Unfried, Tobias

Unfried, Tobias; Bürgermeister, Landrichter [ – ] Unfried war 1632 Bürgermeister von Landsberg.[1] Er kollaborierte mit den schwedischen Besatzern, die ihn dafür zum Landrichter ernannten. So peinigte er Kloster und Markt Dießen[2] mit immerwährenden Requisitionen und drohte bei Nichterfüllung seiner Forderung mit dem Niederbrennen.[3]

„Am 4. Mai [1632; BW] stand der schwedische Oberst Wilhelm Burt vor Landsberg und forderte die Übergabe, obwohl er über nicht mehr als 300 Mann verfügte. Die Zahl der Festungstruppen und waffenfähigen Bürger war wesentlich höher. Von den drohenden Worten eingeschüchtert, wollte der Magistrat, an dessen Spitze Tobias Unfried, ein sehr reicher Mann, als Bürgermeister stand, wider den Willen der gesamten Bürgerschaft und der Besatzung die Stadt übergeben. Bedingung war, daß letztere, 25 Fähnlein zu Fuß und 12 zu Pferd, abziehen konnte, und auch, daß die Stadt vor einer Plünderung verschont bleiben sollte.

Um den feindlichen Oberst zur Annahme dieser Bedingung zu bewegen, trug ihm am 5. Mai der Bürgermeister 200 Reichstaler (je 1 Gulden und 30 Kreuzer) in das Lager hinaus. Der Oberst willigte ein, die bayerische Besatzung rückte mit klingendem Spiel ab und die Schweden zogen ein. Der Graf [Georg Friedrich v.; BW] Hohenlohe legte der Stadt sogleich eine Brandschatzung von 32 000 Gulden auf. Darüber entstand ein allgemeines Klagen der Bürger. Einige Ratsmitglieder reisten daher zum Statthalter Hohenlohe und zum schwedischen Kommandanten Oxenstirna, um zu unterhandeln, wobei sie dem letzteren, um ihn günstig zu stimmen, 200 Reichstaler verehrten. Beide ritten am 11. Mai mit den Abgeordneten nach Landsberg, wo sie die Stadt in Augenschein nahmen. Der Magistrat mußte dem Oxenstirna dann für ein Zugroß, das er verlangte, 300 Gulden geben, weil es keines nach seinem Geschmack erhalten konnte. Der Stadt jedoch wurde der vierte Teil der Brandschatzung nachgelassen und ihr aufgetragen, binnen Monatsfrist 8000 Gulden zu bezahlen. Dies wurde durch die Stadtkammer bewerkstelligt, wozu sie vom Bürgermeister Unfried ein Kapital von 1500 Gulden entlehnte. Außerdem mußten sie den Sekretären und Kanzlisten des Statthalters für Austellung von Quittungen, Pässen und ähnlichem 46 Gulden zahlen.

Und man fing an, die ganze Stadt, in der sich auch an die 1500 Flüchtlinge befanden, schwedisch zu machen und zu benennen. Der kurfürstliche Landrichter war sofort abgesetzt worden und statt seiner im Namen des Königs von Schweden der sehr geschmeidige, den Feinden zum Schaden seiner Vaterstadt ergebene Bürgermeister Unfried zu diesem Amt aufgestellt. Dieser ließ durch seinen ebensogut schwedisch gesinnten Schreiber Adam Honegger auf Befehl des Obersten Burt an alle Hofmarks- und andere Gerichtsbeamte ein scharfes Schreiben abgehen, worin ihnen befohlen wurde, ohne irgendeine Einwendung sich entweder in Landsberg bei dem Kommandanten Burt oder zu Augsburg vor dem schwedischen Statthalter einzustellen, und dort als Untertan und Vasall des Königs Gustav Adolf den Eid der Treue abzulegen und die wohlverdiente Strafe des Feuers und andere Kriegszüchtigungen mit einer hinlänglichen Brandschatzung abzuwenden.

Der Aufenthalt der Schweden in Landsberg dauerte vom 4. Mai bis zum 15. Juli. Der Stadt kam dieser scheinbar gut zu statten, denn alles, was die Feinde aus dem Land geraubt hatten, schleppten sie nach Landsberg, um es in Geld umzuwandeln. Bei der großen Masse des geraubten Gutes mußte notwendig alles äußerst billig verkauft werden. Eine Kuh kostete 1 Gulden, ein Pferd kaum 3 Gulden. Die Bauersleute kamen deshalb selbst in die Stadt, um ihre eigene Habe wieder aufzukaufen. Für die Stadtkammer dagegen erwies sich der Aufenthalt der Schweden als sehr belastend. Außer der Beschaffung der Geschenke und der Brandschatzung erhielt sie den strengsten Auftrag, wöchentlich verschiedene eß- und trinkbare Lebensmittel in die Küche des Statthalters nach Augsburg[4] zu liefern. So schickte sie zum Beispiel am 5. Juni im 34 Gulden Bier aus der Brauerei des Andreas Christsteiner, ferner 2 Hasen um 40 Kreuzer, 3 Spanferkel um 1 Gulden und 4 Kreuzer, 4 Lämmer um 3 Gulden und 28 Kreuzer, 2 Kälber um 2 Gulden und 50 Kreuzer. Ein andermal sandte sie Wildpret, welches 7 Gulden kostete, nach Augsburg und ein weiteres Mal Fische und Eier usw.

Alle großen Vorräte an Salz und Getreide wurden den Landsbergern weggenommen und zum Unterhalt der schwedischen Besatzung nach Augsburg geschickt, ohne den mindesten Ersatz zu geben. Dem schwedischen Major, welcher in des Bürgermeisters Haus Quartier hatte, mußten 100 Gulden verehrt, ebenso mußten die kranken Soldaten, welche im Brechhaus und im Bruderhaus lagen, von der Stadtkammer verpflegt werden.

Mit ihrer Unterwerfung glaubten Stadt und Bezirk gut wegzukommen. Es ging auch für einige Zeit gut, aber nicht auf Dauer. Die Soldaten gingen wie die Oberen auf Beute aus, quälten die Bauern der Umgebung mit Drohungen, Schlägen und Mord, trieben Vieh und Pferde fort und nahmen alles, was sie finden konnten. Und sie zerstörten die Gehöfte.

Mit dem Abmarsch des Schwedenkönigs und seiner Armee wurden auch Landsberg und die Umgegend vom Feinde befreit, nur ein Major blieb mit einiger Mannschaft als Besatzung zurück. Wohl nicht, um die Stadt zu schützen, sondern um die für die Augsburger Besatzung so notwendigen Lebensmittel durch die Hilfe des Bürgermeisters im ganzen Landgericht einzutreiben“.[5]

Unfried erwies sich als bereitwilliger Handlanger der Schweden: „Aufgebracht über die Wortbrüchigkeit des Obersten [Schellinger; BW], der den Markt [Dießen; BW] zu schonen versprach, begab sich Dekan Lutzenberger zum Landrichter in Landsberg Tobias Unfried, um durch Bitten und Anerbieten einer Summe Geldes wenigstens einen Teil des Viehes wieder zurückzuerhalten. Dieser aber gab zur Antwort: »Euch geschieht, wie ihr es verdient, weil ihr den Befehlen meines allergnädigsten Königs (von Schweden) nicht nur nicht nachgekommen, sondern noch dazu als aufrührerische Untertanen euch aufgeführt. Seid aber versichert, daß ich den Befehl habe, das Kloster Dießen sowohl als das in Wessobrunn[6] in Asche legen zu lassen, wenn ihr nicht alsbald gehorcht«.

Die Ursache dieser anbefohlenen Einäscherung war, daß Dießen und Wessobrunn keine Brandschatzung erlegten, während Polling[7] und Rottenbuch[8] je 1000 Taler bezahlten. Ein Landsberger Bürger riet dem Dekan Ubald, in weltlichen Kleidern zum Statthalter nach Augsburg zu reisen, um diese Drohung rückgängig zu machen. Doch er widersetzte sich dieser Zumutung“.[9] „An den Magistrat von Dießen hatte Landrichter Unfried den Befehl ergehen lassen, wöchentlich Fische in die Küche des Stadtkommandanten zu liefern. Es wurden auch wirklich am 28. Juli sechs Pfund Hechte und am 10. August dreieinhalb Pfund geliefert sowie dem Landrichter selbst sechseinhalb Pfund verehrt, um ihn betreffs der Kriegssteuer, welche er dem Markt auferlegt hatte, günstig zu stimmen“.[10]

Nach der Wiedereinnahme Landsbergs durch Bernhard von Weimar am 23. Juli 1632 trat Unfried sein Amt als Stadt- und Landrichter von schwedischen Gnaden wieder an.

[1] Landsberg a. Lech; HHSD VII, S. 385f.

[2] Dießen a. Ammersee [LK Landsberg/Lech]; HHSD VII, S. 136f.

[3] BUCHNER; BUCHNER, Bayern, S. 119.

[4] Augsburg; HHSD VII, S. 44ff.

[5] BUCHNER; BUCHNER, Bayern, S. 138ff.

[6] Wessobrunn [Weilheim-Schongau].

[7] Polling [LK Weilheim-Schongau].

[8] Rottenbuch [LK Weilheim-Schongau].

[9] BUCHNER; BUCHNER, Bayern, S. 120f.

[10] BUCHNER; BUCHNER, Bayern, S. 125.

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