Abele von und zu Lilienberg, Dr. Matthias; Rat [17.2.1616 oder 1618 in Steyr – 14.11.1677 in Steyr] Abele von und zu Lilienberg[1] war der Sohn eines geadelten Hofkammersekretärs und der Bruder des Juristen Christoph Ignaz Abele von und zu Lilienberg. Die Familie war aus Schwaben 1547 in die Steiermark eingewandert.
Abele studierte zunächst in Graz Philosophie, ging aber später nach Wien und wechselte zu Jura. Er promovierte dort zum Dr. jur., was ihm die Ernennung zum „Comes palatinus“ durch den kaiserlichen Hof einbrachte.
Von 1641 bis 1643 war Abele am Stadtgericht Wien tätig. 1644 wechselte er in die Regierung von Niederösterreich. 1645 wurde er zum Stadtschreiber von Krems[2] und Stein[3] gewählt.
„Anfang 1645 reist der Wiener Anwalt Matthias Abele nach Krems, um dort die Stelle des Stadtschreibers anzutreten. Der drohende Einfall der Schweden legt jedoch die Stadtobrigkeit lahm, so daß der Dienstbeginn auf unbestimmte Zeit verschoben wird. Flüchtende kaiserliche Soldaten überschwemmen Krems, die Gasthäuser riechen überall nach Tabak, dessen glühende Asche auf die Strohbetten der Gäste zu fallen droht. Der Wiener Anwalt wird von zwei Zimmergenossen bis zum Erbrechen zum Trinken gezwungen, er versucht nach Mautern[4] auszuweichen. Die Brücken sind niedergerissen, die Fähren von Soldaten besetzt, doch der Flößer erbarmt sich seiner und nimmt ihn mit. Der Anwalt kann zu Fuß nach Tulln[5] und dann per Schiff nach Wien entkommen, wo man sich bereits auf eine Belagerung vorbereitet, so daß er seine Frau zu den Eltern nach Steyr[6] schickt: Ich aber bliebe zu Wien / und thäte neben anderen meines Gelüfters [meines Schlages] Spießgesellen / weilen dazumal bey den Gerichtern und so offentlich eingerissnen Kriegsgeschrey weniges Feder- oder Maulgetümmel war / die jenige durch den Wiener Wald auf Callesen reisende Personen / gegen gebührlicher Belohnung mit Büchsen und Degen convoyren.
Dermaßen schildert der Sekretär der Innerberger[7] Eisengewerkschaft und kaiserliche Hofhistoriograph Matthias Abele von und zu Lilienberg rückblickend in der Erzählsammlung „Vivat oder Künstliche Unordnung“ (1609-73) den Beginn seiner Kriegserlebnisse. Abele beansprucht Wahrheit für das Erzählte, auch wenn fast dieselben Motive und Szenen der soldatischen Gewalt und Trunkenheit in anderen zeitgenössischen Texten wiederkehren, etwa in Moscheroschs Traum vom „Soldaten-Leben“. Er braucht dem Leser nur einleitend das Stichwort „Jankau“[8] zu geben, um die Atmosphäre der Angst und des Schreckens heraufzubeschwören. Noch deutlicher als Jacques Callot in seinem Bilderzyklus oder Grimmelshausen in seinen Romanen stellt Abele die Klage über die militärischen Übergriffe in den Dienst der fürstlich-absolutistischen Friedensordnung, die er anläßlich der Niederschlagung des ungarischen Magnatenaufstandes 1671 feiert. Die grausamen und undisziplinierten Soldaten sind in seinem Bericht nicht die kaiserlichen Soldaten schlechthin, sondern flüchtende Soldaten. Abeles Erinnerungen berichten gleichzeitig vom Einbruch des Krieges in das soziale Leben der Bevölkerung und in die eigene berufliche Laufbahn. Die Residenzstadt kann ihre Anwälte nicht mehr ernähren, doch gleichzeitig eröffnet sie ihnen in der florierenden „Reisebranche“ neue finanzielle Möglichkeiten. Abele differenziert seine Kunden nicht. Obwohl Teile von Hofadel und Bürgern die Stadt zeitweise verließen, war Wien auch zur Zeit des Schwedeneinfalls ein Knotenpunkt für Reisende. Flüchtlinge aus den böhmischen Ländern, Kaufleute, Boten und Generäle frequentierten die Stadtausfahrten. Politische bzw. militärische Gründe dominierten im Gefolge der kaiserlichen Machtkonzentration den frühen „Wien-Tourismus“ im 17. Jahrhundert. Die Frühneuzeit-Forschung betont die Notwendigkeit, zur Erfassung des Phänomens „Reisen“ von einem möglichst breiten Mobilitätsbegriff auszugehen. Abele erzählt über seine Wiener Anwaltszeit, daß er während einer Reise in Mautern durch Unbedachtsamkeit zum Regimentsschultheißen wurde und sich nur durch eine Schuldverschreibung von dieser Verpflichtung löste“.[9]
1648 wurde er Sekretär der Innerberger Eisengewerkschaft in Steyr. In den darauf folgenden Jahren war er mit diplomatischen Aufträgen nach Wien, Graz, Prag und Pressburg unterwegs. 1658 wurde er zum Obersekretär der Eisengewerkschaft.
1652 wurde Abele durch Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen in die „Fruchtbringende Gesellschaft“ aufgenommen. Er verlieh ihm den Gesellschaftsnamen „Der Entscheidende“ und das Motto ‚Was streitig ist“. Den Höhepunkt seiner Laufbahn erfuhr Abele mit der Ernennung zum kaiserlichen Rat und Hofhistoriographen.
Mit Dekret vom 5.11.1665 zeichnete Kaiser Leopold I. Abele mit dem Titel „von und zu Lilienberg, Erbherr auf Hacking“[10] aus.
Im Alter von ungefähr 60 Jahren starb Abele von und zu Lilienberg, Erbherr auf Hacking, am 14.11.1677 in Steyr.
[1] Biographische Angaben siehe wikipedia; VANCSA, Abele, S. 14f.; BLÖCHLINGER, Aus dem Leben, S. 269-273.
[2] Krems an der Donau [Statutarstadt]; HHSÖ I, S. 363ff.
[3] Stein [Stadtteil von Krems]; HHSÖ I, S. 564ff.
[4] Mautern [BH Krems]; HHSÖ I, S. 416f.
[5] Tulln; HHSÖ I, S. 586ff.
[6] Steyr; HHSÖ I, S. 117ff.
[7] Innerberg, heute Eisenerz, Bez. Leoben (Steiermark).
[8] Schlacht bei Jankau am 6.3.1645: 16.000 Mann schwedische Truppen unter Feldmarschall Torstensson besiegten ein kaiserliches Heer von 18.000 unter Feldmarschall Johann von Götz, der in der Schlacht fiel. Die Kaiserlichen hatten 4.000 Tote und Verwundete zu beklagen, verloren 4.500 Gefangene (darunter auch Melchior von Hatzfeldt) und alle Geschütze. Die Schweden büßten 2.000 Mann ein.
[9] TERSCH, Freudenfest, S. 155ff.
[10] HACKING, heute Bezirksteil von Wien.