Fuchs [Fucks] von Fuchsberg, Hans Christoph; Obrist [ – Oktober oder November 1635 ?]
Am 28.2.1594 schrieb sich der Tiroler Adlige an der Jesuitenuniversität in Ingolstadt[1] ein, am 29.12.1597 in Padua[2] für das Studium der Rechte,[3] wahrscheinlich verbunden mit der üblichen Kavalierstour.
„1624 bis 1626 hatte sich Hans Christoph als Hauptmann[4] einer Landsknechtskompanie an der Grenze zum Engadin nicht nur unrechtmäßig bereichert, indem er eigenmächtig und auf eigene Rechnung von den passierenden Händlern Maut einhob, sondern er hatte auch seine Soldaten nur recht halbherzig zur Disziplin angehalten. Seit Ende 1631 nahm er im Regiment[5] Wolkenstein[6] die Stelle eines Obristwachtmeisters[7] ein und befehligte neuerdings ein Landsknechtsfähnlein.[8] Dennoch wurde er 1632 und 1633 als landesfürstlicher Kriegskommissar[9] herangezogen, um die Quartiere[10] des Regiments Wolkenstein zu visitieren, Zwistigkeiten nach Möglichkeit zu schlichten und nach Innsbruck[11] Bericht zu erstatten. Wenngleich über Fuchs keine Klagen laut wurden, dürften derartig voreingenommene Kommissare bei der Bevölkerung des öfteren Erbitterung hervorgerufen haben, wie eine Landtagsbeschwerde des Gerichtes Hörtenberg illustriert. In dieser wird geklagt, daß bei Durchzügen auch tails beglaitcommissari den unntertonnen mehr schwed- als nutzlich sein, in deme sy mer dem soldaten beifallen, unnd in ansuechenden unerzeuglichen sachen recht geben, als den unnderthonnen obhabennden gebierennden schutz erweisen“.[12]
1634 stand er als Obristleutnant des Regiments Wolkenstein in Vorderösterreich.
Der Überlinger[13] Advokat Dr. Johann Heinrich von Pflummern [1595 – 1655][14] berichtet in seinem Tagebuch: „Darauf ervolgt, daß gleich nach gehalltnem rath ein aigner curier den bemelten vier compagnien[15] nachgeschickht worden, der auch gehörige ordinanzen[16] an Bregentz[17] vnd Costantz[18] mitgeführt, daß von denselben compagnien 200 mann ausgeschossen werden, welliche tag vnd nacht zum succurs der statt Veberlingen forteilen, der rest aber nach Bregentz verlegt, vnd mehrern thailß neben dem commandanten obrist leüttenant Fuchßen in die statt Costantz geführt werden solle, damit im erforderten nothfal sollche soldatesca[19] der statt Veberlingen desto nahender sein könnde. – Ich hab mich zu Insprugg nicht gesaumbt, sonder gleich nachgehenden Vormittag den 28 Aprilis wider auf die haimbrayß begeben, vnd weiln ich vnderweegs vernommen, daß die 200 mann verordneten succurs[20] ihrer ordinanz[21] schlechtlich nachkommen vnd langsamb marschirn, dahero besorgen müeßen, daß sie zu Bregentz sich auch saumen vnd vnnöthigen rast hallten möchten, so hab ich mich ihre abfahrt zu befürdern dahin begeben, gleichwoln befunnden, dass durch fleißige anstellung deß herrn obrist[22] Schmidts[23] daß volkh, so bald es zu Bregentz ankommen, in die schiff eingesetzt vnd fortgeführt worden, außerhalb deren, so zu Bregentz quartier haben sollen. Hierauf ich mich auch nach Costantz begeben, allda ich den 4 May morgens vmb 9 vhren, gott lob, glückhlich angelangt: vnd [S. 144] hab alsobald einem E. Rath zu Veberlingen meine verrichtung vnd darbei diß berichtet, daß ich zu meiner ankunft von herrn statthauptmann[24] in vertrawen vernommen, daß die new zu Costantz ankomne wolckenstainische knecht nicht lust haben nach Veberlingen vnd allda wider den feind sich gebrauchen zu lassen, hergegen man ihrer zu Costantz nicht bedörfftig vnd hab ihnen auch kein quartier machen wollen, damit sie nicht vrsach haben sich zu Costantz auf die beerenhaut zu lägern. Dieweiln mihr oblegen sein wollen ein gewishaitt zu haben, waß man sich auf dise soldaten, auf deren succurs wir vertröstet worden, zu verlassen, alß hab ich mich gleich nach Mittag zu herrn obrist truchsäßen[25] verfüegt vnd in gegenwart herrn obrist leüttenant Singers neben anderer meiner relation gebetten mit disen wolckhenstainischen knechten[26] ein richtiges zu machen, dan ich gleichwoln in Tirol vermerckht, daß sie sambtlich nicht lustig geweßt auß ihrem land zu verraißen, vnd hab obrist Ossa dass auch vermerckht vnd darumb dem obrist Vitzthumb[27] zu Lindaw[28] geschriben,dass wan die 200 knecht (so von den obgedachten vier compagnien vorverstandner maßen nach Veberlingen verordnet worden) dahin sich nit begeben wollten, solle er sie nach Lindaw nemmen vnd an deren statt von selbiger guarnison[29] 200 mann nach Veberlingen schickhen; also würde auf den fahl, daß dise wolckhenstainische von Costantz nicht weichen wollten, auf eine gleiche abwechßlung zeitlich zu gedenckhen sein, damit die statt Veberlingen, so sich im notfahl auf diß volckh verlasst, nicht verkürtzt werde. Darauf mich herr obrist truchsäß beantwortet, daß er nicht anderer mainung, dan daß obrist leüttenant Fuchß, so die vilbesagte vier compagnien commandirn solle, ordinanz habe daß volckh nach Veberlingen bei gegenwertigem nothfal zu verordnen, es wolle sich aber derselb entschuldigen, dass er auf Costantz vnd nicht auf Veberlingen gewisen, er habe aber sich vmb audienz anmellden laßen, vnd weiln er eben vnder dieser conversation in deß herrn obristen quartier ankommen, hab ich ihne herrn obristen gebetten, wie obgemellt, hierinnen ein richtiges zu machen. [S. 145] Dieweiln aber von ihme ich vernommen, daß die statt Veberlingen mit geworbnem volckh genůgsamb versehen vnd bei 1200 knecht[30] beraitt habe, mihr auch nicht verwißendt geweßt, dass mit veberflüssigem volckh die statt nhur beschwärt vnd die burgerschafft vnwillig gemacht würde (sintemaln ettliche praesumirt[31] die statt allein ohne fremde hilff zu defendirn) alß hab ich in obberührtem meinem schreiben bei einem E. Rath mich beschaidts erholt, ob ich auf mehr geworben volckh vnd sonderlich vmb ervolgung der vilgedachten wolckhensteinischen soldaten tringen, oder aber die weittere sollicitation[32] eingestellt bleiben laßen solle. Hierveber mich ein E. Rath den 5. May beantwortet, habe mein schreiben vnd gůtte verrichtung mit mehrerm vernommen, dieweiln aber herr commandant de Horch[33] vnd andere officieri vermainen, wan sie in die 1000 geworbne soldaten hetten, sie ihnen getrawen wollten mit göttlichem beistandt den feind abzutreiben, alß soll ich neben herrn Georg Leüthin, so mihr daß schreiben gelifert, an gebrenden orten vmb fernere volckhhilff, wie auch vmb 2 halbe carthaunen vnd darzu gehörige munition anhallten. – Deme zu volg alß ich mich zu herrn obrist truchsäßen begeben wollen, hab ich vernommen, daß er kurtz zuvor mit herrn obrist leüttenant Fuchßen zu waßer abgefahren, willenß auß der Mainaw[34] selbst nach Veberlingen zu kommen; also ich erachten können, daß ein E. Rath die beste gelegenhaitt bekommen werde mit ihme herrn obristen selbst alle nothwendigkhaitt mündlich zu tractirn, wie dan, so vil daß volckh belangt, annembliche satisfaction gegeben vnd mir deßhalb weitter nichts zugeschriben, sonder den 7 Maij zway schiff mit wolckhenstainischen knechten beladen vnd nach Veberlingen abgeführt, die vebrige aber in die auf bemellten tag gemachte quartier verthailt worden“.[35]
Pflummern berichtet am 1.6.1634 an den Kaiser: „Samstag, den 6. Mai wird zu Costantz ein grosses Lastschiff mit einer halben Carthaunen,[36] und Feldschlangen[37] hinter einem von Holtz gezimmerten Bollwerck ausgerüst, dem Feind sein Ausfahren in den See zu verwehren, oder auch seine beede Schiff, die er ohnlängst in seinen Gewalt gebracht, wo möglich zu Grund zu schiessen. Worbey die wohlmeintliche getreue Vorsorg des Obristen daselbst Herrn Maximilian Willlibald Erb-Truchsässen Graffen von Wolfegg (welcher dieses Tags uns neben Herrn Christoph Fuchsen Obrist-Leutenant des Gräfl. Wolckensteinischen Regiment persöhnlich besucht) wie zumahlen des Obrist Leutenant Herrn Onophrij Singers nicht ungerühmt zu lassen, dann weilen sie vernünfftig ermessen, was an Conservation unserer Stadt der Stadt Constantz gelegen, und dass der Feind, wo er sich zu Wasser mehr stärcken sollte, von dieser Revier sobald nicht nicht wieder abzutreiben seyn werde, haben sie wohl unser Stadt zu gutem, als dem Feind zu Schanden alle dienliche Anstalten gemacht, obwohlen Anfangs etliche hierinnen scrupulieren, und vermeinen wollen, dass wohlbesagter Herr Obrist sein Posto in acht nemmen, und uns gleichwohlen allein um das unserige sorgen, und worgen[38] lassen solle“.[39]
Der Salemer[40] Zisterziensermönch Sebastian Bürster [? – 1649][41] gibt das in seiner Chronik fast wortwörtlich wieder: „Sambstag den 6. May würd zue Costanz ein groß lastschüff mit ainer halben carthaunen und veldschlangen hinder ainem von holz gezümmerten bollwerk außgerüst, dem feind sein außfahren in den see zue verwehren oder auch seine beede schüff, die er ohnlängst in seinen gewalt gebracht, wa möglich zue grund zue schüeßen. Warbey die wohlmainliche getrewe vorsorg deß obristen daselbst, herr Maximilian Willibaldt, Erbtruchsäßen, graffen von Wolfegg (welcher diß tags neben herrn N. Fuckßen, obristenleutenant deß gräflich Wolkhenstainischen regiments unß persönlich besuecht) wie zuemahlen deß obristenleutenant Onophry Singerß nit ungerüembt zue laßen; darweilen sie vernünftig ermessen, was an conservation unserer statt der statt Costanz gelegen und daß der feind, wa er sich zue waßer mehr stärken solte, von dieser revier so bald nit wider abzuetreiben sein wurde, haben sie wohl unser statt zue guotem alß dem feind zum schaden alle dienliche anstalten gemacht, obwohlen anfangs hierinnen ettliche scrupuliren und vermainen wöllen, daß wohl besagter herr obrister seiner posto in acht nemmen und unß gleichwol allain umb daß unsrige sorgen und worgen[42] lassen solle“.[43]
Fuchs stand 1635 als Obrist in kaiserlichen Diensten.
Der kaiserliche Fähnrich[44] Abraham Mittersteiner schrieb dem Obristen Rudolf zu Thun[45] am 6.11.1635 aus Mals:[46] Er werde aus seinem letzten Schreiben vom 26.10. ersehen haben, dass sämtliche Reiter- und Infanterieregimenter ins Veltlin zogen und bereits einen Pass eroberten. Der Feind habe jedoch die Truppen angegriffen und zurückgedrängt, wobei mehrere hundert Mann verloren wurden. Das Land hier sei aufrührerisch, bei Castelbello[47] hätten sich einige tausend rebellische und bewaffnete Bauern zusammengerottet und bereits einige Soldaten getötet. Die Pest[48] verbreite sich ständig, auch Obrist Fuchs sei ihr zum Opfer gefallen. Eben sei von Obrist[49] Goltz der Befehl eingetroffen, sämtliche Regimenter im Verlauf von 5 bis 6 Tagen über Adlersberg[50] in Marsch zu setzen.[51]
[1] Ingolstadt; HHSD VII, S. 326ff.
[2] Padua [Prov. Padua].
[3] MATSCHINEGG, Österreicher als Universitätsbesucher, S. 354, Nr. 990.
[4] Hauptmann: Der Hauptmann (schwed. Kapten) war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.
[5] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Leutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[6] Johann Gaudenz Graf v. Wolkenstein; Obrist [ – ] 1627-1637 Landkomtur des Deutschen Ordens.
[7] Obristwachtmeister: Der Obristwachtmeister mit einem monatlichen Sold von 50 fl. entsprach vom Rang her dem Major in der schwedischen Armee. Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte er für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht.
[8] Fähnlein: militärische Einheit; die kleinste Gliederungseinheit beim Fußvolk, im 17. Jahrhundert allmählich durch die Bezeichnung „Kompanie“ verdrängt. In der kursächsischen Armee bestand ein Regiment zu Fuß aus 10 „Fendl“: ein Fähnlein umfasste ca. 300 Mann (100 Pikeniere, 160 Musketiere, 20 Hellebardiere und 20 Rundschildner). Es gliederte wiederum in Rotten von 10 – 15 Mann, die von einem Rottmeister angeführt wurden.
[9] Kriegskommissar: Bevollmächtigter des Kriegsherrn zur Eintreibung von Kriegssteuern (Kontribution). Als Quartierkommissarius legte er darüber hinaus die Einquartierungen der Soldaten fest. (Der Quartiermeister bzw. Fourier sorgte dann für deren praktische Umsetzung; vgl. s. v. „Fourier“.) Der „Musterkommissarius“ führte in landesherrlichem Auftrag die Musterungen durch und überwachte die Zusammensetzung des Heeres. Musterkommissare waren bei gemeinen Soldaten wie Offizieren gleichermaßen verhasst, da sie Manipulationen und Betrügereien auf den Musterplätzen zu unterbinden suchten: Söldner erschlichen sich vielfach Sold, indem sie sich unter verändertem Namen mehrfach mustern ließen, Offiziere führten zuweilen mehr Männer in den Soldlisten, als tatsächlich vorhanden waren, um die eigene Tasche mit den überschüssigen Löhnungen zu füllen (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 120ff.). Auch hatten sie die Abdankungen und die Zusammenlegung und Neuformierung kleiner Einheiten zu überwachen.
[10] Einquartierung: Die kostenaufwendige Einquartierung von Truppen versuchten die Betroffenen oder ihre Vertreter nach Möglichkeit durch „Verehrungen“ bei den zuständigen Kommandierenden, Kriegskommissaren und Quartiermeistern abzuwenden. Gelang das nicht, so wurden je nach Rang, Vermögen und Steueraufkommen und auch der Religionszugehörigkeit der Betroffenen Mannschaften und Pferde in die Häuser eingelegt, wobei die Soldaten die besten Räume für sich in Anspruch nahmen. Billette (Einquartierungszettel) sollten zwar Unterkunft, Verpflegung (oder ersatzweise Geldleistungen) der Soldaten und Abgabe von Viehfutter durch ihre „Wirte“ regeln, was aber nicht nur zu Streitigkeiten in der Bürgerschaft selbst, sondern auch unter den Soldaten führen musste. Ausgenommen von der Einquartierung waren in der Regel bei eigenen Truppeneinlagerungen Kleriker (aber nicht deren Klöster), Bürgermeister, Ratsherrn, Apotheker, Ärzte und Gastwirte. Auf die Beschwerden der Bürgerschaft wurde die Einquartierung durch den Rat der Stadt „als eine gerechte und für eure vielfältigen Sünden wohl verdiente Strafe Gottes“ bezeichnet; BORKOWSKY, Schweden, S. 20. Nach dem Überlinger Dr. Pflummern; SEMLER, Tagebücher, S. 393 (1642); sind „ dise völckher zu roß vnd fůß nicht darumb zu vnß kommen, vnß oder daß land vor dem feind zu sichern, oder gegen denselbigen sich im veld sehen zu lassen, sonder allein hinder den mauren oder vnderm tach den bauch vnd seckhel zu füllen vnd alßdan den weeg weitter zu nemmen vnd vnß dem feind zum raub zu hinderlassen“. In den Quartieren gab es zudem Mord und Totschlag unter den Mannschaften, gewalttätige Übergriffe gegen Bürger und Bauern waren trotz errichteter Quartiergalgen und hölzerner Esel alltäglich. Teilweise wurde sogar Quartiergeld für die von Offizieren mitgeführten Hunde verlangt; SODEN, Gustaph Adolph III, S. 359. Teilweise wurde auch der Abzug vorgetäuscht, um Abzugsgelder zu erpressen; TRÄGER, Magister Adrian Beiers Jehnische Chronika, S. 60. Der protestantische Schuhmacher Bellinckhausen über die kaiserlichen Truppen in Osnabrück (1630); RUDOLF VON BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 36: „Was denn inquartirten soldaten bey uns thut anlangen, ist ein gottlos diebisch und mordrisch volck, stehlenn jeymlich und rauben offenbar, saufen und fressen, dominirn tag und nacht, spielen und doblen, parten und beuten, ruffen und jautzen, schießen und morden sich unter andern, schlagen sich mit den burgern, verfuhrn der burger weiber und kinder und haben manig magd zur hurn gemacht. Die burger konnen bey abendts oder nacht zeyt nicht uber die straßen gehen. Sie schlagen dieselben, habe auch solchs zweymall von dem gesind leyden m mußen“. Eine längere Einquartierung konnte den Ruin ganzer Gemeinden und Städte bedeuten. Zudem wurden die Quartiere verwüstet. So der Abt Friesenegger von Andechs über die einquartierten katholischen „welschen“ Truppen Ferias (Winter 1634): „Das Dorf stand ganz in Unflat, und Wüste, alles zum Grausen, und für Menschen unbegreiflich. In den Häusern wie auf den Gassen lagen nichts als abscheuliche Lumpen, zerschlagener Hausrat, Köpfe, Füße, und Gedärme von verzehrten Pferden, Menschen Unrat, und mehrere Toten Körper. In den Häusern waren nur Stuben, Kammer und Kuchl bewahret, das übrige davon hatte ein Dach, keinen Mantel, keine Mittelwand, keinen Balken, und meistens standen dieselben nur auf vier Säulen. Die Zäune, Planken, und schönste Obstbäume in den Gärten waren alle verbrennet. Auch aller Hausrat von Bänken, Kästen, Bettstätten, Geschirren, und die Baufahrnisse von Wägen, Pflügen, und was immer von Holz war, ging in den Flammen auf. Selbst in beiden Kirchen war ein Greuel zu sehen. Türen, und auch Fenster waren zerbrochen. Alles, was darin aufbewahret, und zum Gebrauch war, wurde geraubet. In der Frauenkirche brannten sie wenigst die letzte Woche eines, und in der Pfarrkirche stets 2 Feuer. Alles hölzerne Kirchengerät mußte hierzu dienen. Das Gemäuer war voll Rauch und Ruß, und der Boden voll Unrat. Auf dem Friedhofe konnte man vor Menschen-Unflat keinen Fuß mit Ehren setzen, und die Sakristei brauchten sie für ihr geheimes Ort. In der Kirche zu U. L. Frau lagen auch 4 unbegrabene Toten-Körper, die man außer der Kirche auf der Nordseite, wo schon mehrere lagen, in ein Grab zusammen warf“. Auch der Abzug musste je nach Vermögen erkauft werden (1644): „Zum Abzuge mußte dem Obristen von jedem Pfluge 20 Rtlr. und das beste Pferd gegeben werden.“ WALCZOK, Barsbüttel, Gott und die Welt. Vgl. den Bericht der Kapitelherren in Zeitz (1635), BORKOWSKY, Schweden, S. 65: „Keine Brauerei, keine Krämerei ist mehr im Stift, keine Feldbestellung, kein Ackerpferd, keine Kuh, kein Kleinvieh. Hie und da müssen sich Manns- und Weibspersonen in die Pflüge und Eggen spannen – was sonst nur als barbarische Grausamkeit aus der Türkei berichtet war. Häuser und Hütten stehen ohne Dach. Die Menschen haben keine Kleidung mehr. Viele sind im Winter erfroren, andere an Hunger, Krankheit und Mangel an Arznei dahingestorben. Die Leichen liegen unbegraben. Weiber und Kinder fallen den Kommunen zur Last. Viele Bürger laufen zu den Soldaten über. Die Kirchen- und Schuldiener können nicht mehr besoldet werden. Die Jugend bleibt unerzogen. Hospitäler und Armenhäuser werden nicht mehr unterstützt. Viele Menschen sind so jämmerlich gekleidet, dass sie sich nicht getrauen, zum Gottesdienst und zum Abendmahl zu gehen …“
[11] Innsbruck; HHSÖ II, S. 500f.
[12] SCHENNAT, Tiroler Landesverteidigung, S. 63.
[13] Überlingen [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 807f.
[14] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 179f.
[15] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.
[16] Ordinanz, Ordonnanz: (militärische) Verfügung; Befehl; Anweisung, Verordnung, die nicht immer eingehalten wurde. Zum Teil wurde den Soldaten von ihren Vorgesetzten in aller Öffentlichkeit sogar verboten, sich an die Ordonnanzen zu halten; MAIER, Unterpfalz, S. 321.
[17] Bregenz; HHSÖ II, S. 446ff.
[18] Konstanz [LK Konstanz]; HHSD VI, S. 419ff.
[19] Soldateska: Soldaten, teilweise auch abwertend gebraucht für Soldatenhaufen.
[20] Sukkurs: Hilfe, Ersatz; Beistand, Nachschub.
[21] Ordinanz, Ordonnanz: (militärische) Verfügung; Befehl; Anweisung, Verordnung, die nicht immer eingehalten wurde. Zum Teil wurde den Soldaten von ihren Vorgesetzten in aller Öffentlichkeit sogar verboten, sich an die Ordonnanzen zu halten; MAIER, Unterpfalz, S. 321.
[22] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S.388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.
[23] Valentin Schmidt von Wellenstein; Obristfeldhauptmann [ – 12.4.1639]; Kommandant von Bregenz u. Obristfeldhauptmann von Vorarlberg.
[24] Freiherr Wilhelm Schenk von Stauffenberg [ – ].
[25] Maximilian Willibald Graf zu Wolfegg, Freiherr zu Waldburg [12.10.1604 -30.1.1667]. Vgl. EITEL, Truchsess Max Willibald.
[26] Knecht, gemeiner: dienstgradloser einfacher Soldat. Er hatte 1630 monatlich Anspruch auf 6 fl. 40 kr. Ein Bauernknecht im bayerischen Raum wurde mit etwa 12 fl. pro Jahr (bei Arbeitskräftemangel, etwa 1645, wurden auch 18 bis 24 fl. verlangt) entlohnt. Doch schon 1625 wurde festgehalten; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 92: „Ihme folgete der obrist Blanckhardt, welcher mit seinem gantzen regiment von 3000 fueßknechte sechß wochen lang still gelegen, da dann die stath demselben reichlich besolden muste, wovon aber der gemeine knecht nicht einen pfennig bekommen hatt“. In einem Bericht des Obristleutnants des Regiments Kaspar von Hohenems (25.8.1632) heißt es; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 336: „daß sie knecht gleichsam gannz nackhent und ploß auf die wachten ziehen und mit dem schlechten commißbroth vorlieb nemmen müessen, und sonderlichen bey dieser kelte, so dieser orten erscheint, da mich, als ich an ainem morgen die wachten und posti visitiert, in meinem mantl und guetem klaidt geforn hat, geschweigen die armen knecht, so übel beklaidt, die ganze nacht auf den wachten verpleiben müessen. So haben sie auch gar kain gelt, das sie nur ain warme suppen kauffen khönnen, müessen also, wegen mangl der klaiser und gelt, mit gwalt verschmachten und erkhranken, es sollte ainen harten stain erbarmen, daß die Graf hohenembsische Regiment gleich von anfang und biß dato so übel, und gleichsam die armen knecht erger alß die hundt gehalten werden. Es were gleich so guet, man käme und thete die armen knecht […] mit messern die gurgel abschneiden, alß das man sie also lenger abmatten und gleichsam minder als einen hundt achten thuett“. => Verpflegung.
[27] August Vitzthum v. Eckstädt; Obrist [um 1596 – 27.7.1640].
[28] Lindau [Kr. Duderstadt], HHSD II, S. 297f.
[29] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
[30] Vgl. TELLE, Aus der Geschichte Überlingens, S. 116.
[31] praesumieren: im Voraus erwarten, sich vorstellen.
[32] Sollicitation: Gesuch, dringende Bitte.
[33] Wilhelm v. Horrich; Obrist [ – 1662].
[34] Mainau [Konstanz, LK Konstanz], HHSD VI, S. 498f. Vgl. ROTH von SCHRECKENSTEIN, Die Insel Mainau.
[35] SEMLER, Tagebücher, S. 149ff.
[36] Kartaune, halbe: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 22-faches Kaliber (15 cm), schoß 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-74 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81.
[37] Feldschlange: Meist als Feldschlange bezeichnet wurde auch die „Halbe Schlange“: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 32-34faches Kaliber (10, 5-11, 5 cm), schoss 8-10 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-30 Zentner, das Gesamtgewicht 34-48 Zentner. Als Vorspann wurden 10-16 Pferde benötigt.
[38] worgen: röcheln beim Würgen.
[39] GAIER; SCHÜRLE; PRAßER, Schwabenspiegel Bd. 3, S. 84f.
[40] Salem [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 684f. Vgl. BECKER, Salem.
[41] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 59f.
[42] worgen: röcheln beim Würgen.
[43] WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 72f.
[44] Fähnrich: Rangunterster der Oberoffiziere der Infanterie und Dragoner, der selbst bereits einige Knechte zum Musterplatz mitbrachte. Dem Fähnrich war die Fahne der Kompanie anvertraut, die er erst im Tod aus den Händen geben durfte. Der Fähnrich hatte die Pflicht, beim Eintreffen von Generalspersonen die Fahne fliegen zu lassen. Ihm oblagen zudem die Inspektion der Kompanie (des Fähnleins) und die Betreuung der Kranken. Der Fähnrich konnte stellvertretend für Hauptmann und Leutnant als Kommandeur der Kompanie fungieren. Bei der Kavallerie wurde er Kornett genannt. Vgl. BLAU, Die deutschen Landsknechte, S. 45f.
[45] Vgl. MOSCA, La croce, le armi, il cavallo.
[46] Mals [Màles Venosta; Norditalien].
[47] Castelbell; HHSÖ II, 630 [unter Tschars].
[48] Pest: Eine während des gesamten Krieges immer wieder auftretende Seuche war die Pest (die „zur frühen Neuzeit wie das Amen in der Kirche“ gehörte, Ulbricht, Seuche10) als demographische Katastrophe für einzelne Landstriche, von Happe [I 87r] und seinen Zeitgenossen neben Krieg und Hunger zu den drei Hauptstrafen Gottes gerechnet; vgl. dazu auch LANG, Pestilentz, S. 133 f. Truppenbewegungen, Zerstörungen, Hungerkrisen bzw. chronische Unterernährung, mangelnde Hygiene etc. trugen zur Verbreitung der Pest bei, die in vier Formen auftrat: 1. die abortive Pest als „leichte“ Variante: Symptome waren leichtes Fieber sowie Anschwellen der Lymphdrüsen. War die Infektion überstanden, wurden Antikörper gebildet, die eine etwa 10 Jahre anhaltende Immunisierung gegen die drei anderen Formen bildete. Marx starb 10 Jahre nach der Pest von 1625 an der Pest von 1635. 2. die Beulenpest (Bubonenpest nach griech. bubo = Beule), die nach ca. 9 Tagen zum Tod führen konnte, wenn der Erreger ins Blut eintrat, die Letalität konnte zwischen 60-80 % liegen). Die Ansteckungszeit lag zwischen wenigen Stunden und etwa einer Woche, Symptome waren Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber, Benommenheit, Schlaflosigkeit, später treten Bewusstseinsstörungen und Ohnmachtsanfälle auf. Im Bereich des Flohbisses bildeten sich stark anschwellende und äußerst schmerzhafte Beulen am Hals, an den Leisten und Achselhöhlen. Diese Beulen erreichten eine Größe von ca. 10 cm und waren durch die die Blutungen in den Lymphknoten dunkelblau bis schwarz eingefärbt. Sie fielen nach Vereiterung in sich zusammen. Die Beulenpest an sich war nicht tödlich, da die Beulen von selbst abheilen konnten. Das Aufschneiden der Beulen war insofern gefährlich, da die Bakterien über das Blut in andere Organe gelangen konnten. Bei den unbehandelten Patienten kam es wohl bei 30-50 %r zur gefährlichen Lungenpest. Die Beulenpest verbreitete sich im Winter kältebedingt langsamer als im Somme und erreichte ihren Höhepunkt im Herbst. 3. die Pestsepsis (Pestseptikämie), wenn die Bakterien in die Blutbahn eintraten, entweder über offene Wunden oder beim Platzen der Pestbeulen nach innen. Symptome waren hier hohes Fieber, Kopfschmerzen, Anfälle von Schüttelfrost, danach kam es zu größeren Haut- und Organblutungen. Der Tod trat bei Nichtbehandelten wohl spätestens nach 36 Stunden auf. 4. die Lungenpest, bei der die Erreger durch die Pestsepsis in die Lunge kamen oder von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion übertragen wurde, bei der der Tod angeblich in 24 Stunden, zumeist aber unbehandelt in 2 bis 5 Tagen eintrat und die eine Letalität von 95 % hatte. Angeblich konnte man sich in nur 1 bis 2 Tagen anstecken. Symptome waren eine starke Atemnot, Husten, blaue Lippen und blutiger Auswurf. Das führt zu einem Lungenödem, verbunden mit dem Zusammenbruch des Kreislaufs. Marx’ Angaben lassen vermuten, dass es sich bei der Pest von 1625 um die Beulenpest gehandelt haben muss. Geschlecht, sozialer Status und Ernährung waren Determinanten, die über Ansteckung und Abwehrkräfte entschieden. Der Pestbazillus wurde durch Rattenflöhe, Wanzen, Läuse und andere Parasiten übertragen. Das Bakterium blieb z. B. in Flohkot, Staub, Kleidung, Pelzen, Wasser und Erde wochenlang virulent. Zumindest scheint man in Erfurt 1625 recht sorglos mit der Ansteckungsgefahr umgegangen zu sein, wie HEUBEL, S. 42 festhält. Möglicherweise hatte der Rat jedoch durch eine strenge Quarantäne von vierzig Tagen Versorgungsengpässe befürchtet und wollte die Handelsbeziehungen nicht gefährden. Allerdings scheint die in der Forschung vertretene Meinung, dass gerade die unteren Schichten die Angst vor der Pest beiseite geschoben hätten (ULBRICHT, Seuche, S. 44), so nicht stimmig. Mehr als 50 Pestheilige, angeführt von den Heiligen Sebastian und Rochus, wurden angerufen. Gebet, Frömmigkeit, Sittenreinheit und Liebe zu Gott galten aus theologischer Sicht als wirksamer Schutz vor der Pest. Man glaubte sich durch die Umwicklung mit Stroh auch der Leichen vor der Ansteckung mit der Pest schützen zu können. Pestzeiten boten einen durchaus lukrativen Erwerb für die verachteten Totengräber, der von „ehrlichen“ Berufsgruppen ausgeübt wurde, da z. T. pro Begräbnis bis zu 20 Rt. (BRAUN, Marktredwitz, S. 52f.) verlangt wurde, aber auch von Angehörigen der ärmeren Bevölkerungsschicht. RUTHMANN, „Was damals fruchtbar und gebauet“, S. 78f. II. Zum Teil wurden ansteckende Krankheiten seit dem Mittelalter als „peste“ (z. B. die „Ungarische Krankheit“) bezeichnet.
[49] Martin Maximilian Freiherr von der Goltz [von Kranz ?; Golz, Goltzke]; Generalfeldzeugmeister [1593 – 10.5.1653]
[50] Adlersberg: nicht identifiziert.
[51] BADURA; KOČĺ, Der große Kampf, Nr. 138.