Trampe, Agnes Sophie von

Agnes Sophie restauriert 2

Agnes Sophie von Trampe [6.10.1617-2.4.1658]

von Suzanne von Steinaecker

Agnes Sophie von Trampe wurde am 6. Oktober 1617 abends 9 Uhr auf dem Amtshause zu Jasenitz 1 geboren, das ihr Vater als Amtshauptmann bewohnte.

Sie war die Tochter des 1631 verstorbenen Jochim von Trampe und seiner 2. Frau Eva Küssow, Tochter des Jochim Küssow auf Klein Küssow2 und der Margarete von Zinnen. Eva Küssow starb 1625. Nach dem Tode der Eltern wurde Agnes nebst ihrem Bruder Franz Jochim bei ihrem Verwandten Martin Friedrich von Wedel – auf Reetz,3 Nörenberg4 und Kossin5 gesessen – erzogen.

Am 5. März 1638 verlobte sich Agnes Sophie zu Stettin6 mit dem damaligen Hauptmann und späteren Oberst Christoff von Steinecker; am 2. April 1638 fand die Hochzeit statt. Die Ehe blieb kinderlos.

Agnes Sophie folgte ihrem Gatten ins Feld und war im Feldlager und in allen Quartieren bei ihm.

Der Vetter Christoff Jochim von Trampe verkaufte 1650 wegen seiner hohen Schulden die Güter Lindow7 und Nipperwiese8 mit allen Lehensrechten für 6000 Reichstaler an Christoff von Steinecker, so dass das Ehepaar nach dem Abschied aus den militärischen Diensten auf dem Gut Lindow 1652 seinen Wohnsitz nahm.

Nach längerer Krankheit starb Agnes Sophie wahrscheinlich an Schwindsucht zu Altdamm9 am 2. April 1658. Am 6. Juni wurde sie in der Jakobikirche zu Stettin beigesetzt.

 Leichenpredigt der Agnese von Trampe

Christliche Leichenpredigt

Die allerley Geistlichem Segen in Himlischen Gütern durch Christentum wie Er sie denn erwehlet hat durch denselben ehe der Welt Grund geleger war daß wir solten heilig und unsträfflich für Ihm seyn in der Liebe in der Epistel an die Epheser im 1. Cap.1 Zu welcher Güte und Barmherzigkeit uns auch verhelffen wolle zu seiner Zeit

GOtt Vater Sohn und heiliger Geist

Hochlobter und geliebter GOtt in alle Ewigkeit

Amen

Memora pie defunctae

Was anlanget die Geburt Adeliche Ursprung und Ankunfft, imgleichen das Leben und Christlichen Wandel, und schließlich den Seeligen Abschied, der Weyland Hoch-Edelgeborhnen HochEhr- und Tugentreichen Frauen Agnesae Sophiae von Trampen, von dem Hause Lindow, des jetzt anwesenden HochEdelgebornen, Gestrengen, Vesten und Hochbenambten Herrn Christoff von Steinecker, Ihr königl. Maytt. und dero Reiche und Cron Schweden wolbestalten Obristen, auff Lindow und Nipperwese Erbherrens, gewesenen Hertz-Eheliebsten, deren abgelebten verblichenen Cörper wir anhero begleitet, und jeno in sein Ruhekämmerlein beysetzen wollen. So ist die wolseelige Frau Obristin allhie in Pommern im Jahr Christi 1617, den 6. Octobris zu Abends umb 9. Uhr an diese Welt gebohren, auff dem Fürstlichen Ampts-Hause Jasenitz, auß zweyen Uhralten in diesem Herzogthumb Pommern, wolberühmten Adelichen Geschlechtern, derer von Trampen, und derer von Küssowen, wie denn diese beyde vornehme Adeliche Geschlechter nun schon über 500. Jahr in diesem Herzogthumb Pommern rühmlich floriret, zu Friedens und Krieges-Zeiten sich als tapfere und Adeliche Persohnen rühmlich erwiesen, deßwegen auch viele dieser beyden Adeliche Geschlechter in den Ritterstand erhoben, in ambassaden gebrauchet Cantzeler, Praelaten, Hoff-Marschalle, Hoffgerichts-Verwalter, Hoff-Räthe und Hauptleute in der Fürstlichen Wolgastischen Regierung gewesen, und sonsten zu Land-Räthen und anderen vornehmen hohen ämptern gebrauchet, und von denen Hochseeligen Landsfürsten jeder Zeit heb und werth, auch sonsten von männiglichen hohen und niedrigen Standes-Persohnen, in sonderbahrem respect, hohen Ehren und Würden gehalten worden, wie denen selbst anwesenden Hoch-Adeliche Persohnen zur Gnüge bewust und bekandt ist.

Ihr Sehl. Herr Vater ist gewesen, der weyland HochEdelgebohrner, Gestrenger und Mannvester Herr Joachim von Trampe, gewesener Fürstl. Hoff-Marschall zu Wollgast, und Hauptmann zur Jasenitz, auff Lindow vn Nipperwese Erbsessen.

Die Frau Mutter Sehl. Die HochEdelgebohrne, Hoch-Ehr- und Tugendreiche Frau Eva von Küssowen, von dem Hause Lütkenküssow.

Der GroßVater Väterlicher Linie ist gewesen, der Hoch-Edelgebohrner, Gestr. und Mannvester Herr Christoff von Trampe, Fürstl Pommerischer Land-Rath auff Lindow und Nipperwese und Zarnow.

Die Groß-Frau Mutter die HochEdelgebohrne, Hoch-Ehr- und Tugendreiche Frau Anna von Steinwehr, von dem Hause Colbitz.

Der GroßVater Mütterlicher Linie ist gewesen, der Hoch-Edelgebohrner, Gestr. und Mannvester Herr Joachim von Küssow, auff Lütkenküssow.

Die Groß-Frau Mutter die HochEdelgebohrne, Hoch-Ehr- und Tugendreiche Frau Margaretha von der Zinnen, aus dem Hause Grossen Küssow.

Der Elter Vater Väterliche Linie ist gewesen, der Hoch-Edelgebohrner, Gestr. und Mannvester Herr Claus von Trampe, auff Lindow und Nipperwese und Zarnow.

Die Elter Frau Mutter, die HochEdelgebohrne, Hoch-Ehr- und Tugendreiche Frau Catharina von Burgstorffen auß dem Hause Dertzen.

Der Elter Vater Mütterlicher Linie ist gewesen, der Hoch-Edelgebohrner, Gestr. und Mannvester Herr Heydenreich von Küssow, auff lütken Küssow.

Die Elter Frau Mutter, die HochEdelgebohrne, Hoch-Ehr- und Tugendreiche Frau Anna von Blanckensee, auß dem Hause Schönenwerder.

Der über Elter Vater Väterlicher Linie ist gewesen, der Hoch-Edelgebohrner, Gestr. und Mannvester Herr Christoff von Trampe auff Lindow, Nipperwese und Zarnow.

Die über Elter Frau Mutter, die HochEdelgebohrne, Hoch-Ehr- und Tugendreiche Frau Catharina von Sydow, auß dem Hause Gossow.

Der über Elter Vater Mütterlicher Linie ist gewesen, der Hoch-Edelgebohrner, Gestr. und Mannvester Herr Peter von Küssow, auff lütken Küssow.

Die über Elter Frau Mutter, die HochEdelgebohrne, Hoch-Ehr- und Tugendreiche Frau Ursula von Sydowen, auß dem Hause Stoltzenfelde.

Und ob zwar andere und mehr Adeliche Geschlechter, derer von Trampen und Küssowen löblicher Vorfahren angezeiget und benennet werden könten, so achtet mans doch unnötig zu seyn, sonderlich da diese Adeliche Stämme, sampt ihrer Anverwandten und Freundschafft ohne das gnugsam  bekandt, und von niemand mögen in zweifel gezogen werden, als will man ümb geliebter kürtze Willen, vernehmlich an diesem Orte, ferner Erzehlung einstellen, und darnechst nur melden, wie die wollsehlige verstorbene Frau Obristinn von vorernandten ihren HochAdelichen Eltern nicht allein alsfort nach der Geburth, durch die heilige Tauffe, ihrem Heylande und Erlöser JEsu Christo, und seiner Christlichen Kirchen und Gemeine einverleibet, welches geschehen, auff dem Fürstl. Ampts-Hause Jasenitz in gegenwart vieler Fürstlichen Persohnen, sonderlich Hertzogs Philippi Julii, und Hertzogs Philippi Hochsehl. Angedencken, und dero beyderseits Gemahlinnen, Hertzogin Agnesa, und Hertzogin Sophia, von welchen Fürstlichen Persohnen sie zur Tauffe gehoben, auch dessentwegen von hochgedachten beyden Hochsehligen Fürstinnen ihren Nahmen Agnesa Sophia bekommen; sondern wie sie auch alsfort von Jugend auff in allen Christ-Adelichen Tugenden, vornehmlich aber im Grunde ihrer Seeligkeit und wahren Gottesfurcht unterrichtet, und zu aller Gottseeligkeit erzogen und angewiesen worden. Und als sie im Jahr Christi 1625. ihre Frau Mutter, und im 6. Jahr darauff auch ihren Herrn Vater im Jahr 1631. durch einen frühzeitigen Todt verlohren, und also eine Vater- und Mutterlose Waise im 14ten Jahr ihres Alters geworden ist, ist sie nebst dero Herren Brudern Franz Joachim von Trampen, ietziger Zeit Königl. Dennemärckischen General Majourn, der Adelichen gewohnheit nach, den weyland HochEdelgebohrenen, Gestrengen und Mannvesten Herrn Martin Friederich von Wedel, auff Retz, Nürnberg und Coßin Erb-Herrn, als ihren Bluts-Freunde und Lehns-Vormunde zur fernern Adelichen aufferziehung anvertrauet worden, da sie denn von des wollgedachten Herrn Martin von Wedels, Sehl. Hertz-Eheliebsten, der HochEdelgebohrnen, HochEhr- und Tugenreichen Frauen Anna Maria von Steinwehr, von dem Hause Selcho, welche ietzo auch gegenwertig ihrer gewesenen gehorsamen Pflege-Tochter allzu frühe tödtlichen hintrit desto mehr betrauret, zu allen Christ.-Adelichen Tugenden ferner angeführet worden, darin auch die wollsehl. verstorbene Frau Obristin sich selbsten zeit ihrer Jungfrauschafft sehr fleissig geübet, und dergestalt zugenommen, daß sie ihrer rühmlichen Adelichen Jungfräulichen Tugenden halber, bey jederman ein billiges Lob und Preiß gehabt. Dannenhero auch der HochEdelgebohrener, Gestrenger, Mannvester und Hochbenambter Herr Christoff von Steinecker, Ihr. Königl. Mayt. zu Schweden wollbestalter Obrister, (welcher seiner guten discretion und tapfferen Gemüths halber bey der Generalität und allen hohen und niederen Officirern der Königl. Schwedischen Armee wollangesehen, und nach dem er seine Kriegesdienste von unten auff mit Ruhm geleistet, nunmehr in Ansehung seiner guten Qvalitäten so weit gekommen, daß er die Capitain Charge bedienete) mittels ungezweiffelter disposition Gottes diese Tugendreiche Jungfrau ihme zu seiner Liebsten und Ehegemahl zuerwehlen bewogen und entschlossen worden. Darauff denn auch im Namen der heiligen Dreyfaltigkeit, die nun wollsehl. Frau Agnesa Sophia von Trampen, deren abgelebten Cörper wir ietzo allhier vor Augen sehen und anhero zu ihrer Ruhestatt begleitet haben, auff miteinrahten und bewilligung der sämptlichen HochAdelichen Freundschafft, im Jahr 1638, als im 21ten Jahr ihres Alters, am 5. Martii allhie in der Stadt Stettin, durch beständige Adeliche Sponsalia dem mehrgedachten HochEdelgebohrenen, Gestrengen, Mannvesten und Hochbenambten Herrn Obristen Christoff von Steinecker (welcher mit sonderbahrer Hertzens-Wehemuth und Traurigkeit gegenwertige, gar zu frühzeitige Exeqvias und Leichbegängniß ihr anitzo leider bestellet) zur Heyrath versprochen, folgendes auch am 2. Aprilis selbigen 1638. Jahres in einer Ansehnlichen Adelichen und Volckreichen asistentz, mittelst vorhergehender Christlichen Copulation und Vertrauung in Hochzeitl. Ehrenfreuden daselbst Ehelich beygeleget; In stehender Ehe, welche nur vollkommene 20. Jahre gewehret, haben sie miteinander in hertzlicher ungefärbter Liebe Christlich und freundlich gelebet, jedoch ohne Erben, denn ob gleich unterschiedliche mahl der Ehe-Segen von Gott ist verspüret worden, hat er doch niemahls würcklich der Welt sich zeigen wollen, welches sie aber beyderseits Gott heimgestellet gelassen, und in Gedult ertragen.

Was in gemein unser Wollsehl. Frau Obristin Leben und Christlichen Wandel betrifft, so ist fast männiglich bekandt, und kan und muß man ihr mit bestande der Warheit und billig diß Zeugniß geben, daß sie GOtt und sein Wort hertzlich geliebet, sich fleißig zu demselben gehalten, und da es nur ihre vielfältige, und offtmahls schleunig zugestossene Schwachheiten leiden wollen, mit Willen keine Predigt versäumet, wie sie denn auch mit ihrem Fleisse und Exempel ihr Gesinde und Auffwartung, zu den täglichen, in ihrem Haus angestelten Bethstunden, und anderer übung der Gottesfurcht gelocket, gereitzet, und mit allem Fleiß angetrieben, die Heil. Sacramenta mit höchster devotion und Ehrerbietung gern und offt gebrauchet, und nicht allein des Morgens und Abends ihre Stunden zu verrichtung ihres Gebets und fleißigen lesung der heiligen Bibel abgewartet, sondern auch sonsten allezeit offt und gerne in der heiligen Schrifft gelesen, und hertzlich gebetet, daß sie demnach vor Gottes Geist unzweifentlich das Lob des ersten Psalms erlanget, daß sie nemlich ihre Lust gehabt am Gesetze des HErrn, und von seinem Gesetze geredet Tag und Nacht; die Psalmen und Kirchen-Gesänge in der Christlichen Versamlung hat sie jederzeit mit sonderlicher Hertzens-Andacht mitsingen helffen, und in Summa des Gottesdienstes, so wol öffentlich in der Kirchen, als daheim in ihrem Hause sich beflissen und embsig abgewartet, daher es dann auch geschehen, daß sie nach Christlicher Lehr und Vermahnung gegen die Priester und Diener GOttes, gegen ihren dürfftigen Nechsten, und gegen ihre arme Unterthanen durch mitleidende Sanfftmuth, Mildigkeit und Wolthätigkeit die Frucht und das Liecht ihres Christenthumbs für den Menschen hervor gegeben und leuchten lassen. Gegen ihren hertzlieben Herrn Obristen hat sie sich aller Christlichen tugendsahmen Bescheidenheit, und wollberedten Freundligkeit beflissen, wie sie denn von Gott dem Allmächtigen mit einer sonderbahren scharffsinningkeit, hohen Verstande und Höffligkeit, darin sie andere und viele ihres gleichen Fräulichen geschlechts Persohnen weit übertroffen, begabt gewesen, daß man sich bey mannigmahl vorgefallenen angelegenen discursen darob verwundern müssen: Dahero denn umb so vielmehr der hinterbliebene Herr Witwer, welchem durch diesen so unverhofften gar zeitigen Todesfall die helffte seines Hertzens abgerissen, daß hinscheiden seiner wollsehl. hertzEheliebsten desto hertzlicher betrauret und beklaget.

Weil dann nun die wollsehl. Frau Obristin, so viel ihr in dieser Menschlichen Schwachheit müglich gewesen, des Glaubens wahre Gottseeligkeit und frömmigkeit gegen GOtt getreuer und ungeferbter Liebe gegen ihren hetzlieben Herrn Obristen, aller freundligkeit und wolthätigkeit gegen ihren Nechsten und Armen sich beflissen, und also ein lebendig Gliedmaß Christi und seiner Kirchen, ja Gottes angenehmes liebes Gnaden-Kind gewesen, als ist auch das liebe Creutz, als aller Gottseeligen frommen Hertzen steter und gewisser Gefehrte, bey ihr nicht außgeblieben, denn sie alsfort in ihrer zarten Jugend das leider gar zu frühzeitige hinscheiden ihrer Frau Mutter, auch wenig Jahr darauff den tödtlichen hintrit ihres Herrn Vatern, beklagen und beweinen müssen, und also gar zu zeitig eine Vater und Mutterlose Weise geworden ist. Und ob zwar GOTT der Höchste, nach seiner großen Güte, als ein rechter Vater der Waisen sich ihrer angenommen, daß sie theils von ihrer nahen Anverwandtin, der vorhin schon wolermelten Frau Wedelin, als eine ihr von der gantzen Adelichen Freundschafft anvertraute pflege-Tochter zu allen Jungfräulichen Adelichen Tugenden angeführtet, auch sonst ihres gehorsamen fleisses halber in grosser Gunst bey derselben gewesen, theils auch durch seine Göttliche schickung mit gegenwertigem Obristen Christoff von Steinecker verheyrathet worden, so hat doch ein jeder leicht zuerachten, was die wollsehl. Frau Obristin ferner bey der allzeit unbeständigen und steten Glücks und Unglücks offtmahls mit nicht geringer Furcht und Schrecken, wie es denn im Kriege daher zu gehen pfleget, geschehener Abwechselung wird habe müssen außstehen, da sie vielmals mit sonderbahrer Wehemuth und sehr beängstigter Hertzensbestürtzung wird haben müssen erfahren und ansehen, daß man ihr ihren hertzliebsten Herrn Obristen, wenn er bald in dieser, bald jener occasion und vorgefallenen Treffen, hart geschossen, oder sonst gefährlich verletzet und beschädiget worden, also kranck zu Hause gebracht, zu geschweigen der stätigen und schweren Travallien ihres hertzliebsten Herrn Obristen, darin sie ihm allezeit gefolget, und niemahls von ihm bleiben wollen, und aber dadurch ihre gesunde Leibes constitution dergestalt abgeschwächet, und so viel gesamlet, dass sie eine lange Zeit her viel und unterschiedliche mahl grosse Schwachheiten außstehen und empfinden müssen, welches sich sonderlich zu der Zeit erst herfür gethan, als der Herr Obrister in Francken in der Reichs-Stadt Schweinfurt Anno 1647. Königl. Commendant geworden, und die wollsehl. Frau Obristin vermeynet gehabt ruhig zu sitzen, da aber die Schwachheit bey ihr sich erst vermehret, und über das auch noch andere Zufälle, als auch insonderheit die Miltz- und Magenbeschwer gestossen, welche nach der Zeit, als sie mit ihrem hertzlieben Herrn Obristen in angehendem Anno 1649. Jahr allhie in Stettin angelanget, und nachmahls Anno 1652 auff ihr Väterliches Erbgut Lindow sich begeben, nur immermehr und mehr zugenommen, auch endlich so viel geholffen, daß das übrige der natürlichen Kräffte, sonderlich da sie gar wenig, und die meiste Zeit fast nichts an Speise geniessen und zu sich nehmen können, nach und nach verzehret, und sie dergestalt abgemattet worden, dass auch die Natur selbsten, deren stets ungesparten Mitteln, und auff hochverständiges und treues zurahten der Herrn Medicorum jederzeit ungesäumpt angewandten Medicamenten, wenig oder gar keine Hülffe leisten können, sie auch daher tag-täglich schwächer worden, darauß sie denn auch bey ihr selbsten abgenommen, daß der höchste GOtt nun endlich einmahl ihres schon längst zu Ihm in ihren vielfältigen zugestossenen Ohmachten und Schwachheiten, ümb gnädige Erlösung mit hertzlichen Seufftzen gethanes anflehen und beten, gnädig erhöret, und nach seinem Göttlichen allweisen Rath mit ihr auß dieser Jammersvollen Sterbligkeit zu eilen beschlossen hätte, so hat sie demnach auch ihre Sterbens-Gedancken und zubereitung zu einem seeligen Abscheid jederzeit nicht allein zu Lindow auff ihrem Gute, sondern auch so lange sie sich mit dem Herrn Obristen in Damm befunden, mit hertzlichen seufftzen und eiffrigem Gebet zu verstehen gegeben, wie sie denn stets und allewege schöne und herzliche Trost-Sprüche Heil. Schrifft, die sie durch stätiges und fleißiges lesen ihr gantz fertig bekandt gemacht hatte, mit sonderlicher Hertzens-Andacht außgesprochen, und sich jederzeit damit getröstet und auffgerichtet, denn sie nicht allein in ihren Ohmachten stets geseuffzet: Nach dir HErr verlanget mich, mein Gott ich hoffe auff dich, laß mich nicht zu Schanden werden, it. Die Angst meines Hertzens ist groß, hilff mir auß meinen Nöhten. Item: Hilff Helffer hilff in Angst und Noth, erbarm dich mein, du getreuer GOtt, ich bin doch ja dein liebes Kind it. Sondern auch ihrer beängstigten Seelen wieder Trost zugesprochen auß dem Jesaia 38. Siehe, nach Trost war mir sehr bange, aber du HErr hast dich meiner Seelen hertzlich angenommen. Item Jesaia 54. Ich habe dich ein klein Augenblick verlassen, aber mit großer Gnade will ich mich dein erbarmen, und auß dem 116. Psalm: Sey nun wieder zu frieden meine Seele, denn der HErr thut dir guts. Item: Hat sie stätig, auch noch eine viertelstunde vor ihrer letzten Ohnmacht, deren Wirckung sie schon innerlich bey sich empfunden, geseuffzet: HErr JEsu dir lebe ich, dir sterbe ich, dein bin ich todt und lebendig. Und also hat die wollsehl. Frau Obristin sich jederzeit zu einer seeligen Hinfahrt Christlich bereit gemacht und gehalten, sonderlich weil sie jederzeit zu sagen pflegen, daß man bey den ihr zustossenden Ohnmachten nur fleißige acht auff sie haben solte, denn sie einmahl unverhofft ihnen unter den Händen also hingehen und bleiben würde: Wie sichs denn auch leyder also zugetragen, daß sie noch den 30. und 31 Martii allhier zu Stettin gewesen, sich gut und wollauff befunden, auch noch selbigen 31. Martii mit ihren hertzliebsten Herrn Obristen hinauß nacher Damm gereiset, umb daselbst gegen den vorstehenden grünen Donnerstag zu empfahnung des Heiligen Abendmahls sich würdiglich vorzubereiten. Da es aber leider geschehen, das sie noch selbigen Abends bey ihrer Ankunfft zum Damm über Tische geklaget, auch selbige Nacht etwas übel auffbefunden, aber doch des folgenden Morgens als den 1. April wieder auffgestanden, und mit ihrer gewöhnlichen täglichen Kleidung sich angeleget, und herumb gegangen, jedoch sich noch immer unpaß befunden, dass sie auch zu Mittage nichts geniessen können, biß auff den Nachmittag umb 4. Uhr, da eben ihre Hochgeehrte Frau Muhme, die Frau Obrist-Lieutenantin von Pfuhlen, nebst ihrer hochgeehrten Jungfer Schwester, auch ihr Frau Vetterchen, die Frau Capitain Bährin, sie zu besuchen zu ihr kommen, auch der Herr Obrister selbsten zugegengewesen, eine schleunige und schwere Ohmacht sie angetreten, darin sie auch etliche Stunden gearbeitet, und ob woll (cum Tit.) Herr D. Kirstein, den sie jederzeit als ihren Medicum gebrauchen pflegen, auff erfordern noch desselben Abends umb 9. Uhr hinauß kommen, hat er doch bey solcher ihrer schlechten Beschaffenheit nichts richten noch schaffen mögen, biß sie endlich GOtt der H E R R an den Morgen war der 2. April dieses lauffenden Jahres zwischen 4. und 5. Uhr durch einen seeligen Todt auffgelöset und zu sich genommen, eben an demselbigen Tage, und umb dieselbige Stunde, da sie ihren hertzliebsten Herrn Obristen vor 20. Jahren Ehelich bey und an die Seite geleget worden, als sie auff dieser Welt gelebet gehabt 20. Jahr in ihrer Jungfrauschafft, und gleichfals 20. Jahr im Ehestande, und also ihres gantzen Alters 40. Jahr, 8. Monat weniger 4. Tage.

Gebet

 1 Vers 3.4.5.

1 Jasenitz [Jasienica, heute Stadtteil von Pölitz [Police, Westpommern].

2 Klein Küssow [Koszewko, Westpommern], etwa 25 km südöstlich von Stettin.

3 Reetz [Recz, Powiat Choszczno, Westpommern].

4 Nörenberg [Insko, Powiat Stargardzki, Westpommern].

5 Kossin, heute Ortsteil von Przelewice [Prillwitz] Kreis Pyrzyce [Pyritz], Westpommern.

6 Stettin [Szczecin]; HHSD XII, S. 280ff.

7 Lindow [Lubicz, Powiat Gryfino, Westpommern]. 30 km südlich von Stettin.

8 Nipperwiese [Ognica], Powiat Gryfiński (Greifenhagen), Wesipommern], 40 km südl. von Stettin.

9 Altdamm [Dąbie], heute Stadtteil von Stettin [Szczecin].

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