Koppenstein [Coppenstein, Koppenheim], Hans Wolf von

Koppenstein [Coppenstein, Koppenheim], Hans Wolf von; Obrist [ – ] Koppenstein ist seit 1641 als hessen-darmstädtischer Obrist[1] und Kommandant zu Rheinfels[2] bekannt. Er war 1645 in Rheinfels stationiert.[3]

Der Benediktiner-Abt von St. Georgen im Schwarzwald,[4] Georg Gaisser [1595-1655],[5] erwähnt ihn in seinem Tagebuch: „9.[8.1645] Erhalte ein Schreiben von Rottweil,[6] worin mitgeteilt wird, daß das bayrische Heer von den Schweden-Franzosen bei der Stadt Dinkelsbühl[7] am 3. ds. Mts. eine schwere Niederlage[8] erhalten habe, dass der Anführer [Franz v.; BW] Mercy, die Obersten Royer, Gailing [Gayling v. Altheim; BW], Kolb [v. Reindorf, Andreas Freiherr; BW], Coppenstein gefallen seien.

11.[8.1645; BW] Von dem Rottweiler Verwalter wird geschrieben, daß der größte Verlust bei dem kürzlichen Treffen durch den gefallenen General von Mercy verursacht worden sei, der Kommandant der Burg Albeck,[9] sei wegen Verbreitung eines ungünstigen (falschen ?) Gerüchtes abgesetzt worden“.[10]

Koppenstein schrieb am 21.10.1645 an den Landgrafen Georg von Hessen-Darmstadt:[11] „Eure Fürstl. Gnaden hab hirmit unterthänig unverhalten sollen, welches gestalt diesser tagen das geschrey alhier erschollen, ob sollten von den frantzösischen Weimarischen Völkern Einquartirung in hiesigem Stättlein St. Goar[12] beschehen; wann dann hierauff E. F. G. gnädigen Befehles mich unterthänig erinnert, daß keinerley Völker Sie seyen auch wer Sie wöllen, in gedachtem St. Goar einige Einquartirung mit güte solle gestattet werden, habe ich derowegen die Bürger zu St. Goar befragen lassen, ob sie sich uff den zutragenden Fall beneben meinen unterhabenden Soldaten, so ihnen zugegeben werden sollten gegen einige gewalthädige Einquartirung dapfer wehren und stand halten wollten, Ihnen auch E. F. G. gnädig deswegen ertheilten Befehl vorzeigen lassen da sich dan dieselbigen erklärt, Sie wollten sich uff solchen Fall redlich wehren und standhafftig pleiben. Nachdem dann gestern Nachmittag umb 2 Uhr etliche Regiment von solchen Völkern uff St. Goar anmarchiret, haben Sie keiner Einquartirung, sondern der Paß und Durchzug begehret, und alß denselbigen solcher wie bräuchlich mit Troupen weiß von 30 oder 40 Mann gestattet werden wollen, Ihnen auch zur solchem End die Pfortten geöffnet worden, Sie vor dem obersten Thor am Törngen, darauff Sie zukommen, gestützt, und nicht Trouppen weiß, sondern mit gantzen Regimenteren durch marchiren wollen, mit Vorwendung, dass, wenn Sie so Trouppen weiß ziehen sollten, Eß Ihrem König despectirlich wäre, seind also darvor halten blieben. Demnach ich eben dazumahl selbsten in der Statt gewesen, und die Bürger nochmahls besprochen, ob sie sich beneben den zugegebenen Soldaten bestens wollten wehren defendiren, inmaßen man daraus abnehmen könnte, weil Sie nicht Trouppen weiß marchiren wollten, daß Eß uff eine Einquartirung angesehen wäre, Sie zwar abermahlen solches zugesagt, Jedoch aber, alß die dunkle Nacht eingefallen, und die Bürger der Völker Ernst beförchtet, hat sich bal hie bald dort einer nach dem Andern in Schiff begeben übern Rhein und hinunterwärts gefahren oder sonsten anderwärts verschlichen und weggeschleifft, derogestalt dass auch am letzten bey dem Soldaten an dem Posten, vor welchem die Völker gestanden, Niemandt, noch ein einziger Bürger gefunden worden; Dieweil dann die Bürger die Soldaten so gar verlassen, so habe mich der darauß entstehenden Gefahr der Vestung erinnert, daferne die Soldaten verloren werden sollten, und aus zwey bösen Mitteln eines erwehlen müssen, die Soldaten in der Stille herauff zu forderen, jedoch einen Corporalen[13] mit zehn Mann an ermeltem obersten Thor stehen lassen. Wann dann mehr ermelte Weimarische Völker anderwertliche Anschläg bekommen, hinderm Stättlein St. Goar einen bösen Felsen herunter, welchen man des tages schwerlich gebrauchen kann, geführt werden, hinder der Kellerey gesteren Abend gegen 9 Uhre eingefallen, etlich mahlen da Sie Jemanden angetroffen darauff Feuer gegeben, dass sich ermelter Corporal mit seinen Knechten nothwendig retiriren müssen müssen, welche auch noch herauf kommen und eingelassen worden.

Alß hatt sich von solchen Völkern ein Regiment nemblich das Voubecourtische, welches sich 20 Compagnie außgibt in St. Goar logirt, die übrigen Völker aber seind des Nachts zugleich noch durch St. Goar uff Boppardt[14] marchiret“.[15]

„Unterdessen nahmen die Hessen [1647; BW] noch die Pfalz ohne besonderen Widerstand ein, worauf Mortaigne durch Rabenhaupt verstärkt mit nahe an 6000 Mann vor Rheinfels rückte. Amalie[16] wünschte diese Festung unversehrt und ohne Blutvergießen zu erhalten. Aber der tapfere Vertheidiger derselben Oberst von Koppenstein, der trotz des Mangels an Lebensmitteln mit seinen sämmtlichen Soldaten bei dem Genusse des h. Abendmahls die äußerste Nothwehr gelobt und eine kaiserliche Verstärkung von Ehrenbreitstein[17] an sich gezogen hatte, verweigerte die Übergabe. Mortaigne mußte sich also zu einer Belagerung verstehen, bei der er selbst das Leben einbüßte. Um einen Punct der Festung genauer zu untersuchen, war er zu nahe an die feindlichen Geschütze herangeritten und wurde ihm durch eine Kugel von grobem Caliber das Bein über dem Knöchel weggerissen. Durch Ungeschicklichkeit der Chirurgen starb er nach wenigen Tagen an der Wunde. Eben hatte sich Oberst von Rabenhaupt zum Sturm angeschickt, da traf am 4./14. Juli in Folge eines zwischen den beiden Hessischen Häusern getroffenen Vergleichs und vierwöchentlichen Waffenstillstands von Landgraf Georg selbst der Befehl zur übergabe ein. Die heldenmüthige Besatzung zog daher mit Sack und Pack, fliegenden Fahnen, brennenden Lunden und offenem Trommelspiel und so wie die im Anfang dieses blutigen Krieges die capitulirende Hessen-Casseler Besatzung unter dem Commandanten von Uffeln (1623) nach Oberhessen geleitet wurde, so wurden jetzt die Darmstädter unter Koppenstein nach Gießen[18] geführt. So glich sich alles in diesem langwierigen Kampfe am Ende aus“.[19]

[1] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S.388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide.  II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[2] Sankt Goar; HHSD V, S. 328ff.

[3] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 278; zu Rheinfels vgl. Sankt Goar; HHSD V, S. 328ff.

[4] St. Georgen im Schwarzwald [LK Schwarzwald-Baar-Kreis].

[5] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 93f. Vgl. auch SCHULZ, Strafgericht.

[6] Rottweil [LK Rottweil]; HHSD VI, S. 676ff.

[7] Dinkelsbühl [LK Ansbach]; HHSD VII, S. 142ff.

[8] 3.8.1645: Die Schlacht von Alerheim, oft auch Zweite Schlacht bei Nördlingen genannt, war eine Schlacht des Dreißigjährigen Krieges, die am 3. August 1645 in und um Alerheim zwischen der französisch-weimarisch-hessischen Armee und bayerisch-kaiserlichen Truppen stattfand und mit einem französischen-alliierten Sieg endete. Vgl. SCHEIBLE, Alerheim.

[9] Albeck [Langenau, Alb-Donau-Kr.]; HHSD VI, S. 10f.

[10] STEMMLER, Tagebuch Bd. 2, S. 1055 (2. Auflage 1984, heute noch erhältlich bei Stabsstelle Archiv von 79002 Villingen-Schwenningen).

[11] Vgl. DIEHL, Georg II.; BECK, Die Neutralitätspolitik Landgraf Georgs II.; WACHENDORFER, Möglichkeiten und Grenzen.

[12] Sankt Goar; HHSD V, S. 328ff.

[13] in späterer Zeit mehrere Komtureien eine Ballei unter einem Landkomtur.

Korporal: Der Korporal war der unterste Rang der Unteroffiziere, der einen Zug als Teil der Kompanie führte. Er erhielt in der kaiserlichen Armee (1630) 12 fl. Sold.

[14] Boppard [Kr. St. Goar]; HHSD V, S. 54f.

[15] GREBEL, Geschichte, S. 117ff.

[16] Vgl. BUCKREUS, Die Körper einer Regentin; BECHERT, Die Außenpolitik; PETRI, Das Militärwesen von Hessen-Kassel.

[17] Ehrenbreitstein [Stadt Koblenz]; HHSD V, S. 86f.

[18] Gießen; HHSD IV, S. 172ff.

[19] KELLER, Drangsale, S. 441.

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