Tiffel, N

Tiffel, N; Obrist [ – ] Tiffel stand als Obrist in französischen-weimarischen Diensten. Er nahm am 24.11.1643 an der Schlacht bei Tuttlingen[1] gegen die Franzosen und Weimarer teil.

„Auf der Gegenseite war man nicht müßig gewesen. Feldmarschall [Franz v.; BW] Mercy hatte sich am 14. November bei Malmsheim[2] mit den Truppen des Herzogs Karl von Lothringen vereinigt, hatte zu Balingen[3] mit dem Herzog, Jan von Werth und Feldmarschall Graf Hatzfeldt – ‚welcher in Person vor Ankunft seiner unterhabenden Kayserlichen Völcker herbey kommen‘ – Kriegsrat gehalten, und man war übereingekommen, die Franzosen entweder zur offenen Schlacht zu zwingen oder sie in ihren Quartieren zu überraschen. Bei der lothringischen Armee befanden sich sechs kaiserliche Reiterregimenter unter dem Befehl des Generalwachtmeisters Zahradecky, die vom Rheine herangerückt waren. Hatzfeldts Armeeabteilung war im Anmarsch. Auf Kundschaftermeldungen, daß der Feind unter Zurücklassung einer starken Besatzung im eroberten Rottweil mit der Armee auf Tuttlingen ziehe, marschierten die bayerisch-lothringischen Streitkräfte über Straßberg[4] nach Sigmaringen,[5] wo sie am 23. November anlangten.

Ohne Ahnung von der Nähe ihrer Gegner hatten die Franzosen, deren Oberkommando der Generalleutnant Graf Rantzau übernommen hatte, ihre Winterquartiere bezogen. Rantzau besaß weder das militärische Genie noch die moralische Autorität Guébriants; er war ein Prahler, dem die weimarischen Regimenter nur ungern folgten. Taupadel war krank in Rottweil geblieben. Er hätte sich wohl kaum so leicht überraschen lassen, wie der Holsteiner Graf, der mit der Generalität, der sämtlichen Artillerie und dem Regiment der Königin in Tuttlingen Unterkunft bezog. Sieben französische Fußregimenter nahmen Quartier in Möhringen;[6] Generalmajor Rosen lagerte sich mit der deutschen Reiterei im Städtchen Mühlheim an der Donau[7] ein. Die notwendige Feindaufklärung [für die Rosen verantwortlich gewesen wäre; BW] wurde versäumt, in tiefer Sicherheit überließ sich die ganze Armee der Ruhe, ohne Kunde vom Gegner, welchen der Fluß und undurchdringliche Wälder von ihr trennten.

Als ausgesandte Kavalleriepatrouillen meldeten, daß die Franzosen um Tuttlingen lägen und vom Anmarsch der Armee keinerlei Ahnung hätten, faßten die Generäle den Entschluß, unverweilt den Feind zu überfallen. Ihr Heer setzte in aller Stille über die Donau und zog auf Meßkirch,[8] während die Bagage nach Riedlingen[9] zurückgeschafft wurde. Die Nacht über standen die Verbündeten ohne Feuer in Schlachtordnung bei Meßkirch, indem sie ‚zu solchem End Tag und Nacht marschirt‘. Gefangene bestätigten die Sorglosigkeit des Feindes. Ohne Trompetenschall und Trommelschlag rückten die Truppen durch die Wälder. Jan von Werth führte als General der Kavallerie und ‚Meister im Aufschlagen der Quartiere‘ die Avantgarde, die aus 1000 kommandierten Reitern, den Dragonern des bewährten Obristen [Caspar v.; BW] Wolff und 600 Musketieren bestand, die der bayerische Obrist Johann Ulrich Gold befehligte. Enge Waldwege behinderten den Vormarsch; man mußte beim Dorfe Neuhausen ob Eck,[10] nur eine Stunde von Tuttlingen entfernt, verhalten, bis das Gros mit der Artillerie nachkam, in steter Soprge, ob nicht Wachen Rosens, der ganz in der Nähe in Mühlheim lagerte, Alarm schlagen würden. Erst gegen 3 Uhr nachmittags stand Jan von Werth mit der Vorhut vor Tuttlingen, ohne daß der Gegner bisher etwas bemerkt hätte, ‚welches am mehristen zu verwundern, weil gleichwohl der Pferde Geschrey, der Stimmen Getöß einen nicht geringen Laut und Getümmel verursacht‘. Aber zum Glück begann es zu schneien, dichte Flocken verwehrten die Sicht, und die Luft wurde ‚dick und dunkel‘.

Die Artillerie der Franzosen war einen Flintenschuß entfernt von der Stadt auf einem Kirchhof aufgefahren, nur von einer geringen Wache beschirmt. Mercy versprach dem Obristen Wolff tausend Dukaten, wenn er sich der Geschütze bemächtige,[11] und Wolffs Dragoner, unterstützt durch Reiter des kaiserlichen Obristen Epp [Wilhelm v. Epp; BW], hieben die Bedeckung nieder und besetzten den Friedhof. Einige Schüsse mit den umgedrehten Kanonen auf das Städtchen taten den Überfallenen die Gefahr kund und riefen unbeschreibliche Verwirrung hervor. Tuttlingen war ganz von der Reiterei eingeschlossen, die Franzosen sahen ihre Kanonen und Pulverwagen im Besitz eines wie aus der Erde gestiegenen Feindes, jeder Ausgang war versperrt, jede Verbindung mit den benachbarten Dörfern abgeschnitten. Das feste Schloß Homburg[12] wurde durch Golds Musketiere erstiegen, die gesamte bayerisch-kaiserliche Armee nahm ’solche Postur, daß denen in der Stadt ohne hazard kein Entsatz zukommen‘ konnte. Bei Anbruch der Nacht zeigte sich zwar Generalmajor Rosen mit der weimarischen Kavallerie ‚unterhalb Tuttlingen im Felde‘; als er aber die gegnerische Schlachtordnung erblickte, kehrte er um und jagte mit verhängtem Zügel davon, verfolgt durch den Generalwachtmeister Caspar von Mercy, der mit seinem Regiment das französische Fußvolk aus Mühlheim zerschlug. Werth dagegen rückte mit 2000 Pferden nach Möhringen, wo der Hauptteil der französischen Infanterie einquartiert lag. Die dortige Reiterei ergriff die Flucht; doch wurden im Nachhauen viele Franzosen gefangen oder niedergeritten. Das Regiment Mazarin, eine Truppe, die zum Teil aus kriegsgefangenen Spaniern gebildet worden war und heftigen Widerstand leistete, wurde fast gänzlich vernichtet. Das französische Fußvolk verweigerte zunächst die Übergabe und wurde durch die Kürassierregimenter Kolb und La Pierre sowie das kaiserliche Regiment Epp zu Pferde die Nacht hindurch eingeschlossen gehalten. Werth und Graf Hatzfeldt, der ihm nach Möhringen gefolgt war, ritten nach Tuttlingen zurück, während Caspar von Mercy das Kommando vor Möhringen übernahm und der Obrist von Sporck mit 1000 Reitern zu Rosens Verfolgung ausgesandt wurde.

Am Vormittag des 25. November 1643 ergaben sich nach angstvoller Nacht alle französischen Generale in Tuttlingen, samt zwei Regimentern zu Fuß, ihrer berittenen Leibgarde und allen Artilleriebedienungen auf Gnade und Ungnade; die sieben Regimenter in Möhringen folgten ihrem Beispiel. Sporck kehrte von der Verfolgung der flüchtigen Kavallerie mit acht erbeuteten Standarten, dem gefangenen Obristen Chambre und mehreren Offizieren zurück; Rosen hatte sich nach Rottweil[13] gerettet, verweilte dort aber nicht lange, sondern nahm Guébriants Leiche, den kranken Taupadel und Guébriants Leibregiment mit sich und wandte sich durch den Schwarzwald gegen Freiburg,[14] nachdem er die Besatzung von Rottweil auf sechs Regimenter, über 2000 Mann, verstärkt hatte. Viele Gefangene wurden durch die Garnisonen von Sigmaringen, Pfullendorf,[15] Meßkirch und Villingen[16] eingebracht, das ganze Franzosenheer befand sich in völliger Auflösung.

Die ganze Bedeutung des Sieges, die geringe Anzahl der entkommenen Feinde – nicht über 4500 Mann – und die fast gänzliche Vernichtung des Fußvolkes, stellte sich, wie Mercy dem Kurfürsten am 26. Dezember berichtete, erst nach und nach heraus. Einen glänzenderen Sieg hatte das bayerische Heer seit Tillys Zeiten nicht erfochten: 261 Offiziere, gegen 7000 Mann waren in den Händen der Sieger. ‚Angehend die Beuten, hat man einen Monatssold an barem Gelde, für mehr als 100000 Kronen Silbergeschirr, über die Maßen stattliche Rosse, köstliche Kleinodien, prächtige Kleidungen und dergleichen bekommen‘. 560 Artilleriepferde und 24 Maulesel wurden erbeutet, über 50 Feldzeichen nach München und Wien gesandt. Empfindliche Einbuße erlitt Frankreich durch die Gefangennahme fast aller Führer der Armee; neben dem Generalleutnant Graf Rantzau hatten sich die Generäle Louis de la Trémouille, Marquis de Noirmoutier, der Comte de Maugiron, der Baron de Sirot und der Marquis de Montausier – sämtlich im Rang eines Maréchal-de-Camp – ; ferner die Obristen Ehm, Schönbeck, Kluge, Kohlhaas, Nothafft, Tiffel und de Folleville ergeben müssen. Das war das größte Quartier, welches Jan von Werth unter den vielen jemals ‚aufgeschlagen‘; hatten gleichwohl auch die anderen Feldherren rühmlichen Anteil am Erfolge, so war er es doch gewesen, welcher die Vorhut mit solcher Kühnheit und Klugheit zuerst vor das Städtchen geführt; Kurfürst Maximilian sandte ihm am 30. November ein Lobschreiben.

Vergebens bemühte sich Mazarin, die Bedeutung der französischen Niederlage zu verkleinern, indem er seinen Gesandten beim Friedenskongreß in Münster[17] schrieb, vier Kompanien der Garde und ein Fußregiment seien vernichtet, der Rest der Armee sei in zwei Korps unter Rosen und Taupadel auf dem Rückzug begriffen. In Wirklichkeit war nur ein Teil der weimarschen Kavallerie dem Zusammenbruch entkommen und fand bei Erlach, dem Gouverneur von Breisach, ein Asyl. Hugo Grotius meldete nach Schweden, die französischen Generäle hätten beim Kartenspiel gesessen, anstatt sich vor dem Überfall in Acht zu nehmen“.[18]

[1] Tuttlingen [LK Tuttlingen]; HHSD VI, S. 806f. Vgl. die bayerische „Relation über den Überfall von Tuttlingen und die Rückeroberung von Rottweil“ bei HEILMANN, Feldzüge, S. 61-73.

[2] Malmsheim [Renningen, Kr. Böblingen]; HHSD VI, S. 500f.

[3] Balingen [Zollernalbkr.]; HHSD VI, S. 61ff.

[4] Strassberg [Zollernalbkreis]; HHSD VI, S. 765f.

[5] Sigmaringen [LK Sigmaringen]; HHSD VI, S. 738ff.

[6] Möhringen [Tuttlingen, LK Tuttlingen]; HHSD VI, S. 531f.

[7] Mühlheim a. d. Donau [LK Tuttlingen]; HHSD VI, S. 537f.

[8] Meßkirch [LK Sigmaringen]; HHSD VI, S. 523ff.

[9] Riedlingen [LK Biberach]; HHSD VI, S. 661f.

[10] Neuhausen ob Eck [LK Tuttlingen], HHSD VI, S. 569.

[11] Der Kurfürst erlegte dier erforderliche Summe und erlaubte, dass Wolff nach Wien reiste, um der Majestät ‚die particularia zu referirn‘. LAHRKAMP, Werth, S. 137, Anm. 84.

[12] Gemeint ist hier die Honburg, unter Tuttlingen [LK Tuttlingen], HHSD VI, S. 806f. 1645 von Widerholt, dem Kommandanten des Hohentwiel, im Handstreich genommen und zerstört.

[13] Rottweil [LK Rottweil]; HHSD VI, S. 676ff.

[14] Freiburg im Breisgau, HHSD VI, S. 215ff.

[15] Pfullendorf [LK Sigmaringen]; HHSD VI, S. 631.

[16] Villingen im Schwarzwald [Villingen-Schwenningen, Schwarzwald-Baar-Kr.]; HHSD VI, S. 834ff.

[17] Münster; HHSD III, S. 537ff.

[18] LAHRKAMP, Werth, S. 136ff.

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