Mers [de Mers, Mersch, Mörsen, Mörisch], Franz [François] Freiherr von [de]

Mers [de Mers, Mersch, Mörsen, Mörisch], Franz [François] Freiherr von [de]; Obrist, Generalwachtmeister [ -1667]

Abensperg-Traun, Ernst GrafAbensperg-Traun, Ernst Graf

Mers[1] stand als Hauptmann, Obristleutnant, Obrist und zum Schluss als Generalwachtmeister in kaiserlichen Diensten.

Bis zum 20.12.1629 war er als Hauptmann mit seiner Kompanie in Neuhäusel[2] einquartiert. Auf Befehl Wallensteins[3] vom 2.3.1630 zog er mit seinem Regiment Maximilian von Liechtenstein nach Pommern.[4] Am 1.6.1630 wurde er durch Julius III. Graf von Hardegg zum Obristleutnant in dessen Regiment befördert.

„Die erste uns bekannte Bewährungsprobe hatte das Regiment Hardegg in Kolberg[5] zu bestehen, als die Schweden unter Obrist Wolf Heinrich von Baudissin im Oktober 1630 die Stadt blockierten, um die von dort ausgehenden Streifzüge der Kaiserlichen in Hinterpommern zu unterbinden. Die Besatzung von Kolberg bestand aus sechs Reiterkompanien und neun Fähnlein zu Fuß, darunter vier vom Regiment Hardegg, den Oberbefehl führte dessen Kommandant Obristleutnant Mers. Als ein Entsatzversuch des Feldmarschalls Torquato Conti duca di Quadagnolo Mitte November durch das Eingreifen des schwedischen Feldmarschalls Gustav Graf Horn fehlschlug und nach fünfmonatiger Abschließung die Lage der Kaiserlichen durch Hunger und Krankheiten hoffnungslos geworden war, begann Mers am 6. März 1631 mit den Schweden über einen Akkord zu verhandeln. Am 10. März wurde dieser erreicht: Die Kaiserlichen hatten am 12. März die Festung und die Stadt den Schweden zu übergeben, ebenso eine von ihnen erbeutete schwedische Standarte; sie erhielten einen ehrenvollen Abzug mit Feldzeichen, Waffen und Gepäck. Ihr Abmarsch erfolgte über Schivelbein (Świdwin)[6] nach Frankfurt an der Oder,[7] wo sie von der Armee unter Generalleutnant Tilly[8] aufgenommen wurden“.[9] Bei der Erstürmung Frankfurts a. d. Oder am 13.4.1631 geriet er verwundet in Gefangenschaft. Erst im April 1632 wurde er krank bzw. an den Folgen seiner Verwundung leidend wieder aus schwedischer Gefangenschaft entlassen.[10] Im August 1632 war das Regiment, das durch seuchenartige Krankheit und Desertionen stark geschwächt war, bereits auf dem Rückzug nach Oberschlesien, wo es an den Kämpfen gegen die Schweden beteiligt war. Das in Glogau[11] liegende Regiment hatte am 22.12.1633 einen Stand von etwas über 400 Mann. „Obristleutnant Mers erhoffte sich zwar eine merkliche Verstärkung durch die Rückholung der gesund gewordenen Soldaten, aber zumeist entliefen sie ebenso wie die nach ihnen Ausgesandten. Die trostlosen Quartiere in Glogau, die weiterhin ungenügende Ernährung und nicht zuletzt das Ausbleiben des Solds wie einer Beutemöglichkeit machen die Fahnenflucht, aber auch die wieder im Regiment stark bemerkbare Unzufriedenheit – erkenntlich zum Beispiel an den mehrfachen Resignationen oder an diesbezüglichen Anträgen der Offiziere – begreiflich“.[12] Mers’ Lage sollte sich auch im Winterquartier nicht verbessern. „In den letzten Dezembertagen 1633 erfolgte endlich die Zuteilung der Winterquartiere. Dem Regiment wurde gleich dem Generalstab Glogau zugewiesen, falls es bleiben wollte. Obristleutnant Mers, der bei Gallas[13] in hohem Ansehen stand und sich ein Quartier in Schlesien gewünscht hatte, wurde es nämlich freigestellt, ob er in Glogau bleiben oder zum Korps des Generals Schaffgotsch gehen wolle, der in Ausnutzung der winterlichen Bedingungen Breslau,[14] Brieg[15] und Oppeln (Opole)[16] belagern und zurückgewinnen sollte. Wegen der Strapazen eines Winterkrieges und in Anbetracht des bereits sehr herabgekommenen Zustands des Regiments entschied sich Mers jedoch zum Bleiben, zumal im Herzogtum Glogau, das Wallenstein gehörte, dank der guten Beziehungen des Obristen zum Generalissimus, noch am ehesten Vorteile für das Regiment zu erlangen waren. Feldzeugmeister Rudolf Graf von Colloredo setzte es jedoch durch, daß sein Regiment mit 16 Kompanien das Hardeggsche Regiment als Besatzung von Glogau ablöste. Das Regiment mußte daher neue Winterquartiere in den ersten Tagen des Jahres 1634 beziehen: Stab und fünf Kompanien kamen nach Crossen,[17] die anderen fünf nach Freistadt,[18] 150 Mann mußten als Besatzung nach Guben[19] gehen. Alle diese Orte waren unbefestigt und somit jederzeit einem feindlichen Überfall ausgesetzt. Im abgebrannten Crossen stand nur noch das Schloß, man mußte daher zumeist in den Kellern der Häuser hausen. Von Tag zu Tag wurde der Mangel an Lebensmitteln fühlbarer, Hunger und Krankheiten machten die Mannschaft mehr und mehr dienstunfähig. Als man die in Freistadt eingewiesenen Kompanien am 10. Jänner musterte, hatte sie insgesamt nur 412 Mann, somit seit der Musterung im Oktober 1633 gut ein Drittel des damaligen Standes eingebüßt“.[20]

Die Ermordung Wallensteins am 25.2.1634 hatte auch Nachwirkungen auf das Regiment Hardegg und Mers. „Die allgemeine Krise in der kaiserlichen Armee hatte aber doch einen gewissen Nachklang im Regiment. Es gab diverse Unstimmigkeiten zwischen den Offizieren und Rücktritte wegen fehlender Aussichten auf eine Beförderung, auf die im einzelnen hier nicht eingegangen werden kann, vor allem aber kam es zu einer Frontstellung des Offizierskorps gegen den Regimentskommandanten Mers, weil er sie ‚nit als Cavalliren und Officier, sondern als Scklaven und mancipiis’[21] behandle. Hardegg mußte eingreifen. Der Regimentssekretär wurde angewiesen, die schwierige Angelegenheit zu untersuchen und zu bereinigen, damit das Regiment keinen Schaden erleide. Ob die Klage berechtigt war und wie die heikle Sache durch Ulrich bereinigt wurde, läßt sich aus keiner Quelle erkennen oder erschließen. In Zusammenhang mit diesen Spannungen im Regiment tauchte auch das Gerücht auf, daß Hardegg resignieren und das Regiment dem Obristleutnant Mers überlassen wolle. Besorgt wandte sich Ulrich an den Grafen und erbat sich im zutreffenden Fall eine zeitgerechte Verständigung, da er dann, da er schon mehrfach Differenzen mit Mers hatte, ebenfalls abdanken wollte, ehe er persönlich zu Schaden käme“.[22]

„Die Schweden unter Feldmarschall Johan Banér, dem auch die brandenburgischen Truppen unterstanden, eroberten am 23. Mai Frankfurt und zogen dann die Oder aufwärts. Am 12. Juni fiel Crossen nach kurzer Belagerung. Ihr nächstes Ziel war Glogau.

Da Freistadt völlig offen und ungeschützt war, wurde das gesamte Regiment Hardegg gleich nach Beginn der Feindseligkeiten nach Glogau als Besatzung der nur teilweise wiederhergestellten Festung gelegt; bereits am 12. Mai ist es dort nachweisbar. Ehe noch die Schweden gegen Glogau vorstoßen konnten, erschien der Sieger von Liegnitz[23] vor der Stadt und begann am 3. Juni 1634 die Belagerung. Nach 13 Tagen Kampf ging dem Regiment die Munition aus, ein weiterer Widerstand war damit sinnlos geworden. Obristleutnant Mers, der zugleich Festungskommandant war, trat darum mit Generalleutnant Arnim in Unterhandlungen ein und erreichte am 16. Juni einen Akkord. Dieser bestimmte, daß die Stadt mit dem Schloß und der befestigten Oderinsel – der ‚Thumb’ – noch am gleichen Tag um 16 Uhr den kursächsischen Truppen[24] zu übergeben war. Die Artillerie und die zugehörige Munition waren auszuliefern, ebenso alle kursächsischen, brandenburgischen und schwedischen Kriegsgefangenen, desgleichen die Bagage, die sich von etlichen bei Liegnitz geschlagenen Regimentern nach Glogau geflüchtet hatte. Die härtesten Bedingungen waren jedoch die Auslieferung aller Fahnen und die Zustimmung zur ungehinderten Abwerbung der Soldaten durch die Sieger. Andererseits erhielt das Regiment freien Abzug mit Waffen und klingendem Spiel samt allem Gepäck und Troß. Der Rückmarsch zur kaiserlichen Armee hatte unter Geleit innerhalb von sechs Tagen, täglich drei Meilen, in Richtung Glatz[25] zu erfolgen. Bis zur Rückkehr des Geleits mußte ein Hauptmann als Geisel bei den Sachsen bleiben. Damit verlor das Regiment alle zehn Kompaniefahnen, und über 300 Mann, die angeblich oder wirklich vorher bei den Sachsen oder den Schweden gedient hatten, traten mit ihren Waffen in kursächsische Dienste. Obristleutnant Mers mußte überdies einen persönlichen Revers ausstellen, daß er nach Beendigung des Geleits bei Grottkau (Grodków)[26] dem nach Brieg zurückgehenden Geleitskommando unter Obristleutnant Jobst Christoph von Wangenheim keine Schwierigkeiten machen werde. Der Rückmarsch erfolgte, entgegen der Bestimmung des Akkords hinsichtlich des kürzesten Weges, über Fraustadt[27] und über polnisches Gebiet nach Brieg und sodann über Grottkau nach Neisse[28] (anstatt Glatz)“.[29] Seit Mitte Juli 1634 war Hardegg wieder bei seinem Regiment.

„Der Krieg war inzwischen im böhmisch-sächsischen Grenzbereich nach dem entscheidenden Sieg der Kaiserlichen bei Nördlingen[30] (7. September 1634) und nach den Friedensverhandlungen mit Sachsen, die zum Vorvertrag von Pirna (24. November 1634) führten, praktisch zum Erliegen gekommen. Der Dienst des Regiments erschöpfte sich, von der gelegentlichen Abstellung kleinerer Besatzungen wie für Grafenstein (Grabštejn)[31] nahe Zittau[32] oder Wartenberg (Straž)[33] abgesehen, im üblichen Lagerbetrieb. Obrist Hardegg übergab darum Mitte Dezember 1634 das Kommando wieder an den Obristleutnant Mers und verließ das Regiment, das um die Jahreswende in die Winterquartiere ging. Diese waren anfangs nicht viel besser als das Feldlager, weshalb mehrfach Klage darüber geführt wurde, und lagen nur wenig entfernt vom bisherigen Standort, nämlich in der Stadt Jungbunzlau (Mláda Boleslav)[34] und in einigen benachbarten Dörfern wie Unterstakor (Stakory Dolní)[35] und Kolomut (Kolomuty). Die Ruhezeit dauerte von Anfang Jänner [1635; BW] bis in den späten Juni 1635“.[36]

„Zu erwähnen ist auch, daß im Jänner dem Obristleutnant Mers die Stelle eines Generalquartiermeisters angeboten wurde. Er lehnte jedoch ab mit dem Hinweis, daß er, da Obrist Hardegg nicht mehr zum Regiment kommen werde, nur darauf warte, dieses zu bekommen; er wollte auch kein anderes Regiment annehmen“.[37]

„Die eingeschränkte und nicht allzu ergiebige Werbung in Niederösterreich konnte die 1634 erlittenen Verluste nicht ersetzen. Beim Regiment und auch bei Graf Hardegg hegte man darum die Hoffnung, wieder im Fürstentum Troppau[38] werben zu können, wo man mit den Gegebenheiten bereits vertraut war und wo man immer noch genügend Rekruten gewinnen konnte. Die Einquartierung von fünf Regimentern im Fürstentum machte aber alle Hoffnung zunichte. Dies traf auch für Böhmen zu, das durch die jahrenlangen Kämpfe und Einquartierungen weitgehend erschöpft war. Um einer weiteren Verelendung vorzubeugen, verfügte sogar König Ferdinand III.[39] am 16. Jänner 1635, daß eine Reihe von Regimentern zu Fuß, die zu dieser Zeit in Böhmen lagen, ihre Rekrutenplätze in den innerösterreichischen Erbländern erhalten und ihre Stäbe umgehend dorthin in Marsch zu setzen haben; diese dürfen darum auch in Böhmen keinen Unterhalt mehr anfordern. Mit Order vom 28. Jänner übersandte Feldzeugmeister Caretto auch Obristleutnant Mers diese Verfügung des Generalissimus. Wenig später traf im Namen des Königs ein weiteres Dekret vom Befehlshaber in Böhmen, Generalleutnant Marradas, vom 4. Februar aus Prag ein, das dem Stab und den Offizieren prima plana[40] befahl, sich unverzüglich zur Werbung in die Steiermark zu begeben, wo alles Weitere durch den General-Proviantmeister Paul Michna Freiherrn von Weitzenhofen und durch den Präsidenten des Hofkriegsrats, Heinrich Grafen von Schlick, bestimmt werde. Den Abkommandierten wurde zudem mit sofortiger Wirkung jeglicher Anspruch auf Proviant und andere Leistungen aus Böhmen entzogen; die Fahnen durften nicht mitgenommen werden und hatten bei den Kompanien in Böhmen zu verbleiben. Mit Recht bemerkte dazu der Obristleutnant in seinem Bericht an Hardegg vom 10. Februar, daß nach diesem Befehl die Werber beim Regiment nichts mehr bekommen dürfen, aber ‚unmöglich von Lufft zue leben vermögen’.“[41]

Der Prager Frieden[42] führte zum Abzug des Regiments. „Der Befehl zum Abmarsch erreichte das Regiment am 19. Juni 1635; es sollte unverzüglich Jungbunzlau verlassen und am 2. Juli Eger (Cheb)[43] erreicht haben. Der Marsch an die Front begann am Morgen des 23. Juni. Er führte über Mělník[44] durch das Tag der Eger bis Weißenstadt[45] und weiter bis Coburg[46] zur Versammlung der aufgebotenen Truppen. Das Regiment wurde dem Korps des Feldzeugmeisters Carretto zugeteilt, das von Coburg durch Mainfranken an den Rhein zog, wo die kaiserliche Hauptarmee unter Generalleutnant Gallas mit wechselndem Erfolg operierte. Nach anstrengenden Märschen wurde bei Frankfurt am Main,[47] das Mitte August 1635 dem Prager Frieden beigetreten war, ein Feldlager bezogen, in dem das Regiment mindestens vom 1. September bis zum 3. Oktober lag.

Während des Marsches machte Obristwachtmeister Kuefstein sein bereits früher geäußertes Ansinnen war und gab wegen des andauernden Gegensatzes zum Obristleutnant Mers seine Stelle und seine Kompanie auf. Hardegg bestellte nun – das entsprechende Memoriale wurde durch den wieder zum Regiment beorderten Sekretär Ulrich erst im September 1636 an Mers überbracht – den Hauptmann Kaspar von Fragstein, der seine (7.) Kompanie weiterhin behielt, zum neuen Obristwachtmeister“.[48] Hinderlich war aber für den weiteren Verlauf die Abwesenheit Hardeggs von seinem Regiment, ein Vorgang, der so ungewöhnlich nicht war.

„Am 3. Oktober 1635 verließ das Regiment mit seinem Korps das Lager bei Frankfurt und rückte über den Rhein in die Pfalz ein, aus der sich die Franzosen nun bis Metz[49] zurückzogen. Nach 10 Tagen Marsch stand das Regiment 1 ½ Meilen von Kaiserslautern[50] entfernt im Pfälzer Bergland und erwartete weitere Befehle. Die Untätigkeit und die immer schlechter werdende Verpflegungslage begannen sowohl an der Kampfkraft als auch an der Moral der Truppe zu zehren. Viele Soldaten wurden krank oder blieben einfach zurück, der Effektivstand sank dadurch auf etwa 700 Mann. Dem Obristleutnant Mers verdroß es unter diesen Umständen, nur Befehlsempfänger mit großer Verantwortungslast zu sein. Da er sich mit seinem vorgesetzten General gut verstand – wie der Regimentssekretär meinte – , hoffte er, bald zu einem eigenen Regiment zu kommen oder gar Generalwachtmeister zu werden. Nach entnervendem Warten kam endlich der Befehl, daß sich das Korps sofort zur Hauptarmee in Lothringen, die an der Seille im Raum von Dieuze[51] in einem verschanzten Lager stand, zu begeben habe. Tag und Nacht mußte in höchster Eile und ungeachtet des dauernden Regens marschiert werden. Die Ausfälle waren dementsprechend hoch, wozu auch noch der im Heer grassierende Hungertyphus[52] kam. Als das Regiment am rechten Flügel der Armee bei Mezières[53] in einer eigens erbauten Schanze in Stellung ging, konnten nur noch 400 bis 500 Mann für einen Kampfeinsatz verwendet werden“.[54]

„Vom Feind völlig unbehelligt, verließ Gallas[55] November 1635 das Hungerlager bei Dieuze[56] und zog sich mit der ganzen Armee ins Elsaß zurück, wo er das Winterquartier beziehen wollte. Einer der Wege dorthin, die Zaberner Steige (Col de Saverne), mußte allerdings erst freigekämpft werden. Diese Aufgabe fiel dem Korps des Feldzeugmeisters Caretto marchese di Grana zu, in dessen Verband das Regiment Hardegg kämpfte. Die französische Besatzung von Zabern (Saverne)[57] ergab sich schon nach kurzer Beschießung mit Akkord vom 15. November und erhielt freien Abzug nach Metz. Während den ausgemergelten Truppen in Zabern eine kurze Ruhepause gegönnt wurde, musste Obristleutnant Mers mit einem Vorauskommando, das von anderen Regimentern gestellt wurde, schon am 19. November weiter ins Elsaß vordringen, um den Franzosen einige kleinere Städte und Orte abzunehmen. Das Regiment zählte zu diesem Zeitpunkt annähernd 400 gesunde Knechte, 180 Mann standen auswärts (wohl mit dem Obristwachtmeister vor Homburg).[58] Nach der Rast in Zabern ging es dann weiter über Niederehnheim (Niedernai)[59] nach Rappoltsweiler (Ribeauvillé),[60] das am 5. Dezember 1635 erreicht wurde.

Hier erhielt das Hardeggsche Regiment gemeinsam mit dem Regiment Georg Heinrich Graf Schlick von Bassano sein Winterquartier. Wegen der beschränkten Aufnahmemöglichkeit konnten nur jeweils fünf Kompanien in dieser kleinen Stadt bleiben. Die anderen Kompanien wurden in die benachbarten Städtchen Gemar (Guémar),[61] Ammerschweier (Ammerschwihr)[62] und Bergheim[63] einquartiert. Man war überdies nie vor einem feindlichen Angriff sicher, da die Franzosen in Überzahl ganz nahe in Colmar[64] und Schlettstadt (Sélestat)[65] standen. Die Bauern waren wegen der unruhigen Zeitläufe zumeist in die Städte geflohen, und so lag das Land weitgehend brach, überall herrschte Hungersnot.[66] Das Brot konnte nur aus Gerste, Hafer und Eicheln bereitet werden. Der Regimentssekretär rief daher nach rascher Hilfe aus der Heimat, sollten nicht ‚Soldaten und Bürger zuegleich verderben’. Der Hunger drohte wirklich das Regiment zu ruinieren, die meisten Soldaten waren bereits krank und hatten nur eine völlig desolate Bekleidung. Die Meldungen des Regimentskommandanten berichten von nichts Besserem, er meint, daß unter diesen Umständen das Regiment im folgenden Feldzug als zu schwach und ruiniert keinen Dienst werde machen können.

Mit der Hungersnot ergab sich ein weiteres immer wiederkehrendes Problem: der zunehmende Schwund an Mannschaft und nun auch an Offizieren. Mit dem Tod des Hauptmanns Jaubert nach langer Krankheit am 22.11.1635 im Lager von Dieuze war dessen (6.) Kompanie vakant geworden – nun schon die dritte im Regiment – , was sich auch auf die Disziplin und Moral der Einheit auswirken mußte. An Werbung war bei den Zuständen im Lande und auch beim Regimente, wo schon seit Wochen keine Nachricht und keine Verfügung von dem in Wien weilenden Obristen zu erlangen waren, wo es immer mehr und mehr an Geld mangelte, nicht zu denken. Etliche Offiziere dachten daher an Resignation. Andere, wie zum Beispiel der Obristleutnant, dachten nur an ihren Vorteil. So hatte Mers bei einer Unternehmung mit 400 Mann gegen Oberehnheim (Obernai),[67] wo 21 feindliche Soldaten lagen, und gegen Molsheim[68] mit 50 Franzosen diese beiden Orte mit Akkord eingenommen und die Gefangenen einfach in seine Kompanie gepreßt, die damit die stärkste im Regiment wurde und daher auch den entsprechend großen Anteil an den Kontributionen beanspruchen konnte.

Der zunehmende Verfall des Regiments zeigte sich bei der zu Anfang des Jahres 1636 in Rappoltsweiler durchgeführten Musterung: Der Effektivstand betrug nur 796 Mann. Wie trostlos die Lage im einzelnen war, offenbaren zwei Beispiele: Hauptmann Canevale, der mit seiner (5.) Kompanie in Ammerschweier lag, schildert dem Obristen, daß man in ausgeplünderten Häusern dahinvegetiere, etliche Mann seien bereits den Hungertod gestorben. Sein Leutnant sei zum Schelm[69] geworden und zu einer anderen Einheit entlaufen. Der Obristleutnant nötige ihm dafür einen neuen Leutnant auf, der erst vor kurzem als Gefangener zum Regiment kam, Leute für die Auffüllung der Kompanie gäbe er aber nicht ab. Darum habe er, Canevale, den langen Kriegsdienst satt und bitte um seine Entlassung. Hauptmann Zinzendorff begehrte unter Hinweis auf ähnlich fürchterliche Zustände ebenfalls seinen Rücktritt.

Je länger das Winterquartier und die Hungersnot währten, umsomehr machten sich auch die persönlichen Spannungen im Regiment bemerkbar. Den Vertrauten des Obristen Hardegg, Regimentssekretär Ulrich und Leutnant Raidt, standen die Anhänger des Obristleutnants Mers in Überzahl gegenüber, weshalb erstere für ihre Zukunft arge Befürchtungen hegten und sie gegenüber Hardegg auch äußerten. Allen Schreiben beider Gruppen an Hardegg ist aber eines gemeinsam: die Schilderung der immer ärger werdenden Not und der Schrei nach Hilfe durch klare Befehle des Obristen und durch Anweisung von Geld aus den Kontributionen des Fürstentums Troppau und aus Österreich. Aber man hörte durch Wochen nichts von Hardegg. Die erste Post von ihm langte am 21. Februar 1636 beim Regiment an“.[70]

Trotz einiger Maßnahmen Hardeggs, der eben kein Berufsoffizier war, sollte sich die prekäre Lage im Regiment nicht ändern.

„Wie vereinbart, begann nämlich Anfang Juni 1636 von zwei Seiten der Angriff auf das Elsaß. Am 7. Juni stand der Kardinal [de la Valette; BW] in Markirch,[71] und fast gleichzeitig erschien Herzog Bernhard[72] in Pfalzburg[73] und nahm am Morgen des 12. Juni im Handstreich die Schanze an der Steige oberhalb von Zabern ein. Der Angriff auf das feste Zabern und die sie es flankierende alte Bergfeste Hohbarr (Haut-Barr)[74] begann erst am 19. Juni. Die Besatzung bestand aus dem Regiment Hardegg, einer Kompanie des Regiments Federigo duca die Savelli und einigen Abkommandierten vom Regiment Borneval de Arlin. Das Kommando führte Obrist Georg Friedrich von Mühlheim, ein Kürassieroffizier, weshalb die Hauptlast der Verteidigung auf Obristleutnant Mers lag. Nach dem ersten vergeblichen Sturm auf Zabern zog Herzog Bernhard alle seine Truppen und die Artillerie heran, er wurde überdies durch den Kardinal de la Valette [Jean Louis de Nogaret-La Valette; BW] verstärkt, der, abgesehen von einem Gefecht bei Dachstein,[75] praktisch ungehindert bis Hagenau[76] vordringen und dieses nach ausgiebiger Versorgung schon am 14. Juni wieder verlassen konnte. Seit dem 25. Juni war Zabern vollständig eingeschlossen und wurde mehrfach bestürmt. Ein schwerer Schlag für die Verteidiger war die Unterbrechung der Wasserzufuhr für die Getreidemühle am 4. Juli. Aber man hoffte auf baldigen Entsatz durch Generalleutnant Gallas, der in Drusenheim[77] einen befestigten Brückenkopf diesseits des Rheins errichtet hatte. Als wider alle Erwartungen kein Entsatz erfolgte und der fünfte Sturm der Franzosen nur noch mit letzter Kraft am 7. Juni abgewehrt werden konnte, die Lage mithin aussichtslos wurde, entsandte Obrist Mühlheim am 12. Juli Obristleutnant Mers mit einem weiteren Offizier zwecks Verhandlungen über einen Akkord zu Herzog Bernhard. Der Übergabevertrag wurde am 14. Juli 1636 von Herzog Bernhard und Obrist Mühlheim unterfertigt. Er bestimmte, daß Schloß Hohbarr und das Mitteltor von Zabern mit Vorwerk sofort übergeben werden. Der ehrenvolle Abzug der Besatzung mit fliegenden Fahnen und Trommelschlag, Waffen und Gepäck hatte am nächsten Tag um 6 Uhr früh zu erfolgen. Wie üblich wurde die Einhaltung des Abzugs in Richtung Drusenheim durch ein Geleit und durch Stellung von Geiseln abgesichert“.[78]

Dazu berichtet das „Theatrum Europaeum“:[79] „Entzwischen seynd Hertzog Bernhard von Weinmar mit einem ziemlichen Theil von dero Armee durch einen andern Weg auff Pfaltzburg[80] zu/ ankommen / und ehe man sich dessen versehen können / in Person mit 1000. commandirten Mußquetirern unnd 500 Pferdten vorher gewischt / welche also conjunct den 2. Junij morgends vor Tag die Schantz ob Zabern erstiegen / occupirt / und viel darinnen niedergemacht / und (welches zu verwundern) damahlen zwar von den ihrigen nicht einen Mann verlohren. Dieweil aber die Frantzösische Artollerey nicht bey der Hand / und deß Volcks zu wenig / die Statt Zabern aber starck und mit viel vornehmen Obristen besetzt war / hat man derselben / wie man gewolt / ernsthafftig nicht zusetzen können / biß den 9. hujus Breche gemacht / unnd darauff gegen Abend Sturmb angelauffen worden / allda die Frantzosen / so der Herr Cardinal dahin com̃andirt / und die Avantgarde oder den Vortrab gehabt gehabt / so furioß und manlich angangen / daß sich darüber zu verwundern gewesen / und ungeachtet / daß sie von Hertzog Bernhards succurrirenden Teutschen Trouppen nit weniger tapffer secundiret worden / auch die eine Statt bereits occupirt / haben sie doch einen so beständigen Widerstand gefunden / daß sie dritthalb Stund in solcher Statt unter der Breche fechten / und weilen die Nacht eingefallẽ / daß man weder Freund noch Feind erkennen / weniger unterscheyden können / endlich wiederumb weichen müssen. In diesem Sturmb seynd Hertzog Bernhard an einem Finger verletzt / Graff Jacob von Hanaw Müntzenberg aber / Item Obrister Gaudecker / und etliche andere Officirer neben ungefehr 80. Soldaten todt geblieben / deren in der Statt nit weniger gewesen / dahero dann folgenden Tags / mit beyderseits Belieben / auff 4. Stund Stillstand / die Todten zu begraben / gemacht / und damals von denen in der Stadt gefragt worden / ob sie solten einen erleydlichen Accord erhalten können.

Weil aber der Obriste Georg Friedrich von Mühlheim der vornehmbsten einer war / so in Zabern damals commandirte / hat Hertzog Bernhard zur Antwort geben lassen / sie köndten ihm keinen andern Accord widerfahren lassen / als dergleichen er dem Schwedischen Obristen Tupadel / da er von Schorndorf[81] abgezogen / gehalten / worüber man dann an der Käys. Seiten sehr eygensinnig und bestürtzt worden / weil man nicht gewust / wessen man sich zu versehen hätte. Darauff Hertzog Bernhard den 5. hujus, nachdem sie ihre Armee und Artollerey vollends zu sich gezogen / die statt gantz umbschlossen / den zweyten Sturmb darauff gethan / und darbey abermahlen einen solchen Ernst gebraucht / daß die Belägerten die aussere Statt verlassen / unnd in die innere sich reteriren müssen / welches sie gleichwol mit solchem despit und Unwillen gethan / daß sie im Abweichen die meiste Häuser in Brand gesteckt / doch also / daß Hertzog Bernhards Volck noch darinnen losiren können. Worauff es dann also ein weil beruhet“.[82] Trotz aller Gegenwehr musste Obrist Mühlheim die Stadt am 15.7.1636[83] übergeben, kurz bevor Ferdinand III. zu Besuch erscheinen wollte. Ferdinand III. selbst hatte an diesem Tag aus Pforzheim[84] noch an Gallas geschrieben, Mühlheim verhandle in Zabern durch Vermittlung von Parlamentariern mit dem Gegner; eine Rettung der dortigen Besatzung werde aber wohl schwer möglich sein.[85]

„Erst einige Tage nach dem Eintreffen im Lager Drusenheim meldete Mers dem Grafen Hardegg am 25. Juli in auffallender Kürze, daß das Regiment mit Akkord von Zabern abgezogen und äußerst ruiniert sei. Um den Unterhalt der Kompanien zu ermöglichen, habe er von einem Obristleutnant Dewata (?)[86] 3000 Gulden als Hypothek auf die in Wien für das Regiment liegenden Gelder aufgenommen. Das Schreiben schließt mit dem vieldeutigen Satz: ‚Des Regiments Beschaffenheit werden Euer Gnaden anderwerths gnedigst vernemben’. Ein späteres Schreiben des Regimentskommandanten an Hardegg hat sich aber nicht finden lassen und dürfte auch nicht abgegangen sein. Die Abwesenheit des Obristen von seinem Regiment, das in seinem Bestand äußerst gefährdet war, die fehlende persönliche und wirksame Obsorge für dieses, insbesondere in materieller Hinsicht, machte sich nun im zunehmenden Maße sowohl im Verhalten des Regimentskommandanten zum Inhaber als auch in dem seiner bisherigen Vertrauten beim Regiment bemerkbar. Nur indirekt wissen wir von einem Schreiben des Regimentssekretärs vom 22. Juli, der mit dem Stab und des Obristen Bagage von Neuweiler[87] nach Ingweiler (Ingwiller)[88] und Weißenburg[89] weitergezogen, sodann aber sicherlich zum Regiment nach Drusenheim gegangen ist. Ulrich dürfte Klage über die Abwesenheit und über die mangelnde Fürsorge des Obristen geführt haben, denn in seiner Antwort vom 6. August aus Wien erklärte Hardegg, daß ihm eine Abreise zum Regiment unmöglich war, der Kaiser[90] habe ihm die entsprechende Befreiung gewährt. Böse Nachreden kümmern ihn darum nicht. Andere Obristen seien auch nicht bei ihren Regimentern und hätten zudem längst nicht soviel wie er für dieses ausgegeben. Daß der Obristleutnant von König Ferdinand III.[91] gnädigst behandelt werde und ein Regiment bekommen soll, gönne er ihm; er wünschte, es wäre dies schon längst geschehen. Dass er Mers sein Regiment abtreten und resignieren werde, dazu sei er nicht bereit, denn er hoffe, demnächst wieder selbst zum Regiment zu kommen. Schließlich gibt der Obrist der Hoffnung Ausdruck, daß er beim König  und bei den Generälen nicht so in Ungnade stehe, daß sie eine Reformation, das heißt eine Auflösung des Regiments, vornehmen. Auch von Ulrich ist nach dem 22. Juli kein Brief mehr an Hardegg abgegangen. Er trat also ebenfalls zu Mers über, denn er blieb auch in der neuen Ära, die alsbald anbrach, noch lange Regimentssekretär.

Der Einsatz des Obristleutnants Mers in Zabern, der gleich Obrist Mühlheim von höchster Stelle eine Belobigung dafür erhielt, und seine Obsorge für das durch Hunger und Kampfeinsatz stark herabgekommene Regiment, nicht zuletzt seine schon seit langer Zeit bestehenden guten Beziehungen zu Generalleutnant Gallas machten sich nun, anders als Hardegg dachte, bemerkbar. Am 8. August 1636 erließ König Ferdinand III. an den Obristen die unmissverständliche Aufforderung ergehen, sich entweder unverzüglich zu seinem Regiment zu begeben oder, wenn er wegen anderer Geschäfte das Kommando nicht persönlich führen könne, dieses abzugeben.

Während Hardegg noch überlegte, ging es beim Regiment nur noch darum, wie den durch die Kämpfe, vor allem aber durch Hunger und Krankheit arg herabgekommenen Kompanien geholfen werden könnte. An erster Stelle stand darum die Sicherung einer ausreichenden Ernährung, erst dann kam die Auffüllung des Personalstands. Da nach der Lage der Dinge vom Obristen und Regimentsinhaber nichts mehr zu erwarten war, wandte sich Obristleutnant Mers gleich an das Armeekommando und bat, dem Regiment die reichlichere Winterverpflegung, bis Juni gerechnet, zu gewähren und nachzureichen, des weiteren einen ergiebigen Rekrutenplatz in einer dem Regiment näher gelegenen Gegend zu geben. König Ferdinand III. nahm sich der Sache an und befahl am 11. August von Stollhofen[92] aus dem General-Kommissar und General-Quartiermeister Walmerode, umgehend diesbezügliche Vorschläge zu erstatten. Dessen Stellungnahme vom 22. August ging dahin, dem Regiment Hardegg, das zu jener Zeit ohne Stab rund 600 Mann zählte, einerseits zur Auffüllung seiner Mannschaftsverluste die Reichsstadt Nördlingen[93] und die benachbarte Grafschaft Öhringen[94] sowie die Herrschaft Pappenheim[95] als Rekrutierungsbereich zuzuweisen, andererseits die erbetene Winterverpflegung bis Juni zu gewähren. Noch im August teilte Walmerode dem Regimentskommando mit, daß von höchster Stelle der vorgenannte Rekrutenplatz und die besondere Verpflegungszuteilung für 600 Mann und für den Regimentsstab bewilligt wurden.

Welche Stellungnahme Obrist Graf Hardegg zur vorerwähnten Aufforderung des Generalissimus und Thronfolgers abgab, ließ sich leider nicht ermitteln. In Anbetracht des schlechten Zustands des Regiments und der allgemeinen Lage scheinen bei Hardegg finanzielle Erwägungen den Ausschlag gegeben zu haben. Er hatte jedenfalls mit den vom Kaiser vor wenigen Monaten zugebilligten 60 000 Gulden, von denen erst ein Teil durch realen Grundbesitz in seine Hand gekommen war, vom Fiskus und durch weitere Besitzzuwendungen sichere und bessere Einnahmen zu erwarten als von seinem Regiment. Wir wissen aber nichts über weitere Verhandlungen in dieser Sache, nur das Endergebnis steht fest. Am 13. November 1636 verwendete sich König Ferdinand III. bei seinem kaiserlichen Vater für den Grafen Hardegg hinsichtlich der zugebilligten 60 000 Gulden, und am gleichen Tag erging an Generalleutnant Gallas der Befehl, das erledigte Regiment Hardegg dem Obristleutnant Mers unter gleichzeitiger Beförderung zum Obristen zu verleihen.

Ein letzter Nachhall ist die Eingabe des Königs an den Kaiser vom 28. Dezember 1636, die sich mit der ‚Licensierung des Obrist von Hardegg’ beschäftigt, über die im einzelnen aber nichts in Erfahrung zu bringen ist. Danach ist von Graf Julius von Hardegg als Obrist und Inhaber eines Regiments zu Fuß offiziell, wenn man von einer Ausnahme absieht, nie mehr die Rede“.[96]

Ende September 1640 sollte Mers unter dem Befehl Leopold Wilhelms[97] an der Eroberung Höxters[98] teilnehmen. In einer Chronik aus Höxter heißt es dazu: „In diesem 1640. jahr hat der ertzhertzog Leopold [Wilhelm; BW] alß er mit der kayserlichen armee von 60.000 mann den Bannier [Banér; BW] verfolgete, hat er auch die statt Huxar belagert, dieselbige auch per accordt nach dreymahligen, andere tagen[99] funffmahligen sturm erobert, eß haben darin 900 mann Braunschweigsche völcker unter dem obristen Brauns gelegen, wie nuhn diese belagerung abgangen, kan man aus folgenden besehen. Den 29./19. Septembris Nach dem ihre kayserliche mayestät bruder eine geraume zeit hero gegen den Schwedischen feldmarschallen Johan Bannier zu Fritzlar[100] undt Wildungen[101] zu felde gelegen, undt nach dem auffbruch auff Warburg[102] undt ferner auf Höxer zog, hat er den 19. Septembris durch generall von Gleen [Geleen;[103] BW] die statt mit 5000 pferden berennen laßen, undt folgenden abents und nachts mit seinem gantzen krieges heer gefolget, alsobalt die stücke geplantzet, undt unterschidtliche läger von Bruchhausen[104] an bis ober der statt von der Klippmühlen an unter dem Bielenberg heer bis an den Brenckhaüser thurn, undt von dannen unter dem Roseberg heer bis nach Albexen[105] (seindt also das ganze läger in die sechtzigtausendt mann bestanden) schlagen lasen, darauff auch alsobalt angefangen mit 12 stücken an zweyen unterschidtlichen örthern auff den Stumrigen walle an den mauren presse zu schiesen, das Peters thoer abgebrandt, undt über 825 grose kugelen (so weit mann nachrichtung hatt) in die statt geschoßen; wie aber die belagerten unter dem commando herrn obristen Brauns undt den dreyn hauptleuten, Milert, Fischers und Wilcken sich tapfer gewehret, undt mit allerhandt mit mittelen (worzu sie auch etliche immekörbe[106] gebrauchet, welche sie über die mauren unter den feindt gewoffen) fünff generalsturm, worunter einer 3 stunden ohne auffhören gewehret, hurtig abgeschlagen, das dem bericht nach über 70 mann todt undt viell gequetschet worden, entlich aber wie noch 5000 man beordert worden, abermahlß einen sturm zu thun, undt nach eroberung keines menschen zu verschonen, hat der gnädige Gott gegen den abendt ein groses schreckliches blitzen undt donner wetter erwecket, dabey ein ungewöhnlicher regen gefallen, das dem feindt alles pulfer naß undt untüchtig worden: Dannenhero die kayserlichen bewogen worden, den belagerten einen accordt anzubieten; sie wolten anfangklich nichtes davon hören, doch entlich, wie der entsatzs ausblieb undt ein klägliches wintzelen undt wehklagen in allen ecken der statt ware, der obriste auch von den belagerten gahr starck hierzu angehalten wurdt, gingen sie den accord ein, da dan verwilliget worden, bey sonnenschein selbigen tages noch mit sack undt pack undt mit fliegenden fahnen, krieges gebrauch nach über die Weeser außzuziehen, wie sie sich aber etwas über bestimte zeit in der statt verweilten, wardt ihnen der accord nicht gehalten, sondern alle miteinander (ausgenohmen den obristen, capitäinen, lietenanten undt fendrichen) sich unterstellen müsen, darauff ist der obriste Mercii [Caspar v. Mercy; BW] mit seinem regiment gelegt worden in Huxar, folgender tages ihre ertzhertzogliche durchlaucht Leopold Wilhelm selber, Ottavio Picolomini,[107] der herr von Stadien [Johann Kaspar v. Stadion; BW], Teütscher Meister, generall von Gleen [Geleen; BW], von Hannibal de Gonzago [Gonzaga; BW], general Breda, general Mercy, graff [Wilhelm Leopold; BW] von Tattenbach, graff von [Maximilian Felix v.; BW] Wolckenstein, graf [Michael Ferdinand v. Althan ?; BW] von Altenhann, ein fürst [Eitel Friedrich; BW] von Hohenzöllern, baron de Hoye [Soye; BW], baron de Rhodan [Rodoan: BW], generalwachtmeister Fernemundt [Fernemont; BW], obriste Rackenwitz [Nikola Rajkovič; BW], obriste Zaradetzky [Zahrádecký; BW], obrist Bonell, obrister Ägydi, obrister Install, obrister de Meers [Mers; BW], obrister Güsenberg [Giesenberg; BW], obrister Zweyer, undt viele andre obristen undt hohe officier mehr mit ihrem sämbtlichen hoffstäben in die stadt logert und seindt bis über die 8000 pferde bis in den vierten tag still darinn gelegen, welche alles getrayt ausgetroschen, bey die 1200 malter rocken,[108] ohne was verfuttert, unter die füse getretten undt über die seiten gebracht, das also kein korn, obst gemüß, oder etwas anders, womit man sich hette laben können, übrig geplieben“.[109]

Am 19.10.1643 wurde er mit kaiserlichem Diplom zum Reichsfreiherrn erhoben.[110]

Der Chronist und Bürgermeister Georg Leopold[111] aus dem von Eger[112] abhängigen Marktredwitz[113] erinnert sich an den September 1646:Eodem [21.9.1646; BW] ist von e[inem] e(hren]festen, hochweisen Rat der Stadt Eger anhero [ge]schrieben worden, daß sie vom Erzherzog [Leopold Wilhelm; BW] Befehl bekommen [haben], daß sie zur Verstärkung des demesischen Regiments 25 Pferd[e] mit Sattel, Zeug und Gewehr ausrüsten sollten. Weil die Ritterschaft 5, Stadt und Land 17 auszurüsten auf sich genommen [haben], so sollten wir – ohne Verzug – innerhalb 3 Tagen die übrigen 3 guten Pferd[e] mit allem Zubehör dahin (ver)schaffen.

Ich bin damals mit Peter Danhorn hineingeschickt worden; es kam letz[t]lich auf 2 Pferd[e] oder (dafür an Geld) 80 Taler. Wir haben aber nit mehr als 50 Taler erlegt und gebeten, es dabei beruhen zu lassen. Man hat aber [doch] noch 20 Taler hinzuzahlen, also in allem 70 Taler zahlen müssen“.[114] Sehr wahrscheinlich handelte es sich bei dem „demesischen Regiment“ um das Regiment de Mers.

Mit seinem Kürassierregiment, den allerdings recht schwachen Regimentern Puchheim und de Mers, den aus Tachau[115] abgezogenen Kompanien und unterstützt durch kurbayerische Kavalleristen aus Waldsassen[116] sowie etwas Artillerie begann Jan van der Croon [La Corona] am 23. Oktober 1647 den Angriff auf Pilsen,[117] der schon zwei Tage später erfolgreich war.[118]

Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !

[1] Vgl. auch JAEGER, Geschichte, S. 372f., Beilage 1; KELLER; CATALANO, Tagebücher.
[2] Neuhäusel [Nové Zámky; ung. Érsekujvár; Bez. Nové Zámky].
[3] Vgl. REBITSCH, Wallenstein; MORTIMER, Wallenstein; SCHUBERTH; REICHEL, Die blut’ge Affair’.
[4] KOLLMANN. Der Dänisch-Niederdeutsche Krieg, Nr. 395.
[5] Kolberg [Kolobrzeg]; HHSD XII, S. 220ff.
[6] Schivelbein [Świdwin; Kr. Belgard]; HHSD XII, S. 268f.
[7] Frankfurt a. d. Oder [Stadtkr.]; HHSD X, S. 177ff.
[8] Vgl. KAISER, Politik; JUNKELMANN, Der Du gelehrt hast; JUNKELMANN, Tilly.
[9] HAUSMANN, Das Regiment, S. 84.
[10] HAUSMANN, Das Regiment, S. 91.
[11] Glogau [Głogów]; HHSSchl, S. 127ff.
[12] HAUSMANN, Das Regiment, S. 102.
[13] Vgl. REBITSCH, Matthias Gallas; KILIÁN, Johann Matthias Gallas.
[14] Breslau [Wrocław]; HHSSchl, S. 38ff.
[15] Brieg [Brzeg]; HHSSchl, S. 54ff.
[16] Oppeln [Opole]; HHSSchl, S. 378ff.
[17] Krossen oder Crossen a. d. Oder [Krosno Odrzańskie; Brandenburg, h. Polen]; HHSD X, S. 246f.
[18] Freistadt [Fryštádt], heute Stadtteil von Karviná [Bez. Karviná].
[19] Guben [Gubin, Niederlausitz]; HHSD X, S. 210ff.
[20] HAUSMANN, Das Regiment, S. 103.
[21] Pleonasmus, da „mancipius“ auch „Sklave, Unfreier“ bedeutet.
[22] HAUSMANN, Das Regiment, S. 104.
[23] Schlacht bei Liegnitz am 13.5.1634: Die kursächsische Armee unter Generalleutnant Hans Georg von Arnim schlug die Kaiserlichen unter Generalmajor Johann von Götz und Feldmarschall Rudolf Graf Colloredo: Die Kaiserlichen büßten 40 Fahnen, die gesamte Artillerie und 4.000 Tote ein, die Sachsen dagegen nur 400 Tote. Auch in dem mittlerweile wieder schwedisch besetzten Osnabrück wurde dieser Sieg entsprechend gefeiert, wie der protestantische Chronist Bellinckhausen berichtet; BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabruggischenn handlung, S. 281f.
[24] Vgl. SENNEWALD, Das Kursächsische Heer (ab November 2012).
[25] Glatz [Kłodzko; Grafschaft u. Stadt]; HHSSchl, S. 116ff.
[26] Grottkau [Grodków]; HHSSchl, S. 162ff.
[27] Fraustadt [Wschowa]; HHSSchl, S. 99ff.
[28] Neisse [Nysa]; HHSSchl, S. 331ff.
[29] HAUSMANN, Regiment, S. 105f.
[30] Schlacht bei Nördlingen am 5./6.9.1634 zwischen den kaiserlich-ligistischen Truppen unter Ferdinand (III.) von Ungarn und spanischen Kontingenten unter dem Kardinal-Infanten Fernando auf der einen Seite und dem schwedischen Heer unter Feldmarschall Gustav Horn, der in eine 7 Jahre dauernde Gefangenschaft geriet, und Bernhard von Weimar auf der anderen. Die Schwedisch-Weimarischen verloren nicht allein die Schlacht, etwa 8.000-10.000 Tote und 3.000-4.000 Verwundete – auf kaiserlicher Seite waren es 1.200 Tote und 1.200 Verwundete – , sondern mit ihr auch den Einfluss in ganz Süddeutschland, während der französische Einfluss zunahm. Vgl. die ausführliche Darstellung bei  ENGERISSER; HRNČIŘĺK, Nördlingen 1634 (die detaillierteste Darstellung der Schlacht); STRUCK, Schlacht, WENG, Schlacht. Vgl. den lat. Bericht »Pugna et victoria ad Nordlingam«, der den protestantischen Ständen zuging; Staatsarchiv Bamberg B 48/145, fol. 74 (Abschrift). Zur französischen Sicht vgl. den Avis Richelieus, 1634 IX 11; HARTMANN, Papiers de Richelieu, Nr. 288.
[31] Grafenstein [Grabštejn, Bez. Reichenberg]; HHSBöhm, S. 169.
[32] Zittau; HHSD VIII, S. 371ff.
[33] Wartenberg [Stráž pod Ralskem, Bez. Böhmisch Leipa]; HHSBöhm, S. 648.
[34] Jung-Bunzlau [Mladá Boleslav]; HHSBöhm, S. 237ff.
[35] Unterstakor (Stakory Dolní); muss heißen: Dolní Stakory.
[36] HAUSMANN, Das Regiment, S. 107.
[37] HAUSMANN, Das Regiment, S. 107f.
[38] Troppau [Opava]; HHSBöhm, S. 625ff.
[39] Vgl. HÖBELT, Ferdinand III.
[40] Prima plana: das erste Blatt der Musterrolle, auf dem die Personen verzeichnet waren, die zum Kompaniebefehl gehörten: Hauptmann, Rittmeister, Leutnants, Fähnriche, Kornett (als Oberoffiziere der Prima plana), Feldwebel, Führer, Fourier, Musterschreiber, Feldscherer (Unteroffiziere der Prima plana). Korporäle, Gefreite, Spielleute und Fourierschützen galten dagegen als gemeine Befehlshaber.
[41] HAUSMANN, Das Regiment, S. 108.
[42] Der in Folge der schwedischen Niederlage in der Schlacht bei Nördlingen (5./6.9.1634) vereinbarte Prager Frieden zwischen Johann Georg von Sachsen und Kaiser Ferdinand II. wurde am 30.5.1635 unterzeichnet. Bei diesem Friedensschluss, dem fast alle protestantischen Reichsstände beitraten, verzichtete der Kaiser auf seinen Anspruch, den Augsburger Religionsfrieden von 1555 allein zu interpretieren und damit das Restitutionsedikt von 1629 durchzuführen (vgl. s. v. „Religionsedikt“); Ergebnis war eine begrenzte Festschreibung des konfessionellen Status quo. Weitere Ergebnisse waren: die Festschreibung der Translation der pfälzischen Kurwürde auf Bayern, der Ansprüche Sachsens auf die Lausitz und die Bildung eines Reichsheers (wobei Johann Georg von Sachsen und Maximilian I. von Bayern eigene Korps führen ließen, die als Teil der Reichsarmee galten), die bestehenden Bündnisse waren aufzulösen, fremde Mächte sollten den Reichsboden verlassen, etwaige Ansprüche auf den Ersatz der Kriegskosten seit 1630 wurden aufgehoben, eine allgemeine Amnestie sollte in Kraft treten. Zudem kann der Prager Frieden als einer der letzten kaiserlichen Versuche betrachtet werden, ein monarchisches System im Reich durchzusetzen. Maßgebliches Mittel dazu war die so genannte Prager Heeresreform, mit der der Kaiser den Versuch unternahm, nahezu alle reichsständischen Truppen unter seinen Oberbefehl zu stellen und zugleich den Ständen die Finanzierung dieses Reichsheeres aufzuerlegen. Diese Vorstellungen ließen sich ebenso wenig verwirklichen wie das Ziel, durch die Vertreibung der ausländischen Mächte Frankreich und Schweden zu einem Frieden im Heiligen Römischen Reich zu gelangen. HAPPE schätzte den Prager Frieden zu Recht als trügerisch ein; Happe I 396 v – 397r, mdsz.thulb.uni-jena.de; vgl. auch LEHMANN, Kriegschronik, S. 87. Zur Forschungslage vgl. KAISER, Prager Frieden.
[43] Eger [Cheb]; HHSBöhm, S. 119ff.
[44] Melnik [Mělník]; HHSBöhm, S. 370f.
[45] Weißenstadt [LK Wunsiedel i. Fichtelgebirge]; HHSD VII, S. 803f.
[46] Coburg; HHSD VII, S. 127f.
[47] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.
[48] HAUSMANN, Das Regiment, S. 109f.
[49] Metz, Bistum u. Stadt [Frankreich, Dép. Moselle].
[50] Kaiserslautern; HHSD V, S. 158ff.
[51] Dieuze [Lothringen, heute Frankreich, Dép. Moselle].
[52] Vgl. die ausführlichen Erläuterungen unter http://www.peter-hug.ch/lexikon/Hungertyphus.
[53] Mézières [Frankreich, Dép. Ardennes].
[54] HAUSMANN, Das Regiment, S. 110.
[55] Vgl. REBITSCH, Matthias Gallas; KILIÁN, Johann Matthias Gallas.
[56] Vgl. auch VERNISY, Tricentenaire de l’invasion allemande.
[57] Zabern [Saverne; Elsass, heute Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[58] Homburg [Saarpfalz-Kreis].
[59] Niederehnheim [Niedernai; Elsass, heute Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[60] Rappoltsweiler [Ribeauvillé; Elsass, heute Frankreich, Dép. Haut-Rhin].
[61] Gemar [Guémar; Herrschaft Rappoltstein; heute Frankreich, Dép. Haut-Rhin].
[62] Ammerschweier [Ammerschwihr; Elsass, heute Frankreich, Dép. Haut-Rhin].
[63] Bergheim [Elsass, heute Frankreich, Dép. Haut-Rhin].
[64] Colmar [Elsass, heute Frankreich, Dép. Haut-Rhin]; vgl. STEIN, Protéction.
[65] Schlettstadt [Sélestat; Elsass, heute Frankreich, Dép. Bas-Rhin]; vgl. STEIN, Protéction.
[66] Hungerkrisen traten durch Missernten, Wettereinflüsse, Truppendurchzüge, Einquartierungen, Erntezerstörungen, Pferde- und Viehdiebstahl immer wieder auf. Oftmals blieb nur die Flucht ins Heer oder der Anschluss an den Tross. So hatten sich 2.000 hungernde Eichsfelder Pappenheims Soldaten angeschlossen. Ein Berittener oder Knecht in der Musterung hatte immerhin noch zwei Pfd. Fleisch, drei Pfd. Brot, eine Maß Wein und drei Maß Bier pro Tag zu fordern – drei bis fünf Maß Bier je nach Geschlecht pro Tag galten auch sonst als üblich – , was zur raschen Auszehrung einer Landschaft führte, zumal die eingeforderten Naturalabgaben im Laufe der Zeit noch weiter anstiegen und von Jahr zu Jahr neue Verpflegungssätze erfordern. Vom Verpflegungsansatz her war dies eine gewaltige Kalorienmenge, entsprachen doch drei Pfd. (gutes) Brot allein bereits etwa 3.750 kcal. Rechnet man noch über 2.000 kcal für das Fleisch hinzu, ohne Bier und Wein, so wird eine Kalorienzahl zwischen 6.000-7.000 kcal erreicht, was dem Zweieinhalb- bis Dreifachen eines durchschnittlichen Tagesbedarfs entsprochen hätte. Das war wohl Anfang des 17. Jahrhunderts nur Privilegierten vorbehalten, während die Gemeinen nur unzureichend verpflegt wurden. HIPPEL, Bevölkerung, S. 422, schätzt den täglichen Nahrungsbedarf in Württemberg auf knapp 2.400 kcal pro Tag. Vgl. BEHRENDS, Chronik, S. 145f. (1636): „Man gab den Armen von jedem Backvorgang ein Brot, […] welches damals als Krieg, Pest und Hunger hieselbst gar übel hauseten, von armen Leuten nicht für eine geringe Gabe gehalten ward, sintemal man damals oft weder Brot noch Bier und Geld haben konnte, und viele, meistenteils aber die Soldaten Hunde und Katzen, Pferde- und Menschenfleisch fraßen und nicht einmal bekommen konnten“. 1641 heißt es über die Prignitz: „So sind auch alle Dörfer so gar verwüstet, verödet, universaliter et particulariter in Brand gesteckt, die Untertanen Hungers und des milites immanitet [Unmenschlichkeit, Rohheit] halber gestorben und ins Elend [Ausland] verlaufen, dass man in dem ganzen Kreise nach angestellter fleißiger Inquisition bloß 373 Bauersleute, die doch etliche gar wenig ausgenommen, weder Hunde noch Katzen, weniger etliche Lebensmittel haben, besonderen sich vom Obste und wohl ganz unnatürlichen Speisen aufhalten müssen, gefunden worden“. HERRMANN, Ländliche Bevölkerung, S. 86. Der Bieberauer Pfarrer Minck (1635); KUNZ; LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 261: „Durch diesen Hunger verschmachteten viele Leut dermaßen, daß nichts als Haut und Bein an ihnen war, die Haut hing ihnen am Leib wie ein Sack, waren ganz schwarz-gelb, mit weiten Augen, gepläcketen Zähnen, grindicht, krätzig, gelbsichtig, dick geschwollen, febricht [= fiebrig], daß einem grauete, sie anzusehen“. ZILLHARDT, Zeytregister, S. 161f. (1635): „Dan auß diser teürung und hungersnot ist entstanden noch ein jamer uber alle jamer, nemlich ein sterbet und pestelentz, das vüll taußendt menschen sind zu grundt gangen durch hunger, krieg und pestelenz. Dan durch den hunger ist von denen armen menschen vüll greüwlich und abscheüliches dings auffgefressen worden. Alls nemlich allerley ungereimbten dings: hundt und katzen, meüß und abgangen vüch, roßfleisch, das der schinder und meister uff dem vassen sein fleisch von dem abgangne vüch, als roß, hundt und andere thier, ist hingenomen worden, und haben dannoch einander drumb gerißen und für köstlich gut gehalten. Es ist auch für gut gehalten worden allerley kraut uff dem feld: die distel, die nesle, schersich, hanefüeß, schmerbel, schertele. In suma allerley kraut ist gut gewessen, dan der hunger ist ein guter koch, wie man im sprichwort sagt“. Vgl. auch  die Lebensbeschreibung des Gottfried Andreae (1637); DOLLINGER, Schwarzbuch, S. 321: „Doch im Jahr 1637 stieg das Elend auf’s höchste, nachdem kaum 200 Bauern in der untern Pfalz mehr übrig waren, da die übrigen teils an Hunger und Pest bereits gestorben, teils von den Kaiserlichen erwürgt oder als Soldaten weggeschleppt worden waren … Der Hunger aber zwang die Leute zu den unnatürlichsten Nahrungsmitteln: Gras, Kräuter, dürre und grüne Baumblätter, Felle von Tieren; Hunde, Katzen, Ratzen, Mäuse, Frösche und faulendes Aas waren gesuchte Bissen. Die Hungernden erschlugen einander selbst, verzehrten sie, durchwühlten Gottesäcker, erstiegen Galgen und Rad und nahmen die Toten zur Speise weg“. Notiz aus dem Pfarrbuch von Mauern (LK Neuburg/Donau) für 1648: „Viele haben aus Hunger Roßmist gegessen, der Feind hat alles fort; es ist nichts angebaut worden. Viele sind Hungers gestorben, die Überlebenden nähren sich von Wurzeln und Baumblättern und sind froh um die Häute der gefallenen Pferde“. [frdl. Mitteilung von Herrn Fahmüller, Pfeffenhausen]. Der Kitzinger Pfarrer Bartholomäus Dietwar [1592-1670] über 1649; DIETWAR, Chronik, S. 91: „Etliche tausend bayerische Bauern bettelten mit Weib und Kind durchs Land. Darunter waren auch Mörder. Sie stahlen und raubten was sie konnten. Das war Gottes sichtbare Strafe dafür, dass der Kurfürst von Bayern im 30jährigen Kriege viele Tausend armer Leute gemacht hatte. Darum war sein Land im vorigen Jahre durch die Schweden und Franzosen wieder verdorben worden, also dass seine Leute von München und Landshut her das Frankenland durchliefen, das gebettelte Brot dörrten und heim nach Bayern trugen“.
[67] Oberehnheim [Obernai; Elsass, heute Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[68] Molsheim [Stift Strassburg; heute Frankreich; Dép. Bas-Rhin].
[69] „Schelm“ war früher der Berufsname des Abdeckers. Jemanden einen Schelm (Bösewicht, Betrüger, Verführer, Schinder, Teufel) zu schelten, jemanden zum Schelmen zu machen, galt als eine der ehrenrührigsten Beschimpfungen, eine der größten Ehrverletzungen. Vgl. BERG, Regulating war, S. 55f. „Jemanden zum Schelmen machen“ hieß, in Kriegsgerichtsverfahren einen Straftäter für ehrlos zu erklären, aus der Armee zu verstoßen und der Stadt/des Landes zu verweisen; WAAS, Chroniken I, S. 127. Zur grobianischen Schimpfartistik der Soldaten vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 36f.: „Die soldaten thun unse große uberlast, die manß personen mußen ihr dieb, schelm, boßwicht und hunde sein, die weibs personen ihr schand und brand, hurn auch, ihr hexen und zauberinnen. (57v) Ihr fluch und wunsch ist schrecklich, nicht allein die alten fluch der kriegs knecht und marter hansen, sondern neu fluchen, so der sathan herfur gebracht, als das dich der donner, blitz und hagel schlag“.
[70] HAUSMANN, Das Regiment, S. 110ff.
[71] Markirch [Sainte-Marie aux Mines; Ober-Elsass, heute Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[72] Vgl. JENDRE, Diplomatie und Feldherrnkunst.
[73] Pfalzburg [Phalsbourg, Dép. Moselle].
[74] Hohbarr (Château du Haut-Barr), Felsenburg nahe Saverne im Elsass.
[75] Dachstein [Arrondissement Molsheim, heute Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[76] Hagenau [Elsass, heute Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[77] Drusenheim [Elsass, heute Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[78] HAUSMANN, Das Regiment, S. 115f.
[79] Vgl. BINGEL, Das Theatrum Europaeum.
[80] Pfalzburg [Phalsbourg, Dép. Moselle].
[81] Schorndorf [Rems-Murr-Kr.]; HHSD VI, S. 714f.
[82] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 663f.
[83] Badura; Kočí, Der große Kampf, Nr. 257.
[84] Pforzheim; HHSD VI, S. 627ff.
[85] Badura; Kočí, Der große Kampf, Nr. 258.
[86] Möglicherweise handelt es sich dabei um Vacchi Freiherr von Adelsvogel(-berg), Mattias de.
[87] Neuweiler [Neuwiller-lès-Saverne, Elsass, heute Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[88] Ingweiler [Ingwiller, Elsass, heute Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[89] Weißenburg [Wissembourg; Elsass, heute Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[90] Vgl. BROCKMANN, Dynastie.
[91] Vgl. HÖBELT, Ferdinand III.
[92] Stollhofen; heute Katastralgemeinde von Traismauer; HHSÖ I, unter S. 498, 582.
[93] Nördlingen [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 525ff.
[94] Öhringen [Hohenlohekr.]; HHSD VI, S. 612ff.
[95] Pappenheim [LK Weißenburg-Gunzenhausen]; HHSD VII, S. 568f.
[96] HAUSMANN, Das Regiment, S. 116f.
[97] Vgl. die ausgezeichnete Dissertation von SCHREIBER, Leopold Wilhelm; BRANDHUBER, Leopold Wilhelm; DEMEL, Leopold Wilhelm.
[98] Höxter; HHSD III, S. 346ff.
[99] sagen ?
[100] Fritzlar; HHSD IV, S. 149ff.
[101] [Bad] Wildungen; HHSD IV, S. 35ff.
[102] Warburg; HHSD III, S. 752ff.
[103] Vgl. SCHRIJNEMAKERS; CORSTJENS, Graaf Godfried Huyn van Geleen (in der deutschen Fachliteratur kaum beachtete Biographie).
[104] Bruchhausen; HHSD III, S. 122.
[105] Albaxen, heute Stadtteil von Höxter [LK Höxter].
[106] Bienenkörbe.
[107] Vgl. BARKER, Piccolomini. Eine befriedigende Biographie existiert trotz des reichhaltigen Archivmaterials bis heute nicht.
[108] Das würde einer Gesamtmenge von 170.400 bis 340.800 Litern entsprechen.
[109] NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 101f.
[110] JAEGER, Geschichte, S. 372f., Beilage 1.
[111] Vgl. KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 151f.
[112] Eger [Cheb]; HHSBöhm, S. 119ff.
[113] Marktredwitz; HHSD VII, S. 429f.
[114] BRAUN, Marktredwitz, S. 275.
[115] Tachau [Tachov]; HHSBöhm, S. 595ff.
[116] Österreichisches Staatsarchiv Wien Kriegsarchiv Alte Feldakten 1647/10/8 b: Ferdinand III. an Kommandant von Waldsassen, Prag, 1647 X 14; Waldsassen [LK Tirschenreuth]; HHSD VII, S. 785ff.
[117] Pilsen [Plzeň]; HHSBöhm, S. 444ff.
[118] Österreichisches Staatsarchiv Wien Kriegsakten 171, fol. 26-27: Jan van der Croon [La Corona] an Holzappel, Pilsen, 1647 XI 04.
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