Seidel [Seydel], Samuel

Seidel [Seydel], Samuel; Hauptmann [10.01.1607 Breslau – 15.12.1632] Seidel stand als Hauptmann im Regiment von Dodo von Innhausen und Knyphausen. Er war der Sohn des Breslauer Goldschlägers Petrus Seidel und dessen Frau Maria, geb. Engel. Nach seiner Gymnasialzeit und kurzer Studienzeit in Leipzig[1] von 1624 bis 1626 in den Fächern Philosophie und Jura verließ er Leipzig wegen des dortigen Pestausbruchs und nahm eine Stellung als Praeceptor und Hofmeister bei Georg Lindeiner auf Schlewitz an. Danach folgten Aufenthalte in Leipzig, Lübeck,[2] Hamburg,[3] Dänemark und Mecklenburg.[4] Über seine nun beginnende Militärzeit berichtet seine Leichenpredigt:

„Vnd weil auch sein Hertz vnd Gemüt von Iugend auff nach Ehr vnd Tugendt gestanden / vnd Er sonderliche Lust vnd Zuneigung zum Kriegeswesen bekommen / hat Er sich zu Rostock[5] von dem Kayserischen Obersten Hebron [Hebron, Daniel; BW] / zu einem Musterschreiber bestellen lassen / auch von gedachtem Herrn Obersten (weil er sonderliche Qualiteten an ihm vermercket) vnterschiedlichen / vnd sonderlichen naher Wien zu Kayserl. Maiestet / vnd nacher Liegnitz zu den Schlesischen Herren / Fürsten vnd Ständen verschicket worden. Als aber der Herr Oberste Hebron Todes [8.7.1628] verbliechen / hat Er sich vnter deß Duc de Savelli Regiment von Herrn Capitain Wiedenbach für einen Hoffemeister brauchen lassen. Als aber daß Savellische Regiment licentiret worden[6] / Er auch gesehen / daß Er mit gutem Gewissen solcher armeé lenger nicht beywohnen köndte / hat Er sich Anno 1630. vmb Ostern [um den 31.3.1630[7]] vnter die Königl. Schwed. armeé begeben / vnd zu Stetin[8] zu einem Fendrichen bestellen lassen. Hernach als Franckfurt an der Oder[9] von Königlicher Maiest. S. eingenommen worden [13.04.1631] / hat er Sich vnter deß Herr Obersten Damietzes [Damitz, Siegfried v.; BW] Regiment / von Herrn Capitain Bawmann zu einem Leutenant bestellen lassen.

Als aber gedachter Herr Oberster Damietz für Werben[10] abgedancket / vnd Herr Oberster Johann-Just von Rhein [Rehn, Johann Jost von; BW] daß Regiment bekommen / ist von solchem ihme / nach Eroberung der Stadt Würtzburg[11] / die Hauptmannschafft vber eine Compagni zu Fuß auffgetragen worden. Nach dem der ietztgedachte Herr Oberste von Rhein vor Würtzburg geschossen worden / daß Er zwantzig Wochen hernach diese Welt gesegnet / ist das Regiment H. Oberste[n] Bortt [Burt, William; BW] [anvertraut worden; BW]. Alß aber derselbig vor Nürnberg [am 6.10.1632[12]] geblieben / dem H. General Feld Wachtmeistern Herrn Didoni von Knip- vnd Innhausen [et]c. anvertrawet worde[n]. Darunter dann vnsern verstorbener Herr Capitain solcher vnnd vorhergehender Bestallungen sich iederzeit / sonderlichen für dem Iahre in der Leipzigischen [Schlacht bei Breitenfeld[13] 17.09.1631] / vnd newlichen Lütznischen Schlacht [Schlacht bei Lützen[14] 16.11.1632] durch Gottes gnädige verleihung embsig vnd tapffer erwiesen[15] / vnd sich keine Mühewaltung / Sorge noch Vnlust verdriessen lassen / derowegen er auch von vielen hohen vnnd niedern Officirern vnd Soldaten geliebet vnd werth gehalten worden.[…] Seinen Abschied belangende / so ist er den 28. Novembr. [1632] vor hiesiger Vestung Pleissenburg[16] mit etlichen Musquetirern commandiret gewesen / da er dann auß verhängniß Gottes vnversehens deß Nachts zwischen 11. vnd 12. Vhren / durch den rechten Arm mit einer Mußqueten Kugel geschossen worden: vnd wiewol also bald an fleissiger Cuhr vnd gutem Rhat deß Herrn Medici vnd Chirurgi nichts gemangelt / so ist doch vber alles verhoffen der kalte Brandt[17] darzu geschlagen / vnd weil er kurtz zuvor zu Augspurg[18] / wie auch zu Anspach[19] an einem hitzigen Fieber hart darnieder gelegen / dardurch er seiner Kräfften sehr erschöpfft gewesen / daran er sich noch zur Zeit wenig erholen können / hat bey ihme die Mattigkeit dermassen vberhand genommen / daß man aus allen vmbständen abnehmen können / daß es sich zum Tode mit ihm nahen möchte. Derowegen sich dann auch / der selig Herr Capitain zum sterbstündlein bereit gemacht / den abgelesenen Text zu seiner Leichen Sermon abzuhandlen / so wol was man singen solle / anbefohlen / vnd aus Gottes Wort ihm vorzulesen vnd zureden / auch zutrösten zulassen / vnd endlichen vmb ein seeliges sterbestündlein geseufftzet / welches der getrewe GOtt ihme auch am verschiehenen 15. Tag Decembr. deß morgens zwischen 4. vnd 5. vhren gnädiglichen bescheret vnd von dieser Welt abgefordert hat / seines Alters im 26. Iahre“.[20]

[1] Leipzig; HHSD VIII, S. 178ff.

[2] Lübeck; HHSD I, S. 153ff.

[3] Hamburg; HHSD I, S. 83ff.

[4] Der Text und der Hinweis stammen von Herrn Uwe Volz.

[5] Rostock; HHSD XII, S. 95ff.

[6] Ende Dezember 1629 refomierte Wallenstein das Regiment von Frederico Duca di Savelli, da „Savelli besser taugt mitt Cardinalen zu Rom cumplimenta zu machen, als im krieg sich zu gebrauchen“ und „das Regiment so schwach undt schlecht ist gewest, das sie nicht 1000 man kranck undt gesundt in der lista eingeben“. LORENZ, Briefe Wallensteins, S.124.

[7] Die Übergabe der Stadt erfolgt erst am 20.07.1630. Die Stelle erweckt den Eindruck, als seien in Stettin bereits geraume Zeit vor der Einnahme im schwedischen Auftrag Neuwerbungen vorgenommen worden. Vgl. BÄR, Die Politik Pommerns.

[8] Stettin [Szczecin]; HHSD XII, S. 280ff.

[9] Frankfurt a. d. Oder [Stadtkr.]; HHSD X, S. 177ff.

[10] Werben [Kr. Osterburg]; HHSD XI, S. 492f.

[11] Die Belagerung der Stadt begann am 14.10.1631 und endete mit der Eroberung der Feste Marienberg am 18.10.1632; BW]

[12] Vgl. ENGERISSER, Von Kronach (die derzeit beste kriegsgeschichtliche Darstellung), S. 111.

[13] Breitenfeld [Kr. Leipzig]; HHSD VIII, S. 38f.

[14] Lützen [Kr. Merseburg/Weißenfels]; HHSD XI, S. 286f.

[15] In der Leichenpredigt ist noch von seiner  Teilnahme an der Schlacht bei Rain am Lech am 15.4.1632 die Rede.

[16] Pleissenburg bei Leipzig.

[17] Gangrän: Gewebs-Nekrose, meist infolge von Blutunterversorgung, bei der das betroffene Gewebe durch Verwesung und Autolyse (Selbstverdauung) zerfällt und sich als Folge von Hämoglobin-Abbau verfärbt [wikipedia]. Im Dreißigjährigen Krieg hatte das Gangrän tödlichen Verlauf.

[18] Augsburg; HHSD VII, S. 44ff.

[19] Ansbach; HHSD VII, S. 26ff.

[20] LEYSER, Polycarp, Christlicher Leich-Sermon / Bey der Ansehnlichen Leichbestettigung deß Weyland Edlen / Vesten vnd Mannhafften Herrn Samuel Seidels von Breßlaw / Ihrer Königlichen Maiestät in Schweden / Hochseligsten Angedenckens / vnter Ihrer Excellentz Herrn Generaln Wachtmeister / Herrn Didonis von Knip- und Innhausen / etc. wolbestelten Capitaines /, Leipzig 1633 [VD17 39:112386L].

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