Schelhammer [Schellhamer, Scheelhauer], Hans Wilhelm

Schelhammer [Schellhamer, Scheelhauer], Hans Wilhelm; Generalwachtmeister [ -1635 Speyer] Schelhammer war ligistischer Hauptmann, Obristleutnant, Kommandant von Einbeck[1] und Hameln[2] bis zur Kapitulation 1633. 1635 wurde er zum Generalwachtmeister befördert.

Der Pfarrer Johannes Cervinus [um 1579 – 1659][3] aus Wetterfeld[4] in Oberhessen hält fest, dass Hauptmann Schelhammer mit einer Kompanie von November 1622 bis zum Mai 1623 in Wetterfeld lag und „viel gekostet“ hat.[5]

Der Hildesheimer[6] Arzt, Ratsherr und Chronist Dr. Jordan notiert in seinem Tagebuch unter dem 5./15.4.1633 über Schelhammers Tätigkeit als Kommandant von Hameln:[7] „Als es die ganze Nacht gerechnet, fallen die Hamelsche das Bremische[8]-Lüneburgische Lager an, worinnen sie an die 20 Piquenirer niederhawen, und gequetschet, und 8 Fahnen bekom̃en. Es hat aber ein Corporal im Nachsetzen einen mit dem Degen durchstochen und eine Fahn wieder abgenom̃en“.[9]

In einer „Copia eines ExtractSchreibens auß Attdendorn[10] vom 8. Junii“ in den „Wochentliche[n] Postzeittungen Nr. 23“[11] vom 13.6.1634 heißt es: „Daß die Statt Hamm[12] also bald den Schwedischen zu theil worden / ist durch anweisung etlicher personen in sein Werck gangen / doch ist durch eröffnung der MellenPforten der meiste theil der Keyserischen darin in Besatzung gelegenen Kriegsvolck saluirt / vnd nicht vber 60. Mann / darunter ein Obr. Leutenant / verloren worden. Die Bürgerschafft ist mehrentheils von den Hessischen außgeplündert worden. Weilen nun die Keyserliche Caualleria dauon ab und nach Warrendorff[13] gangen / ist der Feindt ihnen müthig nachgangen / den Keyserischen allda auffzuwarten. Es hat aber der Baron de Gleen [Geleen;[14] BW] als an Keyserischer seythen wolbestelter General Feldtmarschalcks Leutenant diesen des Feindts schleunigen Marsch zeitlech wargenommen / vnd die Occasion dem Feindt müglichen Abbruch zu thun / nimmermehr auß Händen gehen lassen: Hat also nachdem die Hessische Auantguarde etwas sich zu erfrischen / vnd außzuruhen / schon in die Quartieren begeben / in Gottes Nahmen die hinderste Trouppen mit grosser Tapferkeit angangen / vnd dauon ad 2. Regimenter zu Roß glücklich zertrennet / die Standarten mit ansehentlicher Beuth / vnd vber 100. schön gesattelte Pferdt bekommen.

In deme nun des Feindts Vordere Trouppen in den Quartieren still gelegen / ist ihnen nicht allein durch theils entlauffene Reuter / was sich mit dem Hindertrab zugetragen / sondern auch durch andere Kundtschafft einkommen / was massen ein theil der Keyserischen Armee (so mehrentheils Regimenter / welche vor diesem General Pappenheimb[15] Commandirt gehabt) dem NiderSächsischen Creis sich näheren / vnd dem Fürstenthumb Lünenburg auff den Halß zu kommen / vorhanden seyn sollen / deßwegen dann die Lüneburgische Trouppen / welche in 9. Regimentern bestanden / eylendes auffgebrochen / vnd vber die Weser marschirt / denen zu folgen. / I. Exc. der Freyherr von Gleen dem Obr. Leutenant Schellhammer 3. Regiment wol muntirter vnd außerlesener Caualleria nacher Minden[16] zum Succurs zugeschickt / vmb sich mit etlich anderthalb Tausendt Mußquettirern / so an dem Weserstromb versamblet / zu conjungiren / vnd der Statt Hildesheymb[17] liberation zu periclitiren. Es verhalten sich widerumb in anderthalb Tausend Mann Keyserisch Volcks an den Saurländischen Grenzen / welche hin vnd wider vagiren, vnd ihren Feind suchen thun“.

Dr. Jordan notiert weiter unter dem 19./29.6. und 21.6./1.7.1633: „19. Die Hamelsche fallen in die Hessische tranchiment,[18] und erschlagen darinnen bey die 50 mit Sturm-Keulen,[19] stecken die Wagen in den Brand, vernageln[20] 2 Stück und am dritten stecken sie die Räder in den Brand. 21. Der Commendant in Hamelen fällt nach dem Newethor mit großem Eifer aus, hält die Lüneburgische an die 2 Stund mit chargiren auf, nach genommenen Abwich aber fället er selben Tages nach Osen[21] aus aus, treibt bey die 300 Lüneburgische aus einer newverfertigten Schantz, da dañ aus beyden Lagern dermaßen unter sie gespielet, daß sie zum andernmal wieder abweichen müßen“.[22]

Die anti-kaiserlichen „44. Ordentlichen Wochentlichen Zeitungen 1634“[23] berichten unter dem Titel: „Warhaffte Relation / eines sehr eylenden Postilions / welcher den vermeinten Entsatz der Statt Hildeßheim1 selbsten zugesehen / vnd mehrertheils Begebenheiten Augenscheinlich eingenommen: darauß zu ersehen / wie abermaln durch Gottes Verhängnuß den Ligistischen ein grosser Abbruch beschehen.

Nachdem die drey Feindliche Guarnisonen zur Newstatt an der Leyne[24] / Münden vnd Nyenburg[25] mit ihren Desseing / Hildeßheim zu entsetzen / etliche Wochen nacheinander hinder dem Berg gehalten: haben sie sich endlichen neben zweyen Spanischen Regimentern von Münster[26] den 7. 17. dieses [Juli; BW] vnder deß Obersten Waldeckers [Philipp v. Waldeck; BW] vnd Schellhamers Commando bey 4000. Mann zu Roß vnnd Fuß der Orthen zusammen gezogen / bey gedachtem Newstatt Rendezvous zu halten / vnnd dann solchen Anschlag ins Werck zu setzen. Welches als Herr Commendant General Major Till-Albrecht von Ußlar [Uslar; BW] benebens Herrn General Commissario Erich Anderson [Trana; BW] auß denen der außgeschickten Partheyen wider eyngebrachten Rapporten noch selbigen Tags in Erfahrung bekommen / ist alsobald darüber KriegsRath gehalten vnd geschlossen worden / Hildeßheim deß Nachts nach 12. Vhren mit Sturm anzugreiffen. Darauf hat sich zwar zu solchem Ende auß allen dreyen Lägern das Volck der Statt genähert vnd verdeckt logirt / auch mit denen darzu gehörigen Verordnungen / Materialien vnd Anweissungen also instruirt sich befunden / daß es nur allein an deme / biß die Losung deß Sturms gegeben würde: so kam aber vnversehens ein so grosser vngewöhnlicher Platzregen / davon nicht allein den Knechten das Gewehr naß / sondern auch der Weg dermassen schlüpfferig worden / daß vnmöglich zu hafften / vnd der fürhabende Sturm notwendig eingestellt werden mußte. Als aber folgenden Tags die Partheyen deß Feinds Marsch auff Hildesheim vnd sonst andern einkommende Advisen je mehr vnd mehr vergewissert / auch die Belägerten bey vermercken deß Feinds Ankunfft durch außhencken der Laternen vom Thurn / vnd steiggenden Raggeten colludirten / ließ hierauff alsbaldt Herr General Major Ordre ergehen / auß den sämtlichẽ Lägern in continenti auffzubrechen / sich miteinander nicht ferne vom Stierwaldt[27] zu conjungiren / vnd dem Feind unter Augen zu gehen.

Wie nun mit dem Tag die Vnserigen das nechste Stättlein ein Meil Wegs von Hildeßheim gelegen / Namens Sachsstäten[28] / erreicht hattẽ / hat man deß Feinds Spiel von ferme vermerckt / vnd deßwegen Herr General Major alles Volck in Bataille geordnet / die Stück auff die Höhe zu Hilperbergk gepflanzet / Mußquetierer darzu commandirt / nach gehaltenem Gebett zum Feldgeschrey das Woret JESUS gegeben / vnd dann mit Canonadem gegen dem Feind einen Anfang gemacht. Weiln man aber fast in die drey Stundt gegen einander gehalten / vnd der Feind von seiner Postur sich nicht zu moviren begehrte / ist Herr Major von Schönaich von weisen Regiment mit 400. Mußquetirern commandirt worden / auff den Feindt damit zugehen / vnd neben den commandirten Reutern den Angriff zuthun. In dem aber der Feind etwas näher dem nechsten Dorff Heysede[29] / im Ampt Lawenburg7[30] / zu weichen begundte / vnnd selbiges in Brandt steckete / deren Meynung / durch den Dampff vnd Rauch die poursuite zu difficultiren / avancirte Herr General Major mit dem gross der Armée in voller fronte auff ihn zu / mit ihme den Gang zu thun / wie dann er sich in gleichem vor dem nechstgelegenen Dorff zum Bierbruch[31] stellete. Allein / sein effort vnnd Widerstandt war durch der Vnserigen dapfferes Ansehen / vnd etlichen Chargen nach einander so baldt gedämpffet / daß inner zwo oder drey Stunden man mit ihme fertig worden / da nämlichen benebens Eroberung 4. Newgegossenen Stücken / Munition vnd Pagagi / auch 7. Standarten / auff der Wallstatt in dem Korn und Boscage[32] / vnd sonderlich vff dem Friedhoff in gedachtem Dorf Bierbruch fast die ganze Infanteri sitzen blieben / wie nicht weniger vber 1000. Gefangene nacher Sachsstätte[33] / Callenberg[34] / Pattensen[35] / vnd Hanover[36] eingebracht worden / vnd die wenig vbrigen / einer diesen / der ander einen andern Weg gegen den Waldt / Moraß vnnd Korn gantz zerstrewet / treffen müssen. Deß Feinds Cavalleri ist von den Vnserigen biß auff drey Meil Wegs / vnd gegen den Paß Pinckenburg[37] verfolgt verfolgt / vnd ihnen vff allen Pässen von den Bawern / mit ihnen den Garauß zu spielen / auffgepasst worden: daß also solcher gestalt von den vier Tausendt Mann wenig eschappirt.

Von hohen Officirern seynd etliche Obrist Leutenante / Major / Capitaine / vnd andere / vnter welchen auch Obrister Schel-hammer seyn soll / todt blieben: Obrister Weiler / vnd Obrister Belandt [Bylandt; BW] / deß Obristen Horsten [Horst; BW] Obrist. Leutenant / vnd Major / benebens vielen Rittmeistern vnd Capitainen gefangen worden / vnd noch von Stund zu Stundt mehr eingebracht worden / davon man ehister Tagen mehrere particularien haben wirdt.

Nach dieser erhaltenen herrlichen Victoria hat sich Herr General Major widerum nacher Sachstätte gewendet / vnd nach beschehener Dancksagung mit dem Volck widerumb nach dem Läger vor Hildesheim geeylet: vnd ohngeachtet die Belägerten / inzwischen dieser Niderlag das Läger ganz verbrennet / vnd zum theil der Vnserigen gemachte Werck vnd Lauffgräben geschleifft / vñ gleich gemacht: jedoch in demselbigen gegen Abendt widerumb an den vorigen dreyen Seiten logirt / vnd seynd folgenden Tags den 10. diß / die Vnserigen der vorigen Posten vnd Approchen widerum mächtig worden.

Man ist der gewissen Hoffnung / Hildßheim werde es nun nicht mehr lang machen / wie dann die Intercipirte Schreiben geben / daß sie nur noch auff drey Wochen proviandirt / welche Zeit aber nunmehr fast verloffen“.

Die Hannover’sche Chronik gibt eine sehr umfassende und genauere Darstellung der Ereignisse: „In der 2. Trinitatis-Woche haben sich die Ligistischen aus Minden, Nienburg, Neustadt am Rübenberge und aus anderen Guarnisonen in der Grafschaft Schaumburg bey 2 1/2 Tausend zu Rosse und zu Fuß unter dem Commando des Grafen von Waldeck, Commandanten in Minden, um Hildesheim zu entsetzen versammlet, gehet aber für diesmahl nicht an, darauf die Belagerten zu accordiren angefangen, es war aber ihr Ernst nicht, denn sie noch eines starken Entsatzes sich vermuhtend waren.

Den 8. Julii ist der Commandant aus Minden, der Graf von Waldeck und Schellhamer mit 4000 Mann, Hildesheim zu entsetzen durch die Neustadt über den Osterwald marchiret, und sein um 6 und 7 Uhr Abends im bösen Wetter hinter dem Heynholtz[38] hin nach der Pinkenborg zu gezogen und die Nacht in den Dörfern um den Kronesberg her logiret. Diesen Abend ist noch eine Compagney zu Fuß vom N. Regiment herein gelassen, weil man nicht gewußt, was die Kayserlichen im Sinne mit uns hatten.

Den 9. Julii Morgens mit dem frühesten sein die Ligistischen oder Kayserlichen aufgebrochen, am Kronesberge herunter nach der Hildesheimischen Heerstraße gerade auf Wülfel[39] zu, da sie auch den Krüger erschossen. In Grastorp[40] haben sie Heinrich Stümpels Haus angezündet, und die Windmühle bei Grastorp, welches den Hildesheimischen eine Lose sein sollte ihrer Ankunft, abgebrannt. Von dar sein sie bis Heisede gekommen. Als der Obriste Uslar des Feindes Ankunft vernimmt, quittiret er die Belagerung, begiebt sich in aller Eile nach dem Hülpersberge, nimmt vor des Feindes Ankunft den Vorthel ein, haben sich hinter dem Berge in Schwadronen und Bataglia[41] gestellet und die Stücke an gelegene Oerter auf den Berg gebracht. Der Feind als der nicht gemeinet, daß die unsrigen die Belagerung quitiret und die Armada ganz dar wäre, hat der Feind seine ganze Reuterey heran marschiren lassen und in das Heiseder Feld unter dem Hülpers Berge in 5 Brigaden oder Schwadronen gestellet; das Fußvolk ist nach dem Kreyen-Holze marschiret; inmittzelst haben die unsrigen ihr Gebet gethan und das Volk vermahnet, darauf sie den Anfang gemachet, und mit 3 Stücken, die sie oben auf den Berg gepflanzet, unter des Feindes Reuterey beginnen zu spielen. Der erste Schuß hat etwas Schaden gethan im Troppe, der andere ist zu kurz gefallen und hat sich über den Feind geschlagen. Der 4. Schuß ist in eine ganze Troppe gegangen und großen Schaden darin gethan. Darauf sein von anderen Oertern mehr mit Stücken auf die Reuerey gespielet, und sein auch etzliche Troppen zu Rosse und Fuß auf sie um den Berg hin von beyden Seiten commandiret worden. Der Feind zündet Heisede an, die unsrigen mit dem Rauche zu blenden, es ist aber dermaßen auf sie gespielet, daß sie zurück aus dem Felde nach Heisede weichen müssen und haben die Bagagi, welche noch zwischen Heisede und Gleide[42] gewesen, neben den Jungens und Weibern, auch ihren Stücken, die sie nicht pflanzen können, zurücke gehen lassen. Als die unsrigen gesehen, daß des Feindes Reuterey zu weichen angefangen, haben die Auscommandirte und endlich die ganze Armada tapfer in sie gesetzet, darüber sie etwas in Confusion kommen, die Bagagi und Stücke zwischen Heisede und Gleide im Stiche gelassen, doch aber über dem Damme von Gleide Stand gefasset und einen Tropp von den unsrigen, welche zu ihnen hinüber hauen wollen auf dem Damme, aufgehalten und zurücke getrieben. Des Feindes Fußvolk hat sich auch zurücke nach Gleidingen auf den Kirchhof reteriret, davon sie den unsrigen ziemlichen Schaden gethan.

Als die unsrigen durch den Paß über den Damm nicht kommen können, sein etzliche Troppen umhin gehauen und ist auch unser Fußvolk in Bataglia um den Paß hingerücket und auf den Feind chargiret. Da hat des Feindes Reuterey die Flucht gegeben, den Gleider Berg hinan, denen so bald nachgesetzet mit Paul Böhms Reuterey. Darauf unser Fußvolk und andere Reuterey zu des Feindes Volke auf den Kirchhof gesetzet. Da ist es an allen Orten an ein Metzgen gegangen, was laufen, rennen und fliehen können, hat nicht lange gesäumet. Des Feindes Reuterey hat zwischen Grastorp und Rehtem[43] wieder wollen Stand fassen, aber man hat ihnen nachgesetzet und alles niedergemachet. Etzliche Troppen Reuter, so noch davonkommen, sein bei der Pinkenburg und durch die Schmalen Landwehr entkommen nacher Neustadt und Nienborg. Viele so zerstreuet geritten, sein auf das Bothfelder Mohr gerahten, beyde Kerl und Pferd darin bestecken blieben, welche darnach gefunden sein, Amptmann Heister zum Steuerwalt ist bei Misborg[44] über das Mohr kommen. Der Graf von Waldeck wie auch Schellhammer sein über die Leine kommen. 10 Cornette sein bekommen und hernach in Hannover bracht und Herzog Georg dar gezeiget, daran mehrentheils Marienbilder gestanden, auf einem ein Adler, auf einem das Mentzische [Mainzer; BW] Wapen. Das Fußvolk, weil es auscommandiret, hat keine Fahnen geführet, auf der Wahlstatt von Heisede an bis Wülfel sein todte Körper gelegen bey 1000 Mann, ohne was sich verstecket und hernach von den Bauren erschlagen worden. 800 sein gefänglich bekommen; der unsrigen Wort ist gewesen Jesus, des Feindes Jesus Maria. Auf diese der Ligistischen Niederlage hat sich Hildesheim accomodiret und sein den 15. Julii, als die Schwedischen vorher abmarschiren müssen, mit allen Jesuiten und den meisten Pfaffen ausgezogen, und sein auf Münster convoiret worden und 14 Tage auf der Reise zugebracht“.[45]

Der Schweriner[46] Dompropst und Ratzeburger[47] Domherr, Otto von Estorf [1566 – 29.7.1637], berichtet in seinem „Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium“: „Julius [1634; BW]. Den Mitte wochen post Visitationis Mariae, war der 9. Julii, ist abermal bey Heisede in praefectura Coldingen,[48] zwischen dem feindt, der bey 4,000 stark, hildeßheim entsetzen wollen vnd den Luneburgischen oder Swedischen ein stark treffen vorgangen. Durch Gottes hülff haben die vnsrigen gesieget, fast alle Infanterie niedergemacht, 4 stück geschütz (mehr haben sie nicht bei sich gehabt) vnd alle pagagii bekommen. Obr. Schelhamer ist geblieben vnd viel Officierer gefangen. Gott sei lob vnd Dank für seine güte.
Die Obristen haben keinen muth zue dießem zug vnd Zusprechen deß Churfürsten von Cöln,[49] welcher das Stift hildeßheimb nicht gern verlieren wollen, front gemacht vnd soll den vbriste Commendant, so daß volk geführet, gesagt haben: „Er wolte sie anführen, wan er auch wüßte, dass kein einiger Soldat davon kommen solte;“ quod et factum est. Eß ist der meister geblieben vnd ist ihr bestes volk, so sie in den Guarnisonen gehabt, gewesen“.[50]

In den „48. Ordentliche[n] Wochentliche[n] Zeitungen. 1634“[51] heißt es in einer Meldung von der Weser vom 25.7./4.8.: „Nachdem I. F. Gn. Herr General Herzog Georg zu Braunschweig / von Statthagen[52] etliche Trouppen nacher Bückenburg[53] commandirt / haben die Keyserischen sich aufs Schloß retirirt: Vnter dessen die Schwedischen sich der Statt / Canzeley / vnd Ballhauß bemächtiget: Der LandDrost ist Ihr. Fürstl. Gn. entgegen gezogen / zuversuchen / ob die Keys. abziehen kondten / Donnerstag haben Ih. F. Gn. Minden belägert / heut seyn viel Schiff von Hammeln nach Rinteln[54] gebracht / eine Schiffbrücken beym Hauß zum Berg / zu schlagen / Schellhamer ist zwar starck außgefallen / aber mit grossem Verlust wider heym getrieben worden“.

„Die Mansfelder [unter Philipp v. Mansfeld; BW] hatten nämlich bei ihrem Hinziehen zur Wetterau[55] das von dem Grafen Conrad [Konrad Ludwig; BW] von Solms mit dem Ausschuß besetzte Schloß Braunfels[56] eingenommen und war Oberstlieutenant von Stechenberg mit einer Besatzung zurückgelassen worden. Derselbe schrieb nun die allerdrückendsten Contributionen in den benachbarten Nassauischen Landen aus, und trieb dieselben mit großer Gewalt bei; er fiel in die Dörfer ein und führte aus denselben Pferde und Rindvieh hinweg. Da gedachte Graf Ludwig Heinrich diesen Gewaltthätigkeiten ein Ziel zu setzen.

Von seinen beiden Regimentern zog er so viele Truppen zusammen, als möglich war und marschirte mit denselben den 17. Januar 1635, Abends, als schon die Thore in Dillenburg[57] verschlossen waren, im größten Geheimnis und 420 Pferden und einigen Petarden[58] nach Braunfels zu.

Braunfels, auf einer hohen Bergkuppe gelegen, war das festeste Schloß in der ganzen Wetterau. Die Burg auf dem höchsten Gipfel des Bergs lehnt sich unmittelbar an den Flecken an. Dieser Flecken hatte bis zum Schloß vier Thore, die alle durchbrochen werden mußten, wenn man von dieser Seite die Burg einnehmen wollte. Vor dem ersten Thore war ein halber Mond,[59] der aber zur Nachtzeit unbesetzt blieb und nur in einer Stube oben in der Höhe wurde Wache gehalten. Ebenso war das Schloßthor von einem solchen halben Mond umgeben, der aber auf gleiche Weise bei nächtlicher Weile unbesetzt blieb. In dem Flecken selbst war eine Hauptwache, welche die Runde zu machen hatte. Der Graf überlegte nun wohl, dass es zur Eroberung weit förderlicher sei, wenn er die Stadtmauern mit Leitern erstiege und der Hauptwache den Weg nach dem Schlosse abschneide, als wenn er alle Thore durch Petarden sprengen und sich so den Zugang öffnen wollte. Des Morgens sechs Uhr kam er mit seinen Mannschaften vor dem Schlosse an. Da man aber die Lunten zu den Petarden wegen des starken Marschirens nicht verbergen konnte, so wurde der Feind seiner auf tausend Schritten ansichtig und alles gerieth in Alarm. Der Graf ließ alsbald die Leitern an stellen, die Mauern wurde erstiegen und die Hauptwache gefangen genommen. Der Petardirer, nicht in den Plan eingeweiht, war mittlerweile auch angelangt, ging die Leitern vorüber, schraubte die Petarden an das erste Thor an, die denn auch alsbald spielten, aber nutzlos das Thor zersprengten. Da nun auf diese Weise das Schloßthor nicht mehr durch eine Petarde geöffnet werden konnte, so war der Graf genöthigt, die Schlosspforte mit Stroh zu verbrennen. Der Feind machte indessen im Gewölbe des Thors einen Sturmhaspel[60] und einen Hammer vor und zündete davor nasses Stroh an, so daß man nicht leicht wegen des Rauchs von dieser Seite eindringen konnte. Da ließ der Graf von neuem Leitern an die Schlossmauer ansetzen, um auch diese zu ersteigen und er selbst war Einer der Ersten auf der Leiter. Wiewohl nun die Kaiserliche Besatzung mit großen Steinen auf die Stürmenden herabwarf und ein solcher Stein dem Grafen auf den Kopf geschleudert wurde, so gleitete er doch über die Sturmhaube hinweg und rollte in den Abgrund hinunter. Doch war der Graf der zweite, welcher die Mauern erstiegen hatte und im Schlosse mit einem Fähndrich und zwei Soldaten zuerst ankam.

Nun sank der Besatzung der Muth, da auch die übrigen Soldaten in Menge von der Mauer herunterkamen. Das Thor wurde hierauf geöffnet und drang das Volk in grosser Masse herein. Der Kaiserliche Obristlieutenant Schild, der in Abwesenheit des nach Gießen[61] verreisten Commandanten von Stechenberg in dem Schlosse das Commando führte, wurde nebst dem Capitain Fricken, einen Capitain-Lieutenant, drei Lieutenants, drei Fähndrichen, einem Major, einem Cornet, etlichen Unterofficieren und 150 Mann zu Gefangenen gemacht. Graf Ludwig Heinrich eroberte dabei fünf rothe und eine weiße Fahne, nebst vieler Munition und verlor hierbei nur einen Mann, wogegen von der Braunfelser Garnison 29 Mann todt geblieben waren.

Durch diesen kühnen Handstreich erschreckt verließ der Kaiserliche Obristlieutenant von Schelhammer Wetzlar[62] und Weilburg;[63] auch Hohensolms[64] und der Gleiberg[65] bei Gießen wurden von den Kaiserlichen geräumt.

Nachdem der Graf seinen Oberstlieutenant von Fischer mit einer hinlänglichen Garnison als Commandanten in Braunfels zurückgelassen hatte, kehrte er mit den eroberten Trophäen nach Dillenburg zurück“.[66]

„Die Kaiserlichen Obersten Schelhammer und Stechenberg, welche sich [Februar/März 1635; BW] von Weilburg und Wetzlar bei dem Herannahen des Bernhard’schen[67] Corps zurückgezogen hatten, rückten bei dessen Abmarsch wieder vor und besetzten die von den Schweden sehr geschonten Orte Homburg vor der Höhe[68] und Oberursel,[69] in denen ‚sie stattliche Unterhaltungsmittel fanden’ “.[70]

Im „Verzeichnis aller derjenigen Regimenter zu Roß und zu Fuß“, die vom 8.9.1634 bis zum 10.6.1635 in Umstadt[71] lagen, heißt es: „Den 20. Martii ist ein hauptmann Johann Schnell aus gräflich Gräßfeldischen [Gronsfeld; BW] und nachmals Schellhammerischem regiment der ligistischen armee mit 200 kommandierten musketieren allhier ankommen, die Wormbserischen [Erhard Wurmser; BW] allhier noch gewesenen 40 musketiere samt ihrem leutnant abgelöst. Diese einquartierung hat die bürger gewaltig verderbt und ihnen ein groß sterben verursachet“.[72]

Gronsfeld, der das kurbayerische Korps führte, hatte zwar Maximilians I. Ordre empfangen, doch sollte die Blockierung Mannheims[73] und Heidelbergs[74] durch Schelhammer erfolgen, da dieser „seinen devoir underschiedlich und in specie mit defension Hameln erwisen“ habe. Der größere Teil der kurbayerischen Truppen sollte sich unter Gronsfelds Befehl mit dem diesseits des Rheins liegenden kaiserlichen Heer verbinden und durch Truppen des Generalzeugmeisters von Wahl verstärkt werden, wie Maximilian I. Ferdinand von Ungarn mitteilte.[75]

[1] Einbeck [LK Northeim]; HHSD II, S. 128ff.
[2] Hameln; HHSD II, S. 192ff.
[3] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 64f.
[4] Wetterfeld, heute Ortsteil von Laubach [LK Gießen].
[5] WÖRNER; BENOIT, Wetterfelder Chronik, S. 44.
[6] Hildesheim; HHSD II, S. 228ff.
[7] Hameln; HHSD II, S. 192ff.
[8] braunschweigische !
[9] SCHLOTTER, Acta, S. 77.
[10] Attendorn [LK Olpe]; HHSD III, S. 36ff.
[11] Archives Municipales Strasbourg AA 1065.
[12] Hamm in Westfalen; HHSD III, S. 286ff.
[13] Warendorf [LK Warendorf]; HHSD III, S. 754ff.
[14] Vgl. SCHRIJNEMAKERS; CORSTJENS, Graaf Godfried Huyn van Geleen (in der deutschen Fachliteratur kaum beachtete Biographie).
[15] Vgl. STADLER, Pappenheim.
[16] Minden [LK Minden]; HHSD III, S. 517ff.
[17] Hildesheim; HHSD II, S. 228ff.
[18] Belagerungsanlagen.
[19] Kriegsflegel: Stangen mit keulenförmig verdicktem Schaftende, aus dem spitze, eiserne Dorne herausragten.
[20] Durch die Zündlöcher hineingetriebene Nägel machten die Geschütze unbrauchbar.
[21] Osten ?
[22] SCHLOTTER, Acten S. 79.
[23] Archives Municipales Strasbourg AA 1065.
[24] Neustadt am Rübenberge; HHSD II, 343ff.
[25] Nienburg/Weser; HHSD II, S. 346f.
[26] Münster; HHSD III, S. 537ff.
[27] Steuerwald [Kr. Hildesheim]; HHSD II, S. 443.
[28] Sarstedt [Kr. Hildesheim-Marienburg]; HHSD II, S. 410f.
[29] Heisede, heute Ortsteil von Sarstedt [LK Hildesheim].
[30] Lauenberg, heute Ortsteil von Dassel [LK Northeim].
[31] Bierbruch, Dorf bei Giesen [LK Hildesheim].
[32] Wäldchen, Waldung
[33] Sarstedt [LK Hildesheim]; HHSD II, S. 410f.
[34] Calenberg [Kr. Springe]; HHSD II, S. 91ff.
[35] Pattensen [Kr. Springe]; HHSD II, S. 376f.
[36] Hannover; HHSD II, S. 197ff.
[37] Pinkenburg, heute in Groß-Buchholz [Stadtteil von Hannover] gelegen.
[38] Hainholz [Stadt Hannover]; HHSD II, S. 192.
[39] Wülfel, heute Stadtteil von Laatzen [Region Hannover].
[40] Grasdorf, heute Ortsteil von Holle [LK Hildesheim].
[41] Schlachtordnung.
[42] Gleidingen [Kr. Hildesheim].
[43] Rheden [LK Hildesheim].
[44] Misburg [Kr. Hannover]; HHSD II, S. 328f.
[45] JÜRGENS, Chronik, S. 517ff.
[46] Schwerin; HHSD XII, S. 114ff.
[47] Ratzeburg [Kr. Herzogtum Lauenburg]; HHSD I, S. 216f.
[48] Koldingen [Kr. Hannover]; HHSD II, S. 273f.
[49] Vgl. FOERSTER, Kurfürst Ferdinand von Köln.
[50] DUVE, DIARIUM BELLI BOHEMICI ET ALIARUM MEMORABILIUM 3, S. 39f.
[51] Archives Municipales Strasbourg AA 1065.
[52] Stadthagen [Kr. Schaumburg-Lippe]; HHSD II, S. 435f.
[53] Bückeburg; HHSD II, S. 80ff.
[54] Rinteln [Kr. Grafschaft Schaumburg]; HHSD II, S. 395f.
[55] Wetterau; HHSD IV, S. 457ff.
[56] Braunfels [Kr. Wetzlar]; HHSD IV, S. 59f.
[57] Dillenburg [Dillkreis]; HHSD IV, S. 89ff.
[58] durch „Petardiere“ angebrachte Sprengladung, die am Tor oder an einer Brücke mit einem Brett angeschraubt oder aufgehängt und mit einer Lunte gezündet wird. Dabei kommen auf 50 Pfd. Metall 4 Pfd. Pulver. Damit wurden Festungsringe an Schwachstellen aufgesprengt, ohne die Wehranlage zu zerstören. Durch die Bresche drangen Sturmtruppen ein, während die aufgesprengten Eingänge zum eigenen Schutz schnell wieder geschlossen werden konnten, wenn der äußere Ring u. die Festung oder das Schloss erobert waren.
[59] Halber Mond oder Demi-lune: Ein im Graben vor einer Bastion errichtetes, aus zwei Facen bestehendes Außenwerk. Sein Grundriss ähnelt dem des Ravelins, doch ist seine Kehle halbmondförmig [wikipedia].
[60] Sturmhaspel: eine ehemalige Benennung eines auf einem sieben Fuß hohen Rade beweglichen Spanischen Reiters, um damit die Eingänge der Aussenwerke zu verschließen [nach: kruenitz1.uni-trier.de].
[61] Gießen; HHSD IV, S. 172ff.
[62] Wetzlar; HHSD IV, S. 461ff.
[63] Weilburg [Oberlahnkr.]; HHSD IV, S. 452f.
[64] Hohensolms, heute Ortsteil von Hohenahr [Lahn-Dill-Kreis].
[65] Krofdorf-Gleiberg, heute Teil von Wettenberg [LK Gießen].
[66] KELLER, Drangsale, S. 238ff.
[67] Vgl. JENDRE, Diplomatie und Feldherrnkunst.
[68] [Bad] Homburg v. d. Höhe [Obertaunuskr.]; HHSD IV, S. 23ff.
[69] Oberursel [Obertaunuskr.]; HHSD IV, S. 357f.
[70] KELLER, Drangsale, S. 232f.
[71] Groß-Umstadt [Kr. Dieburg]; HHSD IV, S. 189.
[72] HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 157.
[73] Mannheim; HHSD VI, S. 501ff.
[74] Heidelberg; HHSD VI, S. 302ff.
[75] Österreichisches Staatsarchiv Wien Kriegsarchiv Alte Feldakten 1635/7/129 (Ausfertigung): Maximilian I. an Ferdinand von Ungarn, Rain, 1635 VII 20.
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