiterabteilungen auf dem steilen Gelände, auf dem man auf stark ansteigenden Anstiege das Dorf Schwenningen[12] erreicht, im Gesichtskreis der Stadt, und ihnen folgten andere und immer wieder andere, bis zuletzt das gesamte Heer, zur Schlachtaufstellung entwickelt, sich in langer Linie den Augen der von der Mauer hinüberschauenden Städter darbot. Mochte dieses nun zur Einschüchterung oder aber zu (leerer) Demonstration ihrer Kräfte in Szene gesetzt worden sein, es hat die Soldaten (der Stadt) stark erbittert, so dass sie nur mit Mühe zurückgehalten werden konnten, sie mit jeder Art Geschütz von der Stadt aus anzugreifen. Sie hielten sich aber zurück und verlangten durch Absendung eines Trommlers[13] an sie, der Abmachung gemäß das Gelände vor der Stadt zu räumen. Nachdem dieser mit verbundenen Augen durch zwei Soldaten vor den Hauptmann geführt worden war, bringt er seine Aufträge vor, nach deren Anhörung er sagte: ‚Ich mache mich davon, damit die Versprechungen durchgeführt werden’. Dann setzten sich nach Entfaltung der Fahnen, die mannigfache Farben aufwiesen, allmählich in Marsch die Reiterabteilungen, dann auch die zu Fuß, wobei allenthalben Gewehrschüsse krachten, durch die auch die Dächer und Häuser der Stadt mehrmals nacheinander bedroht wurden. Während die Bürger in (leere) Wut geraten, dass auch ihnen nicht dasselbe Vorgehen erlaubt sei, ziehen die Württemberger unter strafloser Verhöhnung vorüber, ergießen sich in das Brigachtal und durchziehen plündernd[14] die Umgebung. An diesem selben Abend besetzte das Hornberger Aufgebot das Dorf Mönchweiler[15] und raubte den Fockenhauser[16] Beamten alles Vieh. […] Die Städter liegen tatkräftig der Errichtung von zwei Bollwerken (Bastionen) ob, das eine zwischen den zwei Frauenklöstern von S. Clara und der Vettern-Congregation (Congregationis Veterinae), das andere in der Nähe meines Hofes. Tief in der Nacht kommt hierher ein Bote mit einem Schreiben an den Grafen von Sulz[17] und den Abt von St. Blasien mit der Bitte, sie weiter zu befördern, er selbst begibt sich an seinen Abgangsort zurück. Vor Dammerung erschienen wieder vor dem untern Tore Herr von Gültlingen mit der Bitte um Proviant für den folgenden Tag und um Fuhrwerke und Pferde, durch die die abziehenden Soldaten unterstützt und befördert werden sollten. Man stimmte auf beiden Seiten zu, und es wurden sogar Sicherheitsscheine für den Warenburger Hof bewilligt“.[18]

Der spätere kaiserliche Generalproviantmeister[19] und Obrist[20] Jakob Bernhard von Gültlingen[21] zu Deufringen[22]  war von 1632 bis 1634 einer der führenden württembergischen Offiziere gewesen und kommandierte während dieser Zeit die Landreiterei. Daneben war er von 1618 bis 1634 Obervogt[23] von Wildberg[24] und Generaladjutant[25] von Herzog Eberhard III. Offensichtlich genoss er das Vertrauen des Herzogs und der Landschaft, da er trotz vielfacher Kritik seine Posten behielt, denn gerade die Landreiterei entpuppte sich als unzuverlässig und wenig kampftüchtig. Bei den Belagerungen von Villingen desertierten[26] die einfachen Reiter reihenweise, während die Offiziere Urlaub nahmen. Die jeweiligen Belagerungskommandanten beklagten sich regelmäßig beim Herzog, dass die Kompanien[27] keine 10 Mann stark wären und die Reiter dem Feind überhaupt nicht gewachsen wären. In der weiteren Umgebung hingegen waren sie wegen Plünderungen[28] berühmt-berüchtigt. Bis 1634 war Gültlingen vor allem im Raum Bodensee, Baar und Schwarzwald tätig. Größtenteils wurde die Landreiterei bei den Belagerungen Villingens eingesetzt, aber auch bei dem Winterfeldzug Horns Anfang 1634 in Oberschwaben.[29]

Unter dem 28.4.1634 hält Gaisser fest: „Bisher wurde das Simonswald von unsern Reitern unter der Führung Binders (besetzt) gehalten. Aber aus dem Breisgau[30] führen Joh. Werner Nothaft von Hohenberg, aus dem oberen Teile aber Jakob Bernhard von Gültlingen gegen dieselben eine Streitmacht heran. Deshalb entweichen jene fluchtartig und lassen die Siedler (coloni) unter dem Messer (der Feinde); etwa 30 schlagen sich mit dem genannten Führer und dem Sekretär Ruoffeysen hierher durch“.[31] Gaisser notiert weiter unter dem 9.5.1634: „Unsere Reiter sammeln sich in sehr starker Zahl auf der meinem Hause benachbarten Wiese außerhalb der Stadt und teilen sich in drei Geschwader ein. Das erste rückt mit einer ziemlich starken Rotte Fußsoldaten in die Wäldertäler des Klosters ab zum Wegfangen der Herden, die aus den benachbarten Orten der Sicherheit halber zum Weiden in Verstecken in das Gebiet des Klosters getrieben waren. Diesen sollten die beiden andern bald folgen, aber da durch einen gewissen Schneider Antonius gemeldet wurde, daß eine Abteilung Schweden[32] aus dem nördlichen Walde, wo es nach Obereschach[33] geht, einer städtischen Viehherde auflaure, biegen die Unsern nach rechts ab und teilen sich in zwei Gruppen. Die erste führt Konrad Digasser, der, als er in Sicht des Feindes kam, diesen durch verstellte Flucht zum Verfolgen verlockte. Aber Tanner und Binder erschienen verfrüht, Digasser kehrte dann ebenfalls in den Kampf zurück, streckte einen von den Gegnern, der stark andrängte, nieder und stürmte mit solcher Gewalt auf die andern ein, dass diese in regellose Flucht gejagt werden. Gefangen wurden von den Feinden etwa 20, darunter ein aus Ulm[34] gebürtiger Fähnrich,[35] niedergemacht 28, unter ihnen Christoph Huber, ein ausgezeichneter Baumeister von Befestigungswerken, bei dem Karten (Verzeichnisse ? tabulae[36]) gefunden wurden, in denen dieser ganze Bezirk beschrieben war. Jakob Bernhard von Gültlingen gelangte, nachdem er zur Erleichterung der Flucht den Mantel abgeworfen hatte, mit etwa 15 Reitern nach Rottweil,[37] stärkte sich an einer Stelle bei der Stadt in der Gegend des St. Georgener Hofes durch ein militärisches Frühstück und schickte einen Boten hierher, der den Austausch der Gefangenen anbieten sollte. Eine prächtige Beute, besonders von Militärpferden, kam in die Stadt“.[38] Unter dem 21.5.1634 hält Gaisser fest: „Von Gültinger(n ?) kam ein Trompeter in die Stadt, um über den Austausch der Gefangenen zu verhandeln, der, weil betrunken, wieder fortgeschickt wurde. […] Endlich erfolgte der Austausch der Gefangenen. J. J. Zeiler wurde nach einer dreizehnwöchigen Gefangenschaft befreit. Während unsere Gefangenen mit Leichtigkeit zurückgekauft wurden, wollte Claus mit außerordentlicher Treulosigkeit bei den Feinden verbleiben, die er auch veranlaßte, einigen Wagen aufzulauern, die wie man glaubte, von Schaffhausen[39] Wein in die Stadt beiführen wollten. Aber vergeblich.“[40]

Nach dem Abbruch der Wasserbelagerung von Villingen im September 1634 war es Gültlingens Aufgabe, die Artillerie von Tübingen[41] abzuholen und bei Straßburg zum Rheingrafen[42] zu stoßen. Während dies der württembergischen Infanterie unter Holtz[43]  gelang, wurde Gültlingen bei Neuenbürg[44] von den Reitern Werths[45] eingeholt und verlor die gesamte Artillerie. Und das war vor allem die Schuld Gültlingens, da er, obwohl von verschiedener Seite wiederholt gewarnt, nicht von Calw[46] aufgebrochen war. Dieser Fehlschlag beendete seine Karriere in Württemberg. Nach einer Untersuchung wurde er entlassen.[47]

„Der herzogliche Generaladjutant und Obristlieutnant[48] Jakob Bernhard von Gültlingen sollte die Tübinger Artillerie (5 Geschütze) und einige Wagen mit Kostbarkeiten mit einem Regiment (300 Mann) Reiterei nach Ettlingen[49] geleiten. Obwohl er vor dem nahenden Feinde gewarnt war, blieb er über einen Tag in Calw liegen. Kaum hatte er die Stadt verlassen, als der kurbayrische Feldmarschall[50] Jan de Werth[51] mit 4000 Reitern vor derselben eintraf und die Tore erbrach. Während er einem Teil seiner Truppen die Stadt zur Plünderung preisgab, setzte er mit dem Reste dem Gültlinger nach. Bei Langenbrand[52] soll er ihn ereilt und samt seinem Regiment gefangen genommen haben. Sämtliches Geschütz fiel in seine Hand. Viele Gegenstände von hohem Wert und eine große Summe Bargeldes, das dem mitziehenden flüchtigen Adel gehörte, wurden erbeutet“.[53]

Gültlingen arrangierte sich recht schnell mit den Kaiserlichen, die nun das Land besetzt hatten. Er huldigte beim kaiserlichen Statthalter in Tübingen[54] und schien dann auch in kaiserliche Dienste getreten zu sein. 1640 tauchte er dann als Generalproviantmeister, Obristleutnant, Obrist und  kaiserlicher Kommandant der Festung Schorndorf[55] im Remstal auf. Die Familie existiert bis heute, sie residiert in der Burg Berneck bei Nagold.[56]

Der schwarzburg-sondershausische Hofrat Happe[57] erwähnt ihn in seiner „Thüringischen Chronik“: „Den 13. [23.11.1641; BW] ist der Obriste und Generalproviantmeister Lieutenant Jacob Bernhardt von Gültlingen anhero kommen mit dem Obristen Müller, einem Freyherrn, einem Hauptmann[58], einem Ingenieur und einem Wachtmeister“.[59]

Am 16.3.1643 wurde er durch Ferdinand III.[60] zum Generalproviantmeister für Böhmen und Mähren eingesetzt.[61]

Gültlingen übersandte Gallas[62] am 16.4.1643 aus Königgrätz[63] einen für den Kaiser bestimmten Bericht über seine Inspektion der Armee-Getreidevorräte in Prag und den böhmischen Kreisen, über den Bedarf an Fuhren (Pferden und Wagen) zur Beförderung der Vorräte sowie über deren Zustand, schließlich über den Bedarf an Geldmitteln und deren Stand.[64]

Der Kaiser gab am 20.5. Gallas seine Beschlüsse bekannt: Er nehme zur Kenntnis, dass der Gegner bei Turnau[65] und Münchengrätz[66] stände und sich ruhig verhalte, dass Königsmarck bei Eger[67] stand und mit Verlusten zurückgedrängt werden konnte. Er sei damit einverstanden, dass Kapoun mit den ihm zugeteilten vier Regimentern und weiteren Kompanien Königsmarck nachsetze. Diesem dürfe nicht gestattet werden, weiter ins Land vorzurücken. Maximilian I.[68] habe gemeldet, dass Königsmarck wahrscheinlich gegen die Obere Pfalz ziehen werde; deshalb müssten gewisse Abteilungen vom Rhein zurückgenommen werden. Der Rhein dürfe freilich auch nicht ohne Verteidigung bleiben. Der Schwerpunkt des Schwedenkriegs liege aber jetzt in Böhmen und dieses müsse vor allem verteidigt werden. Gallas werde sicher Brandeis,[69] Melník[70] und Leitmeritz[71] besetzen und verteidigen. Hinsichtlich der Lage in Schlesien stimme er den von Gallas erteilten Dispositionen zu. Es folgten Bemerkungen zu den von Obrist Farkas in Schlesien vorgenommen Werbungen. Die aus Mähren und Oberösterreich eingehenden Beschwerden über die Gewalttaten und die Einfälle der kaiserlichen Armee müssten untersucht und die Schuldigen streng bestraft werden. Ferner unterrichtete er ihn ausführlich über den Stand der Ausrüstung und Verproviantierung der einzelnen Regimenter. Den Bericht des Generalproviantmeisters von Gültlingen über die Proviantlieferung nehme er zur Kenntnis und hoffe, die Versorgungslage werde sich bessern; den Mangel an Fuhrwerken wolle er, F., auch beheben.[72]

[1] St. Georgen im Schwarzwald [LK Schwarzwald-Baar-Kreis].

[2] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 93f. Vgl. auch SCHULZ, Strafgericht.

[3] Hornberg [Ortenaukr.]; HHSD VI, S. 364f.

[4] Ludwig Friedrich v. Württemberg-Mömpelgard [29.1.1586 Mömpelgard – 26.1.1631 Mömpelgard].

[5] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 54.

[6] Rottweil [LK Rottweil]; HHSD VI, S. 676ff.

[7] Vgl. auch SCHLEICHER, Beitrag, S. 21f.

[8] Villingen im Schwarzwald [Villingen-Schwenningen, Schwarzwald-Baar-Kr.]; HHSD VI, S. 834ff.

[9] Schultheiß: 1. Vom Landesherrn eingesetzte Ortsobrigkeit mit vorwiegend richterlicher Gewalt, seit dem 9. Jahrhundert auch als militärischer Titel und Dienstgrad. Der Schultheiß war Vorsitzender des Gerichts und als solcher öffentlicher Ankläger, insbes. bei Friedensbruch und Verletzungen des Eigentumsrechts. Die Kandidaten für das Amt des Schultheißen mussten einen unbescholtenen Lebenswandel und Grundbesitz nachweisen. Widrigenfalls konnten sie von den Gerichtsschöffen abgelehnt werden.

2. militärischer Dienstgrad: Vorsitzender des sogenannten Schultheißengerichts.

[10] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 285f.

[11] Julius Friedrich von Württemberg-Weiltingen [3.6.1588 Mömpelgard – 25.4.1635 Strasbourg].

[12] Schwenningen [LK Sigmaringen].

[13] Trommelschläger: Trommler (Tambour) wurden bei der schwedischen Armee auch als Boten eingesetzt, deren Aufgabe darin bestand, im feindlichen Lager als Kundschafter zu fungieren.

[14] Plünderung: Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Die schwedische Garnison in Augsburg hatte die lutherischen Bürger aufgefordert, „Gott mit uns“ auf die Türen zu schreiben, um sich vor Plünderungen zu schützen; ROECK, Als wollt die Welt schier brechen, S. 248. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kan nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, D. Konrad Dieterich, S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, daß wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, daß wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt‘ „. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die aber von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. von Anhalt-Köthen: Von Gottes gnaden (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 101f. Allerdings waren selbst schwedische Feldprediger unter den Plünderern zu finden; MITTAG, Chronik, S. 373. Der in altstädtischen Diensten stehende Magdeburger Daniel Friese und sein Sohn Friedrich über ihre vergeblichen Täuschungsmanöver; NEUBAUER, Magdeburgs Zerstörung 1631, S. 29-31: „Als nun die zwei Musketiere weg waren, nahm der Vater selig eine Axt und schlug den Ofen, Tür und Fenster selbst ein, riss auch das Stroh aus den Betten und streute es im Haus herum, warf auch die alten Inletts und Betten des Gesindes ins Haus, ebenso die Töpfe aus der Küche und ließ das Haus angelweit offen. Es sah aus, als denn die Furien hätten darin getobt, und war eine ziemliche Hilfe, so dass anfangs keiner ins Haus kam, da man allzeit annahm, das Nest wäre schon zerstört. Ferner ließ der Vater selig einen guten Schinken, Knackwürste, geräuchertes Fleisch und was wir an Essen hatten, auf einen Tisch in der Ecke des Hauses, doch so, dass man ihn zur Haustür herein nicht sehen konnte, setzen nebst ein paar Schleifkannen Bier, denn er dachte, wenn ja die Soldaten ins Haus kommen, so würden sie doch, wenn sie das Frühstück sähen, sich daran ein wenig aufhalten und wir uns besser verbergen könnten. Nichts desto weniger kamen Soldaten zu uns hinein, denn sie hatten im Vorüberlaufen die Mutter gesehen. Sie erwischten uns also alle in der Stube, fielen Vater und Mutter an und begehrten Geld“. […] Der Vater sorgte sich, „die Nachbarn möchten aus großer Angst die Soldaten zu uns herüberweisen. Denn sie schrien und tobten in dem Hause wie die bösen Geister und riefen ohne Aufhören nach Beute und Geld. Das hörten wir armen Leute in unserer Kohlenkammer und saßen still wie die Mäuse. Der Vater aber ging nach einer Weile wieder in das Haus und wollte sehen, wie es etwa bewendet wäre. Bald sahen ihn die Soldaten, schrien und liefen auf ihn zu. Die Mutter hörte das Geschrei und lief auch hervor und wir Kinder alle hinterdrein. Der Soldaten waren ungefähr sieben, alle mit brennenden Lunten, und redeten in fremder Sprache, so dass kein Mensch wusste, was sie sagten, nur dass sie stets in die Hände wiesen, wie man Geld zahlt. Da half nun kein Entschuldigen, der Vater mochte sagen, was er wollte, dass nämlich die Soldaten alles genommen hätten. Sie verstanden es nicht, sondern schossen zweimal im Hause nach ihm, Gott aber verhütete es, dass sie dem Vater Schaden taten, sondern in die Wand hinein […] Endlich redete der Vater auf lateinisch mit dem Offizier, dass ihm die Soldaten alles genommen und er also ihnen nichts geben könnte als Kleider, Leinwand, Zinn und dergleichen. Da wurden die wahnsinnigen Furien etwas beruhigt, der Offizier aber begehrte Geld, wo das wäre; dann wollte er die Soldaten alsbald wegführen“. Vielfach wurden die Plünderungen auch aus nackter Existenznot verübt, da die Versorgung der Soldaten schon vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. Bei der Plünderung Magdeburgs hatten die Söldner 10 % des Nominalwertes auf Schmuck u. Silbergeschirr erhalten; KOHL, Die Belagerung, Eroberung und Zerstörung, S. 82. Profitiert hatten nur die Regimentskommandeure bzw. die Stabsmarketender. WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 222: „Wie demoralisierend der Krieg auch auf die Landeskinder wirkte, ergibt sich aus einem fürstlichen Erlaß mit Datum Dessau, 6. März 1637, in dem es heißt: ‚Nachdem die Erfahrung ergeben hat, daß viele eigennützige Leute den Soldaten Pferde, Vieh, Kupfer und anderes Hausgerät für ein Spottgeld abkaufen, dadurch die Soldaten ohne Not ins Land ziehen und zur Verübung weiterer Plünderungen und Brandstiftungen auf den Dörfern, zum mindesten aber zur Schädigung der Felder Anlaß geben; sie auch oft zu ihrem eigenen Schaden die erkauften Sachen wieder hergeben müssen und dadurch das ganze Land dem Verderben ausgesetzt wird, befehlen wir (die Fürsten) hierdurch allen unseren Beamten und obrigkeitlichen Stellen, daß sie allen Einwohnern und Untertanen alles Ernstes auferlegen, Pferde, Vieh und sonstige Dinge von den Soldaten nicht zu kaufen“ ’. Der Hofer Chronist Rüthner weiß zu berichten, dass Borri fünf seiner Soldaten eigenhändig erstochen habe, die beim Plündern gefasst wurden; KLUGE, Hofer Chronik, S. 192: „Den 8. juni ist Zwickau mit accord übergegangen und aufgegeben worden, jedoch in auszug der schwedischen darinnen gelegene soldaten der accord nicht allerdings gehalten und fast meistentheils spoliret worden, unangesehen der kayßerliche general Borey 5 seiner eigenen leute über den raub erstochen“.

[15] Mönchweiler [LK Schwarzwald-Baar-Kreis].

[16] Fockenhausen => Vockenhaus bei Villingen.

[17] Karl Ludwig Ernst v. Sulz, Landgraf im Klettgau [13.9.1595 Vaduz – 16.4.1648 Amberg]

[18] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 285ff.

[19] Generalproviantmeister: höherer Offizier im Generalstab. Er ordnete das Proviantwesen des Heeres.

[20] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S.388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide.  II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[21] Gültlingen, heute Ortsteil von Wildberg [LK Calw].

[22] Deufringen, heute Ortsteil von Aidlingen [LK Böblingen].

[23] Landvogt: zur Verwaltung gefährdeten Reichsgut eingesetzter landesherrlicher Beamter für die gesamte Verwaltung einschließlich Finanzen und Militärwesen der Landvogtei. Er besaß die hohe Gerichtsbarkeit, zumeist vergleichbar mit der Stellung eines Oberamtmanns.

[24] Wildberg [LK Calw].

[25] Generaladjutant: Der Generaladjutant war ein dem Stab des Regiments bzw. dem Generalquartiermeister oder dem Feldmarschall zugeordneter Adjutant und für die mündliche Befehlsübermittlung zuständig.

[26] Desertion: Auf die unerlaubte Entfernung vom Regiment stand in den Kriegsartikeln die Todesstrafe, die nur nicht verhängt wurde, wenn Bedarf an Soldaten herrschte. JÜRGENS, Chronik, S. 514 (für Hannover): „Den 11. Aprilis [1633; BW] ist ein Königsmarkischer Soldate, so entlaufen, und hie unter Caspar von Lühden Stadt-Companien angetroffen, vor Linden bey dem Galgen stigmatisiret und das rechte Ohr abgeschnitten durch unsern Nachrichter Meister David“. Vgl. WINTER, Möser, S. 19f.: „Den 21. März [1628] läßt Hauptmann Föckler einen Reiter, so bei dem Merodischen Regiment, und einen Soldaten, so unter Hauptmann Kestgens, und einen, so unter seiner Compagnie ausgerissen, henken an die Justiz auf dem Markte. Den 2. April aber hat er einem Corporal zu Roß den Kopf, auch der Ursache halben abschlagen lassen“. JORDAN, Mühlhausen, S. 90f., für 1637: „Den 31. März [10.4.; BW] ist der Oberst Spork mit seinen Völkern allhier vor die Stadt gekommen, hat Quartier begehret und daneben angedeutet, wie ihm Nordhausen auch assignirt worden; des andern Tages ist er wieder von hier nach Nordhausen gezogen. Den 4. [14.; BW] April ist er wieder mit etlichen Völkern zurückgekommen und hat sich mit denselben hier einquartiret und seinen Werbeplatz hier gehabt, hat auch viel Volk geworben, wie denn die Eichsfelder und andere benachbarte häufig zuliefen und Dienst nahmen, nur daß sie ins Quartier kamen und die Leute aufzehren konnte. Viele trieb auch der Hunger. Als es aber ans Marchiren gehen sollte, so wurde aus dem Marchiren ein Desertieren“. Teilweise ließ man Deserteure um ihr Leben würfeln; DOLZ, Versuch, S. 298; JÜRGENS, Chronik, S. 525. Zur Desertion trug auch die Praxis bei, untergesteckte Söldner „zue disem sturmb, wie andere mehr, wider wüllen […] vornen an die spüz“ als Kugelfang zu stellen, wie ein kaiserlicher Soldat, der bei der Belagerung Überlingens 1634 verletzt wurde, nach Mitteilung Bürsters über seine Dienste nach der zwangsweisen Untersteckung unter die schwedische Armee berichtete; WEECH, Bürster, S. 67. Vgl. KAISER, Ausreißer; KAISER, Lebenswelt der Söldner. Das bayerische Memorial vom 16.4.1643 [Bayerisches Hauptstaatsarchiv Kurbayern Äußeres Archiv 2763, fol. 23, Punkt 9] bestimmte, dass, wenn ein Neugeworbener ausreiße, sofort nachzuforschen sei, welche besonderen Kennzeichen er habe; diese seien alsbald zu notieren. Wenn trotzdem einer nicht mehr aufgefunden werde, so solle sein Namen an den Galgen geschlagen, und wenn er Handwerker sei, ein solches den Zünften alsbald zu notifizieren sei, damit dergleichen meineidige Gesellen über kurz oder lang von Handwerks wegen aufgeschrieben und zur Strafe gezogen werden könnten. Dies sei den Neugeworbenen, insbesondere den Handwerksgesellen, schon bei der Neuwerbung und Eidesleistung zu eröffnen. DAMBOER, Söldnerkapitalismus, S. 264f. William Crowne [1617 – 1682], Lordsekretär, Offizier, Mitglied des Parlaments und 1636 Reisebegleiter des Thomas Lord Howard, Earl of Arundel and Surrey, berichtet über die Kämpfe Gustav II. Adolfs an der Alten Veste bei Zirndorf: „Der König von Schweden hatte hier drei seiner Soldaten für den Mord an zweien seiner Kommandanten und das Überlaufen zum Feind pfählen [im Original „set upon poles alive“] lassen. Nachdem die Schlacht ausgefochten war, hatte man die Soldaten gefangen genommen und hingerichtet“. RITTER; KEIL (Hgg.), William Crowne, S. 36. Am 28.4.1628 „gab ein Deserteur vor seiner Hinrichtung als Grund für seine Fahnenflucht Überdruß an dem gottlosen Leben der Soldaten an“. WIEGANDT, Wismar, S. 23f. Der Benediktinerabt von St. Georgen im Schwarzwald, Georg Gaisser [1595-1655] berichtet  unter 1634; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 569: „Einer von unsern Besatzungstruppen verleitete nach gefaßtem Fluchtplan einen andern zur Teilnahme an dem Verbrechen. Dieser verspricht sich zu beteiligen, eröffnet aber die Sache einigen, während er selbst den morgens Fluchtbereiten, als ob er selbst dazu bereit wäre, begleitet. Die Eingeweihten aber erheben sich aus den Verstecken, andere aber reißen Pferde von der Weide an sich, nehmen die Verfolgung auf, und nachdem sie dem des Fluchtverbrechens Schuldigen vergeblich mit den Schwertern zu Leibe gerückt waren (solche Hiebfestigkeit hatten (ihm) die Zaubermittel verliehen, erschlagen sie ihn mit Prügeln. Dies erschien einigen grausam, weil seine bei demselben Fluchtplan ertappte Frau nach dem Frühstück, von den Soldaten einige Male angeschossen, sterben musste. Milder verfuhr man mit den Töchtern, die man in die Verbannung trieb“.

[27] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.

[28] Plünderung: I. Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kann nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, D. Konrad Dieterich,  S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, dass wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, dass wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt’ “. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. von Anhalt-Köthen: „Von Gottes gnaden“ (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 101f. Vielfach wurden die Plünderungen auch aus Not verübt, da die Versorgung der Soldaten bereits vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. II. zum Teil aber auch bei Ausschreitungen der Bevölkerung, die sich an den Gütern der Flüchtlinge bereicherte, so z. B. 1629 in Havelberg: „Im Tempel war viel Gut in Kasten und Kisten, wovon die rechtmäßigen Besitzer das Wenigste wiederbekamen. Das meiste wurde den königlichen [Dänen], die während des Brandes darüber hergefallen waren, die Kirche zu plündern, und später den kaiserlichen Soldaten zuteil. Auch einigen Einwohnern und Benachtbarten, die keine Rechte daran hatten. Summa: Ihrer viele wurden arm; etliche mit unrechtem Gut reich“. VELTEN, Kirchliche Aufzeichnungen, S. 76-79, bzw. BRAUN, Marktredwitz, S. 84f., über die auch anderweitig übliche Plünderungsökonomie: „Hingegen ihre Herbergsleute, die sich vor diesem als Tagelöhner bei ihnen erhalten, die haben sich jetzt sehr wohl befunden; denn diese hatten keine Güter, daher gaben sie auch keine Kontribution. Und ein solcher Gesell hat allezeit so viel gestohlen, daß er sich [hat] erhalten können. Wie er ein paar Taler zusammengebracht, hat er gesehen, daß er von den Soldaten eine Kuh [hat] erkaufen können. Oder aber, er hat den Soldaten etwas verraten, do er dann von ihnen eine geschenkt und umsonst bekommen. Do [hat] er dann solche an einen anderen Ort getrieben und soviel daraus erlöst, daß er hernach 3 oder 4 von den Soldaten hat (er)kaufen können. Denn es ward so ein Handel daraus, daß man auch aller christlichen Liebe vergaß; vielweniger fragte man auch mehr nach Ehrbarkeit und Redlichkeit. Wie es dann auch soweit gekommen [ist], daß die Soldaten in einem Dorf das Vieh genommen und hinweg getrieben, und die Bauern als ihre Nach(t)barn in dem nächsten Dorf haben solches Vieh von den Soldaten erkauft und alsbald bei Nacht weiter getrieben und wieder verkauft. Und war schon fast ein allgemeines Gewerbe daraus. Ihrer viel[e] hatten sich auf diesen ehrbaren Handel gelegt, denn wenn ein Soldat eine Kuh gestohlen, wußte er schon seinen gewissen Kaufmann. Und wenn an manchem Ort eine Partei Soldaten mit einer geraubten Herd[e] Vieh ankam, da war bei etlichen gottlosen Menschen ein freudenreiches Zulaufen und Abkaufen, nit anders(t) als wenn zu Amsterdam in Holland eine indianische Flotte anlangte. Ein jeder wollte der nächste sein und die schönste Kuh er(kaufen); ungeachtet der armen Leute, denen das Vieh abgenommen worden, [die] allernächst auf der Seite mit jämmerlichen Gebärden standen und sich wegen der Soldaten nichts (ver)merken lassen durften“.

[29] Vgl. WOELLPER, Die Württembergische Landesdefension, unter: http://www.schwedenlager-bopfingen.de/layout2009/wuerttemberg_offiziere.htm.

[30] Breisgau; HHSD VI, S. 113f.

[31] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 549.

[32] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon.

[33] Obereschach, heute Ortsteil von Villingen-Schwenningen [Schwarzwald-Baar-Kreis].

[34] Ulm; HHSD VI, S. 808ff.

[35] Fähnrich: Rangunterster der Oberoffiziere der Infanterie und Dragoner, der selbst bereits einige Knechte zum Musterplatz mitbrachte. Dem Fähnrich war die Fahne der Kompanie anvertraut, die er erst im Tod aus den Händen geben durfte. Der Fähnrich hatte die Pflicht, beim Eintreffen von Generalspersonen die Fahne fliegen zu lassen. Ihm oblagen zudem die Inspektion der Kompanie (des Fähnleins) und die Betreuung der Kranken. Der Fähnrich konnte stellvertretend für Hauptmann und Leutnant als Kommandeur der Kompanie fungieren. Bei der Kavallerie wurde er Kornett genannt. Vgl. BLAU, Die deutschen Landsknechte, S. 45f.

[36] tabulae: Landkarten.

[37] Rottweil [LK Rottweil]; HHSD VI, S. 676ff.

[38] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 554.

[39] Schaffhausen [Bez. Schaffhausen, Schweiz].

[40] STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 562f.

[41] Tübingen [LK Tübingen]; HHSD VI, S. 801ff.

[42] Otto Ludwig Salm in Kirburg, Mörchingen und Tronecken,  Wild- und Rheingraf von; General [13.10.1597 – 16.10.1634].

[43] WÖLLPER, Georg Friedrich von Holtz, unter: http//www.koni.onlinehome.de; HOLTZ, Generalfeldzeugmeister Georg Friedrich vom Holtz.

[44] Neuenbürg [Enzkr.]; HHSD VII, S. 561.

[45] Vgl. LAHRKAMP, Werth.

[46] Calw; HHSD VI, S. 132f.

[47] Vgl. WOELLPER, Die Württembergische Landesdefension, unter: http://www.schwedenlager-bopfingen.de/layout2009/wuerttemberg_offiziere.htm.

[48] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[49] Ettlingen [LK Karlsruhe]; HHSD VI, S. 199ff.

[50] Feldmarschall: Stellvertreter des obersten Befehlshabers mit richterlichen Befugnissen und Zuständigkeit für Ordnung und Disziplin auf dem Marsch und im Lager. Dazu gehörte auch die Organisation der Seelsorge im Heer. Die nächsten Rangstufen waren Generalleutnant bzw. Generalissimus bei der kaiserlichen Armee. Der Feldmarschall war zudem oberster Quartier- und Proviantmeister. In der bayerischen Armee erhielt er 1.500 fl. pro Monat, in der kaiserlichen 2.000 fl., die umfangreichen Nebeneinkünfte nicht mitgerechnet, war er doch an allen Einkünften wie Ranzionsgeldern, den Abgaben seiner Offiziere bis hin zu seinem Anteil an den Einkünften der Stabsmarketender beteiligt.

[51] Vgl. LAHRKAMP, Jan von Werth.

[52] Langenbrand, heute Ortsteil von Schömberg [LK Calw].

[53] http://www.geschichte.heimat-schoemberg.de/Texte/17-19Jhd.htm.

[54] Tübingen [LK Tübingen]; HHSD VI, S. 801ff.

[55] Schorndorf [Rems-Murr-Kr.]; HHSD VI, S. 714f.

[56] Vgl. WOELLPER, Die Württembergische Landesdefension, unter: http://www.schwedenlager-bopfingen.de/layout2009/wuerttemberg_offiziere.htm. Nagold [LK Calw].

[57] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 111f.

[58] Hauptmann: Der Hauptmann (schwed. Kapten) war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.

[59] HAPPE I 434 r; msdz.thulb.uni-jena.de. Wachtmeister: Unteroffiziersdienstgrad. Der Wachtmeister war zuständig für die Sicherheit des Lagers und der Truppen sowie für die Einteilung, Aufstellung, Beaufsichtigung der Wachen und Ausgabe der Losung. Selbst ein Wachtmeister hatte noch 3 Knechte, 1 Jungen und 5 Pferde, manchmal sogar noch einen Narren als Begleitung; WAGNER; WÜNSCH, Notabilia, S. 110. Mit der Einrichtung stehender Heere wurde die Bezeichnung „Wachtmeister“ synonym für Feldwebel verwendet.

[60] Vgl. HENGERER, Kaiser Ferdinand III.; HÖBELT, Ferdinand III.

[61] BADURA; KOČĺ, Der große Kampf, Nr. 1419.

[62] Vgl. REBITSCH, Gallas; KILIÁN, Johann Matthias Gallas.

[63] Königgrätz [Hradec Králové]; HHSBöhm, S. 269ff.

[64] BADURA; KOČĺ, Der große Kampf Nr. 1457.

[65] Turnau [Turnov, Bez. Semil]; HHSBöhm, S. 633f.

[66] Münchengrätz [Mnichovo Hradiště], HHSBöhm, S. 383ff.

[67] Eger [Cheb]; HHSBöhm, S. 119ff.

[68] Grundlegend ist hier ALBRECHT, Maximilian I.

[69] Brandeis a. d. Elbe [Brandýs nad Labem, Bez. Prag-Ost]; HHSBöhm, S. 62f.

[70] Melnik [Mělník]; HHSBöhm, S. 370f.

[71] Leitmeritz [Litoměřice]; HHSBöhm, S. 324ff.

[72] BADURA; KOČĺ, Der große Kampf, Nr. 1504.

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