Martinitz, Bernart Ignác Jan [Bernhard Ignatz], Bořita z

Martinitz, Bernart Ignác Jan [Bernhard Ignatz], Bořita z, Graf; Rat, Kammerherr und Oberstburggraf [1603- 7.1.1685] Bořita z Martinitz war der Sohn Jaroslavs und stand als Rat und Kammerherr in kaiserlichen Diensten. Er amtierte von 1651 bis 1685 als böhmischer Oberstburggraf.[1]

Martinitz’ Korrespondenz gerade mit Piccolomini enthält eine Fülle von Informationen über die letzten Kriegsjahre. Am 4.6.1642 schrieb er aus Prag an Piccolomini: Die Schweden bedrängten Böhmen von Schlesien her und hätten Braunau[2] genommen, wo sie unter Androhung von Brandschatzungen der Städte und Dörfer Kontributionen erheben. Die Regimenter in Böhmen würden bei Königgrätz[3] zusammengezogen, wohin sich auch die Garnison aus Friedland[4] gewandt habe. Die Glatzer[5] Abteilungen seien verstärkt worden. Auch nach Lamboys Niederlage (am 17.1.1642 bei Kempen[6]) seien die Weimarer am Rhein nicht so gefährlich wie die Schweden, ganz zu schweigen davon, dass es sich hier um die Erbländer handle. Suys halte sich in der Umgebung Komotaus[7] auf und sei zweimal durch die Martinitz’schen Familiengüter marschiert.[8]

Caretto di Grana teilte Martinitz am 26.1.1643 aus Madrid mit, jüngsten Nachrichten zufolge habe sich Philipp IV. selbst der Erledigung der Regierungsgeschäfte angenommen und das mit solchem Eifer und solcher Weisheit, dass man sich auf eine Besserung der Gesamtlage freuen dürfe.[9]

Freisleben, Sekretär der böhmischen Hofkanzlei, wandte sich am 13.2. und 30.3.1644 aus Wien an Martinitz und beglückwünschte ihn zum Protektorat über die Prager Karls-Universität. Gleichzeitig äußerte er sich zum Kriegsverlauf mit Rákóczi und dessen Taktik, zu den Gerüchten über einen Ausfall Moskaus gegen Schweden, der Versöhnung in der Familie Martinitz und dem Boten Christians IV. von Dänemark, der sich insgeheim bei Maximilian von Trauttmansdorff aufhalte. Der König sei angeblich entschlossen, die Ostsee zu öffnen.[10] Am 17.2. wandte sich Freisleben erneut an Martinitz: …“ was mir von dem kgl. Residenten in Pohlen [Hubert Walderode; BW] deswegen zu kommen, liegt herbei. Es wird auch ein dänischer Gesandte des nächsten Tags allhier erwartet. Sonst haben wir mit dem Ragozi [Rákóczi; BW] eine neue Wäsch, der ist bereits mit 3000 Pferd in Oberungarn eingefallen, hat etliche Ort wiewohl unglückseelig invadirt, Klöster gesturmet und arme Religiosos vertrieben; deme ist bereit Graf Buchheimb [Puchheim; BW], an dessen Statt der Generalwachtmeister Gracau [Krockow; BW] komt mit 4 Regimenter von Pferd und 3 zu Fuss entgegen commandirt. Die Ungarn stehen noch von fernen und seind halb erschrocken. Heunt ist Graf Trautmansdorff, Schlick und Questenberg mit dem ungarischen Palatino [Miklós Eszterházy; BW] und anderen Confidenten alhier bei Hof zusammen gewesen und haben den ganzen Morgen zugebracht. … Sonsten ist heunt gewisse Avisen eingelaufen, dass der grosse Vesir-Bassa, so bishero den Ragozi portirt, von den Janitscharen niedergehauet worden, welches sowohl in der Türkei grosse Factiones macht, als auch dem Ragozi den Compas verrücken dörft“. …[11]

Am 27.2.1644 ging ein weiteres Schreiben Freislebens an Martinitz: „Es soll auch aus Moskau ein starker Anfall in Schweden vor der Tur, so nit schon geschehen sein. Was des Ragozi Hostilität auftrifft, hat er Kaló[12] eingenommen und ziehen nunmehr die kais. Völker zusammen und wird der Randesvous den 10. Martii zu Radisch[13] in Mähren beschehen“.[14]

Zwischen dem 23.4. und dem 8.6. haben sich acht Schreiben von W. E. von Lobkowitz an Martinitz über den Krieg in Ungarn, die kaiserliche Mission zur Pforte, die Pläne von Generalleutnant Gallas, über den dänischen Gesandten in Wien, die Blockade der Schweden bei Olmütz,[15] den Rückzug Rákóczis nach Siebenbürgen und die Lage in Flandern erhalten.[16]

W. E. von Lobkowitz informierte am 30.4.1644 Martinitz, Gallas habe gewisse Punkte vorgelegt, deren Erfüllung angeblich Voraussetzung für den Beginn des Feldzugs sei. Auf Grund der Beschlüsse des Kaisers werde er aber nun keinen Vorwand für einen Aufschub mehr vorbringen und Anfang Mai mit der Armee ausrücken können, wie er versprochen hatte. Hatzfeldt sei weiter vorgerückt und er, L., hoffe, die Hilfstruppen wurden den König von Dänemark rechtzeitig erreichen. Aus Ungarn erwarte man in Folge des Vormarsches der Kaiserlichen mit jeder Stunde gute Nachrichten. Die Türken verlangten, der kaiserliche Gesandte möge sich so bald wie möglich nach Konstantinopel begeben; die Wahl des Kaisers sei auf Hans Christoph von Puchheim gefallen, der am 10.6. abreisen solle. Kriegsrat Traun begebe sich morgen zu den Vorbereitungen der Kriegsoperationen nach Köln.[17]

Zwischen dem 24.8. und dem 31.12.1644 gingen mindestens 26 Berichte von Martinitz an Piccolomini über militärische Ereignisse im Dänisch-Schwedischen Krieg, die Erhebung Rákóczis, über Gallas‘ Kämpfe mit den Schweden und dessen Rückzug nach Magdeburg[18] sowie über dessen Versuche, sich aus der schwedischen Umklammerung zu befreien.[19]

Martinitz schrieb am 3.9.1644 aus Prag an Piccolomini: Nach den freudigen Nachrichten von Gallas‘ Erfolgen in Holstein, bei Bremen[20] und Hamburg[21] seien nunmehr Berichte von Torstenssons und Königsmarcks Einfall in die Niederlausitz und in Kursachsen sowie von der Besetzung Torgaus[22] eingetroffen. Christian IV. von Dänemark konnte zwar einige siegreiche Seegefechte gegen die schwedische Flotte verzeichnen, beklage sich aber über die ungenügende Unterstützung seitens der kaiserlichen Flotte. In der eigenhändigen Nachschrift hieß es: “Il Re di Danimarca non mostra troppo contentezza della condotta de nostri agiuti, incolpando certe tardanza, all incontro l’altra parte si lamenta del Re che domanda cose impossibili”.[23]

Am 12.10. wandte sich Martinitz erneut an Piccolomini: Der kaiserliche Sieg über Rákóczi bedeute einen Riss in den französisch-schwedischen Plänen, denn Rákóczis Aufgabe sei es gewesen, die kaiserlichen Streitkräfte zu binden; zum Frieden gezwungen, werde er dieser Aufgabe nicht nachkommen können.[24] Martinitz schrieb am 14.10. aus Prag nochmals an Piccolomini: Der Krieg sei in die Umgebung von Bernburg[25] getragen worden, die Kaiserlichen und die Schweden stünden auf beiden Saale-Ufern. Die Franzosen hätten den Schweden eine große Geldsumme versprochen, die jedoch erst nach erfolgter Eroberung der Erbländer ausgezahlt werden solle.[26]

Martinitz schrieb am 2.11.1644 aus Prag an Piccolomini: Sowohl aus Schlesien als auch von Hatzfeldt seien Hilfstruppen für Gallas zu erwarten. Die schwedischen Verbände seien jedoch so stark, dass nur ein Wunder Böhmen vor ihrem Einfall retten könne.[27]

Martinitz informierte Pccolomini am 27.11.1644 aus Prag, aus Rom sei die Nachricht eingetroffen, dass der König von Frankreich mit der Sache des Friedensschlusses den Papst betrauen wolle, um zu beweisen, dass er einerseits Vertrauen zu diesem habe und andererseits Kardinal Antonio Barberini gering schätze.[28]

Am 10.12.1644 informierte Martinitz Piccolomini über Gallas‘ sogenannten Rückzug nach Magdeburg: Die Niederlage der kaiserlichen Armee sei größer als man anfangs gedacht, mehrere Soldaten der Kavallerieregimenter kämen zu Fuß nach Böhmen, Enckevort sei gefangen, Bruay habe sich angeblich gerettet, desgleichen Trauditsch und Montecuccoli. Die Schweden formierten zwei Heere, eines gegen die Reste von Gallas‘ Armee, das zweite für den Einfall in Böhmen, wo sie Winterquartiere erzwangen. Die kaiserliche Armee unter Gallas bestand aus 17 Regimentern.[29]

Bereits am 4.1.1645 berichtete Martinitz Piccolomini aus Prag: Kleinere feindliche Einheiten drangen in Böhmen ein und brannten die Dörfer nieder, die Kontributionen verweigern. Gallas verweile in Magdeburg;[30] nach Verbrauch des Geldes aus der Kriegskasse habe er einen Teil des Schmuckes seiner Gemahlin verkauft, um Proviant zu besorgen.[31]

Piccolomini selbst schrieb am 4.2.1645 an Martinitz, der Verdienst um den Rückzug der Schweden aus Böhmen, von dem er, Martinitz, ihm geschrieben hatte, gebühre der Anwesenheit des Kaisers in Prag und der entschlossenen Haltung der Landesbeamten. Die Franzosen rüsteten stark, nachdem Mazarin den Streit des Gaston d’Orléans mit Condé II. zu schlichten wusste. Demgegenüber führten die Generalstaaten vorläufig noch keine Werbungen durch und schienen kein Interesse an einem Krieg gegen den Kaiser zu haben. Man höre vielmehr, sie bereiteten einen Krieg gegen Dänemark vor. Abschließend äußerte er den Wunsch, die Regensburger[32] Verhandlungen möchten als notwendige Vorbedingung des ersehnten Friedens die Einigkeit erzielen.[33]

Der geistig doch eher etwas schlichte Martinitz hatte sich am 14.2.1645 aus Prag gegenüber Piccolomini zufrieden gezeigt: Das Militär ziehe sich bereits in Prag zusammen, am heutigen Tag marschierten 4.000 Reiter und 2.000 Mann von Götz sowie die zwei Regimenter, 800 Fußsoldaten und 1.000 Reiter, die aus Magdeburg gekommen waren, durch die Stadt und versammelten sich auf dem Weißen Berg. Der Kaiser habe sie beobachtet und als schöne Truppe bezeichnet. Hatzfeldt habe das Oberkommando erhalten, Götz befehlige den einen, Werth den anderen Flügel. Mit den vereinigten Kräften der Kaiserlichen, Bayern und Sachsen dürfe auf einen Erfolg gehofft werden.[34]

Am 22.2.1645 lieferte Martinitz aus Prag Piccolomini neue Informationen: Der Feind ziehe mit großem Volk gegen Pilsen,[35] den einen zufolge, um eine Schlacht zu liefern, nach den anderen, um die Stadt zu belagern. In Wahrheit marschiere er, verbürgten Nachrichten zufolge, in die Obere Pfalz [!]. Die Kaiserlichen seien bereits konzentriert und verfügten über 2.000 Reiter mehr als die Schweden. Diese warteten wohl noch auf die Hessischen, die angeblich bei Frankfurt/M.[36] stehen. – Bei einer vom Kaiser veranstalteten Treibjagd seien in der Nähe des Jagdschlosses Stern[37] zwanzig Schweden gefangen genommen worden, die bekannten, ihr Kommandant befinde sich mit zwei weiteren in Prag, sie selbst hätten dort auf ihn gewartet. Sofort seien die Stadttore geschlossen und die Spione verhaftet worden. Vielleicht werde ihr Verhör die Pläne des Feindes erkennen lassen.[38]

Martinitz hatte Piccolomini am 18.3.1645 aus Prag informiert: Der Gegner sei in Mähren bis Brünn[39] und Znaim[40] vorgedrungen, sein rechter Flügel reiche von Neuhaus[41] bis in die Nähe Prags. Überall erhebe er Kontributionen. Die Kaiserlichen könnten sich zu keinem Widerstand ermannen und seien in die Quartiere abmarschiert. Königsmarck habe große Erfolge bei Bremen und fast das ganze Erzstift besetzt.[42]

Am 8.7.1645 schrieb Martinitz aus Prag an Piccolomini, der dem Feind in Franken versetzte Schlag habe bewiesen, dass die kaiserlichen Streitkräfte nicht so schwach seien und dass eine bloße Abwehr nicht von Vorteil sei. Der Feind werde das von ihm besetzte Gebiet nicht halten können, wenn es gelinge, die Ernte ohne große Hindernisse einzubringen und damit der Armee das zu geben, was sie brauche. Die Verproviantierung sei zur meist diskutierten Frage geworden, die aber von gewissen uneingeweihten Weltmännern unterschätzt werde.[43]

Am 26.8.1645 hatte Martinitz Piccolomini aus Prag mitgeteilt, dass Torstensson Brünn[44] verlassen habe und vor Olmütz[45] stehe. Königsmarck stehe vor den Toren Meißens[46] und soll gewissen Berichten zufolge die Burg bereits erobert haben. Vorläufig wurden die für Bayern bestimmten Regimenter Wolframsdorff und Tappe als Hilfstruppen nach Sachsen abkommandiert. Kapaun bewege sich entlang der Grenze und bewache sie. Wenn der Frieden mit Rákóczi geschlossen würde, könnten es die Kaiserlichen zahlenmäßig mit dem Feind aufnehmen. Anderseits sei der Friede Dänemarks mit Schweden geschlossen worden und von dort drohe seiner Meinung nach die Gefahr einer Verstärkung des Feindes.[47]

Am 28.10. schrieb Martinitz Piccolomini aus Prag: Aus diesem Königreich könne er nur Verderben und Verheerung melden: Torstensson ließ Königsmarck bei Olmütz[48] zurück und räumte mit der Hauptarmee Mähren, nahm seinen Sitz im Schloss zu Leitomischl[49] und befahl Arvid Wittenberg, mit der Infanterie und Artillerie Pardubitz[50] zu belagern. Dessen starker Angriff am 27.10. richtete großen Schaden an, legte die Schlosszinnen und einen Großteil der Stadt in Trümmer; da kam ihm auch  schon Torstensson mit der ganzen Armee zu Hilfe. Pardubitz aber wehrte sich unter Strassoldo ausgezeichnet. Als ihm die Eroberung nicht gelang, steckte der Feind Chrudim[51] in Brand und zog weiter gegen Königgrätz.[52] Seine nächsten Absichten seien nicht einmal Gefangenen bekannt. Einige Hoffnung dürfe man in ein mögliches schwedisch-polnisches Zerwürfnis setzen. Bei der Konferenz der Katholiken und Protestanten[53] sei es nämlich Meinungsverschiedenheiten gekommen, die Häretiker riefen die Schweden zu Hilfe und gelobten, sie würden den König von Polen zur Abdankung des Titels eines Königs von Schweden zwingen; aber eine Hilfe von dort sei viel zu weit weg.[54] Am 11.11. schickte Martinitz erneut einen Lagebericht an Piccolomini: Nach der Plünderung der Umgebung von Königgrätz habe sich Torstensson gegen Jičin [55] gewendet. Er führe unglaubliche Getreidemengen und treibe riesige Viehherden weg, alles nach Schlesien, wo er große Vorratsmagazine errichte. Unter seinen Soldaten wüte die Pest und Königsmarck wolle aus Furcht vor Ansteckung nicht zu ihm stoßen. Ständig kämen Nachrichten über einen Marsch Wrangels nach Böhmen, der aber zaudere und Lüneburg[56] noch nicht verlassen habe. Flandern und Böhmen scheinen die vom Krieg am meisten in Mitleidenschaft gezogenen Länder zu sein.[57]

Zwischen dem 6.1. und dem 1.12.1646 gingen 28 Berichte von Martinitz über die kriegerischen Ereignisse im Egerland, den Abmarsch der Schweden aus Böhmen, den schwedischen Angriff auf Schlesien und die von Montecuccoli angeführte Landesverteidigung an Piccolomini.[58]

Piccolomini wandte sich am 3.2.1646 an Martinitz: Er teile seine Ansicht, dass die Besetzung von Brüx[59] schlimme Folgen nach sich ziehen könne. Da nun aber die Vereinigung der kaiserlichen mit der bayerischen Armee stattgefunden habe, hätten diese das Übergewicht und könnten die Pläne des Feindes vereiteln.[60]

Martinitz schrieb am 28.4. aus Prag an Piccolomini: Montecuccoli sei eingetroffen, um die Bewegungen der Schweden zu verfolgen. Arvid Wittenberg ziehe gegen Torgau,[61] um dort die Elbe zu überschreiten und Reichvald sei auf dem Rückmarsch aus Zittau,[62] um zu ihm zu stoßen, worauf beide Heere Schlesien angreifen wollen. – Neu erwachte Friedenshoffnungen beseelten sie alle, die Wirklichkeit aber gebärde sich immer noch so grausam, dass diese Hoffnungen eitel erscheinen, und die Macht der Häretiker sei so groß, dass sie den ersehnten Friedensschluss zum Scheitern bringen könne.[63]

In einem Schreiben aus Linz[64] berichtete Walter Leslie am 8.6. Piccolomini über das Ableben der Kaiserin Maria Anna und die Bestattungsfeierlichkeiten sowie in einem chiffrierten Teil über Piccolominis Beliebtheit bei der Armee und am Kaiserhof. „Mi scrivono dell’Armata, che il Conte Hatsfeld da ogni giorno meno sadisfazione a Sua Altezza [Leopold Wilhelm; BW], e che ne li offiziali ne li soldati non gli portano amore ne rispetto. La disunione tra i Capi s’andava sempre maggiormente augumentando. In somma io non vedo altro rimedio che il ritorno di Vostra Eccelenza, la quale é desiderata tanto da tutt’i Capi quanto da i Soldati e principalmente dalla Cavalleria come anche d’una gran parte degli Consigleri e Cavaglieri della Corte. All’ultimo rendevouz la Cavallaria gridò due volte viva Piccolomini, Piccolomini.

Supplico Vostra Eccelenza di continuar à scriver a Sua Altezza ogni settimana come come anco al Conte di Schwarzenberg al quale Vorsta Eccelenza deve molto. Melander à anche grande stima di Vostra Eccelenza come anco il S. Baron di Plumenthal [Blumenthal; BW] che fa publica professione di esser creatura di Vorsta Eccelenza. Qui alla Corte non so chi habbi Vostra Eccelenza per maggior amico fuori del S. Conte di Trauttmansdorff che il S. Conte di Martiniz il quale à adesso in gran credito appresso il Padrone, et è molto confidente delli Spagnuoli”.[65]

Aus Prag teilte Martinitz Piccolomini am 9.6.1646 mit, die kaiserliche Armee sei gegen einen Feind ausgerückt, der seine Stärke beweisen wollen werde, da Wrangel seine Siege zur See um einen Sieg im Feld zu vermehren suche. Die vom polnischen König betriebenen Werbungen hemmten die Tätigkeit der kaiserlichen und feindlichen Truppen in Schlesien. Wittenberg habe so günstige Stellungen eingenommen, dass er nur schwer zu verdrängen sei, und schicke überdies mehr als 1.000 Reiter, zum Teil Dragoner, nach Mähren. Über Rákóczi seien beängstigende Gerüchte im Umlauf, doch seien diese nach seiner, M.s, Meinung noch unbegründet. Wenn nämlich Polen und Moskau ihren geplanten Feldzug unternähmen, werde die Türkei Rákóczis Hilfe brauchen und dieser würde sich nicht weigern können. Darum glaube er, dass von Rákóczi keine große Gefahr drohe. Er wundere sich darüber, dass die Schweden angesichts der polnischen Rüstungen keine Befürchtungen hegen, doch dürften sie ernstere Überlegungen anstellen als bekannt sei.[66]

Martinitz berichtete Piccolomini am 4.8.1646 aus Prag über die Krönung Ferdinands IV. Nach Beendigung des Landtags, der große Geldsummen für den Kaiser bewilligte, fand am 4.8. unter Beteiligung von etwa 500 Adeligen des Landes, Höflingen und Ausländern eine allgemeine Versammlung statt, bei der alle dem neuen König von Böhmen, Ferdinand IV., Treue gelobten; der Kaiser dankte huldvoll. Alle schworen auf die Erbuntertanenschaft Seiner Königlichen Gnaden. Die Zeremonie war von großem Jubel und allgemeinem Beifall begleitet. Am morgigen Tag solle der König nach altem Brauch gekrönt werden.[67]

Zwischen dem 27.1.1647 und dem 28.12.1647 gingen mindestens 36 Schreiben von Martinitz an Piccolomini, u. a. zum Friedensschluss zwischen Spanien und den Vereinigten Niederlanden sowie zu den westfälischen Friedensverhandlungen, zum Krieg mit den Schweden und deren Verbündeten und den Krieg im Egerland.[68]

Martinitz informierte Piccolomini am 27.1.1647 aus Prag, im Zusammenhang mit dem Frieden zwischen Spanien und den Vereinigten Niederlanden herrsche die Meinung, der Universalfrieden könne nicht mehr fern sein. Demgegenüber nehme aber der Krieg kein Ende, die Schweden bedrohten Lindau[69] und selbst Tirol sei in äußerster Gefahr. Die kaiserliche Armee sei schwach und beziehe ungeordnet die bei Eger[70] zugewiesenen Winterquartiere. Einzelne Trupps stoßen allerdings bis Prag vor, lieferten einander Gefechte und hätten sogar die Pferde Colloredos gestohlen. Mit schwachen Kräften wehre sich Montecuccoli in Schlesien gegen Wittenberg. Es sei die Nachricht eingetroffen, der alte Oxenstierna sei für eine Versöhnung.[71]

Martinitz informierte Piccolomini am 9.3.1647 aus Prag, die ganze kaiserliche Armee habe Böhmen betreten, ein Land, das einerseits vom Feind schwer getroffen, andererseits von der unerträglichen Bürde der eigenen Armee belastet sei. Obwohl man von sicheren Friedensaussichten spreche, habe der Kurfürst von Bayern nicht länger gewartet und einen Separatfrieden geschlossen, der für die Kaiserlichen und die katholische Religion weitere Nachteile bedeute.[72] Am 30.3.1647 hatte sich Martinitz aus Prag wieder an Piccolomini gewandt: Die Folgen der bayerischen Neutralität könnten sich als Verlust von Oberösterreich, aber auch als völliges Verderben auswirken. Wittenberg verstände sich mit Rákóczi. Der Friede mit den Vereinigten Niederlanden könne durch ein weiteres Missgeschick, nämlich den Tod des Prinzen von Oranien, zunichte gemacht werden. Dessen junger Nachfolger Willem II. könnte den Verlockungen der französischen Sirenen weit zugänglicher sein.[73] Am 6.4. schrieb Martinitz an Piccolomini, Wittenberg rücke über Mähren näher an Ungarn heran. – Die Häresie sei von solcher Natur, dass sie sich entweder selbst fürchte oder fürchten mache. – Nach der Neutralitätserklärung Bayerns bedrohten große Armeen diese Länder und die Streitkräfte des Kaisers seien zwar nicht völlig schwach, doch fehle es ihnen an Entschlossenheit und Unternehmungslust; da wirkten sich die Friedensverlockungen, mit denen der Feind die Kaiserlichen betrüge, verheerend aus.[74]

Martinitz äußerte sich am 20.4.1647 aus Prag sehr pessimistisch gegenüber Piccolomini: Da er in dieser hoffnungslosen Lage nur noch an eine von Gott gesandt Rettung hätte glauben können, sei Trauttmansdorff vom französisch-spanischen Friedensschluss benachrichtigt worden und so hoffe man wieder auf den Universalfrieden. Das Königreich Böhmen sei vor dem völligen Verderben nicht mehr zu retten. Es bestehe keine Hoffnung darauf, dass sich die Armee zum Kampf aufraffen und die Schweden aus Böhmen vertreiben könnte. Soldaten gebe es genug, selbst von der kurbayerischen Armee seien Offiziere angekommen, alle aber wollten nur ihren Sold nehmen, aber kämpfen wollten sie nicht.[75]

Dass Holzappel bereits am 17.4.1647 nach dem Tod Gallas‘ das Kommando übernommen hatte, wusste Formarini anscheinend noch nicht, als er am 2.5.1647 aus Wien Piccolomini schrieb: “Con staffetta espressa spedita a Ratisbona,[76] che doverà havervi arrivato l’ordinario diedi parte a Vostra Eccelenza della morte di Signor Conte Galasso, et quello si era dell’Eccelenza Vostra in Consilio secreto discorso. Il Signor Melander gionse qua sabato sera, ha dato in scritto il suo parere del modo di far la guerra, che hanno solo approvato, ma grandemente lodato, il che non ostante alcuni sono contrarii che non se li dia il comando dell’Armata Capitale, stante la sua religione per il scandalo, che per tutta l’europa si doglia, ma poiche Il Signor Conte Slich [Schlick, BW] lo porta a tutto suo potere, che altri spunterà per questa compagna se non per altra ragione almeno per quella, di non esservi soggetti, et siamo su la stagione tanto, oltr, che nun può farsi altro. Se vostra Eccelenza fussa qua, non é dubbio alcuno, che a Lei toccherebbe, piche il Signor Conte di Martiniz con altri del suo partito, sono di questo parere, nè Vostra Eccelenza ha contro che una persona. Ho presentito che a lui sia stato detto per posto di Sua Maestà se in evento che Vostra Eccelenza venisse qua servirebbe sotto il suo comando, et che lui habbi riposto, che non soio lo farebbe volontierissimo ma che havaria per fortuna particolare, di servire sotto un Capitano di tanto valore, et in ogni occasione ove si trova parla di Vostra Eccelenza con effetto, et stima incredibile, cose che tutte mi fanno credere, che assolutamente l’Eccelenza Vostra sarà chiamata quando si lasci intendere, et qua si faccino li negoziati necessarii nella maniera, che ho con altra mia avvisata”.[77]

Am 22.6.1647 Martinitz Piccolomini aus Prag mit, die Schweden rüsteten zum Angriff auf Eger, in Dresden[78] starb Christian, der Sohn des Königs von Dänemark, von Friedrich, dem Administrator des Erzstifts Bremen, spreche man als dänischem Thronfolger. In Bremen[79] nähme die Bewegung gegen die schwedische Okkupation an Stärke zu und die Schweden hätten nur wenige Truppen dort, die aus Neulingen und schlechtem Volk bestünden, da sie die altgedienten Soldaten nach Pommern zusammenzogen.[80]

Martinitz hatte sich am 6.7.1647 gegenüber Piccolomini über die kaiserliche Unterstützung der Kriegsunternehmungen ausgelassen und im Postscriptum hinzugefügt, er setze größeres Vertrauen in das Schwert als in die Friedensverhandlungen. „Spero più del Plenipotentario di Dio mandato a far colla spada la pace, sciogendo il nodo Gordio, che de plenipotentarii Münster e Osnabrück, poich‘ incontrano tant‘ ostinatezze de nostri nemici, che Solo Iddio le può abbassar é mitigare”.[81]

Am 31.8. schrieb Martinitz triumphierend an Piccolomini: Mehrere freudige Nachrichten seien auf einmal eingetroffen. Werth füge den Schweden solche Verluste zu, dass sie sich aus dem Pilsener[82] Kreis gegen Eger[83] zurückzogen, der Kurfürst von Bayern wolle sich erneut mit dem Kaiser alliieren und auch der Kurfürst von Sachsen werde die erzwungene Neutralität rückgängig machen; dies sei wohl eine Folge der Anwesenheit des Kaisers bei der Armee. Und schließlich sei Wrangel, der prahlte, er werde den Kaiser als Gefangenen nach Schweden führen, von zwei Kugeln in den Hals getroffen worden undverendet“.[84]

Boccamaggiore schrieb am 26.10. aus Prag an Piccolomini: In der Stadt herrsche Unsicherheit. Feindliche Trupps durchstreiften das Land, 200 Reiter aus Iglau[85] seien gegen Olmütz[86] aufgebrochen und auf keinen Widerstand gestoßen. Man müsse daran zweifeln, ob die Stadt sich so gegen den Feind wehren würde wie vormals, wenn sie nun keine Hoffnung auf Beistand habe. Der Kaiser scheine den Winter über in Prag bleiben zu wollen; die Hoffnungen auf Frieden seien gescheitert und der Feind bedrohe Ober- und Niederösterreich. Er, B., sei im Besitz der verbürgten Nachricht, dass der hiesige spanische Gesandte Terranova sein Bestes tue, um den Kaiser zu Piccolominis Rückberufung zu bewegen, und der Kaiser sei auch angesichts des Drängens von Trauttmansdorff und Martinitz dafür. Alles sei für Piccolominis Rückkehr vorbereitet, doch scheine es für eine Besserung schon zu spät zu sein.[87]

Am 2.11.1647 schrieb Colloredo aus Prag an Piccolomini: Die Kaiserlichen hätten die Saale überschritten und verfolgten Wrangel. Endlich dürfe man hoffen, ihn von den Grenzen der Erbländer weit entfernt zu halten. Der Angriff auf Iglau[88] mache gute Fortschritte, Strassoldo sei es mit einem Teil der Infanterie gelungen, die Stadtwälle zu besetzen. In Schlesien sei eine an die 1.000 Pferde starke schwedische Abteilung zusammengezogen worden, um die Operationen der Kaiserlichen in Iglau zu vereiteln, als aber die Schweden erfuhren, dass die Kaiserlichen gewarnt wurden, hätten sie kehrtgemacht. Es folgte eine Schilderung des schwedischen Versuchs, den Kurfürsten von Sachsen zu töten.[89] In einem Schreiben von Martinitz an Piccolomini vom 9.11. hieß es dagegen: Er sei von dem geplanten Überfall auf den Kurfürsten von Sachsen und dessen Söhne zwecks deren Gefangennahme benachrichtigt worden. Ein Kornett, ein sächsischer Untertan in schwedischen Diensten, der sich in der Umgebung Johann Georgs I. bewegte, habe den Schweden eine geplante Jagd des Kurfürsten informiert, dieser aber habe sich im letzten Augenblick entschieden, nicht auf die Jagd, sondern zum Fischfang zu gehen.[90] Der sächsische Chronist Lehmann erinnert sich dagegen: „Der [Wancke; BW] truge den Churfürst zue Saxen ein fehde nach, umb das Er ihme bey der eroberung von Gorlitz[91] Ao. 1641 Plündern laßen wider den accord, das gedachte er izt zue revanchiren. Do die Schwedische Armee 1647 auß Bohmen ginge, vermeinte er in diesen March in Meißen sein stücklein ins werck zuestellen, entweder den Churfürsten, der umb Freyberg[92] jagte, selbst zue fangen oder die Festung Dresden[93] mit list zuerobern. Er wahr in March von der Presniz[94] herauß mit seinen regiement Trajonern der 1. Die erste Nacht stunde er auf der Cunersdörfer[95] hohe, Den andern tag und nacht durch Schletta,[96] stehen blieben auf der Schletner höhe hinder den Schloß nach Hermersdorf[97] zue, Den 3. tag in grundt bey den Dörfel und die Freyreuter, die Er von der gantzen armee an sich gehengt hatte, in Walt, alda ließ Er sein regiement mit den andern marchiren und nahm darvon nur 52 ledige und die besten Cärl auf einen anschlag, daß er mit den Freyreuttern 200 starck an den künesten wagehelßen worden. Des tags stunde er stille in Buschen, des Nachts recognoscirte er auf allen seiten, wo der Churfürst lege, und wie an Dresden zue kommen, und stunde deswegen 2 tage in Dorantischen walde. Alß die Schwedische Haupt-Armee in Altenburgischen außruhete, ritte er wieder hin und erhandelte von etlichen Obristen mehr reuter, daß er in 600 Pferde starck worden. Damit sazte er Sich in Spittelwalt vor Freyberg.[98] Alß solches der General Wrangel verkundtschaft, commandirte er geschwindt 50 Pferde auß, ließ ihn gefangen nehmen, auf die festung Leipzig[99] sezen, die Standarten nehmen und die Völker avociren. In Seinen Arrest eiferte Chur-Saxen mechtig uber sein Attentat, doch wurde Er perdonirt und sub amnistia frey- und loßgelaßen und begab sich bey einen andern Herrn in Dienste“.[100]

Vom 25.1. bis 19.12.1648 gingen von Martinitz 26 Nachrichten und Überlegungen aus Böhmen und aus der von den Schweden bedrohten Stadt Prag an Piccolomini. Martinitz sah die Ursache der Misserfolge darin, dass statt der Verteidigung des katholischen Glaubens politische Ziele verfolgt würden. Diese Haltung habe auch die Umgebung des Kaisers stark beeinflusst. Ferner enthielten die Briefe Missfallenskundgebungen gegen Protestanten und tolerante Katholiken in führenden Positionen in Militär und Diplomatie wie Holzappel, Maximilian von Waldstein und Blumenthal.[101]

Walter Leslie wandte sich am 4.6. aus Prag an Piccolomini: Er freue sich darüber, dass Piccolomini bereits bei der Armee in Bayern angekommen sei. Schlick sei am Vortag eingetroffen und Reichsvizekanzler Kurz habe sich statt nach Prag auf seine Güter begeben, was den Kaiser unliebsam berührt habe. Piccolomini solle nicht vergessen, wenn er Ferdinand III. schreiben werde, auch Trauttmansdorff und Martinitz einen Brief zu schicken, da diese Herren ihn beim Kaiser stets in Schutz nähmen. Er möge ferner auch an ihn eine Briefkopie senden, damit er bei den Verhandlungen am Hof unterrichtet sei. Werth verweigere Puchheim den  Gehorsam, auch die Spannung zwischen Puchheim und Montecuccoli dauere an. Wollte er jemanden an den Hof schicken, um über die Armeebedürfnisse zu verhandeln, wäre František Matyáš Karel Graf von Sternberg der bestgeeignete Mann, denn er sei recht geschickt und stehe in der Gunst aller, namentlich Schlicks.[102]

Martinitz schrieb am 17.6. an Piccolomini aus Prag: Seine, P.s, Maßnahmen zur Stärkung der Armee seien begeistert begrüßt worden und die Statthalter legten bei der Förderung seiner Vorhaben außerordentlichen Eifer an den Tag. Er werde als wahrer Vater des Vaterlandes gerühmt, eines Vaterlandes, das bereits seinem Vorfahren Pius II. für alles, womit er dieses Königreich ehrte, sowie Piccolomini verpflichtet ist, der es von einem großen Tyrannen [Albrecht von Wallenstein] befreite und sich schon mehrmals seiner Feinde entledigte.[103]

Martinitz hatte sich am 24.6.1648 wieder an Piccolomini gewandt: Der Kaiser habe Reformierungen und Werbungen für das

Regiment Maximilian von Waldstein angeordnet. Wegen der früheren finanziellen Machenschaften würde man nun am liebsten die Werbungen in Prag abhalten, aber die Ergebnisse würden die Erwartungen des Kaisers nicht erfüllen und die Verteidigung der Stadt schwächen, da sich Waldstein als Feind der katholischen Religion und der kaiserlichen Familie erweise. Er greife in Worten die Fremdlinge am meisten an, weil er wisse, dass diese den größten Beitrag zur Erhaltung des katholischen Glaubens und des Kaisers geleistet haben, während Waldsteins Pläne die Verschwörung seines Onkels, des Herzogs von Friedland, fortsetzen. Blumenthal sei ein Häretiker, ein sehr eifriges Mitglied seiner Sekte, ein doppelzüngiger Spion, der für den Feind arbeite.[104]

Am 6.7. hatte Piccolomini aus Passau[105] Martinitz‘ Schreiben vom 24.6. beantwortet: Er habe in Blumenthal einen tüchtigen, weltgewandten und arbeitsamen Menschen. Kaisertreue und Religionsinteressen seien Dinge, die den Hof angingen; übrigens habe er diesbezüglich bereits nachgeforscht. Betreffs des Regiments Maximilian von Waldstein und der Beschwerde, das für die Soldaten bestimmte Geld werde missbraucht, und der anderen, eine anbefohlene Inspizierung sei verweigert worden, wisse er nicht, was der Hof damit verfolge, wenn er die Garnison Waldstein in Prag halte und dessen Soldaten auch an anderen Orten des Königreichs unter dem Kommando einer Person dislozieren wolle, die derartig angegriffen werde, deren Gesinnung sich in verdächtigen Unternehmungen und auch darin äußere, dass sie die Gunst aller Unzufriedenen, aller Feinde Gottes und des Herrscher genieße. Aber der Kaiser hatte ja schon früher einen Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg und einen Holzappel mit dem Oberbefehl betraut. Demgegenüber habe er selbst die versprochenen Verstärkungen und Mittel zur Kriegsführung noch nicht erhalten.[106]

Am 13.7.1648 schrieb Formarini Piccolomini aus Linz:[107] Am Hofe wünsche man dringlich, er möge sich des Armeekommandos annehmen und baldmöglichst kommen. Puchheim, den einige vormals empfahlen, habe erklärt, er werde gern unter Piccolomini dienen. Sein Gehalt werde das Gleiche sein wie das Holzappels, der in der Schlacht bei Zusmarshausen[108] (17.5.1648) gefallen war, d. h. 1.000 fl. monatlich. Vor seiner Abreise nach Pressburg[109] habe der Kaiser den Hofräten anbefohlen, Piccolomini zum baldigen Dienstantritt aufzufordern, um die Verbitterung über seine Behandlung durch die Beamten Philipps IV. wieder gutzumachen. Diese seien Teufel, lebten nicht in der Wirklichkeit wie hier, sondern zerbrächen sich immerfort die Köpfe, auf welche Weise sie den Sturz eines Mannes betreiben könnten, der sich erlaubte, nur ein wenig von dem Weg abzuweichen, den sie als den einzig zum Ziel führenden bezeichnet hatten. Am Vormittag habe er, Formarini, mit dem spanischen Gesandten Terranova gesprochen; dieser sei voll guten Willens gewesen und habe übertriebene Freundschaftsbezeugungen für ihn, Piccolomini, an den Tag gelegt, ihm auch – ohne ihn zu lesen – einen chiffrierten Brief Philipps IV. gezeigt, in dem Terranova anbefohlen wurde, Piccolominis Interessen am Kaiserhof zu fördern. Er möge seinem Rat folgen und an Martinitz, Kurz, Trauttmansdorff und Schlick schreiben, um diese noch vor der ihn, Piccolomini betreffenden Verhandlung im Staatsrat zu informieren. Aus Italien sei die Nachricht eingetroffen, dass der Herzog von Modena, Francesco I. d’Este, eine spanische Festung bei Cremona[110] überfallen und es dann abgelehnt habe, den kaiserlichen Kurier zu empfangen, der ihn daran mahnen sollte, dass Mailand kaiserliches Lehen sei und der Herzog wegen crimen laesae Maiestatis (Majestätsbeleidigung) der Gefahr eines Krieges und der Reichsacht aussetze. So tief sei auch in Italien die Autorität des Kaisers gesunken.[111]

Am 16.7. schrieb Martinitz in düsterer Vorahnung aus Prag an Piccolomini: In seinem Schreiben vom 24.6. habe er ihm die Wahrheit gesagt: Gegenwärtig greife Königsmarck Falkenau[112] und Elbogen[113] an, und Graf Eberstein, dieser Häretiker, der hätte zu Hilfe kommen sollen, habe nichts unternommen; Wittenberg und Königsmarck zögen ihre Truppen zusammen und wollten mit den aus Pommern kommenden Verstärkungen angeblich Prag umzingeln. Auch wenn Colloredo gute Absichten hege, sei er doch zu alt und verfüge über nichts anderes als höchstens 600 gute Fußsoldaten und eine verarmte, von M. von Waldsteins Offizieren ausgesaugte Bürgerschaft. Die Torwachen seien schwach und es gebe selbst solche Vorfälle, dass feindliche Reiter ein- und ausgehen, sich als Kaiserliche ausgeben, und niemand untersuche sie oder verlange einen Pass. Aus dem gegen den Weißen Berg liegenden Tore könne niemand hinaus, da das Land dort vom Feinde besetzt sei; 10-12.000 Mann könnten mit Leichtigkeit die ganze Stadt belagern und bei einem Überfall, insbesondere von der Burgseite her, auch in geringerer Zahl in die Stadt eindringen. Er habe Colloredo darauf aufmerksam gemacht, der aber habe geantwortet, er wisse davon, habe jedoch überall zu wenig Leute. Den jüngsten Nachrichten zufolge zögen die Schweden ihre Truppen zu einem Angriff auf Prag zusammen.[114]

Martinitz attackierte Blumenthal am 18.7. aus Prag erneut bei dem zurückgekehrten Piccolomini: Traun, Kurz, Max (Trauttmansdorff ?) oder Schlick und deren Vertrauensmann Puchheim ständen hinter Blumenthal, der ihnen wieder alles, was sie wünschen, brieflich dem Hof berichtet. Jene hätten größeres Vertrauen zu Häretikern als zu Katholiken und das Unheil, das die Kaisertreuen betraf, sei eine Strafe für die Gleichgültigkeit ihrer Minister in Sachen des Glaubens.[115]

Am 1.8.1648 berichtete La Corona aus Beraun[116] an Piccolomini, den neuen Oberkommandierenden der kaiserlichen Armee nach dem Tod Holzappels in der Schlacht bei Zusmarshausen am 17.5.1648 über die Eroberung der Prager Kleinseite durch Königsmarck: „Den traurigen Zustand mit Prage habe ich zur Berichten nichts unterlassen wollen, daß der Königsmarck nach Prage kommen, die Kleine Seite mit Schand undt Spott erobert, solche einen Halbentag geplündert, über 180 Person wird gehawet, den Obristen Purggrafen, Cardinal und andere grosse Herren, so auf der Kleinen Seite gewohnet, gefangen genommen. Der General Wittenberg ist gestern auch ankommen und weilen der Herr Graf Puchheimb heinein gelanget, werden die Alt- und Neustätter, welche zwei Blutsiege fanden auch gesterket.

Herr Cardinal [Ernst Adalbert von Harrach; BW], Ober-Purggraf [J. B. von Martinitz; BW], Ober-Hofmeister [F. O. v. Kolowrat-Libstejnský; BW], Obrister Landrichter [F. M. K. von Sternberg; BW] undt General-Commissar von Collowrath [W. E. von Kolowrat-Krakovský; BW] werden in ihren Hausern verwacht, aber erstlich alle ihre Häuser, wie auch die Kleine Seiten, einen halben Tag ausgeplündert. General Wittenberg soll an vorgangenen Freitag früh selbsten mit seinen Herren in Schloss ankommen sein, und ebenso dann Königsmarck in kaiserlichen Zimmer wohnen“.[117]

Martinitz hatte sich am 25.10. an Königsmarck gewandt und sich über seine Gefangenschaft in seinem Hradschiner Haus, das ausgeplündert wurde, beklagt. Sämtliche Gold- und Silbersachen, Kleinodien und Bargeld wurden aus dem Haus getragen, die Pferde aus den Ställen weggeführt. Königsmarcks Sekretär, sein Hofmeister und der Proviantmeister hätten in Königsmarcks Namen 20.000 Rt. verlangt. Graf Jaroslav Bubna sei mit Berichten über Verhandlungen am Wiener Hof wegen der Freilassung der Gefangenen zurückgekehrt. Er selbst solle außer dem Silber noch 30.000 Rt. bezahlen, J. Bořita von Martinitz 20.000 Rt. und dessen Sohn Benno Bořita von Martinitz 8.000 Rt. Königsmarck möge bei Pfalzgraf Karl Gustav ihre Freilassung unterstützen.[118]

Piccolomini wandte sich am 19.12.1648 an Martinitz: Die Verhandlungen in Prag hätten zwei Hauptpunkte, den Abmarsch der Schweden aus Prag und die Räumung der von ihnen besetzten Orte im Königreich. Sie würden sie aber nicht räumen, bevor sie die Erfüllung aller übrigen Forderungen erreicht hätten; sie seien ferner bereit, mit der Feldarmee abzumarschieren. Er, P., fordere den Abmarsch der Schweden, um seine eigene Armee in Winterquartiere führen zu können. Die Franzosen mischten sich in die Verhandlungen ein und er halte es für wichtig, mit ihnen Gespräche zu führen. Er selbst habe Turennes Abgesandten empfangen. Schwierig sei die Frage der Oberen Pfalz; in dieser Sache werde ihnen der Kaiser auf halbem Weg entgegen kommen müssen.[119]

[1] Vgl. HARRACH, Tagebücher.

[2] Braunau [Broumov]; HHSBöhm, S. 63ff.

[3] Königgrätz [Hradec Králové]; HHSBöhm, S. 269ff.

[4] Friedland [Frýdlant, Bez. Reichenberg]; HHSBöhm, S. 155f.

[5] Glatz [Klodsko; Grafschaft u. Stadt]; HHSSchl, S. 116ff.

[6] Kempen [LK Kempen-Krefeld]; HHSD III, S. 384ff.

[7] Komotau [Chomoutov]; HHSBöhm, S. 282ff.

[8] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 1300.

[9] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 1388.

[10] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 174.

[11] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 170, S. 72; bzw. die weiteren Erwähnungen.

[12] Nagy Kalló [Ungarn].

[13] Ungarisch Hradisch [Uherské Hradiště]; HHSBöhm, S. 636ff.

[14] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 183.

[15] Olmütz [Olomouc]; HHSBöhm, S. 420ff.

[16] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 222.

[17] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 227.

[18] Magdeburg; HHSD XI, S. 288ff.

[19] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 380.

[20] Bremen; HHSD II, S. 69ff.

[21] Hamburg; HHSD I, S. 83ff.

[22] Torgau [Kr. Torgau]; HHSD XI, S. 467ff.

[23] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 394.

[24] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 421.

[25] Bernburg [Kr. Bernburg]; HHSD XI, S. 37ff.

[26] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 422.

[27] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 446.

[28] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 458.

[29] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 467.

[30] Magdeburg; HHSD XI, S. 288ff.

[31] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 482.

[32] Regensburg; HHSD VII, S. 605ff.

[33] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 503.

[34] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 511.

[35] Pilsen [Plzeň]; HHSBöhm, S. 444ff.

[36] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.

[37] Schloss Stern (Letohrádek Hvězda) in Prag.

[38] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 513.

[39] Brünn [Brno]; HHSBöhm, S. 68ff.

[40] Znaim [Znojmo]; HHSBöhm, S. 688ff.

[41] Neuhaus [Jindřichuv Hradec]; HHSBöhm, S. 398ff.

[42] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 538.

[43] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 620.

[44] Brünn [Brno]; HHSBöhm, S. 68ff.

[45] Olmütz [Olomouc]; HHSBöhm, S. 420ff.

[46] Meißen; HHSD VIII, S. 223ff.

[47] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 653.

[48] Olmütz [Olomouc]; HHSBöhm, S. 420ff.

[49] Leitomischl [Litomyšl, Bez. Zwittau]; HHSBöhm; S. 330ff.

[50] Pardubitz [Pardubice]; HHSBöhm, S. 436ff.

[51] Chrudim [Krudin]; HHSBöhm, S. 100f.

[52] Königgrätz [Hradec Králové]; HHSBöhm, S. 269ff.

[53] Das „Colloquium charitativum“ (28.8.-3.10.1645) in Thorn, eine Zusammenkunft von Vertretern der polnischen Katholiken und Protestanten, sollte einen Religionsfrieden vorbereiten, endete jedoch mit dem völligen Zerwürfnis.

[54] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 700.

[55] Jičin [Jičín]; HHSBöhm, S. 233f.

[56] Lüneburg; HHSD II, S. 311ff.

[57] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 704.

[58] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 737.

[59] Brüx [Most]; HHSBöhm, S. 79ff.

[60] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 764.

[61] Torgau [Kr. Torgau]; HHSD XI, S. 467ff.

[62] Zittau; HHSD VIII, S. 371ff.

[63] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 811.

[64] Linz; HHSÖ I, S. 66f.

[65] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 843.

[66] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 844.

[67] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 866.

[68] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 981.

[69] Lindau (Bodensee); HHSD VII, S. 414ff.

[70] Eger [Cheb]; HHSBöhm, S. 119ff.

[71] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 982.

[72] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1014.

[73] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1021.

[74] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1024.

[75] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1034.

[76] Regensburg; HHSD VII, S. 605ff.

[77] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1036, S. 332f.

[78] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.

[79] Bremen; HHSD II, S. 69ff.

[80] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1055.

[81] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1059.

[82] Pilsen [Plzeň]; HHSBöhm, S. 444ff.

[83] Eger [Cheb]; HHSBöhm, S. 119ff.

[84] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1069.

[85] Iglau [Jihlava]; HHSBöhm, S. 214ff.

[86] Olmütz [Olomouc]; HHSBöhm, S. 420ff.

[87] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1078.

[88] Iglau [Jihlava]; HHSBöhm, S. 214ff.

[89] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1080.

[90] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1081.

[91] Görlitz; HHSD VIII, S. 119ff.

[92] Freiberg; HHSD VIII, S. 99ff.

[93] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.

[94] Pressnitzer Pass: Der Preßnitzer Pass stellt eine der ältesten Pfadanlagen dar, die aus dem Zentrum Mitteldeutschlands über den dichten Grenzwald nach Böhmen führte. Sein ursprünglicher Verlauf ging von Halle (Saale) kommend über Altenburg, Zwickau, Hartenstein, Grünhain und Zwönitz nach Schlettau. Hier wurde die obere Zschopau gequert. Anschließend führte der Weg über Kühberg am Blechhammer vorbei nach Weipert (Vejprty) und erreichte dann östlich schwenkend über Pleil (Černý Potok) mit Preßnitz (Přísečnice) die älteste Bergstadt des Erzgebirges. Von hier aus verlief der sogenannte Böhmische Steig vermutlich über Kaaden (Kadaň) und bis nach Saaz (Žatec). Die Passhöhe selbst befand sich auf böhmischer Seite nahe Pleil (Černý Potok) auf ca. 800 m ü. NN. Damit war der Preßnitzer Pass deutlich niedriger als die sich nach Westen hin anschließenden Pässe über Wiesenthal, Rittersgrün, Platten, Hirschenstand und Frühbuß. Dies war einer der Gründe für seine häufige Benutzung während des Dreißigjährigen Krieges. [wikipedia]

[95] Cunnersdorf bei Buchholz.

[96] Schlettau [Kr. Annaberg]; HHSD VIII, S. 319f.

[97] Hermannsdorf (Hermersdorf), heute Ortsteil von Elterlein [Erzgebirgskreis].

[98] Freiberg; HHSD VIII, S. 99ff.

[99] Leipzig; HHSD VIII, S. 178ff.

[100] LEHMANN, Kriegschronik, S. 174f.

[101] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1092.

[102] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf,  Nr. 1112.

[103] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1121.

[104] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1124.

[105] Passau; HHSD VII, S. 571ff.

[106] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1131.

[107] Linz; HHSÖ I, S. 66f.

[108] Zusmarshausen [LK Augsburg]; HHSD VII, S. 849f.

[109] Pressburg [Bratislava], Königreich Ungarn.

[110] Cremona [Lombardei, Italien].

[111] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1134.

[112] Falkenau [Falknov nad Ohří]; HHSBöhm, S. 139ff.

[113] Elbogen [Loket, Bez. Falkenau]; HHSBöhm, S. 133f.

[114] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1135.

[115] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1137.

[116] Beraun [Beroun]; HHSBöhm, S. 31f.

[117] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1149. Vgl. dazu auch Neuberg, Das Schwedesch lid.

[118] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1201.

[119] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1236.

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