Tungel, Lars Nilsson (Laurens Nicolai)

Tungel, Lars Nilsson (Laurens Nicolai); Resident [28.9.1582 Stockholm-20.10. 1633 Dresden] Tungel residierte als Resident Schwedens in Dresden,[1] wo er auch im Oktober 1633 an der Pest verstarb.

Inzwischen hatte man im ligistischen Lager in Erfahrung gebracht, dass sich Johann Georg I. von Sachsen, der durch Pappenheims Geheimschreiber Simon Ley über dessen und damit auch Tillys und Gronsfelds Pläne gut informiert war, mit Gustav II. Adolf verbündet hatte. Ley (alias Caspar Walter), der Pappenheim in Prag in Erbschaftsangelegenheiten vertreten hatte, stand im Sold des sächsischen Kurfürsten und fertigte von allen Briefen und Unterredungen Pappenheims Abschriften für Kursachsen an, noch ehe die Originale in die Hände Ferdinands II., Maximilians I. oder Tillys gelangten.[2] Wahrscheinlich erreichten diese und andere Informationen aus Pappenheims Umkreis den seit 1631 am kursächsischen Hof in Dresden weilenden schwedischen Resident Nicolai Laurens (Lars Nilson Tungel).[3]

Der Feldmarschall, der schon von seinem Verwandten Solms getäuscht worden war, heuchelte zumindest Arglosigkeit in dieser äußerst peinlichen Affäre, trotz der Warnungen Maximilians, er habe Beweise in Händen, dass seine Kanzlei nicht dicht sei,[4] und wollte es selbst dann noch immer nicht wahr haben,[5] als sein Sekretär-Auditor, der in Wittenberg ganze Aktenpakete sächsischen Beamten ausgehändigt hatte,[6] verschwand, angeblich im Mai verstarb oder ums Leben gebracht worden war.[7] Wer Maximilian über den Verräter unterrichtet hatte, ob der aus Zufall und durch den sträflichen Leichtsinn Leys darauf gestoßene Tilly[8] oder ob die Informationen aus der Gronsfeld-Ruepp-Lerchenfeld-Konnektion stammten, ist aus den erhaltenen Akten heraus nicht ersichtlich. Sicher ist nur, dass sich Pappenheim gegen Gronsfelds Willen dessen Chiffrierschlüssel angeeignet hatte und über dessen Korrespondenz informiert war. Zumindest starb innerhalb von knapp vier Wochen Pappenheims zweiter Sekretär,[9] was in diesen Zeitläufen so ungewöhnlich nicht war; opportune Todesfälle traten öfter auf. Auch Gronsfeld wurde 1635 vorgeworfen, „nicht-katholische“ Schreiber in seiner Feldkanzlei zu beschäftigen – übrigens war zu dieser Zeit Ruepp wieder aktiv -, was er allerdings heftig dementierte.

Zwischen Tungel und Arnim fand in Dresden eine Unterredung statt, über die Tungel am 9.1.1632 berichtete: „Eins aber zu erinnern, kann ich nicht vorbei gehen, „was nämlich der Feldmarschall Arnheim [Arnim; BW] mit mir diskuriert hat von der vor diesem heimlich practicierten Intelligence zwischen Ihr K. Maj. und dem von Wallenstein, daß dieselbe melée sei auf einem sehr guten Wege gewesen, aber male agendo interrumpiert worden durch den Herrn Grafen von Thurn, welcher vitio naturae […] die Sache divulgiert hab, erstlich durch eine Dame von Trczka, welcher der H. Graf dieses vertraut, danach durch einen Brief, darin der ganze Handel mit vollen Worten und ohne Chiffern begriffen und der Wallenstein oftmal genannt wird, welcher Brief von den Kaiserischen intercipiert und alles gemein geworden […] und die Kinder auf der Straße daselbst damit gelaufen sind.

Es hat gedachter Wallenstein sich gegen von Arnheim bei ihrer jüngsten Entrevue deswegen heftig beschwerend gesagt, er wüßte nicht, wie er diesen wunderlichen Prozeß anders verstehen solle, als daß der Herr Graf von Thurn dergestalt ihn hat wollen in Ungelegenheit, ja wohl auf total Ruin und Fall bringen. Es wäre nunmehr so weit kommen, da sich Wallenstein von Suspicion und Blasme befreien wolle, mußte solches nicht allein mit bloßen Worten, sondern wirklich geschehen, darum er, Wallenstein, notwendig verursacht, sich zum Kaiser zu begeben, um sich, so gut er könnte, bei ihm zu purgieren erst durch mündliche Entschuldigung und darnach realiter durch Annehmung des Generalats. Er soll aber, wie besagter von Arnheim mir weiter berichtet, protestiert und hoch beteuert haben, daß er […] in seinem Proposito und guter Affection gegen Ihr Kön. Maj. stets continuieren will und weder tun oder durch andere tun lassen, was Ihr K. Maj. praejudicieren oder zum geringsten Nachteil reichen möchte, sondern vielmehr dahin dirigieren, daß der Kaiser mit seinem ganzen Hause soll schmerzlich sehen und empfinden, daß er einen Kavalier affrontieret hab. Dieses sagte Arnheimb, daß Wallenstein hat gebeten, Ihr K. M. untertänigst zu berichten […], daß es nicht geschehe durch Brief, sondern daß der von Arnheimb solches I. K. M. (so ers selber nicht tun könnte) durch eine vertraute Person mündlich sagen ließ. Wann nun mehr erwähnter von Arnheim keine andere Gelegenheit hätte, habe es er mir als von Ihr K. M. Creditierten offenbaren wollen, hochnötig haltend, daß Ihr K. M. diese des von Wallenstein Intention je eher, je besser wüßten, damit, wann Ihr Maj. erfahren, daß Ihr Maj. nicht meinen sollen, er hätte darum sein Gemüt geändert. […] Was man von dieser Offerte zu halten und wieweit man sich auf oft bemeldeten Wallenstein verlassen kann, das werden Ihr Königl. Maj. dero hocherleuchtetem Verstande nach wohl bei sich wissen zu besinnen. Ich habe es bloß, wie es mir angedeutet, referieren sollen“.[10]

Joachim Transene [Transehe] war ebenfalls schwedischer Resident in Berlin und Korrespondenzpartner Tungels. Dieser schrieb ihm: „Es ist weit und breit erschollen, insgemein steht man auch in Gedanken und Hoffnung, daß Friedland dem Kaiser den Rücken kehren, an seinem eigenen Herrn treulos werden und sich mit den Unsrigen conjungieren will. Unsers Teils könnten wir’s leiden, aber daß es also geschehen wird, ist auch kein Glaubensartikel, darum ich hierin ein Thomas bleibe, glaub nichts, als was ich sehe und greife, hoffe, es wird mir ein wenig zur Seligkeit schaden. Wenn es aber sich zutragen sollte, wäre es kein Exempel allerdings inauditum, kann es auch pro absurdo halten, wenn ich betrachte die Art der Ambition und Ehrsucht. […] Ich hab mich in diesen Sachen schon vor mehr dann ein halb Jahr mit Consens und Vorwissen unserer hohen Obern gebrauchen lassen, vernehme, daß man jetzt nichts anders zu der Zeit auf die Bahn bringt, nämlich daß man dem Friedland einen General an die Seite setzen will, den duc de Feria, oder wohl gar absetzen. Das wolle er nicht leiden, sondern diesen sowohl als den vor drei Jahren zu Regensburg[11] widerfahrenen Affront an den Kaiser und Bayernfürsten rächen, wenn wir ihm den Rücken halten und er von uns versichert wird. […] Das Werk ist bei Ihrer Exc. dem Herrn Reichskanzler suspect“.[12]

[1] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.
[2] ROECKL Quellenbeiträge III, S. 26; WITTICH, Magdeburg Bd. 2, S. 332ff.
[3] SMK Bd. 8, S. 62; IRMER, Die Verhandlungen, S. VI-VIII, XXIX-XXXI; ferner die Briefe bei SONDÉN, Svenske Residenten Lars Nilsson Tungels efterlämnade Papper; neuerdings STADLER, Pappenheim, S. 514ff.
[4] Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2381, fol. 348 (Entwurf): Max. I. an Pappenheim, o. O., 1631 V 12. Vgl. Hauptstaatsarchiv Dresden Loc. 9721 „Allerhand Schreiben 1631“, fol. 21-23 (Ausfertigung); fol. 24f. (Dechiffrat): Maximilian I. an Tilly, München, 1631 III 04.
[5] Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2381, fol. 352 (Ausfertigung): Pappenheim an Maximilian I., Magdeburg, 1631 V 29.
[6] Hauptstaatsarchiv Dresden Loc. 9241: Schriften, das Kriegswesen betr. 1631, fol. 144 (Ausfertigung): M. Schneider an J. G. I. v. Sachsen, Wittenberg, 1631 III 21. Zur Wertschätzung durch Pappenheim Hauptstaatsarchiv Dresden Loc. 9241, fol. 159 (Ausfertigung): Ley an J. G. v. Sachsen, Wittenberg, 1631 III 22 (a. St.).
[7] Das vermutet STADLER, Pappenheim, S. 515, obwohl sich nirgends kein konkreter Hinweis findet.
[8] Staatsarchiv Nürnberg HP A. 2487 (Ausfertigung): Tilly an Pappenheim, Neuruppin, 1631 III 04.
[9] Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2381, fol. 356f. (Ausfertigung): Pappenheim an Maximilian I., Mansfeld, 1631 VI 17.
[10] JESSEN, Dreißigjähriger Krieg, S. 305ff.
[11] Regensburg; HHSD VII, S. 605ff.
[12] JESSEN, Dreißigjähriger Krieg, S. 346.
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