Wilhelm, Christoph; Korporal [ – ] Der aus Franken stammende Wilhelm stand 1633 als Korporal[1] im Regiment[2] Maximilian Willibald Graf zu Wolfegg, Freiherr zu Waldburg [12.10.1604 -30.1.1667].[3]
Aus Konstanz[4] ist überliefert: „Unter den fremden Weibspersonen, die sich damals hier aufhielten, befand sich die ledige Ursula Gaisserin aus Kißlegg[5] im heutigen Oberwürttemberg. Dieselbe beging eine Kindstötung[6] und wurde deshalb gefänglich eingezogen. In der Voruntersuchung legte sie ein Geständnis ab. Am 13. August wurde ihr der endliche Rechtstag, im heutigen Sinne die Hauptverhandlung, angekündigt. Hier erschien nach der Verlesung des Geständnisses der Angeklagten, Christoph Wilhelm aus Franken, ein Korporal im wolfeggischen Regiment, und bat, ‚der Tochter Ursula Gaisserin das Leben fristen, er wolle sie zu der Ehe nehmen’. Er erhielt zur Antwort, man wolle seiner Fürbitte[7] gedenk sein. Aber weder diese noch der städtische Steuerschreiber, welcher als Verteidiger der Angeklagten für sie um Gnade bat, fand beim Rate Gehör, welcher die Unglückliche zur Enthauptung verurteilte. Er fühlte sich indes nicht sicher, ob nicht der Liebhaber mit seinen Soldaten die Exekution zu verhindern suchen würde und erbat sich von Wolfegg die Bestellung einer militärischen Wache“.[8]
[1] Korporal: Der Korporal war der unterste Rang der Unteroffiziere, der einen Zug als Teil der Kompanie führte. Er erhielt in der kaiserlichen Armee (1630) 12 fl. Sold monatlich.
[2] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Leutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[3] Vgl. EITEL, Truchsesss Max Willibald.
[4] Konstanz [LK Konstanz]; HHSD VI, S. 419ff.
[5] Kißlegg [LK Ravensburg].
[6] Kindsmord: Kindsmord ist die Tötung eines Neugeborenen in oder unmittelbar nach der Geburt, zumeist durch die ledige Mutter. Artikel 131 [CCC, S. 36] der „Constitutio Criminalis Carolina“ Karls V. von 1532 sah als Regelstrafe den Tod durch Ertränken [ JÜRGENS, Hannoversche Chronik, S. 529; GÜTHEN; SCHAUBACH, Poligraphia Meiningensis, S. 248] oder Pfählen vor, die in manchen Territorien durch die Schwertstrafe ersetzt wurde. Diese konnte je nach den Umständen der Tat verschärft werden. Vgl. JÜRGENS, Chronik, S. 517: „Den 21. Martii [1634] ist ein todtes Kind in dem Sode bey der Apotheken gefunden worden, welches ein Soldatenweib vom Andreasberge bürtig, Catharina Evers genant, und von einem andern, ehe sie sich verehelichet, geschwängert worden, und deshalben inscio marito [ohne Wissen des Ehemanns] darhinein geworfen hatte. Nach wenig Tagen kam es aus, und zwar vom Handtuch, darauf der Wirtinn Nahme gestanden, und ward das Weib eingezogen und den 25. April alhier auf dem Markte decolliret“. Unter dem 24.10.1633 (a. St.) hält der Hildesheimer Arzt Dr. Jordan fest; SCHLOTTER, Acta, S. 98: „Aus gemachet NN. mit dem Soldaten-Weib, so das Kind umbracht. Das Weib, so sich an einen Reuter gehängt, hat dem Kind die Gurgel abgestochen und in den Mist verscharret, daß es ein Schwein aufgewühlet“. Am 5./15.2. hielt Dr. Jordan fest; SCHLOTTER, Acta, S. 130f.: „Umb Mittag ward die Metze, so vor etzlicher Zeit ihr Kind ermordet fürs peinliche Hals-Gericht gebracht, weil den vorigen Tag die Luttersche Prediger bey ihr gewesen, ließ sich dennoch vorher durch einen Catholischen Priester H. Johan Salgen wieder uf ein ander Meinung bringen, verleuchnete das factum, ward darüber wieder eingezogen. 15./25.2.1634; SCHLOTTER, Acta, S. 135: „Als heut die Hure abereinst vor Gericht gestellet, und alles verleugnet, und deswegen die Zeugen abermal in Continenti bey währenden actu eidlich abgehöret, und obwohl der Stadt-Voigt Middel-Curd solches an die Canzley bringen wollen und dagegen protestirt, hat man dennoch das Urtheil publicirt und (sie) bey der Pulver Mühlen in ein Sack gesteckt und daselbst in der Innerste ersäuft“. „Den 8. Augusti [1645; BW] ist des Herrn Commendanten Andreas von Schönebergs Küchinne eines Kindes, so sie von seinem Pagen gehabt, genesen, welches sie heimlich in dessen Quartier in Herbort Lichtebekers Hause in Cloac geworfen, und als eine andere Magd bey Abends auf das Gemach gehet, höret sie das Kind weinen, welches des folgenden Tages todt herausgezogen wird. Worauf sie handfeste gemachet und bey des Commendanten Profoß gesetzet und den 18. Augusti auf Befehl des Commendanten alhie auf dem Markte decolliret worden. Sie war aus Dresden bürtig von feinen fürnehmen Leuten“. JÜRGENS, Chronik, S. 272. SCHMIDT, Der protestantische Aischgrund, S. 38: „Auf dem Neustädter Schießplatz legte man im Juni der Köchin des Hauptmannes Güß ‚den Kopf vor die Füße’, weil sie im Schlossgraben das mit ihm gezeugte Kind ersäuft hatte“. SCHMIDT, Der protestantische Aischgrund, S. 39: „Im April [1642; BW] wurde in Windsheim Appolonia Sichlin mit dem Schwert hingerichtet, weil sie ihr mit Justinus Mönius, Sohn des Neustädter Kastners, unehelich-gezeugtes Kind getötet hatte. (Pa)“. Vgl. auch DÜLMEN, Frauen vor Gericht, S. 46ff.
[7] Vorbitte, Fürbitte: Bitte bei jemandem für einen andern, um ihn vor einem Übel (z. B. vor dem Köpfen) zu bewahren, wohl hergeleitet aus der Vorbitte Christi für die, die ihn ans Kreuz schlugen (LILIENTHAL, Die gute Sache, S. 620). Vgl. auch LEHMANN, Kriegschronik, S. 87, Anm.; BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabruggischenn handlung, S. 115; JORDAN, Mühlhausen, S. 70, 91f., 260. KLUGE, Hofer Chronik, S. 199 (1642): „Den 1. februarii wollte der rumor- und rittmeister [Johann Adam Weyhel] einen beigoltischen [Daniel Beygott] reuther, so von Leimitz mit hereingebracht worden und mit denen andern 8. zuvor spielen müßen, vor dem Obern Thor an einen baum hängen assn, maßen der nagel schon eingeschlagen war. Dieser aber wurde von dem adel alhier endlich wiederum erbeten“. KLUGE, Hofer Chronik, S. 200: Hier wurden 2 Reiter wegen verschiedener Schwerstdelikte hingerichtet, ein adliger Beteiligter dagegen losgebeten. GÜTHEN; SCHAUBACH, Poligraphia Meiningensis, S. 247; DUDÍK, Olmützer Sammel-Chronik, S. 48 Teilweise wurde der Delinquent auch begnadigt, wenn eine Frau Fürsprache einlegte und ihn heiratete. Vgl. die Erinnerungen des Pfarrers Klingsporn; NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 229. STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 340f.: „Einem Soldaten namens Wölflin, der, weil er gestern ganz betrunken gegen den Befehl des Obersten hatte zum Beutemachen ausziehen und gegen die ihn daran Hindernden das Schwert ziehen wollen, zum Tode verurteilt schon zur Erschießungsstätte geführt war, wurde auf die Fürsprache aller Einwohner (ich hatte auch meine Bitten damit vereinigt, das Leben geschenkt“. Vgl. auch NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 81 (Kroate, der einen Amtsschreiber erschossen hatte). STEMMLER, Tagebuch Bd. 2, S. 1138 (März 1648): „Ein Soldat mit dem Übernamen Reißteufel, Schuster von Beruf, aus Gmünd gebürtig, der in erster Linie unter denen gewesen sein soll, die neulich Sold gefordert (oder Lebensmittel erpressten ? stipendia exegerant) hatten, wird vom Generalkommissariat zum Galgen verurteilt und heute [27.3.1648; BW] hingerichtet, vom weiblichen Geschlecht aufs höchste beklagt. Drei Jungfrauen, die ihn aus den Händen der Henker zu befreien suchten, erfuhren eine Ablehnung“.
[8] BEYERLE, Konstanz, S. 30f.