Reiß, Nicolaus

Reiß, Nicolaus; Hauptmann [ – ] Reiß stand 1648 als Hauptmann unter dem Befehl des kaiserlichen Kommandanten von Pilsen,[1] La Corona, und war Kommandant von Schloss Kinsberg[2] unterhalb von Waldsassen.[3]

Während der schwedischen Besetzung Egers[4] mussten die Marktredwitzer[5] auch noch Kontributionen an die Kaiserlichen abliefern. Der Chronist und Bürgermeister Georg Leopold aus dem von Eger abhängigen Marktredwitz erinnert sich an den April 1648: „Als wir uns nun mit den Schwedischen in Eger zum Teil verglichen hatten und [gerade] in Richtigkeit gekommen waren, schrieb uns wieder der H[err] Oberst Lacron [La Corona; BW] aus Pilsen, daß wir in das Schloß Kinsberg täglich 30 Mann verpflegen sollten. Wenn wir es nit tun würden, sollten wir durch die militärische Exekution dazu gezwungen werden.

Da sich aber dieses Begehren monatlich auf 300 Gulden erstreckte, haben wir nach Pilsen geschickt und schriftlich und mündlich gebeten, uns mit einer solchen Unmöglichkeit zu verschonen. Inzwischen schickten und schrieben die Völker im Schloß Kinsberg täglich, daß sie die die begehrten 30 Portionen in natura zu unserem höchsten Schaden selbst(en) holen würden, wenn wir mit ihnen nit [hin]einkommen würden. Wir schickten ihnen daher bis zur Rückkehr einer Resolution des H[errn] Oberst einstweilen 1 Kar[6] Hafer(n), etlich[e] 20 Laib[e] Brot, 1 Kalb, 3 12 Eimer Bier, 4 Maß Branntwein und um(b) 1 Gulden Tabak.

Den 14. April kam unser abgeschickter Hanns Leopoldt von Pilsen mit der Resolution des Oberst zurück. Er schrieb uns, daß er unser Schreiben samt den Beilagen empfangen, [an]gesehen und unser Bitten auch mündlich vernommen habe, daß es [aber] nit seine Meinung sei, uns ganz zu verderben. Er wolle es mit uns auch so machen, daß wir uns nit zu beschweren haben würden. Er habe einen Überschlag gemacht und das Geringste, was wir auf das Schloß Kinsberg liefern sollten, betrage alle Woche(n) 1 1/2 Kar Korn, 6 Kar Hafer(n), ein halbes Rind, 6 Eimer Bier, etwas an (Ge)stroh, 6 Schaufeln und 6 Hauen. Dabei müßte es verbleiben.

Im übrigen sollten wir, so gut wir es nur könnten, dem Feind nach Eger keine Kontribution liefern, keine Schanzer schicken und uns so verhalten, daß wir immer getreue Untertanen der röm.-kaiserl. Majestät blieben. Obwohl wir uns diesmal gern einer größeren Gnade versehen [hätten], so haben wir es aber nit ändern [können], sondern geschehen lassen müssen.

Es schrieb uns an diesem Tag an diesem Tag auch abermals der Kommandant zu Kinsberg, der Hauptmann Nicolaus Reiß, daß es gut wäre, wenn wir die Sachen [hin]einschicken würden. Wenn wir es nicht täten, wollte er es mit uns anders machen. Auch sollten wir ein Fuder Heu und 1 Fuder Stroh zum Betten mitschicken.

Den 15. April haben wir 2 12 Kar Hafer(n), 6 Eimer Bier, ein halbes Rind, 2 Pfund Licht, 2 Bücher[7] Papier und um(b) 30 Kreuzer Brot hineingesandt. Den 18. April sandten wir wieder 170 Pfund Brot, 3 Kar Hafer(n) und 3 1/2 Eimer Bier hinein. Den 20. Kam H[err] Fähn(d)rich Peter vom Lacronischen Regiment mit 5 Pferden und brachte uns vom Oberst Lacron ein Schreiben, worin er begehrte, daß wir alsobald und hinfort seinem Hauptmann nach Kinsberg 2 Fuder Heu und 2 Fuder Stroh schicken sollten, nachdem er bei der jüngst überschickten Assignation die rauhe Fourage vergessen habe. Ihm selbst aber sollten wir 1 Faß von dem braunen Bier, von dem seine Liebste (all)hier getrunken habe, seinem in Tachau[8] liegenden Hauptmann schicken, von dem er es selbst abholen und nach Pilsen bringen lassen wolle.

Als wir zu all dem die Anstalten machen und bereit[s] mit der Aufladung von 5 Fuhren für Kinsberg im Werk begriffen waren, kam Bericht ein, daß 300 schwedische Reiter zu(m) Hof[9] angelangt wären und nach(er) Eger gehen wollten. Wir haben daher die Wagen wieder abgeladen und das Fortschicken eingestellt“.[10]

Als nun etwas von schwedischer Reiterei in Eger eingekommen war, haben wir eingehalten, weiter Proviant nach Kinsberg zu schicken. Daraufhin hat uns der Hauptmann daselbst am 23. April durch 2 (geschickte) Dragoner sehr bedrohlich sagen lassen, daß wir uns einstellen sollten, wenn wir nicht etwas anderes erwarten wollten !

Weil aber wegen der schwedischen Völker mit Wagen und Vorspann nit recht fortzukommen war, haben wir durch 18 Personen 20 Maß Hafer(n), 126 Pfund Brot und 2 Pfund Lunte(n) hineintragen lassen. Den Trägern haben wir nit allein Essen und Trinken, sondern auch jedem ein[en] halben Taler geben müssen. Als aber der Hauptmann mit dieser Lieferung übel zufrieden war, das Völlige einzuschicken begehrte oder uns zu Hause selbst [auf]suchen wollte, haben wir am 25. April abermals durch 23 Personen 2 1/2 Kar Korn, 136 Pfund Brot, 1 Kalb, etlich[e] Pfund Speck und auch etwas Zwiebel(n) hineintragen lassen. […] Den 27. April haben wir abermals durch 29 Personen nach Kinsberg 25 Meß und 2 Napf Hafer(n) 49 Laib[e] Brot, 2 Pfund Licht und auf einen Wagen 3 Eimer Bier und etwas Heu geschickt. Als sie hinein[ge]kommen waren, haben sie dort H[errn] Oberst Lacron mit dem ganzen Regiment [vor]gefunden. Der begehrte auch, daß man ihm morgenden Tags gewiß 1 Fuder Heu [hin]einschicken solle.

Wir haben daraufhin wieder H[errn] Bürgermeister Christian Hagen und H[errn] Christian Steinhäuser zu ihm geschickt, ihn zu bitten, daß er doch die Assignation erträglicher machen wolle. Man hat ihm auch, neben 1 Fuder Heu, einen Auerhahn(en) mitgeschickt. Als sie aber hinein[ge]kommen waren, ist der H[err] Oberst mit dem Regiment schon weg gewesen.

Den 3. Mai hat man wiederum(b) auf 2 Wagen und durch 24 Personen 1 Faß Bier, 20 Meß Hafer(n), 40 Laib[e] Brot und 22 Fuder Heu [hinein]führen und -tragen lassen“.[11]

Den 6. Mai haben wir wieder 1 Fuder Heu, 1 Salzschaube und 1 Fäßlein Branntwein nach Kinsberg geliefert.

Den 11. dito haben wir wieder 59 Laib[e] Brot, 16 Meß Korn, 5 Eimer Bier, 18 Maß, 7 Kar und 3 Meß Hafer(n) auf 3 Wagen und durch 30 Personen nach Kinsberg führen und tragen lassen“.[12]

„Den 11. Mai sind früh vor Tags[anbruch] an die 36 Pferd[e] von den Lacronischen Dragonern aus Kinsberg bei Waldershof[13] vorbei und im Land herum(b)gestreift bis Rehau.[14] Von dort sind sie auf Selb[15] zurück und gegen Arzberg.[16] Nachdem sie aber vom schwedischen Rittmeister Legat(en), der von Hof[17] heraus mit 100 Pferden gegen Eger wollte, (v)erkundschaftet worden waren, setzte er ihnen nach, bis er sie bei Schlottenhof angetroffen, 5 niedergeschossen, 9 gefangengenommen und sie mit 20 gesattelten Pferden nach Eger gebracht hatte“.[18]

„Den 16. Mai sind 2 Faß Weißbier von 6 Eimern nach Kinsberg geliefert worden“.[19]

„Weil nun das Schloß in Kinsberg durch diese Gelegenheit von den Schwedischen aus Eger ziemlich blockiert worden war, sind die kaiserlichen Dragoner, die als Besatzung drin lagen und die wir bis dahin mit großen Unkosten unterhalten mußten, bei der Nacht heraus- und durchgegangen und haben das Schloß ledig und offen stehen lassen.

Dagegen hat es der Kommandant [Koppey; BW] in Eger den 25. Mai durch seine Soldaten ausplündern, darnach anzünden und fein sauber und rein ausbrennen lassen“.[20]

Mit dem Abzug des Regiments La Corona nach der Schlacht bei Zusmarshausen[21] (17.5.1648) zur kaiserlichen Hauptarmee hörten auch die Belästigungen der Marktredwitzer auf.

[1] Pilsen [Plzeň]; HHSBöhm, S. 444ff.

[2] Kinsberg [Hrozňatov, heute Ortsteil von Eger (Cheb)].

[3] Waldsassen [LK Tirschenreuth]; HHSD VII, S. 785ff.

[4] Eger [Cheb]; HHSBöhm, S. 119ff.

[5] Marktredwitz; HHSD VII, S. 429f.

[6] Ein im Egerland bis heute übliches Getreidemaß. 1 Kar = 8 bayr. Metzen = 32 Napf; 1 bayr. Metzen = 37, 06 l. 1 Kar fasste also 2, 9 hl. Beim Hafer wurde es zu 3, 08 hl. gerechnet.

[7] 1 Buch entsprach 24 Bogen Schreibpapier.

[8] Tachau [Tachov]; HHSBöhm, S. 595ff.

[9] Hof; HHSD VII, S. 302f.

[10] BRAUN, Marktredwitz, S. 336ff.

[11] BRAUN, Marktredwitz, S. 339.

[12] BRAUN, Marktredwitz, S. 339.

[13] Waldershof [LK Tirschenreuth].

[14] Rehau; HHSD VII, S. 613.

[15] Selb; HHSD VII, S. 694f.

[16] Arzberg; HHSD VII, S. 31f.

[17] Hof; HHSD VII, S. 302f.

[18] BRAUN, Marktredwitz, S. 340.

[19] BRAUN, Marktredwitz, S. 340.

[20] BRAUN, Marktredwitz, S. 341.

[21] Zusmarshausen; HHSD VII, S. 849f.

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