Lobkowitz [Bílina], Oldřich [Ulrich] Adam Popel von

Lobkowitz [Bílina], Oldřich [Ulrich] Adam Popel von; oberster Münzmeister [1610 – 1649] Lobkowitz[1] war Oberster Münzmeister des Königreichs Böhmen.

Am 15.7.1645 schrieb Johann Georg I. an Matthias Gallas:[2] Er könne dem Kaiser[3] die angeforderte Reiterei nicht überlassen, da der Gegner sein eigenes Land bedrohe, wolle jedoch die beiden kaiserlichen Regimenter Wolframsdorf und Tappe nach Böhmen abkommandieren: „Wir haben aus des Herrn zu Schüttenhofen[4] am 8. dieses neuen Calenders abgegebenen Schreiben ersehen, welchergestallt auf des Herrn Erzherzogs Leopold Wilhelm[5] als Generalissimi, gnädigsten befehlich er den Feldmarschalck Lieutenant Grafen Montecuculi[6] mit etlichen Regimenteren dem gemeinen Wesen zum Besten, gegen des Feindes Fürhsaben, avanziren lassen, und so lange bis er wiederum zu dem Herrn gelangen möchte, von uns an deren statt andere sechs Regimenter[7] überkommen sollen. Nun ist zwart nicht, ohne dass ist hochermeltes Herrn Erzherzog Ld. durch einen eigenen Gesandten, Herrn Ulrich Adam Popeln von Lobkowiz die Abfolgung unser Cavallerie beweglich gesucht; wir möchten auch wüntschen, es wäre der Zustand des Feindes also beschaffen, dass wir seiner Ld. zu freundlichen Gefallen und insonderheit zu Beförderung des gemeinsamen Wesens Dienste hierunter willfahren könten. Demnach aber nicht allein der schwedische Obrister Reichwaldt mit bei sich habenden Regimentern in 1 800 starck annoch bei Erfurth[8] stehet, sondern auch des Königsmarcks eilfertiger Anzug gegen Saalfelt[9] aus intercipirten[10] Schreiben und sonsten vor gewiss verlautet, so ist anders nichts zu besorgen, als dass in Ermanglung aller Gegenwehr, dieser zusammenziehende Feind unsere Lande vollents in Grund verterben, ja gar sich vor diese unsere Residenz setzen, die ernte verhindern, auch wol in Böhmen einbrechen und sonsten seines Willens und Gefallens gebahren würde.

Haben derowegen aus solchen wichtigen Ursachen, wiewol ungerne, uns gegen vorhochgedachtes Herrn Erzherzogs Ld. dissfals entschuldigen müssen, darbei aber freundväterlich anerbothen, dass wir die beiden kaiserlichen Regimenter, als das Wolfframsdorffische und Tappische von Zeiz[11] ab (alwo sie sich nebenst denen unserigen anizo befinden) des negsten Weges gegen Böhmen fortgehen lassen wolten; nach welcher unser Erklärung sich auch der Herr seinesorts zu richten hat. Zweifeln darbei nicht, er werde vor angeführte Motiven, die uns von so gänzlicher Entblössung aller Gegenwehr abhalten, selbst vor erheblichen ermessen und uns darunter nicht verdenken, als die wir sonst niemals etwas unterlassen, wordurch wir Irer Kaiserl. May. schuldigermassen zu assistiren vermocht“.[12]

Lobkowitz teilte Gallas am 19.7.1645 aus Prag mit, soeben habe er seine Mission am kursächsischen Hof in Sachen Leopold Wilhelms Ansuchen um Überlassung kursächsischer Regimenter an den Kaiser beendet; dem Kurfürsten liege sehr an der Einbringung der Ernte, aber inmitten ihrer Verhandlungen seien leider Nachrichten eingetroffen, dass Königsmarck mit starken Abteilungen an Saalfeld[13] herangerückt sei und die sächsischen Truppen sich von Naumburg[14] gegen Zeitz abgesetzt hätten. So habe er, L., sich mit der Einwilligung des Kurfürsten begnügen müssen, diejenigen kaiserlichen Regimenter nach Böhmen zurück zu kommandieren, die ihm erst unlängst von dort geschickt worden waren.[15]

Der Kaiser hatte sich am 18.1.1646 in einer Instruktion für Popel von Lobkowitz für dessen Gespräche mit Johann Georg I. von Sachsen dahin erklärt, dass er zu einem Friedensschluss bereit sei. Mit Schweden sei ein sechsmonatiger Waffenstillstand abgeschlossen worden und alle kriegerischen Aktionen sollten eingestellt werden, Torstensson halte sich aber nicht an die Abmachungen und erhebe Kontributionen.[16]

„Inzwischen war am Dresdner[17] Hof der kaiserliche Gesandte Ulrich Adam Popel von Lobkowitz eingetroffen. Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln versuchte er, den Kurfürsten von weiteren Verhandlungen abzuhalten. Dr. Oppel erwiderte Lobkowitz, dass es für das Land nichts Besseres gäbe als Frieden und Ruhe.

Die angespannte Situation durchaus nicht verkennend, schrieb Johann Georg I. am 7. Februar 1646 Torstenson, er möchte doch Vertraute nach Oschatz[18] zu Unterhandlungen entsenden. Da dem Feldmarschall der Ort vor der Reichsarmee nicht sicher schien, schlug er im Gegenzug Eilenburg[19] vor, das von den Schweden gut zu verteidigen wäre.

Schließlich begannen dann am 20. Februar in Eilenburg Lilie und Alexander Erskein im Namen der Königin von Schweden[20] sowie Oberst Arnim und Dr. Oppel im Namen des Kurfürsten mit weiteren Verhandlungen. Anwesend waren im Auftrag des Administrators von Magdeburg [August v. Sachsen-Weißenfels (13.8.1614 – 4.6.1680); BW] auch Einsiedel [Hildebrand III. v. Einsiedel (1566 – 1647 ?] und Oberst Christian Ernst von Knoch im Namen der anhaltinischen Fürsten.

Die Schweden bestanden aber auf einen allgemeinen Frieden und die Verpflichtung, die Abmachung von den Nachfolgern der Königin und des Kurfürsten zu übernehmen. Den darüber verstimmten Johann Georg I. drängte [Ulrich Adam Popel v.; BW] Lobkowitz, die Verhandlungen sofort abzubrechen. Er versprach im Namen des Erzherzogs baldige militärische Hilfe und 80.000 Reichstaler Unterstützung im Krieg gegen die Schweden.

Mitte März kam Arnim mit dem schwedischen Vertragsentwurf nach Dresden. Lobkowitz, der auf Umwegen davon Kenntnis erhielt, versuchte Johann Georg I. davon zu überzeugen, dass sich die Übereinkunft nicht mit der Reichsverfassung vereinbaren lasse und sich somit für ihn nicht gehöre. Darauf beauftragte der Kurfürst seinen Kanzler Heinrich von Friesen d. Ä., von den Geheimen Räten ein ausführliches Gutachten darüber erstellen zu lassen. Dieses sollte klarstellen, ob er angesichts seiner Pflichten gegen Kaiser und Reich mit den Schweden einen solchen Vertrag eingehen dürfe.

Die gleiche Aufforderung erging auch an die beiden ersten Geistlichen Dresdens, den Oberhofprediger Jakob Weller und den Superintendent Ägidius Strauch, sowie an die Hofräte Ernst Pistoris, Johann Leuber, Wolf Siegfried von Lüttichau und Johann Hassius. Alle erklärten sich für den Ausgleich mit Schweden. Die Geistlichen hatten in einem sehr ausführlichen Gutachten versichert, dass die Verlängerung des Stillstandes Gottes Worte nicht zuwider laufe, sondern zu Gottes Ehren sei, die Pflichten gegen Kaiser und Reich nicht verletze und zur Rettung des Landes und Volkes sei. Der Kurfürst selbst wartete erst einmal in Dresden ab. Doch die erhoffte Unterstützung des Kaisers blieb aus.

Nachdem Wrangel den 3. April 1646 als Ultimatum gestellt hatte, folgten zwischen ihm und Dr. Oppel Beratungen in Leipzig.[21] Er wollte den Wünschen des Kurfürsten in jeder Beziehung entgegenkommen“.[22]

Ferdinand III. unterrichtete am 8.4.1646 aus Linz[23] O. A. Popel von Lobkowitz: Er bestätigte Lobkowitz‘ Bericht über den bis-herigen Verlauf der Verhandlungen mit dem sächsischen Kurfürsten, bei dem Generalwachtmeister Arnim ein Projekt zur Verlängerung des Waffenstillstands vorlegte, das folgende Punkte enthalte: 1. der Abschluss eines Waffenstillstandes für weniger als drei Jahre ist für die Schweden unmöglich, 2. auch die schwedischen Verbündeten müssen in den Vertrag aufgenommen werden, 3. desgleichen des Kurfürsten Erben und Nachfolger, 4. die Verkündigung des Waffenstillstands muss nicht nur „per missive“, sondern „mit verbündlichen Worten“ erfolgen, 5. es muss ausführlich angeführt sein, dass der Kurfürst die schwedischen Waffen weder direkt noch indirekt in ihrem Einsatz hindern wird, 6. alle diese Punkte sollen das Wesentliche des Vertrags bilden, an dem das Geringste zu ändern Torstensson kein Recht hat, 7. der Kurfürst wird auch weiterhin seine Pflichten gegenüber dem Kaiser erfüllen, ohne dabei die Waffenstillstandsbedingungen zu verletzen. Gleichzeitig warnte Ferdinand III. Lobkowitz vor möglichen schwedischen Machenschaften während der Verhandlungen. Zugleich unterrichtete er ihn von Rákoczis[24] neuen Umtrieben und dessen Vorhaben, den ungarischen Landtag hinauszuschieben, um neue Unruhen zu provozieren. Der Landtag sei nicht verschoben worden. Zudem informierte der Kaiser ihn über das Verhältnis der Kurfürsten zu den allgemeinen Friedensverhandlungen sowie zu einer möglichen militärischen Hilfe. Die protestantischen Reichsstände würden keine Rücksicht auf einen Waffenstillstand nehmen, an keinen Friedensschluss glauben und versprächen sich von einer Verletzung des Waffenstillstands weitere Erfolge auf Kosten der Katholiken. Die schwedischen Bemühungen um einen Waffenstillstand für mindestens drei Jahre zeigten ihre Absichten für die weitere Kriegsführung.. Auch von den Osmanen, nicht nur von den Schweden, drohe Gefahr für die gesamte Christenheit. Trotzdem könne Lobkowitz dem sächsischen Kurfürsten versichern, dass ein Kurier der Hohen Pforte deren Vorschlag zur Verlängerung des bestehenden Friedens auf 25 Jahre gebracht habe.[25]

„Als wichtigste Punkte des ausgehandelten Waffenstillstandsabkommens sah der Kurfürst an:

Waffenstillstand zwischen Schweden und Sachsen bis zum Ende der Friedensverhandlungen in Münster[26] und Osnabrück[27] sowie noch zehn Monate darüber hinaus.

Dem Kurfürst solle seine Pflicht gegenüber dem Kaiser und dem Reich gelassen und nicht erschwert werden.

Überall sollten den Schweden die Elbpässe offen stehen, außer drei Meilen um Dresden.

Vor seiner Unterschrift hatte sich der Kurfürst von seinen Geheimen Räten Friesen, Schottendorf, Metz und Dr. Oppel erneut ein Gutachten anfertigen lassen, das alles bis dahin Geschehene berücksichtige. Dieses rechtfertige den Vertrag und wies den Vorwurf von Lobkowitz zurück, den Waffenstillstand werde dem Land Verderben bringen“.[28]

Möglicherweise war Lobkowitz bei Königsmarcks Überfall auf die Prager Kleinseite im Sommer 1648 in Gefangenschaft geraten.[29]

[1] Vgl. die Erwähnungen bei HARRACH, Diarien.

[2] Vgl. REBITSCH, Matthias Gallas; KILIÁN, Johann Matthias Gallas.

[3] Vgl. HENGERER, Kaiser Ferdinand III.; HÖBELT, Ferdinand III.

[4] Schüttenhofen [Sušice, Bez. Klattau]; HHSBöhm, S. 558.

[5] Vgl. die ausgezeichnete Dissertation von SCHREIBER, Leopold Wilhelm; BRANDHUBER, Leopold Wilhelm; DEMEL, Leopold Wilhelm.

[6] Vgl. SCHREIBER, Raimondo Montecuccoli.

[7] Vgl. SENNEWALD, Das Kursächsische Heer (ab November 2012).

[8] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff.

[9] Saalfeld [LK Saalfeld-Rudolstadt]; HHSD IX, S. 369ff.

[10] abgefangenen.

[11] Zeitz [Kr. Zeitz]; HHSD XI, S. 519ff.

[12] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 624.

[13] Saalfeld [LK Saalfeld-Rudolstadt]; HHSD IX, S. 369ff.

[14] Naumburg [Burgenlandkreis]; HHSD XI, S. 341ff.

[15] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 626.

[16] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 746.

[17] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.

[18] Oschatz; HHSD VIII, S. 265ff.

[19] Eilenburg [LK Nordsachsen]; HHSD XI, S. 100ff.

[20] Vgl. FINDEISEN, Christina von Schweden; HERMANNS, Christina Königin von Schweden.

[21] Leipzig; HHSD VIII, S. 178ff.

[22] KUNATH, Kursachsen, S. 280f.

[23] Linz; HHSÖ I, S. 66f.

[24] Vgl. SZILÁGY, Georg Rakoczy I.

[25] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 801.

[26] Münster; HHSD III, S. 537ff.

[27] Osnabrück; HHSD II, S. 364ff.

[28] KUNATH, Kursachsen, S. 282.

[29] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1158.

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