Erath, N
Erath, N; Obrist [ – ] N Erath [ – ] soll 1636 in kaiserlichen Diensten gestanden haben.
Der durch seine Kontakte zu Militärkreisen gut informierte Hildesheimer[1] Arzt, Ratsherr und Chronist Dr. Conrad Jordan[2] hielt in seinem Tagebuch unter dem 20.10./30.10.1636 einen Raufhandel[3] fest, bei dem der in braunschweig-lüneburgischen Diensten stehende Stadtkommandant Ostringer[4] tödlich verletzt wurde: „Als Alexander Ostringer, hiesiger Commendant, bey den Obrist[5] Erath gezechet[6] und in allerhand Discurs endlich zum Raufen komen, wird in den Verfolg Ostringer beym h. Creutzes Platz von Erathen os humeri[7] durchschossen, verfolgt ihm auch ferner bis an sein Haus an Olden Stadtmarckt, dar er, Erath, noch einmal die Pistol[8] auf ihn, Ostringer, tückt,[9] aber fallir[10] Ostringer, fält vom Pferd, den andern bringen die Soldaten in der Schuster hauß beym Rathhaus mit guten Stößen, verwahren ihn die Nacht über daselbst. Morgens ward er in seinem Logir bey Pavel Colditzen in Brüel verwahrt“.[11]
9./19.11.1636: „Heut oder Morgen ist durch Unterhandlung des Commendanten[12] aus Wulfenbüttel[13] der Obr: Ostringer mit dem Obristen Erath verglichen“.[14]
18./28.11.1636: „Alexander Oestringer, hiesiger Commendant, stirbt kegen Abend“.[15]
15./25.1.1637: […] „der verstorbene Commendant Alexander Ostringer ward heut von der Soldatesche[16] und Officirern hinaus bis an die Carthaus[17] um 8 Uhr begleitet“.[18] Leider ist uns nicht bekannt, um wen es sich bei Erath gehandelt hat, denn die Transkription des Tagebuchs lässt auch hier zu wünschen übrig.
Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !
[1] Hildesheim; HHSD II, S. 228ff. Zu den Kriegsereignissen in Hildesheim vgl. auch PLATH, Konfessionskampf.
[2] Dr. Conrad Jordan [10.11.1591 Bockenem-23.10.1659 Hildesheim], Chronist, seit 1620 Arzt, seit 1629 in Hildesheim wohnhaft, ab 1635 mehrfach Ratsherr, Stadtarchivar; SCHLOTTER, Acta; SCHLOTTER, Der Rat der Stadt Hildesheim von 1300-1634, in: Norddeutsche Familienkunde Heft 4, 1986, S. 581-585; SCHLOTTER, Die Bürgermeister und Ratsherren der Stadt Hildesheim 1147-1634, in: Norddeutsche Familienkunde Heft 3, 1979, S. 551-558.
[3] Duell: Zweikampf zu Fuß oder zu Pferd, mit Degen u. Pistole, dem Militär zumeist verboten, aber wenig beachtet u. fast schon an der Tagesordnung, eine „Frage der Ehre“. In der dänischen Armee waren Duelle bei Billigung des Obristen mit dem Seitengewehr, allerdings nur in einem Gang, erlaubt. Wurde einer getötet, so wurde der Andere mit dem Tode bestraft; MEYNERT, Geschichte, Erstes Hauptstück, S. 10; WATTS, Swedish Discipline, 2. Teil, S. 48 (§ 35-38, 87). Die zweimal im Jahr in Frankfurt/M. erscheinende „Relationis Historicae Semestralis Continuatio“ informierte ihre Leser*innen zum Juni 1624; LATOMUS, Relationis Historicae Semestralis Continuatio (1624), S. 82f.: „Alle Duella, Kämpff / vnd Balgereyen zu Wien per edictum Cæsareum verbotten worden. ZU end jüngst verwichnen Monats May / den 25. nemblich / sind von Jhrer Kayserl. Mayest. durch offene / inn Truck verfertigte / Mandata, alle Duell, Kämpff vnnd Balgereyen / bey Leib: vnnd Lebens straff / auch vermeidung höchster Vngnad verbotten worden. Darüber Herr Hauptmann Wels / vnd Herr Rittmeister Ense / welche zu Wien im Steyrhoff losiret / sich wegen eines Truncks / entzweyet / vnd einer den andern außgefordert / auch zwischen beyden Partheyen die Sach biß zum balgen kommen. Als aber gute Herrn dazwischen kommen / vnd sie Jahre Kays. May. Mandats verständiget / auch / das [S. 83] nemblich Leib vnd Leben verwircket / hatten / sie avisiret / haben sie beyde sich mit der Flucht salviret / vnd alles im stich gelassen. Ohneracht aber diese beyde den 27. eiusdem durch offentlichen Trummelschlag / bey vermeidung hoher schmählicher straff / sich zu Purgirn gefordert worden / jedoch hat sich keiner einzustellen begehret / ohne zweiffel denckende: Weit davon ist guth vors schiesen“. Duelle fanden aber nicht nur auf der Offiziersebene statt. SCHMIDT, Der protestantische Aischgrund, S. 7 (nach SCHHNIZZER, Chronica): „Auf der Kaubenheimer Kirchweih (17. August) haben sich zwei Reiter miteinander zu Roß duelliert. Der Provocant ist von dem anderen mit zwei Kugeln auf einen Schuß durchschossen worden, so dass er tot zur Erde sank“. Vgl. FREVERT, Ehrenmänner. Der kaiserlich-ligistische Andreas Drost soll 1637 in einem Duell mit dem kurbayerischen Oberst Stephan Binder gestorben sein, „als sich die Obersten Binder und Trost beim Spiel entzweit und einer den andern erschossen hatte“ (Brief des zu diesem Zeitpunkt im Dienste Kurbayerns stehenden Feldmarschalls Johann Götz am 20.4.1637 an Kurfürst Maximilian“); ENGERISSER, Von Kronach, S. 529. Jedoch scheint Drost dieses Duell überlebt zu haben. Der Bad Windheimer Chronist Pastorius hält unter 1631 den Fall einer in Duellen siegreichen Musketierin fest; PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 100: „1631. Den 10. May eroberte der General Tylli die Stadt Magdeburg / plünderte sie aus / eine Jungfrau hatte ihres Bruders Kleider angezogen / und sich in ein groß leeres Weinfaß verstecket / ward endlich von einem Reuter gefunden / der dingte sie für einen Knecht / deme sie auch drey Monat treulich die Pferde wartete / und als in einem Treffen der Reuter umkam / und sie von denen Schweden gefangen gen Erffurt kam / ließ sie sich für einen Musquetirer unterhalten / dienete fünff Jahr redlich / hatte in etlichen Duellen mit dem Degen obsieget / wurde endlich durch eine Müllerin / wo sie im Quartier lag / verrathen / daß sie ein Weib wäre / da erzehlete sie der Commendantin allen Verlauff / die name sie zu einer Dienerin / kleidete sie / und schenckte ihr 100. Ducaten zum Heyrath-Guthe“. PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 101 (1632): „1632. Den 2. Junii ward zu Nachts in Christoph Rammingers Hause ein Tantz gehalten / ein Edelmann von Schleinitz und Capitain Lieut. Pollius wurden uneins wegen einer Täntzerin / duellirten / und wurde Schleinitz erstochen“. Anscheinend blieb dieser Totschlag jedoch ungesühnt oder wurde mit einer Geldstrafe geahndet.
[4] Alexander v. Ostringer [Oestringer, Osteringer] [ -18./28.11.1636 Hildesheim], braunschweig-lüneburgischer Obrist.
[5] Obrist [schwed. överste, franz. mestre de camp, dän. oberst, tschech. plukovník]: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer u. exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung u. Bezahlung seiner Soldaten u. deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung u. Befehlsgewalt über Leben u. Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität u. Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) u. Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- u. Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold v. 500-800 fl. je nach Truppengattung, 500 fl. zu Fuß, 600 fl. zu Roß [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] in der kurbrandenburgischen Armee 1.000 fl. „Leibesbesoldung“ nebst 400 fl. Tafelgeld u. 400 fl. für Aufwärter. In besetzten Städten (1626) wurden z. T. 920 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15). Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm als Obrist u. Hauptmann der Infanterie 800 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. In der Garnison Leipzig bezog ein schwedischer Obrist der Kavallerie 1642/43 noch 200 Rt., 1644 120 Rt. u. 30 Rt. Servis, ein Obrist der Infanterie dagegen nur 69 Rt. u. 30 Rt. Servis; ZIRR, Die Schweden, S. 802ff. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe v. Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung v. Heiratsbewilligungen, aus der Beute – hier standen ihm 27 Rt. 39 Albus pro 1.000 Rt. Beute zu; HOFMANN, Peter Melander, S. 156 – u. aus Ranzionsgeldern, Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung v. Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ, im Schnitt für 5 Rt., – u. auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung u. Beschaffung von Waffen, Bekleidung u. Werbegeldern ausgezahlt wurden. Seit Kriegsanfang war man auf Beute fixiert. Zeitungsbericht aus München, 3.12.1620; BÖNING, Dreißigjähriger Krieg und Öffentlichkeit, S. 316: „So meldet Herr Wentzin [Lorenz Wensin v. Rohlstorf zu Kronwinkel; BW] das er biß in 60000 fl. wehrt bekommen vnnd mus ein schlechter Obr: oder Hauptmann sein der in diesem Krieg nicht vber 30000 fl. erobert“ habe. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollte, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen – Obristen belieferten ihr Regiment mit Kleidung, Waffen u. Munition – , gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischenn handlung, S. 277 (1634) zur schwedischen Garnison: „Am gemelten dingstage sein 2 Soldaten bey mir hergangen bey r[atsherr] Joh[ann] Fischers hause. Der ein sagt zum andern: In 3 Wochen habe ich nur 12 ß [Schilling = 6 Heller = 12 Pfennig; das entsprach insgesamt dem Tageslohn eines Maurers; BW]. Ich wol, das der donner und der blytz inn der statt schlüge, das es bränte und kein hauß stehen bliebe. Muß das nicht Gott erbarmen. Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Zur brandenburgischen Armee heißt es; OELSNITZ, Geschichte, S. 64: „Fälle, daß die Obersten mit ihren Werbegeldern durchgingen, gehörten nicht zu den größten Seltenheiten; auch stimmte bei den Musterungen die Anzahl der anwesenden Mannschaften außerordentlich selten mit den in der Kapitulation bedingten. So sollte das Kehrberg’sche [Carl Joachim v. Karberg; BW] Regiment 1638 auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Es wurde dem Obersten der Proceß gemacht, derselbe verhaftet und kassirt. Aehnlich machte es der Oberst Rüdiger v. Waldow [Rüdiger [Rötcher] v. Waldow; BW] und es ließen sich noch viele ähnliche Beispiele aufführen“. Vgl. TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischenn handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen u. nichts anderes als eine Form von Erpressung darstellten, u. die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) u. nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben u. Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über drei Regimenter), was Maximilian I. v. Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel v. seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten u. offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) u. den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden u. auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist u. Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. Georg Wilhelm v. Brandenburg an Ferdinand II., 3.5.1630: HALLWICH, Briefe u. Akten 1. Bd., Nr. 13, S. 14f.: „Unndt wurde eß uf solchenn fall sich leichtlich gebenn, ob Euer Kay. Mayt. alßdann auff solcher Leute Dienste, die nichtes mehres alß groß unndt reich zu werden suchenn, die auch wol, wenn sie den Seckel gefulllet, lieber inn ruhe zu sizenn, alß zu fechten begehrenn möchtenn, sich mehr, alß auff ihrer gehorsamen Churfürsten undt Ständte gutten, getreuesten und gehorsambsten affection werden verlassenn können“. OELSNITZ, Geschichte, S. 64f.: Der kurbrandenburgische Geheime Rat Adam Graf zu „Schwarzenberg spricht sich in einem eigenhändigen Briefe (22. August 1638) an den Geheimen Rath etc. v. Blumenthal [Joachim Friedrich Freiherr v. Blumenthal; BW] sehr nachtheilig über mehrere Obersten aus und sagt: ‚weil die officierer insgemein zu geitzig sein und zuviel prosperiren wollen, so haben noch auf die heutige stunde sehr viele Soldaten kein qvartier Aber vnter dem schein als ob Sie salvaguardien sein oder aber alte reste einfodern sollen im landt herumb vagiren vnd schaffen ihren Obristen nur etwas in den beutel vnd in die küch, Es gehöret zu solchen dantz mehr als ein paar weißer schue, das man dem General Klitzingk [Hans Kaspar [Caspar] v. Klitzing; BW] die dispositiones vom Gelde und vonn proviant laßen sollte, würde, wan Churt borxtorff [Konrad [Kurt] Alexander Magnus v. Burgsdorff; BW] Pfennigmeister vnd darvber custos wehre der katzen die kehle befohlen sein, wir haben vnd wissen das allbereit 23 Stäbe in Sr. Churf. Drchl. Dienst vnd doch ist kein einsiger ohne der alte Obrister Kracht [Hildebrand [Hillebrandt] v. Kracht; BW] der nit auß vollem halse klaget als ob Man Ihme ungerecht wehre, ob Sie In schaden gerieten, Man sol sie vornemen Insonderheit die, welche 2000 zu lievern versprochen vnd sich nit 300 befinden vndt sol also exempel statuiren – aber wer sol Recht sprechen, die höchste Im kriegsrath sein selber intressirt vnd mit einer suppen begossen“. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Meist führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 504. Die z. T. für den gesamten Dreißigjährigen Krieg angenommene Anzahl v. rund 1.500 Kriegsunternehmern, v. denen ca. 100 bis 300 gleichzeitig agiert hätten, ist nicht haltbar, fast alle Regimentsinhaber waren zugleich auch Kriegs- bzw. Heeresunternehmer. Teilweise wurden Regimenter auch v. ihren Inhabern weiterverkauft, so Christian II. v. Anhalt-Bernburg, 2.8.1628; http://diglib.hab.de edoced000228/start.htm, [17r] „Farensbeck [Farensbach; BW] hat sein Regiment, vmb 10 mille, Tahler, weggegeben, dem Jungen herr Max von Wallstein [Maximimilian v. Waldstein; BW]“. Moritz Heinrich v. Nassau-Hadamar [1626-1679] erhielt 1640 bereits mit 13 Jahren in Anerkennung der Verdienste seines Vaters Johann Ludwig ein Kürassierregiment u. den Sold eines Obristen; Dillenburgische Intelligenz-Nachrichten des Jahres 1779. Dillenburg 1779, Sp. 422. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Selbstzeugnissen, Chroniken etc. nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; BOCKHORST, Westfälische Adelige, S. 15ff., REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte 1. Bd., S. 413ff.; KAPPELMEYER, Die Obristen der Krone Schweden.
[6] Alkoholabusus, Alkoholkonsum: In den zeitgenössischen Berichten ist immer wieder v. Alkoholabusus u. dadurch bedingten Trunkenheitexzessen unter Militärs aller Dienstränge bis hin zu Todesfällen die Rede, die dem Interesse der Leserschaft entgegen kamen. So galten u.a. Gallas u. Götz als berüchtigte Säufer. Unter dem 10.7.1642 heißt es über ein Bankett Leopold Wilhelms in Brünn; HÖBELT, Von Jankau, S. 334: „Beobachter merkten an,Piccolomini habe zur Steigerung seiner Popularität die Kulturtechnik des Trinkens >all‘Allemania< erlernt“. Christian II. v. Anhalt-Bernburg notierte in seinem Tagebuch u. a. eine Mitteilung Zahradetzkýs über Bethlen Gábor vom 18.12.1627; http://diglib.hab.de/edoc/ed000228/start.htm [42r]: „Er Bethlehem thete selber die execution vber seine Officirer, vndt wann sie vnrecht [42v] theten, so säbelte er dieselbigen inmaßen er neẅlich<selbsten> dem Horwath Jstwan, einem tapfferen Crabatischen Obersten, der vnß auch in Böhmen gedienett, gethan, dieweil er der ordinantz nicht gemeß, zu spähte durch <durch> seine trunckenheitt, an einem ortt ankommen, bey tage, da er bey Nacht, hette hin marchiren sollen“. Teilweise bediente man sich einer Finte, um einem Alkoholrausch zu entgehen. Christian II. v. Anhalt-Bernburg 6.8.1637 über ein Gastmahl u. a. mit August (II.) dem Jüngeren [10.4.1579 Dannenberg-17.9.1666 Wolfenbüttel] Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, Fürst v. Braunschweig-Wolfenbüttel; http://diglib.hab.de/edoc/ed000228/start.htm: „Man hat zu abends vndt Mittags sehr starck getruncken. Ich habe die Finte mit dem abgekochten, weinfarbenen Wasser genutzt, und der Herzog tut dies selbst, will es aber nicht offenbaren“. Generell ist angesichts der angegebenen Mengen festzuhalten ist, dass Wein in der Regel im Verhältnis 1:4 oder 1:3 mit Wasser gemischt wurde, um dieses „trinkbar“ zu machen. Auch bei den angegebenen Biermengen handelte es sich zumeist um => Kofent, ein Dünnbier. Dagegen wurde billiger Branntwein in großen Mengen konsumiert. Allerdings berichtet z. B. Chemnitz auch, dass sieben Kompanien des Regiments Kracht den Aufbruch aus Halle/Saale versäumt hatten, weil sie berauscht waren; CHEMNITZ, Königl. Schwedischen ]…] Kriegs, 4. Buch, 7. Kap., S. 953f. Vgl. den Bericht des bayerischen Kriegskommissars Burhus über Alwig Gf v. Sulz (1632); HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 122: „Da hatte er, sobald er einen Rausch bekommen, alle Musketiers in der Stadt, wie auch die kleinen Stückhlein […], so oft er einen Gesundtrunkh angefangen, abschießen lassen, welches woll etwan 2 und mehr Stunden gewerth“. Der Kriegsteilnehmer Welsch [1612 Lauingen-1663 Stuttgart] aus Staint-Mihiel (1636); Wahrhafftige Reiß-Beschreibung, S. 378: „und ist manchmal geschehen / daß vor deß Obersten Kohlhasen Quartier auff dem Marck / ein Tropp commandirter Mußquetirer gestanden / welche so offt einer getruncken / Salve gegeben / daß die Stadt darvon erzittert“. Vgl. den Bericht aus Leipheim (24.7.1633); BROY, Leipheim, S. 139f: „Versehen mit einem Paßzettel, unterschrieben vom Feldmarschall Horn, drangen über 30 schwedische Musketiere in Leipheim ein und forderten von Schad Lebensmittel und Geld, was dieser aber ablehnte. Darauf zechten sie in einem Wirtshause dermaßen, »… das die Officiers sowohl als gemainen Soldaten faßt gantz voll worden, in dem Stättlin uff allen Ecken Feuer gegeben, in das Rathauß und andre Häuser geschoßen, einen armen Buben, so zu dem Fenster heraußgeschauet, auß einer Musqueten durch die Nasen, lincken arm und kopf mit schrotten geschoßen … in der vorstatt mit bloßen Degen die Leutt auß den Häusern gejagt und die Pferd aus den Ställen genommen, under wehrender Mittagspredigt in die Glocken auf der Kirchen geschoßen …« Manchmal endeten die Räusche auch tödlich. LATOMUS, Relationis Historicae Semestralis Continuatio, (1646), S. 22, über das schwedische Feldlager (1645) bei Stockerau: „in welchem Läger wegen vbermässigen Wein-Trinckens / auch Obst vnnd Pflaumen-Essens / das Sterben dazumalen vnter den gemeinen Knechten ziemlich eingerissen war“. Der Markgröninger Dekan Wendel Bilfinger berichtet unter dem 22.6.1635; BILFINGER, Wahrhaffte Beschreibung, S. 313: „Auff mittag ist abermahls ein kays. Officier ins verbrantte dorff Asperg hinein geritten, war voll, welchen die Schwedische musquetierer erdapt, und weil er sich nit ergeben wollen, nidergeschossen, außgezogen, klaider, pferd, Sattel und Zeug herauff getragen, Nachmittag haben ihne gemelte Musquetierer begraben, Er soll ein Quartier Meister gewest sein, von Schwabach gebürtig“. SCHNEIDER, Chronik der Stadt Beelitz, S. 26f.: „Diese [Truppen Johann Wanglers d. Ä.; BW] brachten auch einen Fähnrich mit sich, welcher sich bei der Wache zu Trebbin todtgesoffen, und nun begehrte man, er solle hier in der Kirche begraben werden. Weil aber der Grund sumpfig und wässerig war, und man nicht tief in der Kirche also graben konnte, berichtete ich solches dem katholischen Meßpfaffen, als er etliche Male wegen des Begräbnisses Ansuchen that. Er wollte es aber nicht glauben und als man ihm die Kirche eröffnen mußte, ward er gewahr, daß es an einem Ort in unserer Kirche etwas höher sei als am andern, daselbst hin mußten wir geschehen lassen, daß nach Kriegsmanier der Trunkenbold begraben ward“. Aus Friedberg in der Wetterau wird 1640 berichtet über den schwedisch-weimarischen Hauptmann Schinkopfen „mit 40 Mann, die sich durch wüsten Saufen auszeichneten, ja bisweilen ‚das Bier direkt aus den Braubütten soffen‘ “. RIESCHER, Pfarrer in höchster Not, S. 450. Vgl. auch SCHWARTZ, Die Neumark, S. 50, 52. Bei der Belagerung Hamelns (1633) hatten die Patres SJ der Besatzung reichliche Mengen Alkokol spendiert, um sie zu Ausfällen zu veranlassen; KARWIESE, Hameln, S. 9f. Vgl. HÖFER, Ende, S. 165: Wie sich herausstellte, hatte Hermann, der Kommandant v. Bad Windsheim, bei der Belagerung der Stadt 1648 durch schwedische Truppen seinen Dragonern ein großes Fass Wein spendiert: „Aber sie soffen sich so voll, daß fast weder ein oder der ander mehr sehen noch Schiltwach stehen kundt“, so dass sich schwedischen Truppen durch die Approchen bis zum inneren Wall heran arbeiten konnten. Hermann wurde nach dem Kriegsgerichtsverfahren wegen der schnellen Übergabe mit dem Schwert hingerichtet.
[7] os humeri: Oberarmknochen.
[8] Pistole: Faustfeuerwaffe; meist paarweise in Halftern am Sattel geführt oder mittels Gürtelhaken am Leibriemen angehängt. 1634 wurde v. der Stadt Köln 1 Paar zu 7 ½ Rt. in Rechnung gestellt; BARTZ, Köln, S. 264, Anm. 1312.
[9] tückt: zückt.
[10] fallirt: scheitert.
[11] SCHLOTTER, Acta, S. 251.
[12] Johannes Ernst Freiherr v. Reuschenberg [Rauschenberg, Ruischenberg, Rauseenberg, Reuphenberg] [29.3.1603 in Setterich getauft-5.3.1660 Köln], Sohn des Edmund v. Reuschenberg [1561-1620] auf Setterich, ab 1632 kaiserlicher Obristleutnant; 1634-1643 Festungskommandant v. Wolfenbüttel; kurbayerischer Obrist (1635), Generalwagenmeister (1640), kaiserlicher Feldzeugmeister (1644) u. Feldmarschall (1648), 1651 Feldmarschall des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm v. Pfalz-Neuburg [1578-1653] im Herzogtum Jülich u. Berg; 1653 westfälischer Kreis-Obrist. Vgl. REUSCHENBERG, „Jesus Maria und kein Quartier !“; EHRENPREIS, Feldmarschall Johann von Reuschenberg. Nach http://www.bildarchivaustria.at Sterbejahr 1659 !, wahrscheinlich das Entstehungsjahr des Stichs.
[13] Wolfenbüttel; HHSD II, S. 503ff.
[14] SCHLOTTER, Acta, S. 253.
[15] SCHLOTTER, Acta, S. 253.
[16] Soldateska: Soldaten, teilweise auch abwertend gebraucht für Soldatenhaufen bzw. Söldner.
[17] Kartäuser [lat. Ordo Cartusiensis, Ordenskürzel OCart]: römisch-katholischer Orden, der die eremitische mit der zönobitischen Lebensweise verbindet u. der auf den heiligen Bruno v. Köln zurückgeht. Ihr Wahlspruch ist: Stat crux dum volvitur orbis (Das Kreuz steht fest, während die Welt sich dreht). Die Kartäuser unterscheiden daher drei Arten v. Mönchen: Priestermönche (lat. Patres), auch Chormönche oder wegen der um den Großen Kreuzgang angeordneten Zellen, die sie bewohnen, auch Kreuzgang- bzw. Zellenmönche genannt, Brüdermönche (lat. Fratres conversi), auch Laienbrüder oder Konversen genannt, u. Donaten.
[18] SCHLOTTER, Acta, S. 260.
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