Schleswig-Holstein-Sonderburg-Wiesenburg, Philipp Ludwig Herzog von
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Wiesenburg, Philipp Ludwig Herzog von; Obrist [27.10.1620-10.3.1689]
Philipp Ludwig war kaiserlicher Obrist und Kommandant von Lemgo.[1] Er war verheiratet mit Catharina, geb. Gräfin zu Waldeck [1612-1649], verwitwete Gräfin zur Lippe.
Der Hildesheimer[2] Arzt und Chronist Dr. Jordan hält in seinem Tagebuch unter dem 12./22.8.1638 fest: „Ein junger Herzog von Holstein Philip Ludwig gibt sich allhie an, Ihre Fr: Gn: ufzuwarten“.[3]
In Hildesheim war es im November 1640 zu einem gewaltigen Trinkgelage gekommen, wohin sich viele höhere Offiziere begeben hatten, um an einer von Banér einberufenen Konferenz teilzunehmen. Dr. Jordan berichtet unter dem 30.10./9.11.: „General Johann Banner kompt herein und wurde zweimahl 2 Schwedische Salve vom Hohen Rundel mit Stücken gegeben. Aus 2 Stücken umb 2 Uhr da kamen erstlich die Weymarschen. Er, Banner, kam umb 7 Uhr zur Nacht, – da auch 2 Stücke mehr gelöset wurden – , hatte bey sich Obristwachtmeister Pfuhl [Pfuel; BW], Wittenbergk, Schleng [Slange; BW] (und) Königsmarck, die Obristen Herr von Tzerotin [Bernard ze Žerotina; BW], ein Mährischer Freiher, Zabellitz [Zabeltitz; BW], den jungen Wrangel, Hake, Mortaigne, Hoikhing [Heuking; BW], Steinbock [Steenbock; BW], Bellingkhusen [Bellinghausen; BW], Gregersohn [Andeflycht; BW]. It. Ein Markgraf [Friedrich VI.; BW] von Durlach, des Banners Schwager. Von der Heßischen Armee war Obrist von Gundroth, von Braunschweig Bohn; von Zelle D. Langerbeck.
Von der Weimarschen Armee (die) Directoris Obrist Comte de Guebrian, Otto Wilhelm, Graf von Nassaw, Oheimb. It. Mons. Glocsi, Gral.-Intendant Extraordinari.
Ferner Herzog Philipp Ludwig von Holstein, Rittmeister, Landgraf Christian von Hessen, Caßelscher Linie Maximiliani Filius,[4] Graf Otto von Schomburg [Schaumburg; BW]. Diese letzten beiden nebst den Herrn Tzerotin starben über ein wenig Tagen innerhalb 24 Stunden“.[5]
In der Hannover’schen Chronik heißt es dazu: „Den 1., 2., 3. und 4. Nov. [1640] ist zu Hildesheim die schädliche Gasterey gehalten, da I. F. G. Herzog Georg den Bannier und andere Schwedische Officirer zu Gaste gehabt, und weidlich banquetiret. Der junge Graf von Schaumburg, der letzte dieser Familie, ist gestorben, weiln er den Dingen zu viel gethan auf dieser Gasterey, der junge Graf von der Lippe hat auch eine harte Krankheit ausgestanden, der Schwedische Commandant in Erfurt[6] ist gestorben, wie auch Herzog Georg und Bannier selbst widerfahren, non sine suspicione veneni“.[7] Schon der Zeitgenosse Dr. Jordan, der auch Tilly und Anholt behandelt hatte, hatte Giftmord vermutet: „ihnen war ein vergifteter Wein von einem französischen Mönch zubereitet worden, darbey die Catholiken ihre Freude nicht wohl verbergen kunten […] der Landgraf von Heßen Christian und der graf von Schaumburg, welche reichlich davon getrunken, sind gleich des Todtes geblieben. Herzog Georg und Baner, denen es am ersten gelten sollte, waren etwas mäßiger und also verzog sich das Unglück mit ihnen bis auf den künftigen Frühling“.[8]
Von 1642 datiert die Kapitulation Alexanders II. von Velen mit Philipp Ludwig über die Stellung von 10 Kompanien Kürassieren für den kaiserlichen Dienst.[9]
„Während dieser Zeit gingen die Kaiserlichen wie die Schweden in der durch Schutzbriefe gesicherten Residenz Detmold[10] ein und aus, ohne einander zu belästigen, und besonders die Offiziere der ersteren waren gern gesehene Gäste. So erschienen am 7. Juni 1642 Obrist Herzog Philipp Ludwig v. Holstein, Graf Hermann Adolf, jetzt Rittmeister in kaiserlichen Diensten, Oberstwachtmeister Wolf und Witte,[11] dazu aber auch ein Lüneburger Cornet und mehrere Mitglieder der Mindenschen[12] Regierung, um die Hochzeit des Sohnes des lippischen Kanzlers v. Holwede zu feiern. Niemand dachte an irgendwelche Gefahr; da kam plötzlich in der Nacht um 2 Uhr von Lippstadt[13] her eine starke hessische Abteilung zu Roß und zu Fuß, sprengte die Tore und überfiel besonders die Häuser, in denen die fremden Offiziere oder wenigstens ihre Diener, Pferde und Sachen untergebracht waren. Außer dem Eigentum der kaiserlichen Offiziere wurden auch eine große Menge den Bürgern gehörige Gegenstände geraubt. Die hinterher darüber aufgestellten Verzeichnisse sind besonders deswegen von Interesse, weil sie zeigen, daß der Krieg nicht alles verzehrt, sondern manchem wohl auch kostbare Schätze beschert hatte. […] Die Gräfin Katharina beschwerte sich darüber bei der Landgräfin von Hessen, und diese gab dem Oberst Stauffen [Stauff; BW] den Befehl, daß die den Bürgern gehörigen Sachen zurückgegeben, die anderen aber als dem Feinde abgenommene Beute zurückbehalten werden sollten“.[14]
Es gelang nicht, die Kontributionssumme für die schwedische Armee zu ermäßigen und andere Forderungen aufzuschieben: „An dem geringen Erfolg Hunolds [des Ratgebers der Gräfin; BW] war allerdings wohl auch der Umstand schuld, daß die Gräfin Katharina sich mit dem kaiserlichen Oberst Herzog Philipp Ludwig von Holstein wieder verheiraten wollte. Das Gerücht davon hatte bei den Schweden das höchste Mißfallen erregt, zumal da obendrein auch erzählt und von solchen, die die Verhältnisse des gräflichen Hauses nicht kannten, auch geglaubt wurde, daß die Gräfin dem Herzog Gelder zu seinen Werbungen vorschösse, während doch in Wirklichkeit, wie Hunold sagt, die Gelder bei der Gräfin ’so häufig nicht umgingen‘.
Es ist natürlich nur Spott, wenn Hunold in einem Briefe an die Gräfin sich stellt, als ob er von der bevorstehenden Heirat erst durch die Schweden erfahren habe. Selbstverständlich wußte er als ihr vertrautester Ratgeber schon längst von dieser Absicht, wenn sie auch anderen möglichst lange verheimlicht wurde. Herzog Philipp Ludwig hatte von Lemgo aus Detmold öfter besucht, wie er ja auch an der durch die Hessen gestörten Hochzeit teilgenommen hatte. Als ein Zeichen des Wohlwollens, welches man in Detmold für ihn hegte, ist wohl auch anzusehen, daß die dortige Regierung im Dezember 1642 nach seiner Ernennung zum Kommandanten von Lemgo ganz von selbst annahm, ‚daß er jetzt besser und höher traktiert werden wolle‘.[15]
Vom Dezember 1642 datiert ein Memorial Philipp Ludwigs mit Anmerkungen Alexanders II. von Velen. Es enthält u. a. Anmerkungen zur Kommandatur in Lemgo, die Assignation für die Kompanien, die Bitte um Zuweisung der Grafschaft Lippe, des Rittmeisters Scharfenberg und um einen Pass für den Rittmeister Schröder.[16]
In einem Bericht aus Detmold vom Februar war vom Aufbruch der Hessen aus Lippstadt die Rede.[17] Im März 1643 wandte sich Philipp Ludwig an Alexander II. von Veleen; dabei ging es um die Beschwerde des Rittmeisters Martin Ringel wegen seiner Verlegung nach Marsberg.[18] Dr. Jordan hält unter dem 20./30.6.1643 fest: Herzog von Holstein Kayserl. Commendant in Lemgow fält über die Weser und plündert das Amt Lawenow[19] aus“.[20]
Im September konnte Philipp Ludwig Alexander II. von Velen seine glückliche Ankunft nach seiner holsteinischen Reise sowie die erhoffte Verstärkung der Mannschaft melden.[21]
Das „Theatrum Europaeum“ berichtet: „Am 21. Septembris [1643; BW] / Nachts haben die Käyserischen zu Einbeck[22] jhr Magazin / vnnd andere Sachen / so viel jmmer möglich gewesen / nach Höxter[23] abgeführet / vnd ist jedem Soldaten ein Scheffel Frucht gegeben worden / vmb einige Notthurfft darfür auff die Reyse zuschaffen. Massen selbigen Tags der Hertzog von Holstein / mit tausend Käyserischen Reuttern / von Höxter herauff zu Kadelburg[24] vnnd Lindau[25] angelangt: Dem war Ordre zukommen / vmb die Käyserische Guarnisonen zu Einbeck / vnnd Wolffenbüttel[26] / abzuholen / vnd nach Westphalen zu convojiren. Wie er dann / am 22. diß / zu Altz[27] über / vnd gegen Northeim[28] / recht auff Wolffenbüttel passirt ist. Seine Trouppen haben biß nach Heiligenstatt[29] / vnd andere Oerter / gestreyfft / denen man Brodt vnd Bier spendiret: Darauff sie fortgangen“.[30]
Marsberg galt im Dreißigjährigen Krieg lange Zeit als uneinnehmbar. Die kaiserliche Garnison, die 1643 unter dem Befehl Papes stand, trieb rücksichtslos ihre Kontributionen in der Landgrafschaft Hessen-Kassel ein, so daß die Landgräfin Amalie Elisabeth mehrfach versuchte, Marsberg erobern zu lassen. Am 6.10.1643 schickte sie ihren General Geyso mit ca. 1.500 Reitern und 700 Fußsoldaten nach Marsberg, um die Stadt im Handstreich zu nehmen. In der Altenstadt lagen neben 100 Musketieren der Garnison noch ca. 700 Reiter des kaiserlichen Feldmarschalls Leittersam. Den Hessen gelang es, die Wachen zu überraschen und in die Altenstadt einzudringen. Die Kaiserlichen flüchteten sich in die stark befestigte Oberstadt, worauf die Hessen mit 70 Gefangenen, darunter auch Hermann Adolf von Lippe-Detmold, wieder abzogen. Nach diesem Vorfall ließ Pape eine Untersuchung anstellen, um zu klären, warum die Hessen unbehelligt in die Stadt eindringen konnten. In dem Protokoll vom 8.10.1643 machten die Bürger Marsbergs im Wesentlichen die fremde Reitertruppe hierfür verantwortlich, die die Wacht nicht versehen und keine Patrouillen ausgeschickt hatte.
„Demnach vorgestrigeß tags, den 6. dießeß monatß, morgens früh umb vier uhren ein geyendtlicher einfall in die Altenstadt, woselbsten etliche Kayßerliche truppen zu vferdt logirt geweßen, vorgangen; und sothaner einfall dem feyendt gerahten, dabey aber praetentirt [ = vorgehalten] undt vorgewendet werden wöllen, alß ob diejenige officierer undt solthaten, welche von der hiegiger guarnisaum, auff empfangenen befelch, zu siecherheit undt wachte zue fuß beygegeben, ihre debi[tum] [= Pflicht] undt schuldigkeit der gebuhr nicht verrichtet undt deßwegen ihnen einige schuldt, daß [sie] an dießem einfall wegen versaumbnuß mit uhrsache sein solten, beygemeßen werden wöllen. So hat es die notwendigkeit erfordert, auch der hiegiger commendant undt obrister leutenandt herr Ernest Weßeler von Papen daruber fleißige inquisition [= Untersuchung] vorzunehmen undt zeugnuß einzuziehen anbefohlen undt begeheret. Undt damit niemandt mit vielen captiosos [= verfänglichen] und verdechtigen fragstucken beschwer[t] werden muchte, alß hat man etliche burgere auß der Altenstadt, welche mit in dießen einfall geweßen undt davon, weiln sie alles gesehen undt gehöret, die richtige wahrheit woll außsagen könten, vorgefördert, dieselbe vermittelß guten gewißens, undt des eidts, womit sie dero Churfürstlicher Durchlaucht zu Coln etc. [= Kurfürst Ferdinand von Köln] alß gehorsambste underthanen verwant, ernstlich vermahnet, auch deß mey[n]eydts verwahrnet, daß sie summarie [= insgesamt], auffrichtig, ohne schew, auch ohn respect, niemandt zu lieb oder leidt, nicht auß furcht oder nachdencken, sondern auß ihrem eignen wißen, undt waß sie recht gesehen undt gehört, wie es mit dießem einfall vom anfang biß zum endt umbstendtlich abgelauffen, außsagen, undt zu bestettigung der wahrheit zeugen solten.
Nach welchem die hernach benente in praesentia [= in Gegenwart] hern drostens Rumpß zur Wenna, burgermeistern Christian Kleinsorgen undt Adami Rodderß alhier auffm rhadthauß auf der gewohntlichen rhatstuben an eydtstadt undt mit verpflichten, solches, wan es erfordert wurde, mit einem leiblichen aydt zu bestettigen, außgesagt undt bezeugt, wie folgtt:
1. Herr Jost Warburg pastor in der Altenstadt bezeugt, daß er 3 viertel stunde vor dem einfall bey dem leuttenant deß rittmeisters Reigels compagnin auff dem kirchhoff, woselbst auch die wacht von den musqwattirern geweßen, mit ihnnen geredet undt hernach widder in sein pfarrhauß gangen, nach drey viertel uhr der lermen angangen undt die kreigsleut freund undt feyendt durcheinander gerhaten, viel schuße durcheinander gefallen, von weme, wuste er eygentlich nicht; er hette sonst die musquetier auff dem kirchhoff in guter positur undt wacht befunden. Deß abendts aber bez[eugt] er, daß der Greße Thonieß, so von herrn obristleutnant Papen auff kundtschafft außgeschickt, bey ihme geweßen, er gefragt, waßen newes hette, welcher geandtwortet, daß der feyendt sich auff Warburg[31] gezogen undt weheren etliche auff Germete zumarchiret, welche avisen [= Nachrichten] der pastor dem herrn Graffen von der Lippe etc. undt obristen wachtmeister Witten in Herman Förmerß hauße hinterbracht, welche dazu stillgeschwiegen. Im rechten einfall hatte sich herr pastor in seinem hauß endthalten undt wuste nicht meher hinnvon zu sagen.
2. Herman Förmer bezeugt, daß er dem obrist wachtmeister Witten, welcher bey ihme logirt, selbst angedeutet, daß der feyemdt auff 2 stunde wegs von dannen wehre, derwegen sie sich woll vorzusehen undt die straße woll zu parthiren [= einteilen], auch ihme an die handt gegeben, sie musten fleißige wacht nacher Helmingkhaußen[32] undt Westheimb[33] die Diemel hinab außschicken, wobey der fenderich von Clotz undt der feltwebell gestanden, den an solchen örten die gefahr undt daßelbst nötigh [!]. Darauff den obristwachtmeister die wachten commandiren wollen, w[o]bey sie sich gezancket, endtlich darumb spielen mußen, undt weheren diejenige, so auff die wacht commentirt, woll bey hundert zu pferdt undt fueß undt sein ungeduldig geweßen, sich der wacht geweichert. Aber er wiße nicht, daß ein eintziger man davon außerhalb der statt kommen. Eß wehre auchjemandt umb 12 uhr in der nacht vor sein hauß kommen, angeklopfft, undt endtlich nach vielen klopffen, den obrist[wachtmeister] ermuntert; waß sie geredet, wiße er nicht. Anlangt die bestelte wachte zu fueß, hette er schießens meher alß zuviel gehort, undt wehren die feyendparthe[i]en so starck eingefallen, daß die wacht, so in deß burgermeisters Kleinsorgens hauß gestanden, sich uber kopff retoriren [= zurückziehen] undt auff die hauptwacht auff den kirchhoff sich ziehen mußen, woselbste sie sich uber eine viertel stundeß gewehret.
3. Swickert Bunßen deponirt [= legt dar], daß er den Ritmeister Abschlag in seinem qwattier gehapt undt ritmeister Schilder bey ihme geßen; hatte der obristwachtmeister ihme, Schilder, botten geschickt, undt daß er die wacht hette, ansagen laßen; darauff alßbalt gesagt, er wolt nicht wachen, wehre an ihme nicht, wolte es seinem fursten klagen; alß er aber hingangen undt widderkommen, bericht, er solte wachen, wehre er bey vorigem geplieben undt wolte nicht wachen; were auch in sein qwattier gangen, sich nidder gelecht undt seinen wirth Caspar Nolten auff schildtwache gesetzt. Wegen dero wacht den musquetierer wiße er nicht anders, alß daß sie sich wolgehalten; hetten auf dem Buhlberg sich alßo geweheret, daß sie auff den feyendt, so ihn gefangen gehapt, geschoßen, daß sie ihn verlaßen mußen. Sonsten bezeugt er an aydts stad, daß er von dem feyendt, alß er dem abgenommenem viehe gefolgt, selbst gehoret, daß der generall major Giese dem hern graffen von der Lippe zugeredet, sie musten schlechte wachte gehalten haben; auch den rittmeister Temens gefragt, er hette se keine patroll oder eußer wacht gesehen noch befunden, es were schlecht bestelt geweßen; auch ein leutenandt von Weißen regiemendt gefragt, wer deß wehere, der nider geschoßen, er hette sich nicht ergeben wollen, aber sie weren ihm zu sta[rk] auffs leib kommen, die musquetierer hetten sich redtlich undt woll gehalten.
4. Rab Fleckener bezeuget, daß er alzeit in seinem hauße geweßen unt alß der einfall geschehen, were eine courte guarde von mußqwetieren in bürgermeister Kleinsorgen hauß geweßen, worauff die feyendts-mußqwatierer mit gewalt getrungen undt den ersten einfall auff dieß hauß gethan, welch[e] musquatierer hinter dem hauß die schiltwache gehapt; die reuter weren die straß herunter kommen, undt hetten sich die musquetierer, wobey der corporall Veidt Dutz geweßen, alß er zuvor eine salva auß dem hauße gethan, auff den kirchhoff zu den andern reteriren mußen; dieser hette auch die anderen auffm kirchhoff umb Gottes willen gebetten standtzuhalten, wolten sie herauß schlagen; von dem kirchhoff haben sie fewr nach seinem hauß unter dem feyendt gegeben, der feyendt aber mit gwalt auff die musquatierer auff den kirchhoff getrungen, daß sie sich in das Leifflenderß hauß reterirt, an welchem hauß zu sehen im augenschein, wie der feyendt darauff fewr geben, und hetten sich die Marspergische solthaten dapffer gewehret, endtlich aber vor der großen machtauch auß dießem hauße weichen undt sich ferner reteriren mußen. Sonsten habe er dem obristwachtmeister vorher des abendts gesacht, sie solten sich woll vorsehen, der feyendt wolte ihrer haut haben, sie hetten lust zu fechten. Er geandtwortet, sie solten nur herkommen etc., daß aber jemandt von den reutern solte zur wacht außerhin geschickt sein, davon wiße er nicht. Er sagt auch, daß zweyspalt [= Zwiespalt] wegen der wacht unter den officierer-reuteren vorgefallen, habe aber nicht einen schuß von den reuteren gehort oder gesehen, alß von einem corporall von Stakenbregk, welcher die wacht gehapt.
5. Thonieß Tauschen sagt, daß er einen captein leutenandt, so vor einen graven genannet worden, im hauß gehapt, welcher eben auff die stadt gezogen, undt hette er den morgen einen schuß vor dem einfall gehort, darauff die seinigen loßgemacht undt auffgewecket, undt weiln sein hauß nahe bey dem kirchhoff stehet, habe [er] die musquatierer in vieller guter wacht gesehen, undt alß der feyendt auff die courtigwarde [= befestigter Wachtraum] in bürgermeister Kleinsorgen hauß zugetrunge undt selbige musquatierer loßgetrieben, hetten sich dieselbe auff den kirchhoff ziehen müßen, hetten zuvor ihre salve gethan. Darauff deß feyendts musquatierer so dick undt breit, alß der gantze wegk wie eine walcke auff den kirchhoff zugangen, welche sich mit gewalt geweheret, ein zu andern fewr geben, daß die Stadtbergische der macht weichen mußen. Er hette auch seine einqwartierte gewahrnet, sie solten sich woll vorsehen, der feyendt lege in der nähe uf 2 stunde, welches sie nichts geachtet. Nach dem einfall aber hette sie ihn wegen dießer warnung verdechtig gehalten, falsche actioneß vorgeben; sein hauß spoliirt [= geplündert], bey dem einfall hette er den cornet [= Fähnrich] in seinem hauß vor ein fenster gefhuret, undt wie der feyendt herein getrungen, undt schon […] gezeiget, hette er denselben nicht auff die bein bri[n]gen konnen, biß ihnnen die hohe noth herauß getrieben.
6. Lipß Iggell sagt, er habe einen leutenandt von rittmeister von der Stege im hauß gehapt, sey im hauß geplieben, habe vorm Osternthor 2 schuß den morgen umb vier uhr gehört, darauff sein leutenandt undt seine knecht, welche alle geschlaffen, gewecket; bezeugt, daß auff dem kirchhoff ein trefflich schießen vorgefallen.
7. Reinhart Lyßen bezeugt, daß ein schuß am Osternthor, alß deß feyendts trouppen gleich ankommen, von dem fußvolck geschehen, sey darauß auch kein schuß meher gehort. Er habe gesehen, daß 10 reuter zu fuß zu den mußqwetieren an daß thor gangen, habe aber nicht einen menschen auff patroll oder außenwacht deß wegs vernommen noch gesehen.
8. Herman Lyßen sagt, habe keinen reuter auß dem thor reiten sehen, zur patroll oder butenwacht, sondern bey zehen zu fuß, so bey die solthaten commentirt, welcvhe all[e] miteinander auff dem strohe gelegen undt geschlaffen. Die musquetier aber alert [= bereit] geweßen.
9. Henrich Bannenberg sagt, er were ein halb stund ungefeher vor dem einfall bey der wacht vor dem thor gewesßen, die solthaten weren alert gestanden undt zehen reuter dabey auff dem stroh gelegen; sobalt er in sein hauß kommen, were ein schuß von der wacht schehn undt der feyendt alßbalt darauff eingefallen, undt hette er keinen menschen zu dem thor hinauß meher reiten oder gehen sehen, der die außenwacht oder patroll versehen.
Factum [= geschehen] Marspergk, den 8. Octobris anno 1643“.[34]
Im Dezember 1643 schrieb Philipp Ludwig an Alexander II. von Velen und gab seiner Freude über den Sieg Mercys bei Tuttlingen[35] am 24.11.1643 gegen die Franzosen unter Rantzau Ausdruck; ein Dankgottesdienst wurde abgehalten. Er beschwerte sich über die Versagung der Quartiere in Brakel[36] für den Rittmeister Hans Jorgen, die Weigerung des Kommandanten zu Höxter[37] [Konrad Hoyer; BW] und meldete die Ankunft von drei Kompanien Dragoner.[38]
Nachrichten aus Sonderborg[39] vom Ausbleiben des Zuzugs gegen die Schweden, das angebliche Logieren von 2.000 Pferden in Flensburg,[40] die erwartete Ankunft der Holländer und der Empfang von Anwerbungsgeldern beschäftigte ihn im Januar 1644. Zugleich brachte er bei Velen die Schwäche seines Postens gegenüber den schwedischen Truppen in Minden und den Hessen-Kasselischen zu Lippstadt[41] zum Ausdruck.[42]
Der Historiograph und Habsburg-Anhänger Wassenberg hält folgende Episode in seinem 1647 erneut aufgelegten „Florus“ fest: „In dem dieses Monats [14.3.1644; BW] der Herzog von Hollstein / neben seiner Gemahlin / Fräwlein / vnd anderm Frawenzimmer / auch drey Compagnyen, auch drey Compagnyen Reutter / drey Compagyen Tragoner / vnd zweyhundert Musquetierern von Lemgaw nach Höxter / vmb daselbst das Commando anzutretten aufgebrochen / ist er vnterwegs nach erlangter Kundschafft von den Hessischen angetroffen / vnd zum Treffen veranlasset worden. Ob nun zwar darinnen mehrermeldter Herzog / als welcher auff das zweyte Pferd konnen / sich nebens den seinen anfangs tapffer gewähret; er aber die Hessischen nit so starck zu seyn vermeint / vnd eines so plötzlichen überfalls sich nit versehen, ist seine Parthye gänzlich zerschlagen / er der Herzog selbsten beneben seiner Gemahlin vnd Frauenzimmer / wie auch etliche hohe vnd Vnter-Officirer neben ein hundert Reuttern / Mußquetierern vnd Tragonern gefangen / auch 6. Standarden erobert worden“.[43] In der Chronik des Adolff Wilhelm Moerbecke zu Stevening [1611 – 1675] heißt es: „Ock hefft die overste Luytenant Matz [Motz; BW] den 14 deser maent [März; BW] met ein goedtdeel volcks (umme voer die contributie te executeren) utgegaen ende noch met einige ruteren ut Warborgh[44] under den oversten wachtmeister Elenberger versterckt, ende also in alles 400 perden en 200 te voete starck synde, ein breef van den hertzog van Holstein (ligende in dienst des Keisers tot Paderborn[45] in garneson) an den commendant tot | Hoxter[46] geschreven, met befel, hem met 3 companien ruters tegemoten ende hem met syn bagagie na Hoxter te convoyeren, geintercipyert, ende met ein vertrouvde va de sinigen na Hoxter gesonden ende die 3 companien ruters tusschen Lemgouv[47] ende Hoxter wargenahmen ende geslagen, ist vortz tegen den hertzogh gegaen, denselven gelickfals angetroffen, totaliter geslagen ende hem neffens syn huisfrouve, bagagie, 3 ritmeisters, 2 capiteins, 1 capiteinluitenant, 1 maior ende andere geringe officeren neffens 200 ruters ende 6 standarden (so up wagens vor syn regement te perde medegefoert worden) | gefangen ende bekommen en tot Cassel[48] binnen gebracht“.[49]
Dr. Jordan hält unter dem 5./15.3.1644 lapidar fest: „Philip Ludwig Herzog von Holstein wird mit 6 Compagnia unterm Schwedenberge geschlagen, und er nebest seiner Gemahlinn gefangen genommen nach Caßel geführet“.[50]
In diesem März berichtete Bournonville Alexander II. von Velen von diesem Missgeschick des Philipp Ludwig von Holstein. Im April[51] und Mai gab es Verhandlungen des kaiserlichen Obristen Hermann Christoph von Mandelsloh wegen der Freilassung von Gefangenen zu Warburg[52] und Kassel,[53] insbesondere Philipp Ludwigs[54] gegen hessen-kasselische Soldaten, die in Ostfriesland in Gefangenschaft geraten waren.[55]
Im Mai 1645 meldete Philipp Ludwig Velen aus Höxter den Aufbruch der Hessen von Kassel.[56] Im Mai und im Juni 1645 berichtete er Velen über Verhöre von Hessen-Kasselischen, Königsmarckischen und Weimarischen, vor allem, um die Stärke der Truppen Königsmarcks festzustellen.[57]
In der Schlacht bei Alerheim[58] (3.8.1645) geriet er in französische Gefangenschaft.[59] In der „Begründten Summarischen Relation“[60] über die Schlacht heißt es: „Nachdeme eingangs ermelte zwo widrige Armaden den 3. Augusti Anno 1645. fast zugleich im Rieß eingetroffen / seynd sie noch darüber selbigen Tags bey dem Dorff Allershaimb zur Hauptaction kommen / die Bayrische haben ermeltes Dorff Allershaimb zu ihrem Vortel gehabt / vnnd anfangs mit ihren Stucken den Französischen vil schaden gethon / Nach welchem die Französische ihr maiste sforza von der Infanteria auff besagtes Dorff Allershaimb / welches von den Bayrischen auch mit Fueßvolck starck besetzt gewest / angeführt / da dann zwischen beederseits Infanteria vber zwey Stund lang ein hartes treffen geschehen / warunder die Französische das Dorff in Brandt gesteckt / die Bayrische aber vngeacht dessen / vnnd daß sie auff einer Seyten / wie auch thails im Rucken das Fewr: auff der andern Seyten / vnd vor sich die Französische zum Feind gehabt / ihren Posto in solchem Dorff ein als den andern weeg manutenirt, vnnd eines thails durch dapfferes antreiben deß Bayrischen Feldmarschalln Freyherrn von Mercy / wie auch deß Kayerischen Feldtmarschalln Graffen von Geleen / welcher den Feldmarschall von Mercy secundirt, andern thails durch anführung deß Bayrischen General Zeugmaisters Freyherrn von Ruischenberg [Reuschenberg; BW] den Französischen mit continuierlichen Mußquetaten ernstlich begegnet / daß also die Französische endtlich von dem Bayrischen / wie auch Gelenischen im Dorff fechtenden Fueßvolck / vnnd etlichen Esquadronen Reutern / mit grossem ihrem der Französischen verlurst zuruck geschlagen: aber darüber der FeldtMarschall Freyherr von Mercy / welcher das Volck Ritterlich vnnd eyferig angeführt / Todt geschossen worden / vnnd wiewol hinnach / als beederseyts Caualleria zum treffen kommen / vnd der Feldmarschall Graf von Geleen bey solchem Reutertreffen gefangen in der Französischen gwalt kommen / sie die Französische mit maistenthails Infanteria, vnnd thails Reuterey auffs new in besagtem Dorff Allershaimb angesetzt / seynd sie doch durch den General Zeugmaister von Ruischenberg / welcher ihnen mit dem Bayrischen Fueßvolck vnnd etlich dabey gestandenen Esquadronen Reutern testa gemacht / mit ihrem der Französischen grossen verlurst nochmaln zuruck geschlagen worden.
Das Reutertreffen aber ist inzwischen mit vngleichem success abgeloffen / dann auff der Bayrischen vnnd Geleenischen seyten / ist der rechte Flügel von dem Französischen lincken in die Confusion gebracht / vnd der Feldmarschall Graf von Geleen / wie gemelt / gefangen worden / hingegen aber hat der Bayrischen lincker Flügel / deme der General von der Reuterey Johann Freyherr von Wörth [Werth; BW] commandirt, den Französischen rechten Flügel völlig in die Flucht geschlagen / zugleich das noch restierende Französische Fueßvolck in Confusion gebracht / vnnd darunder vil schaden gethon / Also daß die Französische Armada ausser ihres lincken Flügels in völliger Flucht vnnd Confusion: Von den Bayrischen aber / noch der lincke Flügel / sambt der ganzen Infanteria in Ordnung: auch es an deme gewest / daß der Französischen Armada lincker Flügel ebenmessig geschlagen / vnd dardurch selbige Armada sambt ihren conjungirten were ruiniert worden / wann es nicht die zu bald eingefallene Nacht verhindert hette / welche den Französischen zeit vnnd lufft geben / daß sie in der Nacht die zersträten guten thails wider versamblen könden. Seynd derowegen die Bayrische selbige Nacht auff der Wahlstatt stehn bliben / solches den Französischen sowol durch loßbrennung ihrer der Bayrischen selbst / als thails der Französischen eroberten Stucken zuuerstehn geben / zugleich ihre Wachten den Französischen vnder die Augen gestelt. Demnach sich aber in solcher Nacht die maiste Bayrische Artigleriaknecht mit den Pferdten verritten / thails in dem beym Tag vorgegangnem treffen / sonderlich / was bey ihrem rechten Reuterflügel gestanden / Todt geschossen worden / vnnd welches das vornembste geweßt / ihnen den Bayrischen wenig Monition vbergebliben / weil sie in besagtem Treffen ein vnglaubliches verschossen / thails Monition aber / welche bey erst besagtem ihrem rechten Reuterflügel geweßt / in selbiger Confusion verlohren gangen / haben sie die Bayrische sich resoluirt, den darauff gefolgten 4. Augusti auff Thonawörth[61] zugehen / damit sie allda die nothwendige Monition vnnd andere requisiten an sich ziehen könden / allermassen solches in guter ordre in Bataglia geschehen / vnnd sie 14. Stuck / darunder 3. eroberte Französische geweßt / mit sich genommen / die vbrige Französische Artigleria vnnd Stuck / welche sie mehrern thail erobert gehabt / wie auch thails der ihrigen selbst / haben sie auß angeregter vrsach der verrittenen Artigleria Pferdt nicht alle bespannen bespannen / sonder stehn lassen müssen / die Französische Armada ist / nach deme sie sich möglichist colligirt, gegen der S[t]att Nördlingen[62] gangen / welche Statt vnderm Prætext einer angenomenen neutralitet ihnen mit aufnem- vnd Curirung der häuffigen geschädigten / (die sonst der Französischen Officier selbst bekennen nach mehrenthail crepirn, vnd zugrund gehen müssen) hergebung Proviant / vnnd in ander weg alle assistentz gethan / auch der Französischen Armada zugelassen / daß sie vnder ihrem Canon logiren könden / ausser dessen / vnd wann die Statt Nördling sich nit so vnzeitig accomodirt, hette die Französische damaln von dem fürgangnen treffen vbel zugerichte Armada sich nechster Tagen mehren thails consumirn müssen / vnd den Bayrischen / welche sich zu Thonauwörth mit Monition versehen / vnnd in etlich Tagen wider ganz außgerüst / in mainung vnnd deß verlangens vnverlengt wider auff die Französische Armada zugehen / weiter nit resistirn könden.
Bey disem vorgangen scharpffen Haupttreffen / ist der französischen Armada Fußvolck mehrernthails zugrund gangen / vnd nidergehaut worden / vnnd würdet die zahl der Todten ihrer seyts wenigst auff 6000. Mann geschetzt / ohne ihre habende häufftige geschädigte / darvon noch täglich vil sterben / in specie seynd vnder der Französischen Armada Todten / sovil man dermal in gewise erfahrung brongen könden / von der Französischen Nation zween Feldmarschall / darunder der Marquis de Borri, zween General Maior, Item der Marquis de Pisani, deß Duca di Anguien [d’Enghien; BW] assistentz Rath / Gubernator de Chatteleu [Castelnau; BW], mehrernthails Obriste deß Französischen Fußvolcks / auch thails von der Französischen Reuterey / vnnd gar vil Obriste Leutenant / Obrist Wachtmaister / Rittmaister / Haubtleut / vnd dergleichen Officier, Insonderheit ist vnder den Französischen Auenturirn, wie man nachricht hat / eine nit geringe anzahl / vnd darunder vil vornemme Leut / Todt gebliben / so ist auch von den Weinmarischen vnd Hessischen Todt / der General Maior Graf von Witgenstein [Sayn-Wittgenstein; BW] / Obrist Truchseß [von Wetzhausen; BW] / Obrist Schwerdt [Sweerts; BW] / Obrist Fabri, Obrist Leutenant Saurzapff [Sauerzapf; BW] / Obrist Leutenant Hailmann / vnd mehr andere Obrist Leutenant / Obrist Wachtmaister / Rittmaister / vnd Haubtleut. Vil hohe Officier, vnder den Französischen / Weinmarischen / vnd Hessischen seynd geschädigt worden / darunder General Marzin [Marsin; BW], Feldmarschall Marchese de Castel nouo [Castelnau; BW], General Maior Lamossè [L’Amoussay; BW], Obrist Lamperti, Obrist vnd General Commissarius Trasi [Tracy; BW], Obrist Fleckenstain [Friedrich Wolfgang v. Fleckenstein; BW] / etliche Obrist Leutenant / vnd vil andere Officier. In gleichem seynd der gefangenen hohen Officirer, nit wenig / darunder der vornembst ist der Französisch General Leutenant vnd Mareschal de France Monsieur Grandmont [Gramont; BW]. An der Bagagi hat die Französische Armada auch vil schaden gelitten deren thails von den Bayrischen erobert / thails von dem Französischen Volck selbst geplündert worden. Auff Seyten der Bayrischen Armada vnnd deß Geleenischen succurs seynd bey 1000. Mann todt gebliben / vnd verlohren gangen / darunder das Royerische Regiment zu Fueß / welches den Posto auff einem Berg negst dem Bayrischen rechten Flügel gehabt / von den Franzosen vnder wehrender Schlacht mit grossem gwalt attacquirt, vnd nach dapfferm widerstand mehrern thails nidergehaut: Von dem Gilli de Hasischen [Haes; BW] Regiment aber in die 300. Mann auff einem Kirchhoff / allda sie sich wol gewört / vbergwältigt : vnd mehrern thail gefangen worden / Von ermelter Bayrischen Armada vnnd dem Geleenischen succurs, hat von hohen Officiern, so todt gebliben wäre / ausser etlichen Rittmaister / Hauptleut / vnd dergleichen Officier fast niemand das Vnglück getroffen / als wie hiebevor angedeut / den Feldmarschall Freyherr von Mercy / welcher bald anfangs im Dorf Allershaim todt gebliben. So ist auff ihrer Seyten gefangen worden / von dem Geleenischen Succurs / als der Herzog [Philipp Ludwig; BW] von Holstain / vnd Obrist Hillen [Hiller; BW] / von den Bayrischen / der Obrist Royer / Obrist Coob [Christoph Cobb; BW] / vnd Obrist Stahl [Johann v. Stahl; BW] / der Royerische Obrist Leutenant Geißler / der Geylingische [Gayling; BW] Obrist Wachtmaister Fabri, etliche Rittmaister vnd Hauptleut. An Fendlen vnnd Corneten hat die Französisch Armada / sambt deren coniungirten in die 70. die Bayrische aber in allem 15. darunder 8. Fändel vnnd 7. Cornet verlohren. Dises ist nun der Hauptsächlich vnpartheyische Verlauff / solchen fürgangnen Treffens / der Allmächtig verleyhe anstatt dergleichen Christlichen Blutvergiessens / nunmehr einest den lieben Friden“.
Der Habsburg-Anhänger und Historiograph Wassenberg berichtet in seinem 1647 wieder aufgelegten „Florus“ über die Schlacht bei Alerheim: „Vnterdessen dieses in Catalonien vnd Lothringen vorgangen / haben die conjungirte Frantzösisch-Hessischen vnd Chur-Beyerische einander keine seiden gesponnen / dann nach Eroberung Wimpffen[63] / (davon wir droben gesagt:) durch den Marschall Grammont mit dem Vortrab beschehen / haben die Confœderirten Armeen daselbst eine Brücke über den Neckar geschlagen / sind am folgenden Tag über das Wasser nach der Tauber gegangen / vnd sich vieler Oerter bemächtiget / weiln sich keine Garn. im gantzen Lande zur gegenwähr gesetzt als zu Rotenburg[64] / welches doch in einer Nacht übergieng / mit 200 Mann / so dienste genommen. Den tag zuvor / ehe die Confederirten Armeen ankommen / bekam der H. G. L. Königmarck Zeitung / daß sich die Chur-Säxische sehr stärckten / weßwegen er seinen Abschied genommen / vnd noch selben Tags gegen Thüringen abgangen. Die Chur-Beyerischen giengen inmittelst ihrem Feind stets an der Seiten her / kamen nach Schwäbischen Hall[65] / von dar auff Krelsheim[66] vnd Feuchtwangen[67] / an welchem Ort vnterschiedliche Scharmützel zwischen der Reuterey vorgangen / worbey vnter den Frantzosen vnd Hessen beschlossen / die Chur-Beyerischen entweder zu einer Feldschlacht zu bringen / oder biß an die Donaw zu treiben / vnd alsdann auff Heilbrunn[68] zu gehen. Zu welchem Ende die Confœderirten sich rectà gegen Dünckelspiel[69] gezogen / welchen Ort sie zwar stracks anzugreiffen vermeinten / weiln man aber Kundschafft bekam / daß die Chur-Beyerische die gantze Nacht fortgiengen / eine Stund Wegs von dar / liesse man den Troß stehen vnd zog ihnen entgegen. Kurtz hierauff kriegten beyde Theil einander ins Gesichte / vnd wurden die Confœderirten gewahr / daß sich die Chur-Beyerische gar vortheilhafftig gestellt / nemblich an einen Moraß mit Weyern verwahrt / die von einem Flügel biß zum andern reichten / also daß nur ein einiger Durchgang war / ihnen beyzukommen / worüber man einen gantzen Tag zugebracht / vnd in 2. biß 300. Mann beyderseits durch den Canon erlegt worden. Weil nun die Chur-Beyerische an diesem Ort zu keinem schlagen zu bringen / nahmen die Confœderirten ihren Weg auff Nördlingen[70] / die Beyerischen aber auff Donawerth / da inmittelst Bericht einkommen / die Chur-Beyerischen giengen nur anderthalb Stund von denen Confœderirten / wie man dann auch befunden / daß sie sich disseits deß Flusses Wernitz gestellet / weßwegen Duc de Anguin [Condé; BW] die gantze Armee in Eil fort zu rucken ermahnete / vnd allda in einem flachen Feld in Ordnung gestellt würde. Der Frantzosen Schlachtordnung ward also formirt / der Marschall de Grammont führete den gantzen rechten Flügel / in welchem die völlige Frantzösische Reutterey. Der Marschall de Touraine [Turenne; BW] den gantzen lincken / bey welchen die gantze Teutsche Reutterey. Das gesampte Fußvolck (so zwischen beyden Flügeln stunde) ward vom Herrn von Bellenave / von Marsin vnd Casteleau [Castelnau; BW] commandirt. Der Hessische General Herr Geyß [Johann v. Geyso; BW] / vnd Herr Obrister Oehm [Ehm; BW] / führeten die gantze zweyte Ordnung / welche bestund in Hessen vnd 2. Turainischen Regim. als ein Reserve hinder dem lincken Flügel. Mons. de Chabot führete den Hinderhalt / der Marquis de Monsaye aber beneben dem Duc de Anguin ritten vmbher / vnd gaben Ordre / wo es schiene Noth seyn. In Vorgang dessen legten sich die Chur-Beyerische auff eine Höhe / daran nicht leicht zu kommen / hatten auch noch einen andern Berg vnd Felsen zur rechten Hand / sehr hoch vnd schwerlich zu ersteigen / auff welchen sie Fußvolck gelegt / daselbsten sie angefangen sich zu verschantzen. Etwas herabwarts lag das Dorf Allerheim / vnd gerad gen der Seiten das Schloß gleichen Namens / so die Chur-Beyerischen mit Fußvolck besetzt. Darauff ließ der Duc de Anguin das Dorff mit der Frantzösischen Infanterie angreiffen / welches bey einer halbẽ Stund canonirt / vnd darauff zwischen den Fußvölckern so hart gegeneinander getroffen worden / daß neben vielen andern der Chur-Beyerische Herr General Feld-Marschall Freyherr von Mercy ein treflich berühmter vnd wolversuchter Soldat / allda todt geblieben.[71] Nach dem nun das Dorff in Brand gerathen / muste das Fußvolck weichen in die Kirchen / vnd 2. Adeliche von Stein erbawte Hauser / darauß ein grosser Widerstand geschehen / massen daselbst der Herr von Marsin / Herr von Casteleau / Marggraff von Monßloye vnd Herr von Bellenave verwundet worden. Vnter dessen giengen die Chur-Beyerische auff der Frantzosen lincken Flügel / mit Reutterey vnd Fußvolck / denen der Duc de Anguin mit Curassirern vnd Fußvolck begegnete / vnd sie wider zurück triebe / allda im ein Pferd erschossen / vnd er selbst in den Oberschenkel verwund ward / darauß etwas vnordnung entstunde / in welcher occassion der Marschall de Grammont gleichsfalls einen Schuß auf den Helm empfangẽ. Solchem nach begab sich der Duc de Anguin zur lincken / da dann noch ein Pferd im vorüber reiten vnter im erschossen worden / worauff die Beyerischen mit der Reuterey vnd Fußvolck einen gewaltigen Angriff gethan / also dz nach einẽ grossen Widerstand das Frantzös. Fußvolck vnd Cürassirer auß dem Dorff getrieben wurden / allda Mr. de la Rabastelerie / Leutn. vnter den Anguinischen Cürassirern / Mr. de Montaret / Obr. Leut. de Conty / Obr. Leut. de Montausier / vnd andere hohe Officirer mehr geblieben. Mr. de Beufalmy / so die Mazarinischen Welschen geführt / wurd verwund vnd gefangen / in dem er sein Gebühr wol gethan. Gremonville vnd Morses Gen. Maj. Leut. blieben auch tod / vnd eben zur Stund gieng die Beyerische Reutterey auff die Frantzös. welche der Marschall de Grammont vnd Mr. Arnoult führeten / da die erste Ordnung der Frantzos. getrennt wurde. In dem nun Mr. De Grammont sich wider zu stellen Platz suchte / hat er mit der zweyten Ordnung auch ansetzen lassen / wurden aber ebenmessig getrennt / vnd er gefangen / vnd beneben ihm der Marquis de Chastre: Mr. de Lyruy Feld-Marschall deß Anguinischen Regim. blieb auch tod / der Marschall de Pienne Feldm. deß Mazarinischen Regim. verwundt / der Obr. Chambre tod. Mons. de Islebonne deß Duc de Elbeuf Sohn / vnd Rittmeister vnter dem Mazarin hat im ersten Treffen sich wol gehalten / vnd empfieng 2 Pistol-Schüsse / doch ohne Lebens Gefahr: der Marquis Pisany tod / der Vicomte de Aubeterre grefangen / Obr. Truchseß [v. Wetzhausen; BW] vnd Sourzat Obr. Leutn. die der Marschall de Grammont mit ihren Reg. hatte befohlen anzuziehen / die Reutterey zu beschützen / wie auch deß Faberts / seynd alle tod geblieben. Der Chevalier de Chabot kam mitlerweilen an mit seinem grossen Hauffen Reserve / vnd hielte die Beyerischen lang auff / weiln aber die Reutterey sich hinter ihm nit wider gestellt / nach dem er alle Möglichkeit gethan / ward er endlich auch getrent / Mr. de Baron de Poty / Obr. Leut. deß New-Ros. Regim. verwundt / Mons. Lamberti / Obr. Leut. vnterm Fußvolck gefangen. Vnter dessen drungen die Chur-Beyerischen weit ins flache Feld / auff der Confœderirten Bagage / weil der gantze Flügel zertrennt war / wurden doch von deß Marquis Regim. so bey dem Troß gestanden / abgetrieben. Hingegen hat der Marschall de Touraine mit seiner ersten Ordnung der Beyerischen rechten Flügel durchbrochen / darauff der Hertzog von Anguin mit der zweyten Ordnung angezogen / da sich die Hauffen von der ersten Ordnung wider gesamlet. Als nun der Duc vnd Marschall de Touraine zugleich vnd auff einmal auff die Beyerische gegangen / vnd alsobald etliche hauffen getrennet / haben sich etliche vor / etliche nach / widerumb gestellt / nach dem jeder 4. oder 5. mal angesetzt / da dem Duc de Anguin sein Pferd getroffen / vnd er selbst von einer Pistol-Kugel am Arm verwundt worden. Inzwischen liessen die Beyerisch. ihren lincken Flügel / wie auch den grossen Hauffen deß Hinderhalts herbey kommen / weßwegen auch die gantze Hessische Armee herbey / vnd die reutterey ins gesampt in gleicher Ordnung neben einander / den letzten Gewalt zu versuchen / da dann das Treffen erst recht angangen / beyderseits mit so grimmigem Ernst / biß endlich die Chur-Beyerischen Reichs-Völcker getrennet vnd flüchtig worden. Weilen aber in ermeldtem Dorff noch etlich Beyerisch Fußvolck vnd Reutterey / so der Frantzosen rechten Flügel geschlagen / vnd die Nacht mit Gewalt eingebrochen / hat man sich auff der Confœderirten Seiten gleichfalls zusammen gezogen / vnd das Beyerische Fußvolck / 1. Regim. auff dem Kirchhof gefangen / auch 12. Stück Geschütz sampt der Munition / vnd 40. Fahnen / etc. erhalten. Hierbey ward gefangen / Herr Graff von Geleen / Keyserl. Succurs General, Herr General Freyherr von Mercy tod. Der Hertzog [Philipp Ludwig; BW] von Hollstein / Obr. Royer / [Christoph; BW] Kolb vnd Hüller [Hiller; BW] / gefangen / Obr. Pucher [Puech; BW] tod blieben / neben viel Obristen / Obr. Leut. vnd Hauptleute / 3. in 4000. gemeine Knechte todt; 1500. biß in 2000. gefangen / auff Beyerischen Seiten. Frantzösischen Theils seynd ebenen falls in 3000. Mann / beneben vielen Officirern vmbkommen / auch eine grosse Menge verwundet worden.
Auf so hitzige Action / ward der Teutschen Retterey ein sonderlicher Ruhm ihres erwiesenen Valors zugeschrieben / vnd bevorab neben dem Duc de Anguin / vnnd Marschall de Tauraine / der Herr General Major Geyß [Geyso; BW] / vñ Junge Landgraff [Ernst von Hessen-Rheinfels-Rotenburg; BW] / als Obr. Leut. vnterm Obr. Schwert [Sweerts; BW] / so geblieben / gepriesen daß sie ihr eusserstes gethan; vnnd könne man den Hessischen ins gemein ihre ehre nicht nehmen / weil sie ein grosses verrichtet haben. Der Herr Graff von Witgenstein [Sayn-Wittgenstein; BW] wurde gleich anfangs mit einem Stück getroffen / darob er tod geblieben / Herr Obr. [Friedrich Wolfgang v.; BW] Fleckenstein an einem Arm verwundt. Herr Obr. Rußwurm / Herr Obr. Oehm [Ehm; BW] / welcher bey den Hessischen gefochten / der Obr. Leutn. deß Tupadelischen Regiments / vnd in Summa alle / so die Teutsche Regimenter geführt / nemblich Nichius / Berchen / deß Chanoffskyschen [Chanovský; BW] Reg. Obr. Leut. so verwundet / haben das Lob / daß sie sich tapffer gehalten. Mr. Trahi [Tracy; BW] ist zweymal verwundt worden / in dem er sein Reg. angeführt. Mr. de Tourville verwundt / Ma. de Meilles / de Bocquet / de Fors / de Canisy / vnnd de Grammont General Major bey Duc de Anguin haben sich alle woll gebrauchen lassen. Mr. De Allegre / de Cherisy / de Villemontee vnd Fombert / welche das Persanische / Anguinische / Mazarinische Regim. geführt / wie auch Haute / vnnd andere mehr verwundt / wie dann in gleichem der Marquis de Bourry [Borri; BW] / so die Frantzösische Reutterey geführt / tod geblieben. Den Chur-Bäyerischen hat der Herr Mar. de Tauraine mit 1000. Pferden nachgesetzt / vnd ein Schloß / Henneberg[72] genannt / anderthalb Stunden von dar eingenommen. Die Chur-Bäyrischen aber haben sich in selbiger Nacht zusammen gezogen / vnnd weil sie sich auß Mangel Munition nicht mehr praesentiren können / ihren Weg auff Donawerth zu genommen / auff dem Schellenberg allda sich wider gesetzt / vnnd auß Bäyern verstärckt. Die Confœderirten Armeen hingegen haben sich gegen Nördlingen gewendt / selbige Statt mit Accord eingenommen“.[73]
In Wilhelm von Westphalens Schreiben an Piccolomini vom 2.2.1646 hieß es, dass der kaiserliche Kommandant von Lemgo, Philipp Ludwig Fürst zu Holstein, „300 vollmundirte dannische Reuter“ mitgebracht habe.[74]
Das Memorial des Arnsberger[75] Stadtrats vom 2.6.1646 führt aus: „Follgentz ahm 11. May obgedachter Schwedischer Generall, mitt der gantzen Macht zu Roß undt Fuß vor die Statt Paderborn[76] gerückt, undt ebenfalls allsollche Statt, mitt strackem Canoniren undt Fewr-Einwerffen dahin gezwungen, daß selbige ahm 15. May hernach, auff Gnad undt Ungnad sich auch ergeben, undf demnegst mitt heßischen Völlckern besetzt worden. Bey wherender Belagerungh aber gemelter Statt Paderbornn, der Schwedischer Generall Maieur uber die Reutherey, Duglaß [Douglas; BW] genandt, mitt zwölff Regimentern zu Roß, undt noch zwey Regimentern Dragoner, auß dem Lager vor Paderborn loßgebrochenn, undt sowoll auff daß Churfürstliche Schloß und Statt Arnsbergh zu recognosciren, allß auch dem Kayserlichen Hollsteinischen Regiment zu Pferdt (welches theillß alhir in der Statt Arnßbergh beneben Ihro Fürstlichen Durchlaucht Von Hollstein allß Obristen, wie auch die ubrige Compagnien, in den negstenn Stätten, Grevenstein,[77] Altendorff[78] undt Ballue[79] verlegt gewesen) einzufallen undt dieselbe zu ruiniren welches doch durch sonderbhare Schickungh Gottes genedig verhütet undt abgewendet worden, ferner auch die Statt Marspergh, mitt ebenmeßiger feindtlicher Gewaldt angegrieffenn undt innerhalb wenig Tagen nit allein erobert, sondern auch außgeplündert, Thürn undt Maurn ruinirt undt endtlich beynha gantz abgebrandt undt eingeaschert worden. Item alle umbliggende Stette, Brilon,[80] Rüden,[81] Warstein,[82] Hirtzberg[83] undt Bellcke,[84] wie nit weniger die Freyheiten undt Gerichtere von den Schwedischen Völlckern, außgeraubet undt geplundert, viele Menschen tyrannischer Weise todtgeschoßen, gefenghlich weggefhurett, und dergestaldt unchristlich gehauset, daß nit allein dieß gantze Landt, sondern auch alle benachbarte in unsaglichem Forcht undt Schrecken gestanden, zu mhalln dan alle Hoffnungh deß kayserlichenn Succurses, weiln dieselbe Armada, noch weith im Oberlandt zurück gewesen, auch die Schwedische Völlcker im Feldt uberlegen waren, beynha verlhoren gehalten wurde, unter deßen undt vorhin aber ahm 16. tag Monaths May, Morgentz zeittig, zwischen 6 undt 7 Uhren, eztliche starcke Troppen Reuther, gantz obenn auff der Haar in den liechten bäumen sich sehen laßen, daß Schloß undt Statt recognoscirt, auch eine Parthey weiters herunter ins Feldt kommen, undt gar nahe auff den Stattländeren, undt vor der Cloister-Pfortten-Brücken, wie auch auß dem Ollerfeldt beynha ahn die fünffzigh Pferde, vor den Pflügen undt Mistwagen weggeraubet, undt damitt zu dem ubrigen Schwall, welcher zu Oventrop[85] hinterm Norenberge, auff dem Schehe genandt, in Batalie gehalten undt dabey ad – 116 Standarden undt Fhanen gezhellet worden, wider zurück gangen, auch daß Closter Rumbeke[86] gantz außgeplündert, jedoch diese Statt Arnsbergh sambtt dem Churfürstlichen Schloß (welche doch der vorgemeldeter Schwedischer Generall Wrangell nit allein durch verschiedene abgeschickte Trompetter undt Tambouren aufforderen, sondern auch, lauth untengesetzten, ahn Churfürstlichen hern Landtdrosten undt Rhäte abgegangenen Schreibens, die Außschaffungh der Kayserlichen Guarnisoun, gesinnen laßen, durch sonderbhare gnade Gottes, nit allein vor daßmhall, von allsollchem feindtlichen Uberfall bewharet“.
Nach der Beschreibung des Beckermann-Anschlags von 1646 fährt das Memorial fort, daß die ‚Statt Arnsberg (welche doch sonsten durch stetige Guarnisoun Kayßerlicher Völlcker belegt gewesen, undt viele Widderwerttigkeiten, durch den Kriegh außgestanden hatt) von allen feindtlichen Uberzügen undt Plünderungen verschonet geplieben’“.[87]
Ein Chronist aus Höxter erwähnt ihn anlässlich der Belagerung und Eroberung Höxters im Mai 1646: „Anno 1646 ist der fürste [Philipp Ludwig; BW] von Holstein undt der obrist leütenandt Vergell [Fargel; BW] zu roß undt fues mit 600 mann in Huxar gelegen, den 25./15. Maii ist ein Schwedischer generall [Carl Gustav; BW] Wrangel auch Mortan [Mortaigne; BW], Tubal [Taupadel !; BW] mit vielen hohen und niedrigen officirern mit 40 stücken undt viell volckes zu ros undt fus die stadt berennet und dapfer darein geschossen, aber der fürste [Philipp Ludwig; BW] von Holstein war nicht mehr in Hoxar, so hat sich der kayserliche commendant obrist leutenand Vergell mit seinen officirern undt soldaten dapfer gehalten, zehen tage lang. Wie er nuhn gesehen, das er es nit halten könte, weilen grose presse geschossen undt vor dem Steumrigen thor unterminet war, so hat er accodiren müsen, undt is also den 3. Junii ubergeben worden. So ist nuhn die statt Huxar einmahll mit gewahlt zweymahll mit accordt eingenohmen worden“.[88] Bei dem Jesuiten Turck liest sich das so: „Unter diesem derart engagierten und mutigen Führer [Wrangel; BW] wurde Höxter von 26 Geschossen erschüttert, durch zwei Laufgänge unterminiert und durch zahlreiche Explosivgeschosse aus sechs Mörsern an verschiedenen Stellen in Brand geschossen. Johann Vogelius [Fargel; im lateinischen Original Forgelius], Stellvertreter des Stadtkommandanten und Befehlshaber der Schutzgarnison, bot am 12. Tage der Belagerung die Kapitulation an, verbunden mit der Bitte, mit der kompletten Besatzung in voller Bewaffnung und mit Gepäck hinausgehen zu dürfen. Dieses wurde aber hernach verweigert. Lediglich ihm selbst und den höheren Offizieren bis hin zu den Wachtmeistern wurde der Abzug gestattet; 600 Verteidiger, die sich in der Stadt befanden, wurden in den schwedischen Militärdienst überstellt. 6.000 größere Scheffel Getreide. 18 Kriegsmaschinen und die gesamte militärische Ausrüstung wurden daselbst nach Wolfenbüttel[89] gebracht, hernach sind die zum Brückenbau notwendigen Hölzer beim Sieger eingetroffen“.[90]
„Für wie unsicher die Einwohner Holzmindens[91] ihre Lage selbst sechs Jahre nach dem ‚Goslarer Accord’[92] halten mussten, zeigt ein Vorfall aus dem letzten Jahr des Dreißigjährigen Krieges. Noch einmal – immerhin nun zum letzten Mal – riskieren sie, daß eine vorüberziehende Armee der Stadt brutale Gewalt antut. Ganz unversehens werden sie werden sie an eine Aktion erinnert, an der sie zwei Jahre zuvor, sogar unter Waffen, mitgewirkt hatten.
Im Juli 1646 regierte Caspar Lampe als Bürgermeister die Stadt, als ‚Zweiter’ stand Hans Helling neben ihm. Der junge Lampe war uns als Schütze aus verletzter Familienehre begegnet, später als Bauschreiber, Notar und Stadtschreiber. 1648 nennt er sich einen ‚alten, abgelebten Mann’, bleibt aber noch jahrelang, mindestens bis 1654, Bürgermeister.
Auch 1646 streiften immer noch Trupps von kaiserlichen Soldaten durch das wolfenbüttelsche Gebiet östlich der Weser. Dabei kam es im Amt Forst[93] am 8. Juli 1646 zu einer ‚rencontre’, einer kriegerischen Begegnung zwischen, zwischen Soldaten des Regiments eines Herzogs von Holstein mit schwedischen Reitern. Die Kaiserlichen kommandierte ein Kapitänleutnant (später Rittmeister) Ludwig Oldenburg (oder ‚Ohlenburg’). Die wohl kleine schwedische Truppe[94] unter dem Kommando eines Kornetts ritt durchs Land, um die ‚Schwedenkontribution’ einzusammeln. Oldenburg hatte es offenbar auf die schwedische Kasse abgesehen; vielleicht war Verrat im Spiel. Es gelang ihm auch zunächst, die Schweden zu überwältigen.
Der aktuelle Amtsverwalter zu Forst, Conrad Wettberger, sah und nutzte nun die Gelegenheit, durch Eilboten an die Nachbarn Alarm zu schlagen. Er wird Sorge getragen haben, daß die Schweden eine verlorene Kontribution von neuem einfordern könnten. Vielleicht nicht jeder der Beteiligten, doch zumindest er muß die Soldaten des Kaisers für ‚eine herrenlose streifende Parthey’, also für Räuber gehalten haben. Deren gab es zur Genüge; sie hatten sich längst zur Landplage entwickelt.
Des Amtmanns Ruf nach Hilfe hatte den ungut-guten Erfolg, daß sich bevernsche[95] Bauern bewaffneten und nach Forst eilten. In Holzminden ließ Caspar Lampe in aller Eile die Kirchenglocken läuten, und tatsächlich ergriffen eine Reihe von Holzmindenern die Waffen. Der bürgerlich-bäuerlichen Hilfstruppe muß man einigen Respekt zollen: Denn sie schaffte es zunächst, die Truppe um Oldenburg gefangen zu nehmen und nach Forst zu führen. Dabei wird diesen Soldaten auch das erbeutete Geld wieder abgenommen worden sein. Das kommt schließlich Holzminden noch teuer zu stehen.
Die Holzmindener oder ihr Oberhaupt, Caspar Lampe, unterließen es anscheinend, in Forst mitzuteilen, dass ihnen, zumindest dem Bürgermeister, der gefangene Offizier eigentlich bekannt war. So wurde nun dieser Mann als Schnapphahn behandelt, fühlte sich aber zu Recht als Soldat einer kriegführenden Armee auf zulässigem Beutezuge. Aber etwas anderes kam noch hinzu und machte die Sache viel schlimmer. Erst die Verknüpfung mit einer sehr alten geschichtlichen Nachricht im ‚Holzmindischen Wochenblatt’ von 1789 macht das deutlich. Nur dort ist überliefert, daß der Holzmindener Rat noch einen Schutzbrief (‚Salva Guardia’) vom 2. April 1646 besaß. Das Datum liegt wenige Wochen vor der ‚rencontre’ bei Forst. Und diesen Schutzbrief hatte der Herzog Philipp Ludwig in seinem Hauptquartier in Höxter[96] der Stadt Holzminden ausgestellt: der Kommandeur der Leute um Oldenburg !
Die Bewachung der Gefangenen in Forst war vermutlich unzureichend. Vielleicht auch hatten sie den Bewachern ihre Identität drohend dargelegt. Es heißt jedenfalls, daß sie ‚entrinnen’ konnten. [ – ] Es kann sein, daß Oldenburg schon bald nach diesem ‚Entrinnen’ der Stadt Holzminden mit Rache gedroht und hohe Geldforderungen gestellt hat. Auf solche Forderungen hätte die Bürgerschaft sich ‚eingelassen’, dabei zu handeln versucht (‚in etwas deliberiret’) und sich schließlich auf ein ‚Erträgliches’ geeinigt. – So sind Andeutungen in einer Klage beim Herzog zu verstehen, mit der sich im Februar 1648 Bürgermeister Lampe gegen Teile seiner Gemeinde wehrte. Unzufriedene, ‚aufsässige’ Bürger beschuldigten ihn, ‚bey der Gemeine als ein Schelm [!] gehandelt’ zu haben. Sie meinten damit den Moment, als er seine Bürger zum bewaffneten Einsatz nach Forst schickte. Die Gruppe unzufriedener Bürger hatte ihn aufgefordert, aus dem ‚Ratsstuhl’ zu weichen, was er in seiner Klage als Aufwiegelung gegen die ordnungsgemäße Autorität des Bürgermeisters bezeichnet.
Ganz im Sinne zeitgemäßer Autoritätsvorstellungen hatte Herzog August den Bürgern bei Strafe verboten, sich nochmals eines solchen Angriffs zu unterstehen. Die Bürger dürften höchstens auf dem allgemeinen Klagewege – über Justizkanzlei oder Hofgericht – vorgehen“.[97]
„Nach der Eroberung von Höxter hielt sich der Herzog Philipp Ludwig von Holstein mit seiner Gemahlin an verschiedenen Orten auf, während die Söhne der letzteren, seit 1644 auch der dritte, erst in Marburg,[98] später in Gießen[99] zusammen mit ihren Darmstädter Vettern erzogen wurden. Am 13. August 1646 aber starb zunächst der jüngste, Ludwig Christian, an den Blattern, und zwei Monate später folgte ihm Hermann Otto. Der älteste, Simon Philipp, wurde deshalb nach Darmstadt[100] gebracht. Seine Mutter wünschte ihn aber aus mancherlei Gründen vom Hofe des Landgrafen zu entfernen, und auch der Graf von Leiningen bat den letzteren darum, ihn nach Detmold[101] zu schicken, damit er hier die Huldigung einnehmen und dann auf Reisen gehen könnte.
Da aber der Landgraf sich allen Bitten und Bemühungen widersetzte, führte Katharina eine Zusammenkunft mit ihrem Sohne in Frankfurt[102] herbei, lockte ihn hier in das Haus der Gräfin Holzapfel (Melander) und ließ ihn von dort entführen. Nachdem er sich eine Zeitlang bei seiner Mutter in Köln[103] und Hamm[104] aufgehalten hatte, wurde er auf Wunsch des Grafen von Leiningen zu Ende des Jahres 1647 nach Detmold geholt, wo er während des Winters blieb. Die Entführung war wohl hauptsächlich deswegen geschehen, weil Katharina die Verlobung ihres 16jährigen Sohnes mit der 8jährigen Tochter des Grafen Holzapfel mit deren Mutter verabredet hatte und eine Verbindung mit der Tochter des Landgrafen hindern wollte. Nicht nur die Verlobung, sondern auch die Ehepakten kamen im folgenden Jahre wirklich zustande, natürlich mit der Bedingung, daß die Heirat erst später stattfinden sollte. Simon Philipp studierte nun ein Jahr lang in Leyden und begab sich dann auf Reisen nach Frankreich, der Schweiz und Italien, wo er sich einige Zeit in Florenz aufhielt und als vorzüglicher Reiter Bewunderung erregte. Von einem kurzen Aufenthalt in Rom zurückkehrt, wurde er von einem heftigen Fieber befallen und starb in Florenz am 9. Juni 1650. Zum großen Unglück für das gräfliche Haus hatte er ein Testament hinterlassen, in welchem er seiner Mutter alle seine Allodialgüter und eine bare Summe von 30 000 Tlrn. vermacht hatte. Die Herzogin Katharina war schon im November 1649 in Köln gestorben; da aber für ihre Tochter aus zweiter Ehe von deren Vater und später von ihrem Gemahl, dem Grafen Sinzendorf, Ansprüche auf diese wegen Unmündigkeit des Testators bestrittene Erbschaft erhoben wurden, so entstand ein langwieriger Prozeß, der dem gräflichen Hause ungeheure Kosten verursachte.
– – In den Beschwerden der Landstände des Herzogtums Westfalen wegen einer abermaligen Belegung mit Kontributionen heißt es unter anderem: „Alsdan auch Ihre Churfurstliche Durchlaucht schon vorhin underthanigst berichtet worden, wie übel Ihre Furstliche Gnaden, der hertzog von Holstein, und desen underhabende reuterey und 26 compagnien starck jüngsthin alhie im Saurlandt fast an die 8 tage lang gehauset, die arme leuthe gepresset, unterm schein der erforderte proviant ein kirspell hie, ein ander dorff da uff gelt geschätzet, nit deweiniger aber die underthanen ausgezehret, beraubet, kirchen und clausen uffgeschlagen, geplundert, heuser ruinirt und sonsten sölche violentien geübt, das dergleichen fast hie im landt weder von freunden noch feinden nit erhört ist. Und gleichwoll man denselben noch wie vor contribuiren soll, also das auch obwohlen ihre Furstliche Gnaden, der hertzog von Holstein, novo quodam et inaudito exemplo jüngster tagen hiesigem Ihrer Churfurstlichen Durchlaucht adelichem landtsassen Hans Wolff de Wrede zu Reigern der contribution wegen (wie wir noch zur Zeit nicht anders wissen noch erfahren können) alle seine pferde executiren und nacher Hamm führen lassen. Dergleichen exorbitantz dan besörglich mehr practisirt und verübt werden möchten, so stunde deswegen bey hochstgedachter Ihrer Churfurstlichen Durchlaucht underthenigst instantz zu thuen, das sölcher schade nit allein den armen leuthen zu gutem kommen, sondern auch hiernegst verheutet, auch die exorbitanten dafür angesehen werden möchten“.[105] Nach einem zeitgenössischen Bericht, den der Hildesheimer Arzt Dr. Jordan mitteilt, hat Philipp Ludwig an den Kämpfen um Geseke[106] teilgenommen: „Relatio von der Belagerung der Stadt Geseke[107] durch Hanß Voget, Bürgern in Lipstadt[108] advertirt:
‚Dem 3. hujus kam der heßische Gral-Lieutenandt Johann Giese [Geyso; BW] anhero, logirte sich zue Erwiete[109] vnnd Cold. (?) Inmittelst Gen. Lamboy in die Seßerbörde[110] ankomen, hat sich H Gen. Giese mit seiner Armee, außbescheiden 4 Compaign. Pferde, so alhie einquartiert, in Geseke gelegt, darauf Gral. Lamboy dafür gerückt, selbe belagert, vnnd mit heftigen Canoniren vnnd Granaten à 500 Pfund schwer hart bedacht, und den 17. die Belagerung quitirt. Zu werender Belagerung sein vnsere Reuter à 8 Compagn. von hierauß geritten, Geseke mit Pulver proviandtirt, folgents sein 6 Compagn. Pferd auß dem Stift Münster vnnd 4 Compagn aus Heßen, darunter H Landtgraf Ernst [v. Hessen-Rheinfels-Rotenburg; BW] alhie ankomen.
Dieselbe den 14. hujus hierauß geritten, damit der Reuterey in Geseke Luft gemacht, vnnd vf den Kayserl. Lager gangen, daßelbe chargirt, vnnd das Fürstl. holsteinische [Philipp Ludwig v. Holstein; BW] Regiment ruinirt, darauf die gantze Kayserl. Reuterey loßgangen, und die Heßischen in confusion gebracht, das von selben 109 Reuter, 2 Rittmeist., 6 Cornet, 4 Coporale vnnd H Landgraf Ernst gefangen, auch etzliche todt blieben. Jedoch sein beinah von den Kayserl. so viel alß von den Heßischen geblieben. Vnter wehrendem Scharmützel haben der heßischen Reuter à 41 Compagn. Geseke verlaßen vnnd hie ankomen, auch inquartiert worden, darauf die kayserl. Geseke gestürmet, vnnd mit Hinterlaßung 500 todten, darunter Obrist Goldacker, Obristwachtmeisters vnnd viel Officirer. Die Belagerung vfgehoben, das also Gen. Lamboy wehrender Belagerung vber 1500 Man, so geplieben, gefangen vnnd verleufen, verlohren. Komen Morgens die Fueßvolker mit Sack vnnd Pack neben aller Reuterey, begeben (sich) vf Lipstadt[111] werden sich in die Quartier begeben. H Gen: Giese vnnd H Gral Commissarius Pugensohn logiren by mir’ Lipstadt den 18. Martii 1648, Haußvogtes, Au. Johan Meierß (Bericht):
‚8. Martii Gesecke belagert.
11. Mit 4. Centn. Pulver mit Verlust 4 Reuter von der Lipstedt versehen früe Morgens.
15. Ist durch Landgraf Ernst aus der Lipstadt Lerm gemacht im Kayserl. Lager, sonderlich uf den Herzog von Holstein. Inmittelst Giese auß Geseke mit der Cavallerie gewichen vnd mit gesambt. Hessischen Cavallerie mit geringen Verlusten der seinigen nach dem Newenhauß[112] ankomen“.[113]
„Die bürgerliche Unzufriedenheit [in Holzminden; BW] wird zum aufwühlenden Schrecken, als im Herbst 1648 – zur Zeit des großen Friedensschlusses – kaiserliche Truppeneinheiten unter dem Befehl des Generalfeldmarschalls Lamboy unmittelbar Holzminden gegenüber im Dorf Stahle[114] ein Lager aufgeschlagen. Zu ihnen gehört das Regiment von Holstein. Der Herzog von Holstein war Vorgesetzter Oldenburgs …
Nach Olxheimbs[115] Bericht lag das Regiment schon von 1643 bis Herbst 1644 und von neuem ab Januar 1645 bis 1646 in Höxter: dies wäre die Zeit des Kommandounternehmens bei Forst. Nach demselben Bericht müssen einige Reiterkompanien desselben Regiments wieder den kaiserlichen Truppen in Höxter zugeordnet worden und bis 1650 dort geblieben sein.
Bürgermeister Caspar Lampe sendet einen Boten über die Weser, um wegen einer ‚Salva Guardia’ für die Stand zu verhandeln. Gleichzeitig ermahnt er ‚die gesambte Bürger zur Standthafftigkeit und bestendig beysamen zu pleiben’ und ‚durchaus nicht zu weichen’. Beruhigend soll er seinen Bürgern erklärt haben, in diesem ‚Holsteinischen handel’ stecke keine ‚Hals-Sache’. Hinterher wird er jedoch beschuldigt, ‚mit den ersten von uns’ nach Bevern ausgewichen zu sein, als das Regiment sein Lager bezog.
Von jenseits der Weser ist zu vernehmen, der damalige Umgang mit dem jetzigen Rittmeister Oldenburg werde im kaiserlichen Lager als höchster angetaner Schimpf betrachtet. Die Einheit oder ihre Führung droht mit Ausplünderung, Raub und Brand und stellt eine unerhört hohe Geldforderung.
Eine Aussage des Holzmindener (General-)Superintendenten Christian Winichius liegt dem Aktenbündel ‚Rat und Gemeine contra C. Lampe’ bei und liefert ein genaues Datum: Am 12. Oktober 1648 wird er nämlich als Seelsorger in das katholische Lager auf der stahlischen Weserseite gerufen und nutzt das seinerseits als Bittgang für die Stadt. Vermutlich ein Kriegsgericht – oder ein einzelner Richter, ein Militärprofoß – hatte dort aus nicht bekannten Gründen einen Menschen zum Tode verurteilt. Das war Nolte Ebbecke aus dem nahegelegenen Merxhausen[116] im Solling, wahrscheinlich ein Protestant. Winichius sollte ihm auf Bitten des Verurteilten das Heilige Abendmahl reichen, was er auch tat. Die Hinrichtung war bereits auf den folgenden Tag festgesetzt.
Der Geistliche berichtet nichts weiter über das Schicksal des Delinquenten. Vielmehr läßt er erkennen, dass er nach seinem seelsorgerischen Tun mit einer Prinzessin von Holstein[117] über die Forderungen ihres Mannes verhandelte. Er vernimmt dabei, dieser sei durch die ‚losen Händel’ in 700 Taler Schaden gekommen und wolle sich partout rächen. Unüberhörbar handelt es sich für die Stadt noch einmal, zehn Tage vor den Unterschriften in Münster[118] und Osnabrück,[119] um eine ‚Brandschatzung’, die Erpressung einer hohen Summe mit dem Druckmittel der militärischen Exekution.
Winichius fleht, bittet, bettelt. Schließlich läßt der Herzog von Holstein mitteilen, man solle ihm doch erst einmal mit 400 Reichstalern ‚an die Hand’ gehen. Widrigenfalls wolle er umgehend einige seiner Soldaten abkommandieren. … ! Angesichts der eindeutigen Verteilung von Macht hat Holzminden letzten Endes gezahlt. Das Geld ist damit gewissermaßen als die letzte ‚Kriegskontribution’ der kleinen Stadt zu bezeichnen. Mit der Zahlung aus Holzminden war auch noch einmal eine ‚Salva Guardia’ verbunden – dies nun ersichtlich ebenfalls die letzte. Ihrem Datum nach schließt sie die Affäre, die sich sehr bedrohlich entwickelt hatte, mit einem ‚Papier’ ab: Feldmarschall Lamboy unterschrieb sie in seinem Hauptquartier – Albaxen[120] ! – am 22. Oktober 1648. (Auch dies wäre uns ohne die Überlieferung im ‚Holzmindischen Wochenblatt’ von 1789 nicht mehr greifbar geworden.) In einer Art Endaufrechnung wurde später die Summe von 1.086 Reichstalern genannt, die Caspar Lampes Ruf zu den Waffen die Bürger gekostet habe. In der Summe stehen 100 Taler für ein überlassenes Pferd und an Ausgaben für zahllose Botengänge – dies ein Beweis für heftiges Verhandeln. Auf juristischem Wege wurde 1651 erreicht, dass die ‚Bevernschen’ mit einem Anteil von 150 Talern den Schaden zu mindern hatten. Trotz der auffälligen Klage – ‚Rat (!) und Gemeine’ gegen den ersten Bürgermeister – verblieb Caspar Lampe, wie gesagt, noch etwa sechs Jahre in seinem Amt“.[121] – –
Der Herzog von Holstein hatte auch nach Abschluß des Friedens sein Regiment in Lippe einquartiert und vollendete durch übermäßige Kontribution und rücksichtslose Exekutionen den Ruin des Landes. Nach seiner Berechnung hatte er noch eine große Summe rückständiger Kontributionen zu fordern, und er hätte am liebsten ‚ein Amt oder Haus‘, wie es die Mitglieder der gräflichen Familie besaßen, dafür übernommen. Als man ihm dies abschlug und ihm nur zu seiner Sicherstellung das Amthaus in Varenholz[122] bis zur Bezahlung der Rückstände einräumen wollte, war er damit nicht zufrieden, weil er dann nach Zahlung derselben ohne Wohnung sein und, ‚wenn der liebe Friede einträte, die Güter sehr teuer würde kaufen müssen, die er jetzt für die Hälfte bekommen könnte‘. Hierzu kamen nach dem Tode seiner Gemahlin auch noch widerwärtige Streitigkeiten um die Begräbniskosten und die Hinterlassenschaft. Schließlich aber wurde festgestellt, daß er schon mehr, als ihm zukam, an Kontribution erhalten hatte, und er mußte sich mit einer kleinen Abfindung begnügen“.[123]
[1] Lemgo [LK Lemgo]; HHSD III, S. 452ff.
[2] Hildesheim; HHSD II, S. 228ff.
[3] SCHLOTTER, Acta, S. 289.
[4] Mauritii Filius.
[5] SCHLOTTER, Acta, S. 327.
[6] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff.
[7] JÜRGENS, Chronik, S. 537f.
[8] SCHLOTTER, Acta, S. 328.
[9] WOLF, Landsberg-Velen, S. 126.
[10] Detmold [LK Detmold]; HHSD III, S. 156ff.
[11] Konrad Witte, Obristleutnant und späterer lippischer Landeshauptmann.
[12] Minden [LK Minden]; HHSD III, S. 517ff.
[13] Lippstadt [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 474f.
[14] STEGMANN, Lippe, S. 134.
[15] STEGMANN, Lippe, S. 137f.
[16] WOLF, Landsberg-Velen, S. 86.
[17] WOLF, Landsberg-Velen, S. 89.
[18] WOLF, Landsberg-Velen, S. 89; Marsberg, Ober- und Nieder- [LK Brilon]; HHSD III, S. 494ff.
[19] Lauenau [Kr. Springe]; HHSD II, S. 283f.
[20] SCHLOTTER, Acta, S. 397.
[21] WOLF, Landsberg-Velen, S. 89.
[22] Einbeck; HHSD II, S. 128ff.
[23] Höxter [LK Höxter]; HHSD III, S. 346ff.
[24] Katlenburg [Kr. Northeim]; HHSD II, S. 263f.
[25] Lindau [Kr. Duderstadt], HHSD II, S. 297f.
[26] Wolfenbüttel; HHSD II, S. 503ff.
[27] Elze [Kr. Alfeld]; HHSD II, S. 133f.
[28] Northeim; HHSD II, S. 353f.
[29] Heiligenstadt [Kreis Eichsfeld]; HHSD IX, S. 186ff.
[30] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 5, S. 160.
[31] Warburg [LK Warburg]; HHSD III, S. 752ff.
[32] Helminghausen, heute Ortsteil von Marsberg [Hochsauerlandkr.].
[33] Westheim, heute Ortsteil von Marsberg [Hochsauerlandkr.].
[34] CONRAD;TESKE, Sterbzeiten, S. 220ff.
[35] Tuttlingen [LK Tuttlingen]; HHSD VI, S. 806f.
[36] Brakel [LK Höxter]; HHSD III, S. 112f.
[37] Höxter [LK Höxter]; HHSD III, S. 346ff.
[38] WOLF, Landsberg-Velen, S. 90.
[39] Sonderborg/Sønderborg, Insel Alsen [Nordschleswig/Sønderjyllands A, Jütland]; HHSDän, S. 189ff.
[40] Flensburg; HHSD I, S. 52ff.
[41] Lippstadt [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 474f.
[42] WOLF, Landsberg-Velen, S. 90.
[43] WASSENBERG, Florus, S. 560.
[44] Warburg [LK Warburg]; HHSD III, S. 752ff.
[45] Paderborn; HHSD III, S. 601ff.
[46] Höxter [LK Höxter]; HHSD III, S. 346ff.
[47] Lemgo [LK Lemgo]; HHSD III, S. 452ff.
[48] Kassel; HHSD IV, S. 252ff.
[49] STROTHMANN, Westfalen, S. 140f.
[50] SCHLOTTER, Acta, S. 423.
[51] WOLF, Landsberg-Velen, S. 90.
[52] Warburg [LK Warburg]; HHSD III, S. 752ff.
[53] Kassel; HHSD IV, S. 252ff.
[54] WOLF, Landsberg-Velen, S. 97.
[55] WOLF, Landsberg-Velen, S. 92.
[56] WOLF, Landsberg-Velen, S. 104.
[57] WOLF, Landsberg-Velen, S. 106.
[58] Alerheim [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 6f.
[59] WASSENBERG, Florus, S. 633.
[60] Begründte Summarische Relation Deß zwischen der Chur=Bayrischen ReichsArmada / vnd dem auß Westphalen beygestossenen Kays. Succurs eines thails: Dann der Königl. Frantzösischen dem Duca di Anguien vndergebnen Armada / bey deren sich auch die Weinmarische vnd Hessische befunden / andern thails / bey dem Dorff Allershaimb im Rieß den 3. Augusti / Anno 1645. fürgangne Haupttreffens. Gedruckt im Jahr 1645 [Stadtbibliothek Ulm Sch 8227].
[61] Donauwörth [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 147ff.
[62] Nördlingen [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 525ff.
[63] [Bad] Wimpfen [LK Heilbronn]; HHSD VI, S. 51f.
[64] Rothenburg o. d. Tauber [LK Ansbach]; HHSD VII, S. 637ff.
[65] Schwäbisch Hall [LK Schwäbisch Hall]; HHSD VI, S. 723ff.
[66] Crailsheim [LK Schwäbisch Hall]; HHSD VI, S. 133f.
[67] Feuchtwangen [LK Feuchtwangen]; HHSD VII, S. 196f.
[68] Heilbronn [Stadtkr.]; HHSD VI, S. 315ff.
[69] Dinkelsbühl [LK Ansbach]; HHSD VII, S. 142ff.
[70] Nördlingen [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 525ff.
[71] Teilweise wird behauptet, er sei von einer Kugel vom Alerheimer Kirchturm getroffen worden; HHSD VII, S. 6.
[72] Möglicherweise eine Verwechslung mit dem Wennenberg.
[73] WASSENBERG, Florus, S. 629ff.
[74] NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 111.
[75] Arnsberg [LK Arnsberg]; HHSD III, S. 28ff.
[76] Paderborn; HHSD III, S. 601ff.
[77] Grevenstein [LK Arnsberg]; HHSD III, S. 267f.
[78] Altendorf [Ennepe-Ruhr-Kreis]; HHSD III, S. 19.
[79] Balve [LK Arnsberg]; HHSD III, S. 51f.
[80] Brilon [LK Brilon]; HHSD III, S. 119f.
[81] Rüthen [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 659f.
[82] Warstein [LK Arnsberg]; HHSD III, S. 756.
[83] Hirschberg [LK Arnsberg]; HHSD III, S. 326f.
[84] Belecke (LK Arnsberg]; HHSD III, S. 59.
[85] Oeventrop [LK Arnsberg]; HHSD III, S. 589.
[86] Rumbeck [LK Arnsberg]; HHSD III, S. 656.
[87] GOSMANN, Arnsberg, S. 85ff.
[88] NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 105.
[89] Wolfenbüttel; HHSD II, S. 503ff.
[90] NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 76f.
[91] Holzminden [LK Holzminden]; HHSD II, S. 240f.
[92] Vgl. dazu REIMANN, Der Goslarer Frieden.
[93] Forst, heute Ortsteil von Bevern [LK Holzminden].
[94] Sehr wahrscheinlich handelte es sich um Soldaten aus dem Korps => Königsmarck [„Miniaturen“].
[95] Bevern [Kr. Holzminden]; HHSD II, S. 46f.
[96] Höxter [LK Höxter]; HHSD III, S. 346ff.
[97] KIECKBUSCH, Von Ackerleuten, S. 309f.
[98] Marburg; HHSD IV, S. 35ff.
[99] Gießen; HHSD IV, S. 172ff.
[100] Darmstadt; HHSD IV, S. 79ff.
[101] Detmold [LK Detmold]; HHSD III, S. 156ff.
[102] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.
[103] Köln; HHSD III, S. 403ff.
[104] Hamm in Westfalen; HHSD III, S. 286ff.
[105] SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, S. 100.
[106] Geseke [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 253f.
[107] Geseke [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 253f.
[108] Lippstadt [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 474f.
[109] Erwitte [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 210f.
[110] Soest [LK Soest]; HHSD III, S. 692ff. Gemeint ist hier natürlich die Soester Börde, und nicht wie angegeben „vermutl. Senner Heide südl. am Teuteburger Wald“ !, wie SCHLOTTER, Acta, S. 487, Anm. 2, annimmt.
[111] Lippstadt [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 474f.
[112] (Schloss) Neuhaus [LK Paderborn]; HHSD III, S. 671f.
[113] SCHLOTTER, Acta, S. 487f.
[114] Stahle, heute Stadtteil von Höxter [LK Höxter].
[115] OLXHEIMB, Leiden, S. 80-95.
[116] Merxhausen, heute Ortsteil von Bad Emstal [LK Kassel].
[117] Katharina, geb. Gräfin zu Waldeck [1612-1649], verwitwete Gräfin zur Lippe.
[118] Münster; HHSD III, S. 537ff.
[119] Osnabrück; HHSD II, S. 364ff.
[120] Albaxen, heute Stadtteil von Höxter [LK Höxter].
[121] KIECKBUSCH, Von Ackerleuten, S. 309ff.
[122] Varenholz [LK Lemgo]; HHSD III, S. 729.
[123] STEGMANN, Lippe, S. 151ff.
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