Nievenheim [Nievenheimb, Niewenheim, Nivenheim, Niffenheim, Neuenheimb, „Ryvenheim“], Johann Constantin von Neukirch, genannt

Nievenheim [Nievenheimb, Niewenheim, Nivenheim, Niffenheim, Neuenheimb, „Ryvenheim“], Johann Constantin von Neukirch, genannt; Obrist [1596-22.9.1657 Kempen] Nievenheim führte ein kurkölnisches Regiment im Dienste der Liga. Zudem war er kurkölnischer Marschall und Kämmerer.

„Constantin war der Sohn von Godfried von Neukirchen, genannt Nievenheim († 1622), 1592 Besitzer von Haus Rath[1] und 1599 Lehnsnehmer des Erzbischofs von Köln auf einem Hof zu Horst[2] im Amt Kerpen[3] und dessen ersten Ehefrau, Mechtilde von Retraidt zu Elbroich († 1606). Er war gleich seinem Vater zwei Mal in den Stand der Ehe getreten. Seine erste Gattin Johanna von Eyll († 1651) trug ihm Gastendonk[4] zu. Aus seiner zweiten Ehe mit Margaretha von Mirbach (* 1618; † 1666) endlich, ging auch ein Kind hervor“.[5]

Der katholische Chronist Johannes Wilmius [1585, gest. als Dekan des Stiftes Kaiserswerth 1655] aus Kempen[6] berichtet unter 1619, dass Nievenheim auf Befehl Ferdinands von Köln[7] Nachfolger des Arnold von Wachtendonck als Amtmann von Kempen wurde: „Dieser nahm in der Gunst des Fürsten nicht den schlechtesten Platz ein. Später wurde er auch sein Marschall und Kämmerer“.[8]

Nach einer Chronik aus Höxter[9] aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts soll Nievenheim im Dezember 1621 versucht haben, die Stadt einzunehmen: „Wie aber im jahr 1621 die statt einßmahls unbesetzt war, nahm solches der kayserlicher obrister Nievenheimb in obacht undt vermeinte, mit 4000 mann zu roß undt zu fueß in der heyligen Christnacht die statt zu überrumpelen, wie aber sölcher anschlag des nachts verkundtschafftet undt deßwegen die bürgerschafft ins gewehr gebracht worden, auch gedachter obrister auff allen thürmen der stattmawe daß fewer undt liechter gesehen undt die bürger in guter wacht stunden, ist derselbe unverrichteter sachen wieder zurückgezogen, ohngeachtet daß volck schon biß an daß Siechenhauß geführet worden; hatt alßo der gnädige Gott dießmahl unsere statt behütet“.[10]

Das Regiment Nievenheim wurde während der Abwesenheit Nievenheims von Ludwig von der Asseburg geführt und bei den Kämpfen gegen Christian von Braunschweig eingesetzt. Seine Truppen waren im Sommer 1623 in Nordhorn[11] in der Grafschaft Bentheim einquartiert. „Fünf Wochen blieben Truppen des Obristen Niewenheim mit 287 Soldaten, 60 Jungen und 17 Frauen sowie 350 Pferden, die unter dem Kommando des Rittmeisters Palant und des Leutnants Asseburg standen. Die Kosten dafür beliefen sich auf 8.883 Rtlr. Zu allem Überfluß stahlen und raubten die Soldaten, was einen geschätzten Schaden von weiteren 16.870 Rtlr. uerursacht haben soll. Dazu wird in den Akten der Stadt vermerkt: ‚Darbaven wo jammerlick de Borger arm und ryk by deser Assenburgs Inquarteringe sindt beschattet und geplaget worden, ist ungelöflick‘ „.[12]

„Die 315 Mann zählende Leibkompanie des Obristen von Ryvenheim [Nievenheim; BW] lagerte im Diezischen.[13] Von hier wird berichtet, daß bei den Soldaten sehr viel liederliches Gesindel an Frauen und Jungens aufhielten“.[14]

In den Aufzeichnungen der Stadt Hallenberg[15] heißt es: „In anno 1625 des 7. Januarii haben sieben reuter, welche zu Girckhausen[16] und Berghausen[17] im quartir gelegen, Christ Fischern und Jorgen Moller jedem ein pferdt im grunde bey der Stinbach genommen, darauf die glocke geschlagen worden, und haben ungefehr 50 burgere hinein geschickt und dem quartiermeister solches angezeigt, das die pferte bis vors dorf ausgespuert, umb restitution derselben angehalten, wie es aber damit und ferner verlaufen, davon liß folgente clagschrift, so deswegen an hern landtrosten verfertiget, wirdt ausfuhrlichen bericht geben“.[18]

Unter dem 10.1.1625 wurde Klage beim Landdrosten erhoben: „Clage an hern landtrosten wegen etlicher abgenommenener pferdte: Woledel gestrenger hochgebietender herr landtrost. Euer woledel gestrengen etc. Sein unser undertanige gehorsamse dienste jederzeit in gebuhr zuvor, und können demnegst derselben wir arme churfurstliche undertanen tringender nott halber klagent nicht pergen, was gestalt als in jungst abgewichenen 1623. Jahr etliche reuterrey, ein compagnia undern hern obristen Constantin von Neuenheimb, churfurstlich … obersten cammerers und rats und drosten zu Campris[19] (?) commando gehörig, in gräflicher gnaden zu Berleburg[20] district einquartirt worden, auch in selbiger guarnison alnoch commoriren, dieselben uns vor und nach an unsern pferden und wagen erheblichen grosen betrang zugefugt, wie dan in facto wahr, daß zwey reuter im erlittenen fröling Conrad Volpenhen unserm burger ein pferdt auf der Kuttelfege aus dem pfluge gespannen, welches er durch einen Wittgensteinischen undertanen Theisen von Wunderthusen[21] zur Berleburg im haubtquartier fur 14 reichsthaler rancioniren mussen.

Dan ferner wahr, daß folgents am anfang des Augusti zwey reuter kurz vor der stattpforten voruber geritten, sich vernemen lassen, als ob sie die gewöhnliche straße passiren wolten, aber alsbaldt aus dem wege gehawen und nahe bei der statt Lips Sonnenborn zwey pferdte abgenomen, deren eins als mude sie zu Wunderthausen stehen lassen, das ander aber in der Berleburg gefuhret, da ers mit 12 reichstaler auch hat lösen müssen.

Item haben zwey reuter im September Henrich Conradt, als er haffer heimfuhren wollen, ein pferdt ausgespannen, nacher Diedeshausen[22] gefuhrt, sie aber alsbaldt in ihr quartir nachen Berleburg fortgezogen und hinder sich verlassen, er solle dahin kommen und die rancion gegen ausfolge des pferdts erlegen, und hat aber unser burger mit etlichen schutzen sich nacher Didentshausen verfugt und sein pferdt selbst widergeholet, zu geschweigen, das zu oftermalen sie die burger in unser feldmarkt gejagt, welche inen entrinnen und sich und ihre haabe mit der flucht salviren mussen.

Ferner haben wir auch schrecklichen vernemen mussen, daß sieben reuter auf Pfingstmontag, als zum Kustelberg[23] markt gewesen, und unsere marktleute zuruck kehren wollen, vor Glindfelt[24] drey unser burger und einen von Braunshausen,[25] auch in diß kirspell gehörig, erschossen, andere aber jemmerlich gemetztelt und verwundet, welche nach disem verubten forte uber den Sternberg nach dem Wittgensteinischen landt zuruck gekert.

Ob dan woll wir des somers uber alle tage unsere feldtmarkt auf bergen und hohen buheln bewachen lassen und etwa durch einen lose schoß, da man ires ankunft ansichtig worden, die burger avesirt, daß sie mit der flucht ihre pferde erretten mugen, so hat man doch dasselb diesen herbst uber im holzen nicht tun konnen und weil sie tag vor tag auf dem hohen gewälde sich vernemen lassen, haben die burger das gewälte wegen des brenholzens genzlichen meiden mussen.

Wan dan gleichwoll etliche burger tringender nott halben es wagen mussen, ist der eine vor der ander nach betroffen, das sie also der besten pferden [beraubet] werden, wie dan ein einwohner von Zuschen,[26] Bundtstumell genant Adam Lyber, burgern alhier ein fuder brenholz in unser feldtmark angetroffen, zwey pferde ausgespannen, welche er zu Diedeshausen, da ihr quartir, vor 25 reichstaler rancioniren mussen.

Item am 22. Novembris einem burger Johan Schnorbus, als er seiner nott nach einen schleifling heimschleppen wollen, ein pferdt ausspannen, welcher er bis ins Wittgensteinische landt verfolget, aber nicht wieder bekommen.

Entlich am 7. huius [Januar 1625] sieben reuter zween burgern in einer vorhecken alhir, die Stinbach genant, zwey pferdte abgenomen, welche dan etliche burger bis vor Girckhausen verfolgt. Und weil dan auf dem hohegwält bis in genant dorf schnee, auch der abgenommenen pferdte eins barfuß gewesen, welches mit selbigem fuß etwas schweist, haben sie die spure woll haben können bis ins dorf, auch noch drey unabgesaddelte pferdte auf dem kirchof funden, haben etliche unser burger dem quartirmeister die abfuhrung ermelter zweier pferde angezeigt und umb restitution angehalten, so seindt gemelte reuter auf ihre pferdte gefallen, zu denselben geschossen, einem sein buchse abgenommen und ubel geschlagen, und ob dan woll der hinderhalt stanem attentati leichtlich hette steurn können, haben sie doch, weil sie keinen befelch darzu gehabt, sich diesen allen gemüsiget.

Wan dan leider die seuche der pest wie an andern orten also auch bey uns eingerissen und noch nicht erloschen, und dannenhero die betrubten schwachen vor allen dingen demnach auch die gesunden notturftig berneholz [breneholz ?] nitt missen können, aber jedoch ohne dessen gute wissenschaft tragen, daß solche alles gegen befelch, wissen und wollen ermelts herrn obristen geschehe, so gelangt zu euer weisen und gestrengen hiemit unser undertenige pitt, dieselbig großgunstig geruhen wollen, den hern obersten Nivenheim unser klag und tegliche betragung vorzupringen, damit wir arme churfurstliche undertan solcher ohnverantwortlicher praegravierung geubriget sein mugen, auch ferner ordinanz zu erteilen, wie wir uns in solchen fällen hinfurter verhalten sollen“.[27] Die Übergriffe hörten nicht auf: „Anno 1625 im Januario von vieren auch daselbst gelegenen reutern Christian Fischern und Georg Möllern zwey pferdte abgenommen, sind mit 12 reichstaler rancionirt worden“.[28] Am 14.1.1625 schrieb der Landdrost Wilhelm Freiherr von Höllinghoven (?) an Nievenheim, damals schon Amtmann in Kempen: „Aus beiverschlossener supplicationschrift haben euer wolledlen liebden fernern inhaltz ablesendt zu vernemmen, was burgermeister und rat zum Hallenbergh underscheidtlicher spoliierter gereiden gueter halber sich beklaget.

Weil nun nicht allin aller red- und pilligkeit gemeß, dafern man sich alnoch der teter erkundigen konte, daß was zuvor also tatlich inen entwendet, noch restituirt, sondern vielmehr hinfurter dergleichen tatliche verubung abgeschaffet, die tere gestrft, auch da es an ihre churfurstliche durchlaucht gelanget, dieselben solches ernstlich befellen und mit geringen gefallen ver-nemmen wurden, als hab euer liebden ich hiemit freundtlich zu beschreiben nicht underlassen konnen, dieselb zu abwendung aller weiterung mit geburendem ernst solche streufen und spoliiren in diesem erzstift bey ihren reutern verbietten und allerdings abschaffen, und da alnoch die tere wegen furigem raubens ausfundig zu machen, die restitution mit erstattung alles schadens ernstlich befelen, und sonderlich die beiden zu Girckhausen noch stehende pferde incontinenti wider liefern lassen wollten“.[29]

Der Chronist Wilmius aus Kempen erwähnt Nievenheim wieder unter 1634: „Am 18. Juli des gleichen Jahres Jahres 1634 wurde auch in Kempen die Fackel des Aufruhrs und Krieges entzündet. Unser gnädigster Kurfürst Ferdinand befürchtete nämlich nach der vollständigen Niederwerfung Westfalens durch die Hessen auch ihren Einfall in die untere Diözese am Rhein. Deshalb schickte er den Hauptmann Johannes Meuter mit einer Besatzungstruppe nach Kempen. Meuter fand bei den Bürgern eine freundliche Aufnahme, wofür er sehr dankbar war. Dazu ließ wenig später der Amtmann Konstantin von Nievenheim einen Hauptmann Wagener mit 300 Fußsoldaten herbeirufen, weil er durch ein Gerücht über das Heranrücken der Hessen sehr beunruhigt war. Bei ihrem Anrücken machten die Bürger einen Aufruhr und schlossen die Tore, da sie um ihre eigene Ernährung aus Mangel an allem, insbesondere an Brot, bangten. Auf das bekannte Zeichen mit der Glocke rotteten sich die Bürger zusammen und richteten die Bewachung der Stadt ein. Die Soldaten sahen sich ausgesperrt und zogen auf Befehl des Amtmanns zum Engertor. Dort gaben sie sich den Anschein, als wollten sie nach St. Hubert marschieren. Sie waren kaum einen Steinwurf weg, da wurden sie plötzlich auf ein Zeichen des Amtmanns und des Wagener, die sich auf dem Junkerfriedhof besprachen, zurückgerufen. Im schnellsten Lauf kamen sie zurück und wurden über die heruntergelassene Zugbrücke durch das Hintertor der Burg hereingelassen. Die Bürger waren bereits aufgeboten und konnten diese Wahrnehmung von der Mauer aus machen. Aufs neue durch einen Glockenschlag alarmiert, griffen sie außer ihren Waffen nach Pfählen und Hacken, warfen gegen die Burg einen Wall auf und verbauten damit jeden Zugang zur Stadt. Hiermit noch nicht zufrieden, schleppten sie mit größter Anstrengung und Schnelligkeit das eherne Geschütz vom Markt zum Burgplatz. […]

Auf jeden Fall wollten sie den durch das Hinterpförtchen hereingelassenen Soldaten den Eintritt in die Stadt verwehren. Mit lügnerischem Geschrei ließen sie ihren Zungen freien Lauf zu Schmähungen und Verleumdungen gegen den Amtmann und Magistrat, ohne an Gehorsam und Mäßigung zu denken, die sie der Obrigkeit schuldig waren. Und was noch größere Verwegenheit verriet, sie schossen sogar ihre Musketen mehrere Male gegen das Burgtor ab, ein nachhaltiger Beweis ihrer aufrührerischen Gesinnung. Sie waren besonders über den Amtmann erbost, der nach ihrer Ansicht ohne Bindung an sein Wort noch einen neuen Soldatentrupp, wie vorhin erwähnt, durch die Burg hereingelassen hatte. Die Bürger hatten beschlossen, die Soldaten erst hereinzulassen, wenn die Bürgermeister von ihrem Bittgang beim Kurfürsten um Abwendung der neuen Last aus Bonn zurückgekehrt waren. Unzählige Schimpfwörter stiessen sie speiend gegen den Amtmann aus. Als die Bürgermeister die erhofften Erleichterungen nicht mitbrachten, wurden sie, wenn auch über die Enttäuschung im Innern ergrimmt, zusehends ruhiger. Sie mußten eine Besatzung von 200 Mann aufnehmen, unter sich verteilen und ihnen den Lebensunterhalt gewähren“.[30]

Auch 1641 fungierte der ängstliche und bei der Bevölkerung unbeliebte Nievenheim als Kommandant und Amtmann von Kempen, zumindest nach der Chronik des Johannes Wilmius: „Im gleichen Jahr [1641], als vorher im September in Deutschland alles vom Krieg verwüstet wurde und das kaiserliche Heer in Hessen gegen den Schwedengeneral Johannes Banèr lagerte, nahmen die Hessen unter Rabenhaupt Kalkar[31] im Klevischen zu nachtschlafender Zeit. Sie bedrohten uns schwer und kündigten feindselige Handlungen an. In panischem Schrecken befestigten die Kempener den Ort und widersetzten sich dem Amtmann, der Soldaten aus ihrer Mitte ausheben wollte. Mit welchem Erfolg, wird die Zeit lehren. Jedoch auf einen Befehl des Fürsten hin, den der Amtmann unter Hinweis auf die Gefahr von ihm erwirkt hatte, wurden einige Abteilungen und Gruppen von Soldaten mit großem Aufwand der gesamten Gemeinde ausgehoben. Als Hauptmann wurde der Sohn des Amtmanns an ihre Spitze gestellt, ein Junge von neun oder zehn Jahren. Er sollte 60 Taler Sold monatlich bekommen. Hieraus kann man schließen, was die einfachen Soldaten erhalten werden. Gegen diese Aushebung erhoben die Vierter und die Gemeinde Einspruch, jedoch der Rat und die Schöffen wagten den Mund nicht aufzutun. Lieber wollten sie den Interessen ihres Vorgesetzten nachkommen, wenn auch die Stadt darüber zu Grunde ginge“.[32]

„Kaum war der Abzug Hatzfeldts in Kalkar bekannt geworden, als die Hessen statt ihrer bisherigen Streifzüge nunmehr zu größeren Unternehmungen auszogen, ‚um zu sengen und zu brennen, daß es eine Lust sei‘. Bei Menselen[33] im Amt Rheinberg[34] sammelten sich die Truppen, zu denen auch Rabenhaupt stieß. Auf dem rechten Rheinufer standen viele Soldaten aus Friesland, Coesfeld,[35] Borken,[36] Bocholt[37] und Lippstadt[38] in der Nähe von Wesel[39] bereit. Das Ziel der Hessen sei, so schloß der kurkölnische Kommandant Nievenheim aus Kempen seinen Bericht nach Bonn,[40] das Erzstift ‚in Aschen zu legen und eine Diversion zu machen, den Feldmarschall Hatzfeldt wieder zurückzuziehen‘ „.[41]

Nach Wilmius war der ehemalige ligistische Generalfeldzeugmeister Jost Maximilian Graf von Gronsfeld Ende 1641 als Inspekteur der Befestigungsanlagen eingesetzt: „Um dieselbe Zeit schickte Seine Durchlaucht der Kurfürst in väterlicher Sorge um unser Wohl den erlauchten Graf Gronsfeld nach Kempen. Er sollte als kriegserfahrener Mann überprüfen, wie die Stadt, die neuen Befestigungen, Wälle und Brustwehren bedurfte, in einen besseren Verteidigungszustand gebracht werden konnte, damit sie dem Feind, der schon im Anmarsch sein sollte, erfolgreicheren Widerstand leisten könnte. Auch die Burg wurde zur Feldseite hin, zum Junkerfriedhof mit Pallisaden versehen. Darüber hinaus wurden viele Körbe für die Brustwehr hergerichtet. Am vorletzten Dezember 1641 begannen die Bauern, die der Graf Gronsfeld bei Seiner Durchlaucht dem Kurfürsten angefordert hatte, vor den einzelnen Toren zur Errichtung eines Walles einen Graben auszuwerfen. Traurig und niedergeschlagen mußten die Bürger zusehen, wie durch diese Arbeit ihre Gemüsegärten verlorengingen. Am letzten Dezember, also am Tage vor der Beschneidung des Herrn, wurden aus der Furcht und Unsicherheit vor den Hessen mehrere Kompanien Fußsoldaten von überallher zusammengezogen und in die Stadt gelegt. Für die Verpflegung hatten die Bürger zu sorgen. Zu dieser ungewöhnlichen Belastung mußten sie noch dulden, daß die ihnen seit langer Zeit gewährten Gewohnheiten und Privilegien einfach außer Kraft gesetzt wurden. Von der Wache auf den Toren wurden sie verjagt. An ihre Stelle rückten fremde Soldaten. Mit der Bewachung des Rathauses ging es nicht anders. Sogar auf den Turm der Pfarrkirche mußten sie zwei fremde Soldaten hinaufsteigen lassen. Diese Maßnahmen brachten die Bürger fast zur Verzweiflung, und es schien nur eines Funkens zu bedürfen, daß sie ihrem Zorn in einem allgemeinen Aufruhr Luft machten. Mehrere Abgeordnete reisten nach Bonn und brachten beim Kurfürsten heftige Beschwerden vor. Mit welchem Erfolg, wird die Zukunft lehren. Bislang sind die Sprecher noch nicht zurückgekehrt. Doch vor ihrer Ankunft in Bonn[42] waren Graf Gronsfeld und der Amtmann ihnen durch Briefe an den Kurfürsten zuvorgekommen. So trafen sie den Landesherrn in aufgebrachter Stimmung an. Er ließ sie gleich nach ihrer Ankunft in Bonn in Arrest setzen, auf verschiedene Gasthäuser und Unterkünfte getrennt verteilen und verbot ihnen, das Haus zu verlassen. 26 Punkte ließ er ihnen vorlegen und sie genau darüber befragen. Als die Festsetzung der Abgeordneten in Kempen bekannt wurden, schickten die Mitbürger die Bürgermeister und Viertelsvorsteher zu einem Anwalt nach Köln, der sich für die Befreiung der Inhaftierten beim Kurfürsten einsetzen sollte. Mit welchem Erfolg, werden wir bald erfahren“.[43]

Nach der Niederlage Lamboys bei Kempen (17.1.1642)[44] verließ Nievenheim fluchtartig die Stadt.[45] Wilmius schreibt dazu: „Die kurfürstlichen Behörden, der Amtmann und der Kellner, packten am St. Antoniustag ihre Sachen und machten sich unter einem starken Geleit unserer Soldaten abends gegen 7 Uhr ängstlich und heimlich durch die Hinterpforte der Burg aus dem Staube. Diese feige Flucht rief bei den Bürgern verständlicherweise große Empörung und Bestürzung hervor. Jeglicher Führung durch die vorgesetzte Behörde beraubt, wurden sie kleinmütig und wußten nicht, was sie unternehmen sollten. Jedoch Nagel, der Hauptmann der Fußtruppen, machte ihnen nachher wieder neuen Mut. Welch unglücklichen Verlauf die Flucht für die beiden nahm, lehrt der Ausgang. Bei St. Nikolaus wurden sie aufgegriffen und ihrer gesamten Habe beraubt. Allerdings ist mir der genaue Sachverhalt nicht klar bekannt geworden, so daß ich nicht wahrheitsgetreu und ausführlich darüber berichten kann“. In einem späteren Zusatz heißt es: „Aufgegriffen wurden sie nicht, aber durch den Verlust ihres Eigentums erlitten sie einen bedeutenden Schaden“.[46] „Anfang September [1642; BW] konzentrierten sich die Beobachtungen der Kaiserlichen auf gewisse Anzeichen dafür, daß der Feind oder Teile seiner Truppen das linke Rheinufer räumen werde. Der kurkölnische Obrist Nievenheim in Kaiserswerth[47] gab an Hatzfeldt Berichte seiner Kundschafter weiter, nach denen der Feind in wenigen Tagen aufbrechen und sein Quartier in der Nähe des Klosters Kamp[48] aufschlagen werde; auch von einem Abmarsch der Staatischen war die Rede“.[49] Im Oktober 1642 berichtete er Melchior von Hatzfeldt vom Einzug Guébriants in Kempen und von der dortigen französischen Besatzung.[50]

Von 1643 bis 1646 war Nievenheim Kommandant auf Ehrenbreitstein.[51] Im September 1643 beklagte er sich aus Ehrenbreitstein bei Melchior von Hatzfeldt über die Einquartierung Otto Christophs von Sparr in den Ämtern des Erzstifts Trier.[52] Im Oktober dieses Jahres ersuchte er um eine Verstärkung der Besatzung, zugleich lehnte er ein gemeinsames Kommando mit Obristleutnant Lothar Braun von Schmidtburg über Ehrenbreitstein ab.[53] Als Mitverantwortlicher – zusammen mit Generalwachtmeister Schnetter, der 1643/44 das Kommando der kurkölnischen Mediattruppen erhielt und zum Generalfeldwachtmeister ernannt wurde[54] – für die ruinöse Beschießung von Burg Stahleck im Oktober 1644 wird er als Anführer der Kölner Soldaten genannt.[55]

„Im Oktober 1651 war Constantins erste Frau Johanna van Eyl gestorben. Sie hatte ihm als junge Braut den Adelssitz Gastendonk in die Ehe gebracht. Knapp ein halbes Jahr nach ihrem Tod heiratete er erneut. Seine am 11. Februar 1652 mit Margarete von Myrbach geschlossene Ehe erregte großes Aufsehen, weil die aufwendige Hochzeitsfeier mehrere Tage dauerte. Das schmucke Kempener Schloss hatte dafür einen würdigen Rahmen geboten. Am Osterdienstag des darauffolgenden Jahres wurde sein Kind getauft. Doch Constantin von Nievenheim konnte nicht mehr erleben, dass es zur Schule ging, denn im Alter von 61 Jahren starb der Amtmann am 22. September 1657“.[56]

[1] Haus Rath, Elfrath, heute Stadtteil von Krefeld.
[2] Horst, ehemals Unterherrschaft Kurkölns.
[3] Kerpen [LK Bergheim]; HHSD III, S. 389.
[4] Gastendonk, Rittersitz, Kerken-Aldekerk [LK Kleve].
[5] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Constantin_von_Neukirch. Ich danke Herrn Lars Severin für seine freundlichen Hinweise.
[6] Kempen [LK Kempen-Krefeld]; HHSD III, S. 384ff.
[7] Vgl. FOERSTER, Kurfürst Ferdinand von Köln.
[8] WILMIUS, Chronicon, S. 85.
[9] Höxter [LK Höxter]; HHSD III, S. 346ff.
[10] NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 91.
[11] Nordhorn [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 351f.
[12] STEINWASCHER, Krieg, S. 40.
[13] Diez [Unterlahnkr.], HHSD V, S. 75f.
[14] GAIL, Krieg, S. 13.
[15] Hallenberg [Hochsauerlandkreis]; HHSD III, S. 282f.
[16] Girkhausen, heute Ortsteil von Bad Berleburg [LK Siegen-Wittgenstein].
[17] Berghausen, heute Ortsteil der Stadt Schmallenberg [Hochsauerlandkreis].
[18] BRUNS, Hallenberg, S. 248.
[19] Kempen [LK Kempen-Krefeld]; HHSD III, S. 384ff.
[20] Bad Berleburg [LK Siegen-Wittgenstein]; HHSD III, S. 67f.
[21] Wunderthausen, heute Ortsteil von Bad Berleburg [LK Siegen-Wittgenstein].
[22] Diedenshausen, heute Ortsteil von Bad Berleburg [LK Siegen-Wittgenstein].
[23] Küstelberg, heute Stadtteil von Medebach [Hochsauerlandkreis].
[24] Kanonie der Kreuzbrüder in Glindfeld (bei Medebach).
[25] Braunshausen, heute Ortsteil von Hallenberg [Hochsauerlandkreis].
[26] Züschen, Ortsteil von Winterberg [Hochsauerlandkr.]; HHSD III, S. 814.
[27] BRUNS, Hallenberg, S. 248ff.
[28] BRUNS, Hallenberg, S. 250.
[29] BRUNS, Hallenberg, S. 250.
[30] WILMIUS, Chronicon, S. 97.
[31] Kalkar [LK Kleve]; HHSD III, S. 374f.
[32] Wilmius, Chronicon, S. 115.
[33] Menselen ?
[34] Rheinberg [LK Moers]; HHSD III, S. 636f.
[35] Coesfeld [LK Coesfeld]; HHSD III, S. 144ff.
[36] Borken [Kr. Fritzlar-Homberg]; HHSD II, S. 56.
[37] Bocholt; HHSD III, S. 87ff.
[38] Lippstadt [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 474f.
[39] Wesel [LK Rees]; HHSD III, S. 773ff.
[40] Bonn; HHSD III, S. 94ff.
[41] WILMIUS, Chronicon, S. 115.
[42] Bonn; HHSD III, S. 94ff.
[43] WILMIUS, Chronicon, S. 122f.
[44] Schlacht bei Kempen am 17. Januar 1642 zwischen katholischen (kaiserlichen und kurkölnischen) Truppen unter dem Befehl Wilhelms von Lamboy auf der einen und protestantischen (französischen, hessischen-kasselischen und weimarischen) Truppen auf der anderen Seite in der Heide zwischen Kempen, Hüls, Krefeld und St. Tönis am Niederrhein ausgetragen wurde. Das Gefecht endete mit einer vernichtenden Niederlage der kaiserlich-kölnischen Verteidiger; in der Folge fiel das nördliche Kurköln unter protestantische Besatzung. WASSENBERG, Florus, S. 464ff. (unter Quelle 16).
[45] Vgl. TERWELP, Kempen Bd. 2, S. 220ff.
[46] WILMIUS, Chronicon, S. 124.
[47] Kaiserswerth [Stadt Düsseldorf]; HHSD III, S. 371f.
[48] Kamp-Lintfort [LK Moers]; HHSD III, S. 378f.
[49] ENGELBERT, Hessenkrieg II, S. 51.
[50] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 191.
[51] Ehrenbreitstein [Stadt Koblenz]; HHSD V, S. 86f.
[52] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 191.
[53] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 191.
[54] HEILMANN, Kriegsgeschichte Bd. 2, S. 1127.
[55] STÜBER, Burg Stahleck, S. 36.
[56] http://www.kempen.de/C125757C00438AF1/html/7AACFBFD682F10E5C1257655002BE4C9?Opendocument. Ich danke Herrn Lars Severin für seine freundlichen Hinweise.
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