Bubna, Jaroslav Graf z

Bubna, Jaroslav Graf z; Oberkommissar [ – ] Jaroslav z Bubna war kaiserlicher Oberkommissar.

Über den Überfall schwedischer Einheit en[1] Königsmarcks[2] auf die Prager Kleinseite[3] vom 29.7.1648 aus der Prager Altstadt heißt es: „Von dem Ob. Burggrafen[4] sagt man, dass er an der Fraiss[5] gestorben. Item, dass der Graff Boraba[6] (sic), Graff Wrschowez,[7] Graff Lassanzky,[8] Herr Oktavian Kynzky,[9] welcher sehr zerhauen seyn soll, weil Er sich starckh gewehrt, niedergemacht worden. So hat sich auch der redliche Rittmeister[10] Kenneman im Bodt gewehrt, biss er nebenst 7 andern erschossen worden. Es solle auch für gewiss todt seyn Hr. Secretari Alsterle Dinony (sic), der Bürgermeister, der Hauptman Baum, der Zeugewarter,[11] ein Bürger und Riemer[12] seines Nambenss Alex, ein Rathsbürger bey den 3 goldenen Berkhen und viel andere mehr. Den Fedschmukher[13] gegen die 2 Klokhen haben sie an sein Hausthür gehenkt. Aniezo Nachmittag bekamen wir Nachricht, dass die kleine seithen ganz ausgeplündert, und dass er (Königsmark) alles auf die Wagen werpfen und wegführen lassen, das Silber bei dem Colloredo,[14] so 60 Zentner gewesen ist, auf Maulesel geladen und fortgeschickht. Der Saal vnd Kunstkammer soll auch ganz hinweg sein. Man sagt, dass der Miseron (der königl. Schatzmeister auf dem Prager Schlosse) bey bedrohung der Tortur alles zeigen müssen. In summa hat der Feind einen vnaussprechlichen schaz bekommen. Das mittagmal am Sonntag hat er bey der Fürstin von Lobkowicz[15] gessen, und dess Nachts siehet man in Ihrer Mayst. eigener Wohnkammer lichter, daher man vermuthet, dass sich Königsmärckh darin lustig mache. Dato hat Er an dem Bruckthor im Thurn keinen grossen schaden gethan. Gott wöhl die Armen ausgeblünderten, sonderlich die an diesem so groben föhler nicht schuldig sein, in ihrem elend trösten, uns aber die gnad geben, dass wir diese Städte erhalten, so ist Ihro Mayst. und unss geholfen. Vmb den Herrn Cardinalen[16] vnd andern, wie es sonsten gehet, hat man keine eigentliche Nachricht. Dann, wan schon iemandt herüber kommt, so kann er nichts wissen, alss was gleichsamb im hauss gechehen, weil Niemands von den Ihnwohnern aus seinem Hausse darff“.[17]

Am 20.8.1648 informierte Walter Leslie[18] aus Linz[19] Piccolomini:[20] Prag warte vergeblich auf Hilfe, die Schlick[21] schicken soll. Derjenige Teil der Stadt, den die Schweden nicht besetzten, leide unter der Blockade und unter Lebensmittelmangel. Die Verteidigung sei umso bewundernswerter, da keine Hoffnung auf Hilfe bestehe; andererseits könne die kaiserliche Armee ohne Rückgewinnung Prags den Krieg nicht weiter führen. Darum verlasse man sich auf die Verhandlungen in Münster,[22] die aber durch die Rücksichten der schwedischen Bevollmächtigten auf die Zustimmung Frankreichs verlangsamt würden. In Linz sei der von den übrigen Gefangenen in Prag abgesandte Graf Bubna erschienen.[23] In einem Berief aus Böhmen vom 15.9.1648 heißt es: „Mehr wird berichtet, dass der von Bubna,so zu dem Keyser[24] geschickht worden auf Parol wegen der gefangenen Herren, ist wiederkommen mit Vermelden: Ihr Kais. Mays. könnten ihnen ietzo nicht helffen, sie möchten selbst zusehen, wie sie sich helffen könnten“.[25]

Am 25.10. schrieb J. B. von Martinitz[26] aus Prag an Königsmarck: Er beklagte sich über seine Gefangenschaft in seinem Haus auf dem Hradschin, das ausgeplündert wurde; sämtliche Gold- und Silbersachen, Kleinodien und Bargeld wurden aus dem Haus getragen, die Pferde aus den Ställen weggeführt. Königsmarcks Sekretär, sein Hofmeister und der Proviantmeister hätten in Königsmarcks Namen 20.000 Rt. verlangt. Graf Bubna sei mit Berichten über Verhandlungen am Wiener Hof wegen der Freilassung der Gefangenen zurückgekehrt. Er selbst solle außer dem Silber noch 30.000 Rt. bezahlen, B. I. von Martinitz[27] 20.000 Rt. und Benno von Martinitz[28] 8.000 Rt. Königsmarck möge bei Pfalzgraf Karl Gustav[29] ihre Freilassung unterstützen.[30]

[1] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“.

Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen/ den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Betellbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentlicher Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Bähmen und Mähren, S. 160.

[2] Hans Christoffer Graf v. Königsmarck [12.12.1600 Kötzlin-20.2.1663 Stockholm], schwedischer Feldmarschall.

[3] Prager Kleinseite (tschechisch: Malá Strana): mit dem Kleinseitner Ring (tschechisch: Malostranské náměstí), Stadtteil von Prag, von 1257 bis 1784 eine rechtlich eigenständige Stadt unterhalb der Burg mit einem von der Altstadt deutlich abweichenden Charakter [nach wikipedia].

[4] Jaroslav Graf Bořita z Martinitz [6.1.1582 Smečno-21.11.1649 Prag], Burggraf.

[5] Frais: hier entweder a) Hirnhautentzündung b) andere entzündliche Hirnerkrankungen. Vgl. METZKE, Lexikon, S. 63.

[6] Jaroslav Graf z Bubna [ – ], kaiserlicher Oberkommissar.

[7] N Graf Wrschowez [ – ]

[8] N Graf Lassansky [- ] Mikuláš der Ältere Bechyňe v. Lažany [ – ] ?

[9] Jan Oktavián Freiherr Kinský v. Vchynice u. Tetau [1604-4.5.1679 Prag], kaiserlicher Obrist.

[10] Rittmeister (Capitaine de Cavallerie): Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte,  bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.

[11] Zeugwart (Zeugmeister): militärischer Beamter oder Offizier, dem das Geschützwesen unterstellt ist, auch Vorsteher des Zeughauses.

[12] Riemer: „Handwerker, welcher nicht nur lederne Riemen verfertigt, sondern auch andere Geräthschaften aus solchen Riemen zusammensetzt, daher die Wagen= und Pferdegeschirre, Zäume etc. die vornehmste Arbeit der Riemer sind“ [KRÜNITZ].

[13] Federschmücker (Federweiler): freier Handwerker, der Federn färbt und Schmuck daraus verfertigt.

[14] Rudolf [Rudolfo] Graf Colloredo [Coloredo, Coloreto, Coleredo, Colredo, Kolloredo]-Waldsee [Wallsee] [2.11.1585 Budweis-24.2.1657 Prag], kaiserlicher Feldmarschall.

[15] Fürstin Benigna Katharina Popel v. Lobkowitz-Bilin [23.3.1594-28.12.1653]

[16] Ernst Adalbert v. Harrach [4.11.1598 Wien-25.10.1667 Wien], Kardinal. Vgl. HARRACH, Diarien; http://www.univie.ac.at/Geschichte/Harrach/harrach_zur_person.htm.

[17] DUDÍK, Schweden, S. 303ff.

[18] Walter Graf Leslie [1606 Fettermaer House, Aberdeenshire-4.3.1667 Wien], kaiserlicher Feldmarschall.

[19] Linz; HHSÖ I, S. 66f.

[20] Ottavio Fürst Piccolomini-Pieri d’Aragona, Herzog v. Amalfi [11.11.1599 Florenz-11. 8.1656 Wien], kaiserlicher Feldmarschall. Vgl. BARKER, Piccolomini. Eine befriedigende Biographie existiert trotz des reichhaltigen Archivmaterials bis heute nicht. Hingewiesen sei auf die Arbeiten von ELSTER (=> Literaturregister).

[21] Heinrich v. Schlick [Schlik], Graf zu Bassano [Passaun] u. Weißkirchen [1580-5.1.1650 Wien], kaiserlicher Feldmarschall, Hofkriegsrat.

[22] Münster; HHSD III, S. 537ff.

[23] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1158.

[24] Vgl. HENGERER, Kaiser Ferdinand III.; HÖBELT, Ferdinand III.

[25] DUDÍK, Schweden, S. 322.

[26] Jaroslav Graf Bořita z Martinitz [6.1.1582 Smečno-21.11.1649 Prag], Burggraf.

[27] Bernart Ignác Jan Graf Bořita z Martinitz [1603-7.1.1685], kaiserlicher Rat.

[28] Benno Graf Bořita z Martinitz [ – ].

[29] Karl X. Gustav König (1654) v. Schweden [8.11.1622 Nyköping-13.2.1660 Göteborg], schwedischer Generalissimus.

[30] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1202.

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