Sachsen-Altenburg, Friedrich Herzog von

Sachsen-Altenburg, Friedrich Herzog von; Obrist [12.2.1599 Torgau-4.11.1625 bei Seelze]

Friedrich von Sachsen-Altenburg, auch Friedrich „mit der leeren Tasche“ genannt, war aus kursächsischen Diensten[1] in spanische getreten.

Der Erfurter[2] Blaufärber Hans Krafft [1584-1665][3] hält fest: „Anno 1620 im Januar so haben unsere Herren die Bürgersöhne [in Musterrollen] schreiben lassen und etliche als Soldaten angenommen und etliche auf die Türme über Doppelhaken und Falkonettlein gestellet wegen der Gefahr [durch] Hertzog Fritzen seines Kriegsvolks“.[4]

1622 legte er in Sachsen-Altenburg einen Werbeplatz an.

Der schwarzburg-sondershausische Hofrat Happe[5] hält in seiner „Thüringischen Chronik“ fest: „Anno 1622 den Tag vor Nicolaj ist etzlich geworbenes Volck, Hertzog Fritzen von Sachsen=Altenburg zustendig, in Greußen[6] einquartiret worden, deren Capitan Oßwalt von Bodendieck geheißen. Die haben mit der Stadt sehr übel gehauset und unter andern auch meinen lieben Bruder Valtin Happen zu Greußen in seinem Haus gegen abends überlaufen und jämmerlichen erstochen, der sich aber tapfer gewehret und mit einer Hellebarten vier Soldaten dermaßen beschediget hat, dass man sie auf Wagen hinweg führen müssen, die davon auch alle 4 gestorben seyn sollen. Gott sey die Rache befohlen. Aus Greußen ist diese ehrliche Rotte in die Erfurter Dörfer gerücket, da Hertzog Fritz mit etzlichen tausend Mann gelegen, etzliche hundert arme Bauren jämmerlich erschlagen und sehr unchristlich tyrannisch sonderlich in dem Dorfe Udestedt[7] gehandelt bis zu Ende dieses Jahres. Dahero große Furcht, Angst und Noth in der Herrschaft Schwartzburg gewesen, hat sich also dies Jahr mit großen Trauren geendiget.

In nomine Jesu incipit annus 1623, qui faelix faustus sit faxit ab alto Deus. Januarius anno 1623. Flebile principium, melior furtuna sequatur. Faxit stelligeri qui regit astra poli ![8] In diesem Monath ist es im Erfurter Gebiet sehr übel zugangen; denn Hertzog Friedrich von Sachßen Altenburg mit etzlichen tausend Mannen zu Ross und Fuß geworbenen ausländischen und einheimischen Kriegs Volck vor den König in Hispanien sein Winter Lager in den Erfurtischen Dorfen mit Gewalt genommen, etzliche hundert Bauren in Udestedt und andern Dorfen, die sich wiedersetzet, jämmerlichen ermordet, alles geplündert, geraubet, geschendet und verderbet worden, dass es zu erbarmen und hoch zu beklagen. Es ist ein unaussprechlicher Jammer der Orte gewesen, dass der gerechte Gott zweifel=frey ungestrafet nicht lassen wird. Im Zeitungen ist geschrieben, dass dieses gottlose altenburgische Krieges Volck eine rechte spanische ecclipsis an der lutherischen Sonnen in Thüringen sey. Erfurt ist vor diesen verschlossen gehalten worden und die armen Bauren hülflos gelassen. Doch haben sich die Bauren auch männlich gewehret, sonderlich in Udestedt, das sie mit Wagen und andern verwahret und dapfer Feuer unter die gottlosen Kriegs Gurgeln geben, auch manchen tollen Hachen[9] das Licht ausgeleschet worden mit Flegeln und andern, also dass Hertzog Fritz mit großen Stücken vor das Dorf rücken und es darmit beschießen müssen. Darvon denn sehr schimpflich allenthalben discurriret worden, sind auch viel schendlich Lieder und Pasquellen davon gedichtet und man den Hertzog nur Fritzen mit der lehren Daschen intituliret. Gott gebe uns den lieben Frieden und behüte uns vor solchene incarnatis Diabolis[10] umb Jesu Christi willen. Amen, Amen, Amen. An allen Orthen der Welt nichts als Krieg und Kriegs Geschrey. Gott steure dem Bösen. Es sind auch etzliche von dem altenburgischen Kriegs Volck in das Furwerck zum Luthersborn[11] bey Nach[t] Zeiten in diesem Monath [ein]gefallen. Haben den Hofmeister erschossen, so Meister Hanns Freytag genant, dessen Bruder aber, der Schäfer Claus Freytag, ist ihnen entsprungen. Darauf die Buben das Fuhrwerck alles ausgeplündert. Strafe du gerechter Gott, strafe. Summa alle Winckel sind voll worden und Rauberey kann von Anbeginn der Welt kaum so arg gewesen seyn. In Greußen haben die gantze Zeit über alle Tage 200 Mann wachen müssen. Zu Ende dieses [Monats] hat solch altenburgisch Krieges Volck aus den Erfurtischen Dorfen,

da es alles aufgezehret und im Grundt verderbet hat, in die Herrschaft Schwartzburg verrücken sollen. Das erste Quartier ist bestellet gewesen zu Frankenhausen[12] und selbigen Refier, das andere zu Sondershausen[13] und das dritte im Amte Keula,[14] und hat Hertzog Fritz sein Quartier auf dem Hause Keula haben sollen, ist auch alles darzu verordnet gewesen, worüber die armen Leuthe allenthalben sehr betrübet gewesen. Ich selbsten habe Weib und Kind von einem Ort zum andern geschicket, ist aber an keinem Orthe Friede oder Sicherheit gewesen. Als nun die Furcht und obschwebende Gefahr am allergrößesten, kommet der allmechtige gütige Gott und hülft unverhofft genädiglich, cum duplicantur lateres venit Moises“.[15] „Denn wie das Krieges Volck zum Aufzuge vermahnet wird, rebelliren sie allesamt, rufen Gelt oder wir rücken aus dem Feld. Wie nun keine Zahlunge vorhanden, reißen sie alle aus, laufen davon und zerstübet der unnütze Haufe gantz und gar. Wie froh wir nun dieser Orthen gewesen, ist nicht auszusprechen. Gott Lob und Danck, der nicht zugab, dass ihr Schlunt[16] uns möcht fangen“.[17]

Happe schreibt über die Schlacht bei Stadtlohn:[18] „Den 27. Juli anno 1623 ist Hertzog Christians von Braunschweig, Bischofs zu Halberstadt,[19] Armee von dem beyerischen Volck gantz und gar geschlagen worden. Alhier hat der gerechte Gott grausam gerechnet. Das unschuldige Blut meines lieben Bruders [Valtin Happe], Bürgers zu Greußen, den Hertzog Fritzen von Sachsen Altenburg Soldaten vorm Jahre auf den Abend Nicolai in seinem eigenen Hause erstochen, auch das viele unschuldige Blut, so seine feige Krieges Gurgeln in den Erfurtischen Dörfern tyrannisch vergossen. Desgleichen ist auch die Tyranney und Muthwill des weimerischen Volcks, so unter Hertzog Wilhelmen von Sachsen Weymar, die nechst verschiedene Fasten in der Herrschaft Schwartzburg und andern Orthen, auch in Greußen, übel hausiret, endlich gestraft worden. Hertzog Fritze von Sachsen Altenburg ist gefangen worden. Hertzog Wilhelm von Sachsen Weimar ist übel geschossen und auch gefangen worden beneben vielen andern Grafen und Herren, darunter sonderlich auch der Oberste Fräncke, der das weymarische Volck geführet. Auch sind 2 Grafen und viele vom Adel todt blieben. Justus est Dominus et justa judicia ejus.[20] Hertzog Christian ist in die Niederlande entronnen“.[21]

Der Rudolstädter[22] Landrichter Michael Heubel [1605 – 1684][23] notiert in seinen „Anmerkungen“: „Den 19. September [19.9.1623; BW] ist Hertzog Friederich von Sachsen Altenburg von Saalfeldt[24] hehrab uf Stadt Illmen[25] kommen, begehrte uf 300 Croaten in der Stadt Quartier. Herr Graf Albrecht zue Schwartzburg und Hohnstein Gnaden aber ließen sich mit Unpässlichkeit durch Herrn Capitain Hanns Valtin Heßelbachen entschuldigen, gab Quartier nacher Dienstedt,[26] allwo das Hauptquartier im Gasthoff war, ließ Wein, Victualien und Hafer hinschaffen. Die Übrigen bekamen Quartier zu Elch-[27] und Witzleben,[28] hielten aber übel haus und marschirten erst des andern Tages in die Erffurther Dörfer, und weiln die Erffurther dem Hertzog Fritzen mit der lehren Taschen sollen geheißen haben, wolte er von ihnen 60000 Rthlr haben, sie verweigerten es aber und mussten ihm Quartier geben. Der Hertzog hielt umb obige Gelder mit Betrohung an oder er wolte sich umb so viel bezahlt machen, tractirte des Rats Abgeordnete gantz ungnädig, also dass ein Schluss und ein Verstandt gemacht war, dass ein jedweder Bauer, F so ein Soldaten [hatte], in Mitternacht mit Äxten und andern Bauerninstrumenten erschlagen und umbbringen solten, wie es dann auch mit sonderbaren Fleiss geschehen und die meisten todt geschlagen worden. Darmit hat so genande keyserliche Werbung und spanische Bezahlung ein Ende genommen, der gantze Handel gestilt und niemahls darnach gefragt worden“.[29]

Angeblich hatte er am 20./30.9.1623 vom Erfurter[30] Rat 60.000 Reichstaler gefordert, der Rat aber habe den Bauern befohlen, die in den Quartieren liegenden Soldaten zu erschlagen, was auch geschehen sei.[31] Auf Grund der Beschwerden soll Kursachsen ihn genötigt haben, die spanischen Dienste wieder aufzugeben.[32] Darauf wurde er Obrist unter Christian von Braunschweig, später stand er in dänischen Diensten.[33]

Am 4.11.1625 kam es bei Seelze[34] zu einem Gefecht der Ligisten mit Friedrich von Sachsen-Altenburg und dem zu seiner Unterstützung herbeigeeilten Obentraut, die beide fielen.[35]

Die dänischen Truppen hatten sich wohl auf einen Angriff vorbereitet, indem sie Verschanzungen im Verlauf der Osnabrücker Heerstraße bei Letter[36] (im Verlauf einer inzwischen abgetragenen Sandhügelgruppe) und vor Seelze am Bachlauf der Bredenbeeke anlegten.[37] Am 27. Oktober wurden die dänischen Stellungen durch Friedrich von Sachsen-Altenburg mit 700 Reitern verstärkt, die bei Seelze ihr Lager aufschlugen und zur Sicherung des Rückzugs offenbar nahe dem Dorf einen Steg über die Leine bauten.

Tillys[38] Vorhut und Spähtrupps begnügten sich damit, den Gegner zu beobachten, und versetzten die Dänen in eine zunehmend nervöse Alarmstimmung. Um dem ein Ende zu bereiten, wollte Friedrich von Sachsen-Altenburg in der Nacht vom 3. auf den 4. 11. Tillys Vorposten angreifen. Für den geplanten Überfall sollten zur Verstärkung aus dem Raum Wunstorf[39] dänische Fußregimenter herangeführt werden, die ihr Ziel in der Dunkelheit jedoch nicht erreichten; möglicherweise wurden sie irregeführt. Friedrich von Sachsen-Altenburg hielt die Reiterei die halbe Nacht in Kampfbereitschaft, musste aber in den frühen Morgenstunden, da die Verstärkung nicht in Sicht war, den Angriffsplan fallen lassen. Am 3.11. zwischen 10 und 11 Uhr hatte Tilly die Festung Calenberg[40] in seine Gewalt bekommen. Umgehend machte er sein Heer marschbereit und wandte sich nach Norden, um die Dänen bei Seelze zu überraschen.

Die Liga-Truppen benutzten nicht die Osnabrücker Heerstraße, die sie auf die dänischen Verschanzungen geführt hätte, sondern zogen hinter dem Lindener Berge über Davenstedt[41] auf die Hügelkette von Heisterberg[42] und Linnenberg.[43] Die dänischen Vorposten konnten offenbar weitgehend umgangen werden; Heinrich Busse berichtet (aus unbekannter Quelle), daß sich der Sicherungsposten Limmer[44] mit Tillys Nachhut ein kleines Scharmützel geliefert habe, als die Hauptmacht des Heeres schon vorbei gezogen sei. In der Morgendämmerung des 4. November wurde ein bei der Harenberger Mühle liegender Vorposten der Dänen von Tillys Truppen überrumpelt. Bei Döteberg[45] stellte Tilly seine Truppen auf und der Angriff auf die gegnerische Stellung bei Seelze begann.

Der von spätem Alarm aus dem Schlaf gerissene Friedrich von Sachsen-Altenburg versuchte in aller Eile, einen Gegenangriff zu organisieren, der jedoch schon im Ansatz erstickt und zurückgeworfen wurde. Obentraut, der sein Quartier bei Almhorst[46] gehabt haben soll, wurde durch Meldereiter alarmiert und eilte Friedrich von Sachsen-Altenburg zu Hilfe. Die Lage wurde durch seinen Einsatz zwar vorübergehend stabilisiert, er konnte jedoch den zweiten Angriff Tillys nicht aufhalten oder gar zurückwerfen.

In dem unübersichtlichen Kampfgetümmel wurde Obentraut von mehreren Pistolenschüssen verwundet, geriet so in Gefangenschaft und verstarb kurze Zeit später. Die Mannen des Herzogs von Sachsen-Altenburg flüchteten in Richtung des Seelzer Leineübergangs, der aber für viele zu einem unüberwindlichen Engpass wurde. Nur wenigen gelang es, die Leine zu überqueren und so den nachsetzenden Tillyschen Truppen zu entkommen. Der am Arm verwundete Friedrich von Sachsen-Altenburg wurde auf dieser Flucht von einem bayerischen Fähnrich eingeholt und durch einen Schuss in den Kopf getötet. Altenburg war 27 Jahre alt. Sein Tod und der einiger weiterer Offiziere verstärkten die Konfusion der dänischen Truppen, und nach kurzer Zeit war der Kampf mit einem überwältigenden Sieg der ligistischen Truppen entschieden.

Obwohl die dänischen Truppen empfindliche Verluste erlitten, hatte die Niederlage bei Seelze am Ende keine strategischen Auswirkungen. Tilly schrieb einige Tage nach dem Gefecht in einem Brief an Maximilian I. von Bayern,[47] der Tod Obentrauts bei Seelze sei der eigentliche Erfolg dieses Gefechts gewesen. Hannover, das Tilly gern besetzt hätte, wurde anschließend nur wenige Tage erfolglos belagert, dann zog das Heer wieder in Richtung Weser.

Die Hannover’sche[48] Chronik berichtet dazu: „Den 23. Oct. nach Eroberung des Hauses Calenberg hat Tilly mit etlichem Volke sich nach dem Stift Hildesheim gewandt. Inmittelst hatte der Königl. General-Lieutnant über die Cavallerie einen Anschlag mit etlichen Compagnien auf Pattensen[49] gemachet, die Tillyschen darin zu überfallen in der Nacht. Dieweil sie aber aus ihren Quartieren um Seelße vor dem Deister hinauf gezogen in der Nacht, und kein Mondschein war, sein sie durch die Bauren nicht recht geführet, daß sie im Holtze verirret und der Tag darüber angebrochen, wodurch der Anschlag des Morgens den 24. Oct. mißrathen, derowegen sie ihr Volk wieder zurücke nach ihren Quartieren marschiren lassen.

Obentraut aber, neben Hertzog Friedrich von Altenburg ist den 24. dito Vormittag in Hannover kommen.

Den 24. Oct. ist von I. F. G. Hertzog Friederich Ulrich ein Trompeter an die Stadt Hannover abgefertiget mit einem Schreiben und Befehl, Königl. Majestät zu Dennemark[50] Hauptquartier einzunehmen. Als Obentraut in Hannover gewesen und kürtzliche Antwort begehret, ist demselben a Consule geantwortet, daß man die Leute, so darzu gezogen werden müßten, nicht so bald könnte convociren, sollte morgen früh geschehen. Gegen Abend ist der von Obentraut und Hertzog Friederich von Altenburg wieder aus Hannover gezogen nach Seelße zu, da sie ihr Hauptquartier mit der Reuterey gehabt.

Dieweiln aber dem Tilly solch gehabter Anschlag auf Pattensen verkundschaft worden, hat er so bald in dieser Nacht zwischen dem 24. und 25. Oct. wieder einen Anschlag gemacht auf des von Obentrauts Quartier mit 12 Regimentern, in 15000 stark mit 8 Stücken Geschützes und nohtdürftiger Munition, ist aus dem Ambt Calenberg und Pattensen in gantzer Stille hinter dem Linderberge hin, Hannover vorbei marschiret, aber nicht die rechte Heerstraßen, in das Amt Blomenau[51] auf Harenberg[52] zu, da er zuvor auf die Königschen recognosciren lassen durch einen gewesenen und abgefallenen Königschen Quartiermeister. Etliche sagen, daß Tilly damahls gehabt nur 3000 zu Fuß und 3 Regimenter zu Pferde, als das Lindlohische [Timon Lintelo; BW], Cronburgische [Cronberg; BW] und Curtenbachische [Cortenbach; BW], der Graf von Anhalt [Anholt; BW] ist auch bey ihm gewesen.

Auf des Quartiermeisters Recognition hat Tilly den 25. Oct. des Dienstags Morgens sehr früh, als jedermann von den Königschen noch im Schlaf gelegen, eetliche Compagnien Reuter auf Seelße zu commandiret, welche die verlorne Schildwacht aufgenommen, dadurch etwas Tumult geworden geworden, daß der Königschen etliche in Seelße, wie auch Hertzog Friederich zu Sachsen-Altenburg, zu Pferde kommen, in der Eile hinaus vor das Dorf Seelße gerücket und mit den Tillyschen scharmutziret, welcher aber übermannet, vor Seelße erschossen und mit 21 Cornetten von seinen Reutern geblieben.

Darauf sein auch aus  den andern Quartiern, aus Lohne,[53] Gümmer[54] und anderen Dörfern bey 2 Regiment Reutere ankommen, so mit den Tillyschen scharmutziren müssen. Weil sie aber auch übermannet und viele davon geblieben, haben die übrigen sich mit der Flucht nach der Seelßer Brücke über die Leine salviren müssen, was in der Eile nicht hinüber kommen können, ist alles von den Tillyschen nieder gemacht worden.

Den 25. Oct. Dienstags Morgens sein in diesem Scharmützel etliche Hundert Reutere geblieben. Der von Obentraut ist tödlich verwundet (an dem Orte vor Seelße, da hernach seine Verwandten A. 1628 eine steinerne Seule zum Gedächtniß setzen lassen) und in des Grafen von Anhalt Kutsche geleget worden, darin er nicht lange hernach gestorben.

Als Obentraut, also tödlich verwundet, zu Tilly gebracht, hat er ihn als einen hiebevor in Ungarn gewesenen Bruder beklaget, darauf Obentraut geantwortet: In solchen Wassern fänget man solche Fische. Und ob der Tilly wohl Fleiß angewendet, ihn beym Leben zu erhalten und den Feldscherern anbefohlen, so ist er doch hernacher gestorben.

Es ist auch neben andern vom Adel ein junger Hanensee[55] geblieben. Das Königsche Fußvolk hat so bald aus ihren Quartieren zu der Reuterey nicht kommen können, als der Obrist Geistes [Berend Geist; BW] und andere Regimenter, der Obriste May [Adolf Mey; BW], welcher in Wunstorf[56] gelegen, hat aus seinem Vortheil nicht gewollt, ist in Wunstorf geblieben. Das Tillysche Fußvolk und dessen Geschütze ist zu diesem Treffen nicht kommen, sondern haben vor dem Holtze gehalten.

Der Tilly selber hat unter währendem Scharmutziren im Holtze Messe halten lassen, dabey er selber gewesen. Nach verrichtetem Scharmutziren sein die Tillysche in die verlassenen Quartiere der Königschen gefallen, dieselbe spoliiret, viele Beute und Bagagewagen bekommen.

Des Obentrauts und Hertzog Friederichs zu Sachsen-Altenburgs Cörpere sein nach dem Calenberge gebracht, des von Hanensee Cörper aber nach Pattensen“.[57]

Der Kriegsteilnehmer und spätere Kommandant von Weiden,[58] Augustin von Fritsch [1599 – 1662],[59] schreibt dazu: „vnd da wür Battensamb [Pattensen; BW] eingenommen, sein wür mit den Schmidt[v. Wellenstein; BW]ischen, alß meines Obristen vnd herrn von Gera Regiment, samt dreyen Compagnie zu Pferdt hinein gelegt worden, da wür dann nichts in der Statt gefunden, sondern vnser Prouiant alles auf den Landt hollen müssen, da vnnß dann der Feindt zimblichermassen aufgebasst, wie sich dann Herzog Früz von Altenburg, vnnd der General yber die Gauaveleri, der Oberthrautt, mit etlich 1000 Mann sich vnweit vnsers Quartiers, nechst bey hawber befundten, sobalden der Tilli dessen von vnsern Obristen ist berichtet worden, ist er mit etlich 1000. Mann in aller Eyl vf den Feindt loßgangen, demselben dermassen chargirt, daß daryber gedachter Herzog Friz von Altenburg, samt dem General von Obertrautt vf der Wahlstatt Todt geblieben, vnnd sein von Vns, die wür mit 1000. Mann comendirt gewesen, wieder in die Quartier nacher Pattensamb geschickht, vnd die zwey Generalen Todter mit vnß in deß Generals Tilli Gutschen gefürth, vnnd in der Kürchen beygesezt worden, biß sie förders nacher Hammeln[60] allwo vnser hauptquartir gewesen, geführt worden“.[61]

In der Hannover’schen Chronik heißt es weiter:Den 15. Febr. ist der Tillische Obrister [Blankart; BW], welcher den 2. Dec. 1625 gefänglich in Hannover gebracht und bis dato gefänglich gehalten worden, den Tillischen wiederum los gegeben und durch Rittmeister Dorstatt aus dem Leinthore convoiret, mit 5 Pferden des Abends um 3 Uhren, welchen der Rittmeister Dorstatt zur rechten Seite reiten lassen. Zu seiner Entledigung sein des Obentrauts und Hertzogen Friederichs zu Sachsen-Altenburg Körpere den 17. Febr. restituiret, hat also ein Lebendiger zwei Todte erlöset“.[62] […] „Den 17. Febr. sein des Obentrauts und Hertzogen Friedrich zu Sachsen-Altenburg Körpere von Calenberg, da sie bis dahero nach dem Treffen zu Seelße in Verwahrung gehalten, in Hannover gebracht, auf die Entledigung des Tillischen Obristen, welcher den 15. dito vor 2 Tagen erlassen worden, die Tillischen haben die Körpere in gemeinen Säcken geliefert im Linderfelde, auf dieser Seiten der Mordmühlen. Dieselben zu empfangen und abzuholen sein die 2 Compagnien Reuter, deren die eine in der Stadt, die andere auf der Neuenstadt quartieret, des Morgens frühe um 8 Uhren ins Feld gerücket, die eine in das Linderfeld, die ander aber ist vor der Ihmenbrücke neben etlichem Fußvolke behalten blieben, und sein davon 40 aus commandiret, so die Leiche von den Tillischen, welche ebenmäßig nicht stärker gewesen, um 11 Uhr empfangen und angenommen.

Die beyden Compagnien Reuter haben solche des Obristen Obentrauts und Fürstl. Leiche zusammt dem Fußvolk, welches auf der Neustadt gelegen, bis vor das Leinthor gebracht, da sie die beyden hie in der Stadt quartierte Königsche Fahnen angenommen und in Process, wie folget, herein geführet. Die Compagnie Reuter, so herein gelegen, ist vornan geritten, darauf ein Theil Musquetirer von den beyden Königschen Fahnen, zusammt den beiden Fahnen und etlichen Pikenieren, so gefolget. Darauf sein die Leichen geführet, jede auf einem bedeckten Wagen darüber noch darzu schwartz Wand gehenget gewesen, vor jedem Wagen 6 Pferde, vier Trompeter sein vor dem Wagen her geritten und auf jeder Seiten der Wagen vier Trabanten gegangen. Nach denen Leichen sein wiederum Pikenierer und dann Musquetirer gangen, zuletzt die Compagnie Reuter, so auf der Neustadt quartieret, gefolget.

Die Musquetirer sein mit umgekehrten Musqueten, die Pikenierer und Officirer mit bey sich herschleppenden Piken und Pertisanen und gedempfeten Trommelspiel gangen, die Reuter mit niedergewandten Bandeliren geritten. Sein also mit solchem Process die Leinstraße hinan über das Markt (darauf die Englische, Herzog Christian zugesandte Munition gestanden) durch die Seelwindesstraße, die Osterstraße hinauf nach S. Aegidien Kirche marchiret, da die Leiche auf dem Kirchhofe von dem Wagen genommen und in die Capelle daselbst gesetzet, um 12 Uhr des Mittags bey wehrendem Process hat man auf allen 3 Kirchthürmen den Leichen geläutet. Sein in schlechten vierkantigen gemeinen Sarcken herein gebracht und nicht balsamiret gewesen, derowegen sie folgende Tage balsamiret worden“.[63]

Happe hält in seiner „Thüringischen Chronik“ fest: „Diesen Monath ist es im Braunschweigischen Lande übel zugangen; denn darin gelegen der König von Dännemarck mit viel tausend Man, auch hat der Hertzog von Braunschweig etzlich geworben Volck gehabt, wider diese hat die Keyserische Armee unter dem General Grafen zu Tylli auch zu Felde gelegen in selbigem Lande, zwischen denen es manch hartes Treffen abgeben, ist auch unter anderm auf des Königes von Dännemarck Seitigen todt bleiben in einem Treffen Hertzog Fritze von Sachsen Altenburg, dessen Soldaten 1622 auf den Abend Nicolaj zu Greußen meinen lieben Bruder Valtin Happen jämmerlich erstochen und in den Erfurtischen Dörfern fast unchristlich gehauset“.[64]

[1] Vgl. SENNEWALD, Das Kursächsische Heer (ab November 2012).
[2] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff.
[3] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 144f.
[4] KRAFFT fol. 99v; mdsz.thulb.uni-jena.de.
[5] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 111f.
[6] Greußen [Kyffhäuserkreis].
[7] Udestedt [Kreis Sömmerda].
[8] Im Namen Jesu beginnt das Jahr 1623, Gott in der Höhe lasse es glücklich und gesegnet sein. Januar 1623. Zu beweinen ist sein Anfang, ein besseres Schicksal möge folgen. Dies mache der, der die Sterne am gestirnten Himmelszelt lenkt und regiert !
[9] Hache: Bursche, junger Mensch; insbes. abwertend: jugendlicher Nichtsnutz, auch leichtfertiges Weib habgierig; möglich wäre Wortspiel für Raubfisch: Der Huchen (Hucho hucho), Donaulachs oder Rotfisch genannt, besiedelt die Äschen- und Barbenregion von Flüssen; auch Bezeichnung für einen Raubfisch.
[10] fleischgewordene Teufel
[11] Luthersborn [Kreis Sömmerda].
[12] Frankenhausen [Kyffhäuserkreis].
[13] Sondershausen [Kyffhäuserkreis].
[14] Keula [Kyffhäuserkreis].
[15] „Werden die Ziegel verdoppelt, so kommt Moses (zu Hilfe)“. Zeitgenössische Redewendung, die besagte: „Wenn die Not am größten ist, ist Gott am nächsten“. Das Sprichwort spielt an auf 2. Mose (Exodus) 5, wo die Verschärfung der Arbeitsbedingungen in der Ziegelherstellung für den ägyptischen Pharao der endgültige Auslöser dafür ist, dass Moses mit der Rettung Israels beauftragt wird (vgl. dazu Exodus 6). Das Sprichwort findet sich im Sinne seiner Verwendung bei Happe auch auf einem zeitgenössischen illustrierten Flugblatt aus dem Jahr 1631, auf dem das Eingreifen des schwedischen Königs Gustav Adolf in den Dreißigjährigen Krieg gefeiert wird: Georg Köler: Cum duplicantur lateres venit Moses, Wenn man die Zigel duplirt, So kompt Moses vnd Liberirt, Nürnberg 1631, abgedruckt in: HARMS; KEMP, Sammlungen, S. 200.
[16] Schlunterer: Herumtreiber, unordentlicher Mensch.
[17] HAPPE I 32 r – 34 r; mdsz.thulb.uni-jena.de.
[18] 6.8.1623: Niederlage Christians von Braunschweig-Wolfenbüttel gegen Tilly. Zwei Drittel von den 15.000 Mann Christians fielen oder gerieten in Gefangenschaft. HAPPES Zahlen [I 42 r: 8.000 Tote; mdsz.thulb.uni-jena.de] sind zu hoch. Im weit verbreiteten Kupferstich „Warhafft vnd eigentlicher Bericht / was massen Hertzog Christian von Braunschweig Armada den 6. Augusti 1623. im Stifft Münster auffs Häupt erlegt“ (1623) [Germanisches Nationalmuseum Nürnberg HB 1780], ist allerdings von etlichen 1000 Toten und über 9.000 die Rede. Nach Tillys Bericht jedoch fielen an die 6.000 Mann oder waren geflohen, viele wurden aus Rache von den Kroaten abgeschlachtet: „300 [Dragoner] von der Art hat, wie ich glaube, unsere Truppe bei Stadtlohn wie Schweine abgeschlachtet, denn sie brauchen nicht so sehr geschont zu werden“, hieß es in Tillys Protokoll über die Schlacht bei Altenoythe. 4.000 wurden gefangen genommen, darunter fünfzig höhere Offiziere Christians und sein Verbündeter, Herzog Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar, dessen Allianz der Patrioten aller Stände die „deutsche Libertät“ vor dem Dominat des Hauses Habsburg hatte retten sollen. Der kaiserliche Obristleutnant Ilow hatte Wilhelm einem Leutnant abgekauft und dem Kaiser übergeben lassen, die kaiserliche Belohnung betrug 1.200 Rt. Militärhistorisch muss der Hauptanteil am Sieg Gallas zugeschrieben werden. Die ligistischen Truppen hatten etwa 1.700 Mann verloren, während sechzehn Kanonen, darunter neue, von Moritz von Oranien entwickelte Modelle, und fast alle Munitionsvorräte, 85 Fahnen und zwei Silberwagen erbeutet werden konnten. Während der Flucht der Braunschweigischen war zudem einer der Pulverwagen explodiert, was das allgemeine Durcheinander nur noch verstärkt hatte. FLIEGER, Schlacht bei Stadtlohn; OER, Schlacht bei Stadtlohn.
[19] Halberstadt [LK Harz]; HHSD XI, S. 169ff.
[20] Gerecht ist der Herr, und gerecht sind seine Urteile.
[21] HAPPE I 42 v – 43 v; mdsz.thulb.uni-jena.de.
[22] Rudolstadt [Kreis Saalfeld-Rudolstadt].
[23] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 118.
[24] Saalfeld [Kreis Saalfeld-Rudolstadt]
[25] Stadtilm [Ilm-Kreis].
[26] Dienstedt [Ilm-Kreis].
[27] Elxleben [Kreis Sömmerda].
[28] Witzleben [Ilm-Kreis].
[29] HEUBEL Bl. 32 – 34; mdsz.thulb.uni-jena.de.
[30] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff.
[31] Vgl. auch BEYER, Ein Erfurter Volkslied.
[32] FROMMELT, Sachsen-Altenburgische Landeskunde, S. 130.
[33] Vgl. BERG, Regulating war, S. 19f., 21, 22; VENTZKE, Zwischen Kaisertreue und Interessenpolitik. S. 66-72; WAGNER, Einlagerung.
[34] Seelze [Region Hannover]; HHSD II, S. 425.
[35] SCHLOTTER, Acta, S. 6; FORST, Korrespondenz, Nr. 129, S. 108: Dr. Arnold Prüm, genannt Aldenhoven, kurköln. Geheimrat u. Hofrat, an F. W. v. Wartenberg, Brühl, 1625 XI 16.
[36] Letter, heute Stadtteil von Seelze [Region Hannover].
[37] Im Folgenden nach: http://www.seelze.de/wDeutsch/stadtinfo/stadtgeschichte/menschen/obentraut.php.
[38] Vgl. KAISER, Politik; JUNKELMANN, Der Du gelehrt hast; JUNKELMANN, Tilly.
[39] Wunstorf [Kr. Neustadt a. Rübenberg]; HHSD II, S. 513ff.
[40] Calenberg [Kr. Springe]; HHSD II, S. 91ff.
[41] Aldem-Badenstedt-Davenstedt, heute 11. Stadtbezirk Hannovers.
[42] Heisterberg: nicht identifiziert.
[43] Linnenberg: nicht identifiziert.
[44] Limmer, heute Stadtteil von Hannover.
[45] Döteberg, heute Ortsteil von Seelze [Region Hannover].
[46] Almhorst, heute Ortsteil von Seelze [Region Hannover].
[47] Grundlegend ist hier ALBRECHT, Maximilian I.
[48] Hannover; HHSD II, S. 197ff.
[49] Pattensen [Kr. Springe]; HHSD II, 376f.
[50] Vgl. HEIBERG, Christian 4.
[51] Blumenau, heute Ortsteil von Wunstorf/Region Hannover.
[52] Harenberg, heute Stadtteil von Seelze/Region Hannover.
[53] Lohne, Teil des Ortsteils Neuwarmbüchen der Gem. Isernhagen/Region Hannover.
[54] Gümmer, heute Ortsteil von Seelze/Region Hannover.
[55] Burchard von Hanensee bei JÜRGENS, Chronik, ist falsch; dieser ist noch 1626 Kommandant auf der Erichsburg. Vgl. JÜRGENS, Chronik, S. 419f.
[56] Wunstorf [Kr. Neustadt a. Rübenberg]; HHSD II, S. 513ff.
[57] JÜRGENS, Chronik, S. 376ff.
[58] Weiden; HHSD VII, S. 794ff.
[59] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 92f.
[60] Hameln; HHSD II, S. 192ff.
[61] FRITSCH, Tagbuch, S. 114f.
[62] JÜRGENS, Chronik, S. 408.
[63] JÜRGENS, Chronik, S. 409f.
[64] HAPPE I 63 v; mdsz.thulb.uni-jena.de.
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