Khevenhiller zu Aichelberg, Paul Freiherr von

Khevenhiller zu Aichelberg, Paul Freiherr von; Obrist [1586 oder 1593?-9.12.1655 Uppsala]

Paul Freiherr von Khevenhiller zu Aichelberg,[1] Freiherr auf Landskron[2] und Wernberg,[3] Erbherr auf Hohen-Osterwitz und Karlsberg,[4] gehörte wie sein Bruder Hans zu den evangelischen Verwandten des berühmten Diplomaten und Chronisten Franz Christoph von Khevenhiller. Er hatte 1607 sein juristisches Studium begonnen und es 1610 in Padua sowie 1611 in Siena fortgesetzt.[5] Er emigrierte aus Glaubensgründen aus Kärnten und schloss sich Gustav II. Adolf an. 1632 führte er ein fränkisches Reiterregiment unter dem Kommando Wolf Dietrich Veit von Truchsess auf Wetzhausen und beschwerte zusammen mit dem Obristen Markgraf Hans Georg von Brandenburg die Bevölkerung der Umgebung Nürnbergs[6] durch Plackereien und eigenmächtige Musterplätze aufs Äußerste.[7] Für diese Übergriffe mußte er sich von dem schwedischen Reichskanzler Axel Oxenstierna in einem Brief vom 17.5./27.5.1632 einen ungewöhnlich scharfen Verweis gefallen lassen: ‚inndem derselb an statt schuldiger folg und schleüniger beyschaffung seiner commandierten trouppen sich mit allerhand discurs und ohngültigen excusen beholfen, auch seine reyter villieber zu des landts schaden hin und her vagiren, dann zu gebührendter dienstleystung mit ordre beysamen halten wollen […] so kann ich nit umbgehn […] mit unterdes wohlmeinendt angelegter verwarnung, dass der Herr […] ohn ausred folgen soll […] widrigen falls ehr und leben periclitiren‘.[8] Paul von Khevenhiller führte als Obrist ein Regiment des Grafen Heinrich Wilhelm von Solms.

„Anfang Juni 1632 mußte Truchseß den Oberbefehl über die fränkischen Kreistruppen an den schwedischen Generalwachtmeister und nürnbergischen Generalleutnant Balthasar Jakob von Schlammersdorff abgeben (Heilmann II, S. 350). Die Aktion gegen Kronach[9] wurde in der Folge nicht mehr von Truchseß koordiniert – ein Umstand, der einiges an Konfusion in der Vorbereitung und Durchführung des Kronacher Vorhabens erklärt. Das Debakel von Wolf Dietrichs eigenen Regimentern vor Pegnitz[10] am 8. Juni machte dann jegliche weitere Unterstützungsvorhaben zunichte. Die fränkischen Reiterregimenter Truchseß (unter OL Johann von den Brinken), Jaroslav Schaffmann, Wilhelm von Goldstein und Paul Khevenhiller kämpften übrigens alle bei der Schlacht an der alten Veste[11] bei Zirndorf im August und September 1632 gegen die Truppen Wallensteins, wo namentlich die Regimenter Truchseß erneut erhebliche Verluste erlitten (Fronmüller, S. 43; Soden I, S. 85)“.[12]

„Die persönliche Anwesenheit des landlosen Markgrafen [Johann Georg v. Brandenburg; BW] im Feldlager vor Kronach ist mit ziemlicher Sicherheit auszuschließen, da er sich, am 29.05.1632 in Hallerndorf[13] (bei Hirschaid[14] südl. Bamberg[15]) befand: Den 19. (29.) Mai ‚vor Tag haben die Bambergischen einen starken Außfall in Marggrafen Hanß Georgen von Bayreuth [!] sein Quartier [in Hallerndorf] getan / und viel Soldaten niedergehawet. Hierauf ist der Obriste [Paul] Khevenhüller / so nit weit darvon gelegen / […] zu Hülf komen […] da dann die Bamberger 400 […] auf den Platz geblieben‘ (Theatr. Europ. Bd. II, S. 567). Der Annalist des Bamberger Jesuitenkollegs und die Dominikanernonne Maria Anna Junius beschreiben diesen Vorfall wesentlich drastischer. Danach zog der Bamberger Kommandant Giovanni Battista di Galiberto mit seinen Kroaten, einer großen Anzahl von Bamberger Bürgern und jungen Leuten, meistenteils Studenten und Bürgerssöhnen, sowie dem Ausschuß, insgesamt an die 1100 Personen, mit einigen Geschützen in der Nacht des 28. Mai nach Hallerndorf. Der Überfall gegen Mitternacht auf das Lager Johann Georgs gelang, die Bamberger machten die Schildwache nieder, zersprengten die Mannschaft und bemächtigten sich der Bagage. Anstatt jedoch den Sieg auszunutzen, plünderte man, trotz der eindringlichen Appelle Galibertos, das feindliche Gepäck und gab so den Truppen des Markgrafen die Gelegenheit sich zu sammeln. Mit Hilfe der heranrückenden Verstärkung Khevenhüllers wurden die Bamberger, welche größtenteils ihre Musketen abgelegt hatten, nun ihrerseits überrascht und gnadenlos niedergemetzelt. Als die Nachricht von dem Massaker am Morgen des 29. Mai, dem Samstag vor Pfingsten, nach Bamberg drang, waren das Entsetzen und die Trauer groß. 250 Tote waren zu beklagen, darunter 80 Familienväter, der Rest Jugendliche, Studenten und Ausschüsser. Viele Bürger erlagen noch in der Folge ihren schweren Verletzungen. (BHVB Nr. 48, S. 27; Nr. 52, S. 78)“.[16]

Paul von Khevenhiller siedelte nach 1636 nach Schweden über, wo er 1645 in den Adelsstand und im Oktober 1653 von Königin Christina zum Reichsrat ernannt wurde. Er starb am 9.12.1655 während der Tauffeierlichkeiten für den Erbprinzen Carl in Uppsala durch einen Herzschlag vor dem Kamin, als man sich gerade zur Tafel setzen wollte.[17]

[1] Aichelberg, unter Damtschach, Schloß [BH Villach/Ld.]; HHSÖ II, S. 218.

[2] Landskron, Burg [BH Villach/Ld.]; HHSÖ II, S. 261f.

[3] Wernberg, Schloss [BH Villach/Ld.]; HHSÖ II, S. 335ff.

[4] Karlsberg [BH St. Veit/Cl]; HHSÖ II, S. 250.

[5] MATSCHINEGG, Österreicher, S. 242, Nr. 423.

[6] Nürnberg; HHSD VII, S. 530ff.

[7] MUMMENHOFF, Altnürnberg, S. 142, 144, 145.

[8] AOSB I/7, S. 335.

[9] Kronach [LK Kronach]; HHSD VII, S. 375f.

[10] Pegnitz [LK Bayreuth]; HHSD VII, S. 577.

[11] Alte Veste [Gem. Zirndorf, LK Fürth]; HHSD VII, S. 14.

[12] ENGERISSER, Von Kronach, S. 91 bzw. 93 (die zurzeit beste kriegsgeschichtliche Darstellung).

[13] Hallerndorf [LK Forchheim].

[14] Hirschaid [LK Bamberg].

[15] Bamberg; HHSD VII, S. 66ff.

[16] ENGERISSER, Von Kronach, S. 92f.

[17] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 7, S. 426, 862.

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