Stunz, N

Stunz, N; Stadtleutnant [ – ] Stunz stand 1646 als Stadtleutnant[1] in kaiserlichen Diensten.

„Wie notwendig diese ständige Bereitschaft war und wie wenig unter Umständen auch diese gegen räubernde Soldatentrupps vermochte, beweist ein Vorfall vom 8. Juli 1646. Eine etwa 150 Pferde starke Abteilung von den Truppen des Generals [Gustav; BW] Horn  war aus Hessen-Cassel nach Merkers[2] gekommen, hatte dort den Schmied Jakob Bonn gebunden mitgeführt, der sie zum Haunischen Strauch bei Leimbach[3] führen mußte. Da derselbe abgeholzt war, konnten sie sich dort nicht verstecken. Sie lagerten daher im Langen Graben. Der Schmied mußte ihnen angeben, zu welchem Tor die Salzunger[4] ihr Vieh hinaustrieben. Sie hätten Befehl, den Salzunger Stadthirten mitsamt dem Vieh hinwegzuführen. Nach genauer Erkundung der Offiziere von den benachbarten Bergen aus brachen sie am Morgen des 8. Juli [1646 a. St.; BW] unter dem Schutze des herrschenden starken Nebels auf und kamen, ehe sie von der Wache auf den Bergen (wahrscheinlich am Frankenstein und auf dem Mühlberg) entdeckt wurden, bis dicht vor die Stadttore und an Allendorf[5] heran und gaben auf einige vor dem Obertor auf der Straße gehende Bürger Feuer. Alles auf der Weide befindliche Vieh, das in der Eile nicht in Sicherheit gebracht werden konnte, von Salzunger Bürgern 15 Ochsen und 5 Kühe, aus den Dörfern Wildprechtroda,[6] Leimbach, Langenfeld[7] und Hermannsroda[8] überdies 94 Stück Groß- und Kleinvieh, wurde zusammengetrieben und mitgenommen. Oberstleutnant[9] Schmied, der sich mit seinem Gesinde auf dem Röhringshof zur Heuarnte befand, eilte auf die Kunde von dem Überfall sofort nach Tiefenort,[10] rief dort den Ausschuß[11] zusammen, konnte jedoch nur 16 Mann bewegen, ihm zu folgen. Am Arnsberg kam er so nahe an die Reiter, daß er das Feuer eröffnen konnte, worauf diese sich zunächst trennten, dann aber das Feuer erwiderten. Trotzdem er den Räubern auf den Fersen blieb und versuchte, ihnen bei Dorndorf[12] den Paß abzuschneiden, vermochte er mit seinen 16 Mann nicht zu verhindern, dass sie entkamen. Von Salzungen aus war ihnen der Stadtleutnant Stunz mit einer kleinen Abteilung Bürger auf dem linken Werraufer gefolgt, jedoch ebenfalls ohne Erfolg. Auch ein nochmaliger Versuch des Oberstleutnants Schmied, mit 75 Mann aus beiden Ämtern den Räubern auf den Leib zu rücken, scheiterte.

Das geraubte Vieh wurde dann durch Vermittlung des von Herzog Ernst[13] um Hilfe angerufenen Landgrafen Hermann von Hessen-Cassel[14] und des Amtmanns zu Friedewald,[15] das Stück zu 7 Rtlr., zum größten Teil wieder eingelöst. Der Vorfall bewies jedoch, dass der Ausschuß sowohl in Stadt und Amt Salzungen als auch im Amt Creyenberg[16] seine Pflicht nicht erfüllt hatte, ja daß sich zahlreiche Bürger der Aufforderung zur Folge entzogen hatten, wodurch der Herzog sich veranlaßt sah, ihm sein Missfallen auszusprechen und seinen Beamten anzubefehlen, den Bürgern und Bauern Zweck und Nutzen seines Defensionswerkes aufs neue einzuschärfen“.[17]

[1] Stadtleutnant: in kleineren Städten Kommandant des => Ausschusses.

[2] Merkers, heute Ortsteil von Merkers-Kieselbach [Wartburgkreis].

[3] Leimbach [Wartburgkreis].

[4] [Bad] Salzungen [Wartburgkreis]; HHSD IX, S. 36ff.

[5] Allendorf, heute Stadtteil von Bad Salzungen [Wartburgkreis].

[6] Wildprechtroda, heute Stadtteil von Bad Salzungen [Wartburgkreis].

[7] Langenfeld, heute Stadtteil von Bad Salzungen [Wartburgkreis].

[8] Hermannsroda, heute Ortsteil von Leimbach [Wartburgkreis].

[9] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[10] Tiefenort [Wartburgkreis].

[11] Ausschuss: Bürgerwehr: (zumeist relativ wirkungslose, unzuverlässige und aufsässige) Miliz zur selbstständigen Landesverteidigung (vgl. Landwehr), die teilweise schon beim ersten Musketenschuss auseinanderlief oder als Kanonenfutter diente, wenn sie nicht unter dem Schutz von Soldaten eingesetzt wurde. Zum Dienst im Ausschuss konnten sowohl Bürger – meist kleine Handwerker und ärmere Bürger, reichere Bürger drückten sich vor diesem Dienst –  als auch Bauern der städtischen Dörfer herangezogen werden. Üblich war die Stellung des 5. oder 10. Mannes. Die Erfurter Bürgerwehr soll aus 1.200 Mann bestanden haben; BEYER; BIEREYE, Geschichte der Stadt Erfurt, S. 537. Zur Nutzlosigkeit des Bürgerausschusses vgl. die Äußerungen des brandenburgischen Kanzlers Friedrich Pruckmann [1562-1630]; FADEN, Berlin, S. 144: Sie wurden „von ihrer zween angeführt, die ihr Lebetage wohl keinen toten Menschen im Felde gesehen. Da war ein Trommelschlagen, Platzen und Schießen, auch Schreien in beiden Städten [Berlin und Cölln] die ganze Nacht hindurch, dass ihrer wohl wenige dieselbe Nacht werden geschlafen haben. Denn es war alles besoffen, was da war. Da hätte man wohlbeschossene Musketiere sehen sollen; der eine schoß die Lunte mit hinweg; dem andern entfiel der Ladestecken, dem dritten die Forschett [Gabelstock]; dem vierten versagte die Muskete zwei- bis dreimal; der fünfte steckte die Nase gar in den Ärmel, wenn er schießen wollte, gleich den Mönchen, Pfaffen und Jesuiten, die vor etlichen Jahren zu Paris gassatim gingen, Die dann losgeschossen hatten, konnten zu keiner Ladung wieder kommen, also voll waren sie. Die Pikeniere trugen die Pike auch gar musterlich, zu geschweigen, dass sie solche sonsten zu gebrauchen sollten gewusst haben. Summa, man hat nur lauter Schimpf gehabt“. FADEN, Berlin, S. 153f. Teilweise wurde schon aus Kostengründen der Ausschuss von Städten abgelehnt; BRUNS, Hallenberg, S. 258f.; WALLHAUSEN, Defensio Patriae.

[12] Dorndorf [LK Wartburgkreis].

[13] Ernst I. von Sachsen-Gotha-Altenburg, der Fromme [25.12.1601 Altenburg – 26.3.1675 Gotha]. Vgl. JACOBSEN; RUGE, Hans-Jörg (Hg.), Ernst der Fromme.

[14] Hessen-Rotenburg, Hermann IV. Landgraf von [15.8.1607 – 25.3.1658].

[15] Friedewald [Kr. Hersfeld]; HHSD IV, S. 149.

[16] Creyenberg: nicht identifiziert.

[17] TENNER, Salzungen, S. 147f.

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