Portia [Porcia, „Porcus“], Karl Lorenz Graf von [de]
Portia [Porcia, „Porcus“], Karl Lorenz Graf von [de]; Obrist [ – ]
Der angeblich aus Friaul[1] stammende Karl Lorenz Graf von Portia [Porcia, „Porcus“] wird 1625 in der Auflistung der Werbekosten[2] des Herzogs Adolf von Holstein-Gottorp[3] hieß es: „Leit-meritz,[4] 20. Februar 1625. Dsgl. des Rittmeisters[5] Karl Lorenz von Portia über 5266 Rthlr., welche ihm der Johann Wendle ausbezahlt hat“.[6] Der herzogliche Hof- und Feldprediger[7] Johann Wendel fungierte teilweise auch als Zahlmeister.
Portia stand 1626 als Obristwachtmeister[8] im Regiment[9] Luigi Gonzaga.[10]
Über die Kriegsereignisse in der Neumark[11] 1626 wird berichtet: „Wenige Tage vor seinem Aufbruch nach Preußen nach Preußen erhielt der Kurfürst[12] von Wallenstein[13] die Mitteilung, daß er ‚auf einige Zeit‘ Kriegsvolk nach Krossen[14] legen müsse; in Schlesien könne es nicht mehr untergebracht werden. Der Besetzung Krossens und anderer Gebiete durch kaiserliche Truppen wurden dadurch der Schein der Berechtigung gegeben, daß sie als schlesische Lehen bezeichnet wurden, deren staatsrechtlicher Verband mit Schlesien niemals gelöst worden sei. Anfang Januar erfolgte trotz des Widerspruchs des Kurfürsten der Einmarsch. Am 6. begehrte der Obristwachtmeister Graf Portia – den geistreiche Chronisten wegen seiner Aufführung auch Porcus[15] benennen – vom Regiment Gonzaga Einlaß in Krossen; er hätte wichtige Briefe an den Kurfürsten zu überbringen. Er wurde mit seiner geringen Begleitung eingelassen, da man in Krossen von den Absichten der Kaiserlichen nichts ahnte. Am nächsten Tage folgte ihm der Oberst[16] Wangler[17] mit mehreren Compagnieen[18] und nahm von dem wichtigen Oderpaß Besitz. Hier quartierten sich 4 Compagnieen Fußvolk und 1 Compagnie Reiter ein, während Porcia mit 4 Compagnieen Reiter weiter nach Züllichau[19] zog und Sommerfeld[20] von & Compagnieen Dragoner[21] besetzt wurde. ‚Es wäre gut gewesen‘, so ertönte jetzt ein Notschrei aus Crossen an die Regierung, ‚daß Ihro Kurfürstl. Gnaden Besatzung allhier verblieben wäre. Es ist zu erbarmen, daß keine rechte Defensionsordnung vor Ihro Kurfürstl. Gnaden Abreisen gemacht worden, wie man auch nicht weiß, bei wem man Hülfe, Rat und Trotz suchen soll‘. Wegen der mangelnden Defensionsordnung hätten die Bedrängten sich an die weisen Landstände[22] wenden sollen, die aber selbst jetzt noch nicht klug werden wollten. Freilich hatte ja nicht ein Feind das Land besetzt, sondern das Heer des Kaisers, der alle Deutschen, die ihn als Oberhaupt anerkennten, zu schützen verpflichtet war. Aber die Liebe zum werten deutschen Vaterland und die Anhänglichkeit an den Kaiser wurden jetzt auf eine zu harte Probe gestellt, die keiner beim besten Willen bestehen konnte.
Aus den zahlreichen Klageschriften, die damals an den Kurfürsten und die Geheimen Räte gerichtet wurden, mag hier die aus Züllichau vom 21. Februar mitgeteilt werden, die ein anschauliches Bild von den Leiden und Nöten der Einquartierung[23] giebt. Sie lautet: ‚Es hat der Graf von Porcia vom Anfang bis dato hier angegeben, daß er zu Roß 3 Compagnieen stark nebst dem Stabe;[24] den Stab deuten sie auch so hoch als 1 Compagnie, und also 4 Compagnieen; inmaßen dann ihnen an Futter, Mahl vollständig täglich und wöchentlich auf 4 Compagnien muß gegeben werden, ob sie gleich nicht komplett; lassen aber immerfort werben,[25] daß sie wieder komplett werden wollen. Ob nun wohl die Ritterschaft bloß ihnen an Heu, Stroh und Hafer so viel gereichet, daß sie sich damit behelfen können: so sind sie doch niemals damit ersättiget, sondern fallen fast täglich heraus in der Bürger Scheunen, schlagen und hauen sie auf, nehmen alles daraus, daß auch einen Mann nichts daraus vor sein Vieh verbleibet. Ingleichen eröffnen sie Söller, Boden, Keller, nehmen Weizen, Gerste, Korn, Hafer alles rein weg, teils verfüttern, teils verpartieren[26] sie ihres Gefallens. Anreichend Speis und Trank will ein jeder stattlich und seines Willens traktieret sein,[27] geben sich fast alle vor Offizierer aus, und es habe einer Officium[28] oder, will einer gleich dem andern Tractamenta[29] haben. Des Morgens früh um 3 Uhr muß schon der Branntwein[30] da sein, und wenn sie dessen gesoffen, schlafen sie wieder darauf ein, und wenn es Tag, muß wieder Branntweil dasein die Fülle. Sobald sie damit aufhören, muß das Frühstück dastehen, womit sie, als Fressen, Bier- und Weinsaufen, so lange zubringen, bis daß das rechte Essen oder Mittagsmahl von 6, 8, 10 und mehr Gerichten wohl mit Gewürz, Butter etc. item Konfekt[31] und ander Leckerei fertig; und wann bei einem Wirt einlosieret zwei, drei oder vier Personen, muß er nicht nur dieselben, sondern 10, 20, auch 30, nicht nur einen, sondern 2 und 3 Tische speisen und vollauf Wein aus des Ratskeller holen, borgen und anschreiben lassen; und wenn es ihnen nicht an einem Ort gefällt, gehen sie an den andern, 3, 4 et ita consequenter de virtute in virtutem.[32] Es sei der Reiter da oder nicht, muß immerfort alles vollständig zugerichtet werden, und fressen es die Knechte, Jungen, Beiläufer,[33] Konkubinen,[34] schmeißen es den Wirten nach den Köpfen, ingleichen wann sie das Glas kaum halb ausgesoffen, gießen sie andere dem Wirt in die Augen, und sein bester ist: Schelm, Dieb, Hurensohn, Du Calvinischer, Rebellischer, Leichtfertiger. Wann sie nun toll und voll, müssen ihnen Huren[35] geschafft werden. Geschieht das nicht, wollen sie die Wirtinnen zur Unzucht zwingen; thuet sie es nicht, muß Wirt und Wirthin aus ihren Häusern entlaufen, nachts über auf den Gassen in den Winkeln oder wo sie irgend einkommen können, sich bergen, des Morgens früh stracks wieder dasein und sich stellen, als sei ihnen kein Leid widerfahren. Ingleichen wann sie toll und voll, ziehen sie sich nackend aus und tanzen mit den Huren in der Stube herum. Über dies muß ein jeder seinen Gästen Kleider, Hosen, Wamse, Mäntel, Stiefel, Sporen, Hüte, Hemden, Feldzeichen, Sattel, Pistol, auch Pferde verschaffen.[36] Thut er es nicht, ist er samt Weib und Kindern nicht sicher in seinem Hause, schlagen die Wirthe – es seien Gerichts- oder beamtete Personen, wird niemand respektiert – blutrünstig. Wobei es noch nicht bewendet; sondern wenn sie Geld haben wollen, muß der Wirth, er leihe, borge und nehme, wo er es hernehmen mag, will er eine ruhige Stunde in seinen vier Pfählen haben, etliche Thaler hergeben. Item wo nicht Reiter liegen, es sie in oder außer der Stadt, sie seien abgebrannt oder nicht, muß ein jeder bald im Anfange der Woche, so hoch sie es immer bringen können, bis 30 Thaler Brandschatzung erlegen. Thut er’s nicht, ziehen sie ihm stracks 6, 4, 3 Roß ins Haus in die Stuben,[37] so lange bis sie es erzwingen. So muß auch ein jeder Wirt, wenn sein Reiter auf’n Strauch ausreitet,[38] ihm 6, 8 und mehr Thaler auf die Reise mitgeben, ob er gleich nur einen oder zwei Tage außen ist. Und dieses thuet nicht nur der Herr Graf allein, sondern alle, so nur etwa ein Officium haben, ungeachtet die ein anderer selber nicht weiß, was sein Officium auf sich hat; sie nehmen alles ein und auf, was nur kommt, vorgebend, sie gehören zu ihrem Regiment, ungeachtet sie einander vorhin ihr Lebtage nicht gesehen, nur daß sie sich stärken. Der Herr Graf einem oder anderen Reiter etwas verbieten, sagen sie ohne Scheu: Der Graf hat ihnen nichts zu gebieten, er soll sie schmücken,[39] wollen in ihn thun etc.; ob es ihm gleich angezeiget wird, so lachet er dazu. Der Herr Graf und der eine Leutnant, so das Kommando haben sollen, saufen mit aller ihrer Geselligkeit aus unserm des Rats Keller den Wein ohn alles Entgelt, daß sie, als diese zwei Personen, in ihre Losieren schon über die 300 Thaler verthan, und muß alles lauter Wein saufen, was zu ihnen kommt. Die andern Reiter saufen auch bei ihren Wirten fast lauter Wein Tag und Nacht,[40] wird alles in des RatsKeller, allbereits über die 1100 Thaler, geborget, von den meisten wird es nimmermehr gezahlet. Der Herr Graf dringet stark in uns, den Rat, ihm 4 Rüstwagen,[41] mit aller Zubehör an Rossen, Geschirren etc. zu verschaffen zur Artillerie, welche unter 1000 Thlr. Nicht können gezeuget werden. Er Herr Graf samt Quartiermeister[42] wollen durchaus vom Rat haben auf ihren Obersten und andere Oberoffiziere, so diese Zeit über nicht hier, auf jede Woche 400 Thlr., seit heut 6 Wochen, träget aus 2400 Thlr. Wir der Rat sollen ihm auch schaffen Musketen,[43] daraus er Dragoner[44] machet, und daferne wir sie nicht im Rathaus haben, sollen die Bürger ihr Hausgewehr und Musketen hergeben, spricht er, den Bürgern ist kein Gewehr nütze.[45] Wir der Rat müssen zu Roß und Fuß Kundschafter halten, und da irgendeine Feindseligkeit sich ereignete, wollte er stracks alles in Brand stecken, maßen dann ein jeder, wann man nicht thun kann, was er will, bald sengen und brengen will, haben auch etlichemal die Streu in den Stuben, da sie liegen angezündet; item sie setzen stracks bloße Degen und aufgestrichene[46] Pistol den Wirten auf die Brust. […] Gestern zu Nacht haben sie den Gotteskasten und Kirchengetreideboden erbrochen und in die zwei Malter[47] Getreide davon gestohlen. Verwichene Woche haben sie unser des Rats Rüstkammer und Pulvergewölbe, davor zwei hölzerne starke und dann auch eine eiserne Thür mit grossen starcken Schlössern verwahret gewest, bei nächtlicher Zeit erbrochen. Die Rüstungen, so sie gestohlen, tragen sie öffentlich am Halse; ingleichen das Pulver, über 2 Centner, haben teils unter sich geteilet, teils in Mist in ihren Losieren vergraben. Es ist dem Grafen geklaget, giebet zur Antwort; es sei verleugnet Gott, gehöre ihm. – Summa, es wird mit einem und anderm hier also hantieret, daß es einen Stein in der Erde erbarmet, und solche Üppigkeit, Sünde, Schande und Unzucht, auch mit kleinen Kindern, bei Tag und Nacht ohne alle Scheu getrieben, daß die Sonne davor erschwarzen möchte‘. Auf Hülfe von ihrem Kurfürsten rechneten die Züllichauer wohl nicht; sie hofften darauf, daß Gott der Herr ein Zeichen an diesen Bösewichtern thun würde. ‚Giebt es denn keinen Gott ?!‘ schrieb der Krossener Magistrat zur selben Zeit an die Geheimen Räte, als er von den Drangsalen berichtete, unter welchen die Stadt von den Kaiserlichen zu leiden hatte“.[48]
1627 lag Portia immer noch (oder schon wieder ?) im Kurfürstentum. „Die nächste Absicht der Kaiserlichen ging auf das Land Sternberg.[49] Am 14. April begehrten einige Reiter in Drossen[50] Quartier. Die Drossener schlugen das Gesuch ab und reichten den verdächtigen Gästen Mahl und Futter vor dem Thore. Aber am 26. Kam Porcia mit einigen Compagnieen und ließ sich nicht abweisen. Neun Wochen lag der edle Graf aus Friaul in der Stadt, die er nebst seinem Gesindel ebenso ausraubte wie Züllichau. 6525 Thlr. Kriegssteuer legte er ihr auf; er verpflichtete sich, einen Tag nach der Zahlung abzuziehen. Die Summe wurde mit Mühe aufgebracht, die Frauen gaben ihre Schmucksachen her, Porcia erhielt das Geld und – blieb. ‚Gott wird zu gelegener Zeit ein Einsehen haben‘, so trösteten sich die guten Drossener. Von Drossen aus wurde das ganze Land überzogen“.[51] Aus Reppen wird berichtet: ‚Im Jahre 1627, ‚vor dem unseligen Kriegswesen, als zuerst der Kaiserliche Obriste Graf de Porcia im Sternbergischen Kreis ankommen‘, waren 296 Bürger, im Jahre 1660 aber 113“.[52]
Portia übernachtete am 21.9.1633 zusammen mit Egon VIII. Graf von Fürstenberg[53] samt fünfzig Reitern im Kloster Andechs,[54] als sie den spanischen[55] Verbänden Ferias[56] entgegen zogen.[57]
In der Bad Windsheimer[58] Chronik des Melchior Adam Pastorius [1624 Erfurt-1702 Nürnberg][1] wird Portia unter 1641 erwähnt: „Den 20. Febr. wurden 3. Compagnien vom Barkischen Regiment unter Graff Portia allhier einquartiert“.[59] Bei „Barkischen“ handelt es sich wahrscheinlich um einen Druckfehler; gemeint ist hier das Regiment des „Frantz von Barbitz Freyherr zu Fernemond,“[2] der am 30.5. selbst in Bad Windsheim erschien und bis zum 29.10.1641 verblieb.[3]
Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !
[1] Melchior Adam Pastorius [1624 Erfurt-1702 Nürnberg], Bürgermeister u. Oberrichter in Bad Windsheim.
[2] Johann Franz Barwitz [Barwith], Freiherr v. Fernemont [Fernamont, Fernamond, Fernemundt, Vernemund] [1597- nach dem 13.9.1667 Glogau], kaiserlicher Generalfeldzeugmeister.
[3] PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 124.
[1] Friaul [Friuli; Norditalien].
[2] Werbung: Der jeweilige Kriegsherr schloss mit einem erfahrenen Söldner (Obrist, Obristleutnant, Hauptmann) einen Vertrag (das sogenannte „Werbepatent“), in dem er ihn eine festgelegte Anzahl von Söldnern (auch „Neugeschriebene“ genannt) anwerben ließ. Dafür wurde ihm ein der von Städten und Territorien wegen der Ausschreitungen gefürchteter => Musterplatz angewiesen. Zudem erhielt der Werbeherr eine vereinbarte Geldsumme, mit der er die Anwerbung und den Sold der Geworbenen bezahlen sollte (=> Werbegeld). Manchmal stellte der Werbende auch Eigenmittel zur Verfügung, beteiligte sich so an der Finanzierung und wurde zum „Gläubiger-Obristen“ des Kriegsherrn. Zudem war der Werbeherr zumeist Regimentsinhaber der angeworbenen Truppen, was ihm zusätzliche beträchtliche Einnahmen verschaffte. Der Zeitzeuge Hanns Kahn aus Klings/Rhön; LEHMANN, Leben und Sterben, S. 196: „Ein bayerischer Major der kaiserlichen Armee verlangt 5.200 Taler, um eine Kompanie Reiter zu werben. Das Geld wird ‚von den armen und übel geplagten Leuten herausgetrieben‘. ‚Weil der Major großen Zulauf bekommt, wird die Kompanie bald komplett, welche den 28. März des folgenden Jahres nach Hildburghausen marschiert‘. Insgesamt kosten die Anwerbungen 12.000 Taler an Werbe- und Verpflegungsgeldern“. Manche Rekruten wurden von den Werbeoffizieren doppelt gezählt oder unerfahrene, z. T. invalide und mangelhaft ausgerüstete Männer als schwerbewaffnete Veteranen geführt, um vom Obristen eine höhere Summe ausgezahlt zu erhalten. Auch Hauptleute, meist adliger Herkunft, stellten Kompanien oder Fähnlein auf eigene Kosten dem Kriegsherrn bzw. einem Obristen zur Verfügung, um dann in möglichst kurzer Zeit ihre Aufwendungen wieder hereinzuholen und noch Gewinne zu erzielen, was zu den üblichen Exzessen führen musste. Teilweise wurde die Anwerbung auch erschlichen oder erzwungen. Auf der Straße eingefangene Handwerker wurden für Wochen ins Stockhaus gesteckt und durch die Erschießung von Verweigerern zum Dienst gezwungen; SODEN, Gustav Adolph II, S. 508. Wie schwierig Werbungen bereits 1633 geworden waren, zeigen die Aufzeichnungen des Dr. Molther aus Friedberg; WAAS, Chroniken, S. 141: „Im Junio [1633] hat die hiesige Stadt und allenthalben die Grafschaften und adeligen Örter Volk geworben, welches zu Heilbrunn [April 1633] ist beschlossen worden, und hat die Stadt alhier 24 Mann sollen werben. Es ist aber keiner zu bekommen gewesen. Man hat einem zu Fuß geboten 10, 20, auch 30 Thaler, wohl auch 40, und hat doch fast niemand bekommen können. Derowegen hat der Officier, so das Volk abholen sollen, die Soldaten, so die Stadt Wetzlar geworben, hero geführet, so 16 Mann sind gewesen, und so lang hier behalten, bis die Stadt ihre 24 Mann hat gehabt. Darbei noch gedrohet, er wollte, so sie nicht balde geworben, die Burger und deren Söhne mitnehmen“. Für Anfang 1643 heißt es in den Aufzeichnungen aus Mühlhausen über die Werbemethoden des schwedischen Kommandanten in Erfurt, Caspar Ermes; JORDAN, Mühlhausen, S. 97: „In diesem Jahre legte abermals der Commandant von Erfurt einen Capitän mit einer Compagnie Infanterie in die Stadt, um Soldaten zu werben. Weil sie aber nicht viel Rekruten bekamen, so machten sie einen listigen Versuch. Sie warfen Geld in die Straße; wenn nun jemand kam und es aufhob, so sagten sie, er hätte Handgeld genommen, er müsse nun Soldat werden. Im Weigerungsfalle steckten sie solchen Menschen in den Rabenturm, wo er so lange mit Wasser und Brod erhalten wurde, bis er Soldat werden wollte“. In einem Bericht aus Wien (Dezember 1634) heißt es: „Aus Schwaben und Bayern kommen wegen der großen Hungersnoth viele tausend Menschen auf der Donau herab, so dass man immer von Neuem werben und die Regimenter complettiren kann“. SODEN, Gustav Adolph III, S. 129. JORDAN, Mühlhausen, S. 90f. (1637) über den Werbeplatz Sporcks: „Den 4. April ist er wieder mit etlichen Völkern zurückgekommen und hat sich mit denselben hier einquartiret und seinen Werbeplatz hier gehabt, hat auch viel Volk geworben, wie denn die Eichsfelder und andere benachbarte häufig zuliefen und Dienst nahmen, nur daß sie ins Quartier kamen und die Leute aufzehren konnte. Viele trieb auch der Hunger. Als es aber ans Marchiren gehen sollte, so wurde aus dem Marchiren ein Desertieren“. Für Anfang 1643 heißt es über die Werbemethoden des schwedischen Kommandanten in Erfurt, Caspar Ermes; JORDAN, Mühlhausen, S. 97: „In diesem Jahre legte abermals der Commandant von Erfurt einen Capitän mit einer Compagnie Infanterie in die Stadt, um Soldaten zu werben. Weil sie aber nicht viel Rekruten bekamen, so machten sie einen listigen Versuch. Sie warfen Geld in die Straße; wenn nun jemand kam und es aufhob, so sagten sie, er hätte Handgeld genommen, er müsse nun Soldat werden. Im Weigerungsfalle steckten sie solchen Menschen in den Rabenturm, wo er so lange mit Wasser und Brod erhalten wurde, bis er Soldat werden wollte“. Vgl. RINKE, Lippe, S. 20f.; Die Hildesheimer Handwerksmeister berichteten dem Rat am 12./22.11.1638, dass „die Handwercksbursch […] vor den Stadtthoren nicht allein angehalten und befragt worden, ob sie Lust haben, sich alß Soldaten gebrauchen zu laßen, sondern auch überredet werden, daß sie keine Arbeit allhier bekommen können […] und wann sie sich deßen verweigern, die Werber […] sie dahin nötigen, daß sie Geldt nehmen oder […] ihnen die Bündel vom Halße schneiden undt anders, waß sie sonsten bey sich tragen, nehmen, biß sie sich zu der Soldaten Charge sich verstehen wollen“. PLATH, Konfessionskampf, S. 482. Unter 1642 heißt es in Raphs Chronik von Bietigheim (BENTELE, Protokolle, S. 200) , dass der kaiserliche Obristwachtmeister Dusin 1642, weil er „mit Werbung eines Regiments und Musterung desselben gegen dem Bayerfürsten großen Falsch gebraucht, auch andere tyrannische Untaten in der Marggrafschaft Durlach und anderswo unerhört verüebt, hingegen mit Klaidungen Tractamenten und Dienern sich mehr als fürstlich haltend und hierdurch alles Geld, üppiglich vergeudet hat, zu Tüwingen [Tübingen; BW] uff der Burgstaig seinem Verschulden nach mit dem Schwert gerichtet worden. Sein Großvatter soll ein Großherzog zu Venedig gewesen sein“. Der Schweriner Dompropst und Ratzeburger Domherr, Otto von Estorf [1566 – 29.7.1637], berichtet in seinem „Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium“ zum April 1623: „Dietrich von Falkenstein ein Mansfeldischer Werber, so vor wenig tagen zue Breslau eingezogen, ist gerichtet, der Andere, so catholisch geworden, ist beim Leben erhalten“. DUVE, Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium, S. 26. Vgl. auch ERB, Die Werber in Schwallungen 1620; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 275ff.
[3] Adolf Herzog v. Schleswig-Holstein-Gottorp [15.9.1600 Gottorf-19.9.1631 Eilenburg], kaiserlicher Obrist. Vgl. HANDELMANN, Herzog Adolf von Holstein-Gottorp.
[4] Leitmeritz [Litoměřice]; HHSBöhm, S. 324ff.
[5] Rittmeister [schwed. Ryttmåstere]: Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscher, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte – 1620 erhielt er in der brandenburgischen Armee als Rittmeister über 50 Pferde nur 25 fl. – , bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.
[6] HANDELMANN, Herzog Adolph von Holstein-Gottorp, S. 12.
[7] Feldprediger, Feldkaplan: Im Codex Iuris Canonici (c. 564–572 CIC) bezeichnet der Begriff Kaplan einen Geistlichen mit einem extraterritorialen Seelsorgebereich für einen Sonderbereich, hier der Armee. Maximilian I. von Bayern hat für seinen Generalvikar Benedikt Rauh am 5.4.1642 eine ausführliche Instruktion erlassen; FRISCH, Rauh, S. 156f.: „Insbesondere sorge der von uns bestellte Generalvicar, dass die Feldcapellane, sowohl bei Infanterie als Reiterei, ein exemplarisches Leben führen. Wenn sie scandalös sich aufführen oder zur Verwaltung der Sacramente weniger tauglich erfunden werden, soll er sie verbessern, strafen, oder nach Fund der Sache vom Heere entfernen. Er soll drei oder vier Verkündiger des Wortes Gottes mit sich zum Heere bringen; sorgen, dass morgens und abends die Gebetsstunden eingehalten werden, zu welchen mit Trompeten etc. ein Zeichen gegeben wird; dan an Sonn- und Feiertagen bei jeder Legion öffentlich Messe gelesen und von den Capellanen Predigten gehalten werden, namentlich dass zur österlichen Zeit die Soldaten ihre Sünden bekennen, und zur heil. Communion gehen, wenn auch ihre Officiere andersgläubig sein sollten. Anstalten soll er treffen, dass kein Soldat, der tödtlich verwundet oder sonst gefährlich darniederliegt, der heil. Wegzehrung beraubt werde. Hauptsächlich soll er darauf sehen, dass die Officiere und Soldaten der Legionen die Concubinen und gemeinen Dirnen von sich entfernen oder zur Ehe nehmen; wenn sie mit guten Worten nicht gehen wollen, soll er sie öffentlich hinauswerfen lassen. Dann soll er dafür sorgen, dass er die schrecklichen Gotteslästerungen und Schwüre sowohl bei Officieren als Soldaten ausrotte, sowie die lasciven Worte. Zu diesem Zwecke soll er durch seine Feldcapellane alle und jeden in Glaubenssachen unterrichten und ihre Kinder im Katechismus belehren lassen. Wenn hierin der Capellan nichts ausrichte, soll er es dem Führer der Legion berichten, wenn dieser nichts zu Stande bringe, soll der Generalvicar es dem Obersten melden und wenn auch dieses nichts fruchte, die Hilfe des Generals in Anspruch nehmen. Nicht weniger bemühe er sich, dass die Feindschaften sowohl unter Hohen als Gemeinen auf jede Art und Weise beigelegt werden. Er selbst soll an Sonn- und Feiertagen vor dem Generalstab predigen. Damit dieses Alles besser vollzogen werde, soll er alle 8 oder wenigstens 14 Tage seine Capellane berufen und einem nach dem andern ausfragen und hören, was für Laster in dieser oder jener Legion grassieren, damit sie in Zukunft geheilt werden können. Endlich soll der General-Vicar so viel als möglich darauf sehen, dass die Kranken und tödtlich Verwundeten zur Reue, Beichte, Communion und wenn es nothwendig zur letzten Oelung disponirt werden; sollten Viele oder Wenige dem Heer nicht folgen können, soll er Geistliche zurücklassen, welche ihnen in ihren letzten Nöthen beistehen“. Eine ähnliche Funktion dürften auch die Feldprediger in den anderen Armeen gehabt haben, die die einzelnen Regimenter begleiteten. In der brandenburgischen Armee erhielt der Feldprediger 1620 gerade einmal 20 fl., also 2 fl. mehr als ein Feldscher oder Trommelschläger, nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) 24 fl., ein Prädikant 25 fl. Vgl. dazu auch BRENDLE; SCHINDLING, Geistlichkeit.
[8] Obristwachtmeister: Der Obristwachtmeister mit einem monatlichen Sold von 50 fl. entsprach vom Rang her dem Major in der schwedischen Armee. Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte er für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht. Daneben war er zum Teil auch Rittmeister, um seinen Sold aufzubessern.
[9] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[10] Lodovico [Luigi, Louis] Gonzaga di Bozzolo, principe de Castiglione, marchese di Mantova [1599 San Martino dall’Argine-1660], kaiserlicher Feldmarschallleutnant.
[11] Neumark: östlich der Oder gelegene historische Landschaft, die heute größtenteils (mit Ausnahme u. a. von Arnswalde, Königsberg (Neumark), Soldin und der bei Deutschland verbliebenen Teile) zur polnischen Woiwodschaft Lebus gehört. Bis 1945 war sie Bestandteil der preußischen Provinz Brandenburg (Regierungsbezirk Frankfurt) [wikipedia].
[12] Georg Wilhelm Kurfürst v. Brandenburg [13.11.1595 Kölln-1.12.1640 Königsberg].
[13] Vgl. auch CATALANO, Ein Chamäleon; REBITSCH, Wallenstein; MORTIMER, Wallenstein; SCHUBERTH; REICHEL, Die blut’ge Affair’; MORTIMER, Wallenstein.
[14] Crossen a. d. Oder [Krosno Odrzańskie, LK Krośnieński; heute Polen].
[15] porcus (lat.): Schwein.
[16] Obrist [schwed. överste]: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung, in der brandenburgischen Armee 1.000 fl. „Leibesbesoldung“ nebst 400 fl. Tafelgeld und 400 fl. für Aufwärter. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 504. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.
[17] Johann der Ältere Freiherr v. Wangler [Wangeler, Wagler] [1561-14.4.1639], kaiserlicher Generalwachtmeister.
[18] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.
[19] Züllichau [Sulechów; LK Zielona Góra].
[20] Sommerfeld [Lubsko, Crossen a. d. Oder/Krosno Odrzańskie, LK Krośnieński; heute Polen].
[21] Dragoner (frz. dragon): leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit Drachenkopf (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. „Arbeiter zu Pferd“ hat man sie genannt. Der Dragoner war im Prinzip ein berittener Musketier (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen und zu sichern. Teilweise führten die Dragoner am Sattelknopf kleine Äxte mit, um Hindernisse entfernen oder sich auch zeitweise selbst verteidigen zu können. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten im Kampf auch als Musketiere eingesetzt. Zu ihren Aufgaben gehörte auch Sicherung und Deckung von Konvois, Patrouillen, Angriffe aus dem Hinterhalt, Bildung der Vor- und Nachhut. Ausführlich dargestellt bei ENGERISSER, Von Kronach, S. 468ff., FLIEGER, Die Schlacht, S. 123ff. Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 Gulden 55 Kreuzer in Rechnung. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd. Zu den Waffen vgl. auch http://www.engerisser.de/Bewaffnung/Bewaffnung.html.
[22] Landstände: Vertreter gewisser Bevölkerungsgruppen, die zusammen mit dem Landesherren die Herrschaft ausübten: weltliche Adlige (Ritter), geistliche Adlige (Prälaten) und meist Städte, die auf den Landtagen berieten. In der frühen Neuzeit verlieren sie ihre Mitwirkungsrechte zum Teil an den Landesherren.
[23] Einquartierung: Die kostenaufwendige Einquartierung von Truppen versuchten die Betroffenen oder ihre Vertreter nach Möglichkeit durch „Verehrungen“ bei den zuständigen Kommandierenden, Kriegskommissaren und Quartiermeistern abzuwenden. Gelang das nicht, so wurden je nach Rang, Vermögen und Steueraufkommen und auch der Religionszugehörigkeit der Betroffenen Mannschaften und Pferde in die Häuser eingelegt, wobei die Soldaten die besten Räume für sich in Anspruch nahmen. Billette (Einquartierungszettel) sollten zwar Unterkunft, Verpflegung (oder ersatzweise Geldleistungen) der Soldaten und Abgabe von Viehfutter durch ihre „Wirte“ regeln, was aber nicht nur zu Streitigkeiten in der Bürgerschaft selbst, sondern auch unter den Soldaten führen musste. Ausgenommen von der Einquartierung waren in der Regel bei eigenen Truppeneinlagerungen Kleriker (aber nicht deren Klöster), Bürgermeister, Ratsherrn, Apotheker, Ärzte und Gastwirte. Auf die Beschwerden der Bürgerschaft wurde die Einquartierung durch den Rat der Stadt „als eine gerechte und für eure vielfältigen Sünden wohl verdiente Strafe Gottes“ bezeichnet; BORKOWSKY, Schweden, S. 20. Nach dem Überlinger Dr. Pflummern; SEMLER, Tagebücher, S. 393 (1642); sind „dise völckher zu roß vnd fůß nicht darumb zu vnß kommen, vnß oder daß land vor dem feind zu sichern, oder gegen denselbigen sich im veld sehen zu lassen, sonder allein hinder den mauren oder vnderm tach den bauch vnd seckhel zu füllen vnd alßdan den weeg weitter zu nemmen vnd vnß dem feind zum raub zu hinderlassen“. In den Quartieren gab es zudem Mord und Totschlag unter den Mannschaften, gewalttätige Übergriffe gegen Bürger und Bauern waren trotz errichteter Quartiergalgen und hölzerner Esel alltäglich. Teilweise wurde sogar Quartiergeld für die von Offizieren mitgeführten Hunde verlangt; SODEN, Gustaph Adolph III, S. 359. Teilweise wurde auch der Abzug vorgetäuscht, um Abzugsgelder zu erpressen; TRÄGER, Magister Adrian Beiers Jehnische Chronika, S. 60. Der protestantische Schuhmacher Bellinckhausen über die kaiserlichen Truppen in Osnabrück (1630); BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 36: „Was denn inquartirten soldaten bey uns thut anlangen, ist ein gottlos diebisch und mordrisch volck, stehlenn jeymlich und rauben offenbar, saufen und fressen, dominirn tag und nacht, spielen und doblen, parten und beuten, ruffen und jautzen, schießen und morden sich unter andern, schlagen sich mit den burgern, verfuhrn der burger weiber und kinder und haben manig magd zur hurn gemacht. Die burger konnen bey abendts oder nacht zeyt nicht uber die straßen gehen. Sie schlagen dieselben, habe auch solchs zweymall von dem gesind leyden m mußen“. Eine längere Einquartierung konnte den Ruin ganzer Gemeinden und Städte bedeuten. Zudem wurden die Quartiere verwüstet. So der Abt Friesenegger von Andechs über die einquartierten katholischen „welschen“ Truppen Ferias (Winter 1634): „Das Dorf stand ganz in Unflat, und Wüste, alles zum Grausen, und für Menschen unbegreiflich. In den Häusern wie auf den Gassen lagen nichts als abscheuliche Lumpen, zerschlagener Hausrat, Köpfe, Füße, und Gedärme von verzehrten Pferden, Menschen Unrat, und mehrere Toten Körper. In den Häusern waren nur Stuben, Kammer und Kuchl bewahret, das übrige davon hatte ein Dach, keinen Mantel, keine Mittelwand, keinen Balken, und meistens standen dieselben nur auf vier Säulen. Die Zäune, Planken, und schönste Obstbäume in den Gärten waren alle verbrennet. Auch aller Hausrat von Bänken, Kästen, Bettstätten, Geschirren, und die Baufahrnisse von Wägen, Pflügen, und was immer von Holz war, ging in den Flammen auf. Selbst in beiden Kirchen war ein Greuel zu sehen. Türen, und auch Fenster waren zerbrochen. Alles, was darin aufbewahret, und zum Gebrauch war, wurde geraubet. In der Frauenkirche brannten sie wenigst die letzte Woche eines, und in der Pfarrkirche stets 2 Feuer. Alles hölzerne Kirchengerät mußte hierzu dienen. Das Gemäuer war voll Rauch und Ruß, und der Boden voll Unrat. Auf dem Friedhofe konnte man vor Menschen-Unflat keinen Fuß mit Ehren setzen, und die Sakristei brauchten sie für ihr geheimes Ort. In der Kirche zu U. L. Frau lagen auch 4 unbegrabene Toten-Körper, die man außer der Kirche auf der Nordseite, wo schon mehrere lagen, in ein Grab zusammen warf“. Auch der Abzug musste je nach Vermögen erkauft werden (1644): „Zum Abzuge mußte dem Obristen von jedem Pfluge 20 Rtlr. und das beste Pferd gegeben werden.“ WALCZOK, Barsbüttel, Gott und die Welt. Vgl. den Bericht der Kapitelherren in Zeitz (1635), BORKOWSKY, Schweden, S. 65: „Keine Brauerei, keine Krämerei ist mehr im Stift, keine Feldbestellung, kein Ackerpferd, keine Kuh, kein Kleinvieh. Hie und da müssen sich Manns- und Weibspersonen in die Pflüge und Eggen spannen – was sonst nur als barbarische Grausamkeit aus der Türkei berichtet war. Häuser und Hütten stehen ohne Dach. Die Menschen haben keine Kleidung mehr. Viele sind im Winter erfroren, andere an Hunger, Krankheit und Mangel an Arznei dahingestorben. Die Leichen liegen unbegraben. Weiber und Kinder fallen den Kommunen zur Last. Viele Bürger laufen zu den Soldaten über. Die Kirchen- und Schuldiener können nicht mehr besoldet werden. Die Jugend bleibt unerzogen. Hospitäler und Armenhäuser werden nicht mehr unterstützt. Viele Menschen sind so jämmerlich gekleidet, dass sie sich nicht getrauen, zum Gottesdienst und zum Abendmahl zu gehen …“ VOGEL, Leipzigisches Geschicht-Buch, S. 443: „Den 11 Junii [1631; BW] zur Nacht hat sich eines vornehmen Doctoris Frau im Brühl / welches mit schwermüthigen Gedancken beladen aufm Gange im Hembde an eine Quele erhencket / weil sie / wie man sagte / denen Soldaten Quartier und Geld geben müssen / welche 2 alte Weiber loßgeschnitten / von Todtengräbern abgehohlet / und den 13. dieses mit einer kleinen Schule begraben worden“.
[24] Stab: die Gesamtheit der höheren Offiziere eines Heeres (Generalstab) oder Heeresteils (Regimentsstab). Dazu gehörte auch der Feldgeistliche des Regiments. Die Bedeutung ergibt sich metonymisch: Der Stab war das Zeichen der Amts- und insbesondere der militärischen Obergewalt. Der „Unterstab“ umfasste dagegen die rangniedrigeren Dienstränge. Je nach Rang wuchs auch der Umfang des Stabes Stab: die Gesamtheit der höheren Offiziere eines Heeres (Generalstab) oder Heeresteils (Regimentsstab). Dazu gehörte auch der Feldgeistliche des Regiments. Der „Unterstab“ umfasste dagegen die rangniedrigeren Dienstränge. Je nach Rang wuchsen auch der Umfang des Stabes und damit die Belastung bei Einquartierungen.
[25] Werbung: Der jeweilige Kriegsherr schloss mit einem erfahrenen Söldner (Obrist, Obristleutnant, Hauptmann) einen Vertrag (das sogenannte „Werbepatent“), in dem er ihn eine festgelegte Anzahl von Söldnern (auch „Neugeschriebene“ genannt) anwerben ließ. Dafür wurde ihm ein der von Städten und Territorien wegen der Ausschreitungen gefürchteter => Musterplatz angewiesen. Zudem erhielt der Werbeherr eine vereinbarte Geldsumme, mit der er die Anwerbung und den Sold der Geworbenen bezahlen sollte (=> Werbegeld). Manchmal stellte der Werbende auch Eigenmittel zur Verfügung, beteiligte sich so an der Finanzierung und wurde zum „Gläubiger-Obristen“ des Kriegsherrn. Zudem war der Werbeherr zumeist Regimentsinhaber der angeworbenen Truppen, was ihm zusätzliche beträchtliche Einnahmen verschaffte. Manche Rekruten wurden von den Werbeoffizieren doppelt gezählt oder unerfahrene, z. T. invalide und mangelhaft ausgerüstete Männer als schwerbewaffnete Veteranen geführt, um vom Obristen eine höhere Summe ausgezahlt zu erhalten. Auch Hauptleute, meist adliger Herkunft, stellten Kompanien oder Fähnlein auf eigene Kosten dem Kriegsherrn bzw. einem Obristen zur Verfügung, um dann in möglichst kurzer Zeit ihre Aufwendungen wieder hereinzuholen und noch Gewinne zu erzielen, was zu den üblichen Exzessen führen musste. Teilweise wurde die Anwerbung auch erschlichen oder erzwungen. Auf der Straße eingefangene Handwerker wurden für Wochen ins Stockhaus gesteckt und durch die Erschießung von Verweigerern zum Dienst gezwungen; SODEN, Gustav Adolph II, S. 508. Wie schwierig Werbungen bereits 1633 geworden waren, zeigen die Aufzeichnungen des Dr. Molther aus Friedberg; WAAS, Chroniken, S. 141: „Im Junio [1633] hat die hiesige Stadt und allenthalben die Grafschaften und adeligen Örter Volk geworben, welches zu Heilbrunn [April 1633] ist beschlossen worden, und hat die Stadt alhier 24 Mann sollen werben. Es ist aber keiner zu bekommen gewesen. Man hat einem zu Fuß geboten 10, 20, auch 30 Thaler, wohl auch 40, und hat doch fast niemand bekommen können. Derowegen hat der Officier, so das Volk abholen sollen, die Soldaten, so die Stadt Wetzlar geworben, hero geführet, so 16 Mann sind gewesen, und so lang hier behalten, bis die Stadt ihre 24 Mann hat gehabt. Darbei noch gedrohet, er wollte, so sie nicht balde geworben, die Burger und deren Söhne mitnehmen“. Für Anfang 1643 heißt es in den Aufzeichnungen aus Mühlhausen über die Werbemethoden des schwedischen Kommandanten in Erfurt, Caspar Ermes; JORDAN, Mühlhausen, S. 97: „In diesem Jahre legte abermals der Commandant von Erfurt einen Capitän mit einer Compagnie Infanterie in die Stadt, um Soldaten zu werben. Weil sie aber nicht viel Rekruten bekamen, so machten sie einen listigen Versuch. Sie warfen Geld in die Straße; wenn nun jemand kam und es aufhob, so sagten sie, er hätte Handgeld genommen, er müsse nun Soldat werden. Im Weigerungsfalle steckten sie solchen Menschen in den Rabenturm, wo er so lange mit Wasser und Brod erhalten wurde, bis er Soldat werden wollte“. In einem Bericht aus Wien (Dezember 1634) heißt es: „Aus Schwaben und Bayern kommen wegen der großen Hungersnoth viele tausend Menschen auf der Donau herab, so dass man immer von Neuem werben und die Regimenter complettiren kann“. SODEN, Gustav Adolph III, S. 129. JORDAN, Mühlhausen, S. 90f. (1637) über den Werbeplatz Sporcks: „Den 4. April ist er wieder mit etlichen Völkern zurückgekommen und hat sich mit denselben hier einquartiret und seinen Werbeplatz hier gehabt, hat auch viel Volk geworben, wie denn die Eichsfelder und andere benachbarte häufig zuliefen und Dienst nahmen, nur daß sie ins Quartier kamen und die Leute aufzehren konnte. Viele trieb auch der Hunger. Als es aber ans Marchiren gehen sollte, so wurde aus dem Marchiren ein Desertieren“. Für Anfang 1643 heißt es über die Werbemethoden des schwedischen Kommandanten in Erfurt, Caspar Ermes; JORDAN, Mühlhausen, S. 97: „In diesem Jahre legte abermals der Commandant von Erfurt einen Capitän mit einer Compagnie Infanterie in die Stadt, um Soldaten zu werben. Weil sie aber nicht viel Rekruten bekamen, so machten sie einen listigen Versuch. Sie warfen Geld in die Straße; wenn nun jemand kam und es aufhob, so sagten sie, er hätte Handgeld genommen, er müsse nun Soldat werden. Im Weigerungsfalle steckten sie solchen Menschen in den Rabenturm, wo er so lange mit Wasser und Brod erhalten wurde, bis er Soldat werden wollte“. Vgl. RINKE, Lippe, S. 20f.; Die Hildesheimer Handwerksmeister berichteten dem Rat am 12./22.11.1638, dass „die Handwercksbursch […] vor den Stadtthoren nicht allein angehalten und befragt worden, ob sie Lust haben, sich alß Soldaten gebrauchen zu laßen, sondern auch überredet werden, daß sie keine Arbeit allhier bekommen können […] und wann sie sich deßen verweigern, die Werber […] sie dahin nötigen, daß sie Geldt nehmen oder […] ihnen die Bündel vom Halße schneiden undt anders, waß sie sonsten bey sich tragen, nehmen, biß sie sich zu der Soldaten Charge sich verstehen wollen“. PLATH, Konfessionskampf, S. 482. Unter 1642 heißt es in Raphs Chronik von Bietigheim (BENTELE, Protokolle, S. 200) , dass der kaiserliche Obristwachtmeister Dusin 1642, weil er „mit Werbung eines Regiments und Musterung desselben gegen dem Bayerfürsten großen Falsch gebraucht, auch andere tyrannische Untaten in der Marggrafschaft Durlach und anderswo unerhört verüebt, hingegen mit Klaidungen Tractamenten und Dienern sich mehr als fürstlich haltend und hierdurch alles Geld, üppiglich vergeudet hat, zu Tüwingen [Tübingen; BW] uff der Burgstaig seinem Verschulden nach mit dem Schwert gerichtet worden. Sein Großvatter soll ein Großherzog zu Venedig gewesen sein“. Der Schweriner Dompropst und Ratzeburger Domherr, Otto von Estorf [1566 – 29.7.1637], berichtet in seinem „Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium“ zum April 1623: „Dietrich von Falkenstein ein Mansfeldischer Werber, so vor wenig tagen zue Breslau eingezogen, ist gerichtet, der Andere, so catholisch geworden, ist beim Leben erhalten“. DUVE, Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium, S. 26. Vgl. auch ERB, Die Werber in Schwallungen 1620; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 275ff.
[26] verpartieren: (an eine fremde Partei) vertreiben; wegnehmen, entfernen; verkaufen.
[27] Verpflegung: PAPKE, Landsknechte, S. 22: „Ende 1618 wurden Reiter in Altendresden einquartiert. Ihre Verpflegung regelte ein kurfürstliches Mandat vom 8. November. Es sah für ein Frühstück Butterwecken vor sowie Brot, Butter, Käse und Bier. Zum Mittag sollte Suppe geben mit Rahm, Butter, Eiern, Muskatnelken und Semmeln, danach 5 Pfd. Rindfleisch mit Meerrettich, eine Hammelkeule, Zugemüse, Butter und Käse, Brot und Semmeln und pro Person 2 Kannen »hiehisches« Bier. Dazu wurden Salz, Würze, Essig, Schmalz, Holz für den Herd, Licht für Stuben und Ställe gerechnet, für 9 Personen insgesamt 2 Gulden, 11 Groschen, 6 Pfennige. Unkosten für Bett- und Tischwäsche wurden erwähnt, aber nicht berechnet“. Eigentlich durfte nur der übliche Servis gefordert werden: die dem oder den einquartierten Soldaten zu gewährende Unterkunft und Verpflegung, festgelegt in den jeweiligen Verpflegungsordnungen. „Servis“ definiert sich als die Abgaben des Hauswirts an den/die einquartierten Soldaten an Holz, Licht und Liegestatt (Heu und Streu), im Niedersächsischen kam noch Salz dazu; Kleidung, Ausrüstung etc., wurden verbotenerweise verlangt; Essen und Trinken fielen auch nicht darunter, wurden aber trotzdem eingefordert. Stattdessen konnte auch die sogenannte „Lehnung“ gegeben werden. Alle zehn Tage war diese Lehnung für die schwedischen Truppen zu entrichten, bei den unteren Chargen für Kapitän 12 Rt., Leutnant und Fähnrich 10 Rt., Sergeanten, Fourier, Führer, Musterschreiber und Rüstmeister zusammen 12 Rt., Trommelschläger, Pfeifer zusammen 6 Rt., Korporal 2 Rt., sowie den untersten Dienstchargen gestaffelte Beträge in Groschen. Für die Konstanzer Garnisonstruppen war 1633 festgelegt; BEYERLE, Konstanz, S. 35f.: „Jedem Hauptmann wöchentlich 1 ½ Eimer [1 Eimer = 293,92717 Liter; BW] Wein, 20 fl. Geld, täglich 6 Brote, sowie Unterhalt für 6 Pferde; der Leutnant erhielt wöchentlich 24 Quart Wein und 6 fl., täglich 3 Brote und Unterhalt für 1 Pferd; der Fähnrich wöchentlich 17 Quart Wein und 4 fl. Geld, täglich 2 Brote und Unterhalt für 1 Pferd; dem gemeinen Soldaten waren täglich 2 Pfd. Brot, eine Maß [1, 83 Liter; BW] Wein und wöchentlich 7 Batzen für das Fleisch zu verabreichen. Die große Schar der niederen Offiziere wie Feldwebel, Feldschreiber, Feldscherer, Fouriere und Korporale sollte ‚durch gemeine Bürgerschaft kostiert und nach eines jeden Hausvaters Vermögen unterhalten werden’ “. Nach der Verpflegungsordnung Gustav Adolfs II. vom 13.5.1632 für das Herzogtum Franken hatte ein Obrist Anspruch auf täglich 12 Mahlzeiten, bestehend aus je 12 Gerichten (im Wert von je 1/8 Rt). Im Oktober 1623 hatte Tillys Verpflegungsordnung für die Reiterei festgelegt: Rittmeister 4 Maß Wein, 20 Pfund Brot, 20 Maß Bier, 12 Pfund Fleisch, 2 Hennen und ein halbes Schaf. Ein reformierter Leutnant, Kornett oder Quartiermeister sollten 8 Maß Bier, 8 Pfund Brot und 4 Pfund Fleisch sowie ein Viertel von einem Schaf oder Kalb erhalten. Einem Jungen oder einem Weib standen 1 Pfund Fleisch, 2 Pfund Brot und 1 Maß Bier zu. BARNEKAMP, Sie hausen uebell, S. 42. Dazu kamen für den gemeinen Soldaten in der Regel täglich 2 Pfund Brot (zu 8 Pfennig), 1 Pfund Fleisch (zu 16 Pfennig) und 1 Kanne Einfachbier (2, 02 Liter zu 8 Pfennig). Statt Fleisch konnten auch Fisch, Butter oder Käse gegeben werden. Zwei Heringe entsprachen 1 Pfund Fleisch, eine Henne ersetzte 1, 5 Pfund Fleisch. Selbst diese Rationen wurden oft von den Offizieren noch unterschlagen. Der Erfurter Rat hält am 16.11.1641 die Klagen dreier gefangener Reiter des Regiments Hatzfeldt fest: „[Sie] berichteten [sie] wehren 5 tage von ihrem Regimente gewesen, undt nach einem Stücke brodts geritten, sie bekömen [sic] gantz nichts, wenn ihnen auch gleich Commiß[brot] zugesendet wehre, bekömen sie doch nichts: sondern die officirer behieltten solches alles vohr sich allein, [Sie] wussten auch nicht wo sie hin soltten, sie hetten deswegen von ihren officirern gantz nichts gehöret“. Zitiert bei BERG, Regulating war, S. 15; vgl. auch KUPER, Feuer, S. 104. So der kaiserliche Feldmarschall Melchior von Hatzfeldt 1642: „Denn arm und hungrig zu sein, macht schlechte Curagi – wo nit anderes, davor uns der liebe Gott behüte“. ENGELBERT, Hessenkrieg II, S. 43. Der Salemer Mönch Bürster (1644); WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 196: „Dan ehe muoß der burger sterben zehen mal, ehe der soldat verderben ainmahl“. Die Verpflegung erforderte dennoch riesige Mengen an Schlachtvieh, zumal die Soldaten nur schieres Fleisch verlangten, keine Innereien oder Füße wollten, und der genießbare Fleischanteil z. B. bei Ochsen zwischen 25 u. 55 % je nach Fütterung lag. Von Oktober bis Dezember sollen kaiserliche Truppen im kaisertreuen Hessen-Darmstadt neben 30 000 Pferden 100.000 Kühe und 600.000 Schafe erbeutet haben; PARKER, Dreißigjähriger Krieg, S. 250. In Tillys Verpflegungsordnung von 1627 wie auch in den anderen Ordnungen dieser Art war dagegen der umsichtige Umgang mit Einwohnern ausdrücklich festgelegt. KLOPP, Tilly, S. 546. Zweimal täglich ein Gericht mit zwölf Gängen für einen Obristen war üblich. Vgl. die kaiserliche Einquartierungsordnung Melchior von Hatzfeldts für Westfalen (1636 III 09): „Wirt ebenmeßigh geklagtt, daß nicht allein die officierer, sondern auch die soldat(en) mitt ubermeßigem banquitier(en), sonderlich mitt verschwendungh vieler weins und geträncks den armen mahn gentzlich außlaugen, derenthalb(en) ein jeder und alle hiemit erinnert, das, was sie dergestalt uppich verzehr(en), ihnen an der contribution abgehe“. SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, S. 127. Bürgermeister und Rat von Büren schrieben an die kurfürstlich-kölnischen Beamten in Paderborn und an den Edelherren Moritz von Büren über Vorfälle der am 1.4.1626 erfolgten Einlagerung einer Korporalschaft der Leibgarde des ligistischen Generalwachtmeisters Timon von Lintelo, Büren, 1626 April 15; SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, S. 185: „Bey Lübbertt Drevelnn ist ein reformirter corporal, so ein matresse bey sich gehapt, einlogirt gewest. Gleich wie der [Corporal; BW] einkommen, hat ihme der wirt nach zustandtt dieser orther unnd settigungh eines ehrlichen menschenn gnugsame speißenn, alß nemblich saurs krautt mit einer bratt- oder metwurst, ein schaffschinckenn, ein stück gerauchert rindtfleisch, ein außgeweßerten schweinenn potharst, dabei, dabei einen halben schaffenn käß nebenn butter aufgesetztt. Der corporal wirfft die speisenn mehrnntheilß zur dehl hinauß, unnd sagtt mit entrustungh zu seinem wirth, solche speisenn solte er einem hudler gebenn. Ob er meinte, das er ein hudler vor sich hette. (46) Er hette woll beßer speiß dem bettler vor die thuer gebenn etc., unnd will sich nicht stillen laßenn, biß ihme der wirth folgendenn tags nach seinem willenn schincken, hüner, kalbfleisch etc. aufzutragenn verpflichtet“. Nach der schwedischen Kammerordnung, 1635 X 04 (Geheimes Staatsarchiv Berlin-Dahlem I – 34 -179 b) hatte Oxenstierna den Anspruch pro Monat und gemeinen Reiter auf 4 ½ Rt., 60 Pfd. Brot und 60 Feldmaß Bier festgelegt. Im Juni 1634 sollte Generalkriegskommissar Ossa Erzherzogin Claudia von Tirol raten, den nach besserer Verpflegung begehrenden hohenemsischen Soldaten gegebenenfalls durch das Landvolk „die Hälse entzwei schießen“ zu lassen, was Claudia nicht tat, um eine weitere Eskalation der Lage zu vermeiden; SCHENNACH, Soldat, S. 71. In einem Bericht des Obristleutnants des Regiments Kaspar von Hohenems (25.8.1632) heißt es; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 336: „daß sie knecht gleichsam gannz nackhent und ploß auf die wachten ziehen und mit dem schlechten commißbroth vorlieb nemmen müessen, und sonderlichen bey dieser kelte, so dieser orten erscheint, da mich, als ich an ainem morgen die wachten und posti visitiert, in meinem mantl und guetem klaidt geforn hat, geschweigen die armen knecht, so übel beklaidt, die ganze nacht auf den wachten verpleiben müessen. So haben sie auch gar kain gelt, das sie nur ain warme suppen kauffen khönnen, müessen also, wegen mangl der klaiser und gelt, mit gwalt verschmachten und erkhranken, es sollte ainen harten stain erbarmen, daß die Graf hohenembsische Regiment gleich von anfang und biß dato so übel, und gleichsam die armen knecht erger alß die hundt gehalten werden. Es were gleich so guet, man käme und thete die armen knecht […] mit messern die gurgel abschneiden, alß das man sie also lenger abmatten und gleichsam minder als einen hundt achten thuett“. PAPKE, Landsknechte, S. 22: „Ende 1618 wurden Reiter in Altendresden einquartiert. Ihre Verpflegung regelte ein kurfürstliches Mandat vom 8. November. Es sah für ein Frühstück Butterwecken vor sowie Brot, Butter, Käse und Bier. Zum Mittag sollte Suppe geben mit Rahm, Butter, Eiern, Muskatnelken und Semmeln, danach 5 Pfd. Rindfleisch mit Meerrettich, eine Hammelkeule, Zugemüse, Butter und Käse, Brot und Semmeln und pro Person 2 Kannen »hiehisches« Bier. Dazu wurden Salz, Würze, Essig, Schmalz, Holz für den Herd, Licht für Stuben und Ställe gerechnet, für 9 Personen insgesamt 2 Gulden, 11 Groschen, 6 Pfennige. Unkosten für Bett- und Tischwäsche wurden erwähnt, aber nicht berechnet“. 1619 mussten ins Lager bei Themar geliefert werden: Rindsmäuler, Gelüng, Rindsmagen, Gekröse, Sülze, Zungen, Rindsherz, Rindsfüße, Rehwild geliefert werden. Dazu kamen Konfekt, Mandeln, Rosinen, Feigen, Nürnberger Küchlein (Lebkuchen), Reis, Muskatblüten, Peffer, Nelken geliefert werden. Vgl. ERB, Die ersten Kriegsereignisse, S. 10f.
[28] Officium: Rang, Amt.
[29] Traktament: Verpflegung(s)gelder, Bewirtung, Besoldung; Gastmahl: Eigentlich durfte nur der übliche Servis gefordert werden: die dem oder den einquartierten Soldaten zu gewährende Unterkunft und Verpflegung, festgelegt in den jeweiligen Verpflegungsordnungen. „Servis“ definiert sich als die Abgaben des Hauswirts an den/die einquartierten Soldaten an Holz, Licht und Liegestatt (Heu und Streu), im Niedersächsischen kam noch Salz dazu; Kleidung, Ausrüstung etc., wurden verbotenerweise verlangt; Essen und Trinken fielen auch nicht darunter, wurden aber trotzdem eingefordert. Stattdessen konnte auch die sogenannte „Lehnung“ gegeben werden. Alle zehn Tage war diese Lehnung für die schwedischen Truppen zu entrichten, bei den unteren Chargen für Kapitän 12 Rt., Leutnant und Fähnrich 10 Rt., Sergeanten, Fourier, Führer, Musterschreiber und Rüstmeister zusammen 12 Rt., Trommelschläger, Pfeifer zusammen 6 Rt., Korporal 2 Rt., sowie den untersten Dienstchargen gestaffelte Beträge in Groschen. Dazu kam für den gemeinen Soldaten in der Regel täglich 2 Pfund Brot (zu 8 Pfennig), 1 Pfund Fleisch (zu 16 Pfennig) und 1 Kanne Einfachbier (2, 02 Liter zu 8 Pfennig).
[30] Branntwein: als Arznei verwendet, besonders gegen die Pest, später allgemein das Getränk des armen Mannes, mit Wasser gemischt, um dieses teilweise zu desinfizieren, dann durch Bier weitestgehend abgelöst. Branntwein hatte eine lange Lagerfähigkeit und half, Ernteüberschüsse (Obst und Getreide) abzubauen, zumal auch schlechtere Qualitäten verwendbar waren und die Abfälle als Viehfutter verwertet werden konnten. Vor Angriffen oder bei Ausfällen wurden den Soldaten, um ihnen Mut zu machen, regelmäßig Branntwein ausgeschenkt.
[31] Konfekt: mlat. confectae: aus Zucker Gebackenes, Süßigkeiten, wurde in der Apotheke zu Heilzwecken vertrieben und gehörte auch zur Ausrüstung eines guten Arztes.
[32] Und so weiter tapfer und tapfer.
[33] Beiläufer: niederer Gehilfe für Botengänge.
[34] Konkubine: Beischläferin, hier: eine illegitime Beziehung eines Offiziers, Lagerprostituierte 2. Klasse für Offiziere, die, wenn man sie nicht mehr brauchte, mit untergebenen Offizieren verheiratet wurden. Vgl. die Beschwerden der Stadt Konstanz (1633) über die kaiserliche Garnison; BEYERLE, Konstanz, S. 28: „Das unnütze Gesindel der Huren und Buben wird nit abgeschafft, sondern bei täglicher Annehmung neuer Soldaten, so mit vielen Weibern und Kindern behängt sind, wird der Burger genötigt, neben den einquartierten Soldaten auch diese zu verköstigen, wie dann von solchen verarmten Untertanen mit ihren Weib und Kindern zu allhiesiger Stadt samt ihren gesamten Haushaben großer Zulauf ist, so dass sich zur Zeit uf die 350 Personen an Soldatenweibern und Kindern salvo honore Huren und Buben unter allhiesiger Garnison aufhalten“. Der Hurenwebel führte die Aufsicht über die zahlreichen Prostituierten des Trosses, die sich in 4 Klassen einteilen lassen: „Mätressen“, „Concubinen“, „Metzen“ und „Huren“. Teilweise wurden Bürger, die sich als „Hurenführer“ betätigten, mit Ruten ausgestrichen. SCHORER, Memminger Chronick, S. 135 (März 1629). Die in den Städten zurückgebliebenen Prostituierten wurden zumeist vom Rat aus der Stadt geschafft; MÜHLICH; HAHN, Chronik, S. 543.
[35] Hure: Eine Infamie mit der schandbarsten Wirkung überhaupt, da die Betreffende als außerhalb der ehrbaren christlichen Gesellschaft stehend diffamiert wurde. Vgl. DANCKERT, Unehrliche Leute, S. 146ff. Der Rothenburger Chronist Dehner 1629; HELLER, Rothenburg, S. 44: „3. May sind 5000 Sold. ankommen von Schweinfurt; hatten 200 Huren und viel Buben und Troß bey sich, sind unter der Predigt beim Galgenthor fürübergezogen, je 5 in einem Glied und allemahl 5 Fahnen miteinander, die Weiber und Trossen haben auch ihrenn sondern Fahnen gehabt, dass ganze Volck ist alles in grün Cosacken gangen, sind aufs Schwabenland zu gezogen in Italiam“. Vgl. die Darstellung des Marktbreiter Pfarrers Ammon (15.8.1633): „15. Aug., da ist der deutschen Amman Tochter öffentlich zur Huren gemacht und mit Steinen ausgeworfen zu Obernbreit und hierdurch, mit Weiden gepeitschet, ins Wasser gesprenget und ist ganz nakkend in der Bulleiten zum ärgerlichen Spectacul, unwissend der Geistlichen, gesessen“. DANCKERT, Unehrliche Leute, S. 146ff. Vgl. die Chronik des Johann Philipp Mohr; WAAS, Chroniken, S. 246: „Haben meine Herrn durch Kaspar Drappen und dem Herrn Schultheißen seine Richter [Gerichtsbüttel] Lorenz Doppels, Apodeckers seine Wittib, aus der Stadt geboten Hurerei halben, und auch hat sie die Franzosen [Syphilis] gehabt. Item Meister Eckhardt, Neilschmitt [Nagelschmied], hat man aus der Stadt getrieben Hurerei halben. Item einer Wittfrau (des Weißbender, der Pfördner am äußersten Mainzer Thor war, der bei Petterweil ist erschlagen worden), daß sie Hurerei mit Soldaten getrieben hat, ist ihr der Stadt verwiesen woerden“.
„Staupbesenhure“ (1766) vereinigte gleich zwei Diffamien in sich; TITZ-MATUSZAK, Starke Weibs-Personen, S. 19.
Vgl. die Beschwerden der Stadt Konstanz (1633) über die kaiserliche Garnison; BEYERLE, Konstanz, S. 28: „Das unnütze Gesindel der Huren und Buben wird nit abgeschafft, sondern bei täglicher Annehmung neuer Soldaten, so mit vielen Weibern und Kindern behängt sind, wird der Burger genötigt, neben den einquartierten Soldaten auch diese zu verköstigen, wie dann von solchen verarmten Untertanen mit ihren Weib und Kindern zu allhiesiger Stadt samt ihren gesamten Haushaben großer Zulauf ist, so dass sich zur Zeit uf die 350 Personen an Soldatenweibern und Kindern salvo honore Huren und Buben unter allhiesiger Garnison aufhalten“. Der Hurenwebel führte die Aufsicht über die zahlreichen Prostituierten des Trosses, die sich in 4 Klassen einteilen lassen: „Mätressen“, „Concubinen“, „Metzen“ und „Huren“. Teilweise wurden Bürger, die sich als „Hurenführer“ betätigten, mit Ruten ausgestrichen. SCHORER, Memminger Chronick, S. 135 (März 1629). Die in den Städten zurückgebliebenen Prostituierten wurden zumeist vom Rat aus der Stadt geschafft; MÜHLICH; HAHN, Chronik, S. 543.
[36] Gemeint ist hier die so genannte Remonte: Wiederaufstellung und –ausrüstung von Truppen. Die Montierung („Mundierung“) war die gesamte (Neu-) Ausrüstung eines Soldaten, die auch von den Bürgern und Bauern erzwungen wurde. JORDAN, Mühlhausen, S. 66; SCHWARTZ, Die Neumark, S. 51. Die angeblichen Kosten wurden natürlich dem Kriegsherrn in Rechnung gestellt. Ein leichter Reiter sollte mit Helm, Rücken- und Brustschild, zwei Pistolen und einem Schwert ausgerüstet sein, aber bereits Ende 1630 wurden Rüstungen nur an die vorderen Reihen der Fußregimenter ausgegeben. 1632 sollen nur wenige Kavalleristen überhaupt eine Rüstung getragen haben. Meist trugen sie Lederjacken. Ende der 30er Jahre war das schlechte Erscheinungsbild „fast schon legendär“; das tschechische Wort „Szwed“ war gleichbedeutend mit „Mann in Lumpen“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 39. 1647 wurden die Ausrüstungskosten für einen Reiter mit 80 Rt. veranschlagt. PETER, Eisenach, S. 52. Ein durchaus üblicher Vorgang war es angesichts der meist schlechten Versorgungslage mit Bekleidung, dass man den Toten und Verwundeten nach der Schlacht die Kleider auszog. Bei den Schweden wurden Kleider nach Stockholm verbracht, geflickt, gereinigt und wieder an die Truppe ausgeteilt.
[37] Unterstube: im Erdgeschoss liegende Stube, im Gegensatz zur repräsentativeren Oberstube.
[38] Strauchreiter: „Gauner zu Pferd“, vgl. Streifpartei: I. Streifkorps; Reiterabteilung, die entweder zur Aufklärung oder zu überraschenden Handstreichen vom zuständigen Kommandeur ausgesandt wurde oder eine auf eigene Rechnung oder mit Wissen des an der Beute beteiligten Kommandeurs herumstreifende Abteilung, um Beute zu machen, Nahrung zu beschaffen oder die Bevölkerung zu terrorisieren. Am 9.5.1643 schrieb Ferdinand III. an Gallas: „auch die Streifparteien gehören bestrafft […], da sy die unterthanen unerhörter barbarischer weiß tractirn, denenselben wan sy nit gleich alles nach ihrem willen thuen, löcher durch die nasen bohren, strick dardurch ziehen und sie die [wie ?] unvernünfftigen thiere mit herumben ziehen, theils gar pulver in die nasenlöcher, auch mundt und ohren stecken und dasselbe anzünden, oder aber haisses bley hinein gießen, auch wohl ihre händt und fueß abhacken, ganze dörffer außplendern, und viel pferdt und viech mit weckh treiben“. REBITSCH, Gallas, S. 218f. II. Kriegspartei: reguläre Truppenabteilung. Vgl. KROENER, Kriegsgurgeln. III. Banden aus Deserteuren, Straftätern, vertriebenen Bauern, die z. T. in Stärke von 400 Mann bevorzugt Dörfer überfielen. LEHMANN, Kriegschronik, S. 105, zu einer Strafaktion: „Zue Crandorf hielte Sich auf Johans Lorentz, ein versuchter Churfürstlicher reuter, aber arger Mauser, der uff den Schwedenschlag an der Böhmischen gräntze großen schaden gethan. Den nahm Künemann, ein keyßerlicher Leutenandt und werber von den Platten mit 6 musquetiren des Nachts auß den bette, führeten ihn biß an Breittenbrunner Wiltzaun, schoßen in todt, zogen ihn auß und ließen ihn liegen, der den 25. April in einen Winckel auf den Gottesacker wurd begraben“. Vgl. auch das Edikt der Grafschaft Limburg (1627): „waß maßen vnd vielfeltiger Dagten Vorkommen [ist], dass sich in Vnser[er] Graffschafft Lymburg fast täglichen Partheyen vnd Soldaten vnd auch noch woll herrenloses Gesindling in Büschen, Bergen vnd Strauchen auffhalten, welche nicht allein Vnsern Vnderthanen, sondern auch der benachbarten Neutralen pressen, knebeln, fangen, stechen vnd sonsten übell tractieren […], welches allen Rechten, Erbarkeitt, guter Policey vnd gemeiner Wolfahrt, auch des Heiligen Reiches Landtfrieden vnd anderen Satzungen zuwiederläufft“. MARRA, Tod, S. 140. „Je länger der Krieg dauerte, um so ärger wurde es. Eine Beschwerde der anhaltischen Fürsten vom 22. Januar 1639 an den Kaiser schildert die Zustände im Lande wie folgt: ‚Die meisten Völker haben sich von der Armee abgetan und unser Fürstentum durch und durch gestreift, Dörfer und Städte, derunter Jeßnitz und Raguhn, ausgeplündert, Adlige und andere Standespersonen ermordet und verwundet, Dörfer in Brand gesteckt, teils ohne Not niedergerissen, Bauernkinder geschlachtet, den Weibern die Brüste abgeschnitten und gegessen, dazu das Land dermaßen verderbt, daß fast niemand sich auf dem Lande aufhalten und das Feld bestellen, noch die Reichsanlage abführen kann“. WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 222. 1643 erwähnt der kaiserliche Generalprofoss eine Streifpartei von 2000 Berittenen (!); DUDÍK, Die Schweden in Böhmen und Mähren, S. 91. Im Juni 1647 ordnete der Kommandant von Lippstadt, Rollin de St. André, an, dass alle herumstreifenden Soldaten ohne Ausweispapiere zu erschießen seien. CONRAD; TESKE, Sterbzeiten, S. 51. => Partei.
[39] schmücken: verbergen, fürchten.
[40] Begräbnisse in Kirchen: „Die einfachste und folglich am häufigsten vertretene Grabform war ein Erdgrab im Kirchenboden. Gewöhnlich wurden die Bodenplatten dafür aufgenommen, die Grube im gewachsenen Boden ausgehoben und danach legte man die Platten nach Verfüllung wieder an ihren Platz. Die Kirchenbänke wie wir sie kennen, gab es damals nicht, so dass kein Hindernis durch eine eventuell vorhandene feste Bestuhlung entstehen konnte. Eine Kennzeichnung des Grabes erfolgte in der Regel nicht. Dieses Verfahren brachte einige Unannehmlichkeiten mit sich, welche zwar früh erkannt wurden, doch bis man davon abkam, vergingen mehrere Jahrhunderte. Ob man die Verstorbenen mit oder ohne Sarg beisetzte, durch die Verwesung der Leichname, bzw. den allmählichen Zerfall der Särge senkte sich der Boden. Die Platten wurden uneben und dauernd musste daran ausgebessert werden. Aufzeichnungen über die genaue Lage der Gräber gab es weder in den Kirchenbüchern, noch wussten die Hinterbliebenen exakt um die Grabstellen. Man hinterließ ungefähre Angaben wie: „Nahe bei der Kanzel” – „Neben dem Grab des XY” oder wies auf einen Seitenaltar oder auf ein Bildwerk hin. Solche Angaben finden sich in Testamenten, wo z. B. die ungefähre Lage des Grabes eines Elternteiles beschrieben wurde – zusammen mit dem Wunsch, ebenfalls dort bestattet zu werden. Diese Grabstätten kosteten natürlich auch in der einfachsten Form Geld und brachten der Kirchengemeinde einen nicht zu verachtenden Teil ihres Einkommens. Jedoch war die Wiederbelegung nicht wie heutzutage reglementiert, und um Mindestruhezeiten scherte sich niemand. Die Anlage eines neuen Grabes war dem Ermessen und der Ortskenntnis des jeweiligen Totengräbers überlassen. Auf dem umliegenden – meist durch Bebauung nicht erweiterbaren Friedhof war die Situation ebenso – dort konnte man bei Überbelegung allerdings Erde in ausreichender Höhe aufbringen und somit eine neue Fläche schaffen. (Dies geschah im Laufe der Zeit häufig mehrmals – mit dem Ergebnis, dass der Friedhof später höher lag als der Boden der Kirche. Ein gutes Beispiel ist die Marienkirche in Uelzen, welche man heute betritt, indem man mehrere Stufen hinunter geht.) Innerhalb der Kirche war diese Art Lösung nicht durchführbar und so wurde einfach weiter begraben. Oft kamen dabei Gebeine zu Tage oder gar Leichen, die noch nicht verwest waren. Dergleichen warf der Totengräber einfach in eine dunkle Ecke und da blieben sie liegen; der Anblick und der Gestank wurden hingenommen. Beinhäuser zur Aufnahme exhumierter Gebeine gab es lange nicht überall. Für geistliche oder sonstige Personen von Ansehen legte man auch Schachtgräber an, welche zumindest mit Steinsetzungen ausgekleidet oder ausgemauert waren. Diese wurden dann mit einer Grabplatte an Stelle eines Grabsteines verschlossen. Der mehr oder minder durch aufgeschüttete Erde gewährleistete Luftabschluss fehlte hier. Folglich machten sich die bei der Zersetzung des Leichnams entstehenden Verwesungsgase auf verschiedene Art bemerkbar. Unerträglicher Geruch, Geräusche, die von dem aufgeblähten Körper vernehmlich wurden, vermehrte Anwesenheit von Ungeziefer aller Art machten den Kirchenbesuch für jedermann zu einer stark beeinträchtigten “Erbauung”. Es kam mehrfach vor, dass Gottesdienstbesucher fluchtartig die Kirche verlassen mussten. Aus Frankreich wird ein Fall berichtet, bei dem mehrere Kinder während des Kommunionunterrichtes bewusstlos wurden und einige Männer es nur mit mehreren Anläufen schafften, sie dort heraus zu holen. Wie auch immer – unsere Vorfahren waren in Bezug auf unangenehme Gerüche offenbar weniger empfindlich als wir – oder die vermeintliche Versicherung des Seelenheils durch ein Begräbnis im Kirchenraum wurde höher bewertet als das Ertragen der geschilderten Unannehmlichkeiten. Es dauerte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, bis man im inzwischen herangereiften Bewusstsein für Hygiene und zumindest ungefährer Kenntnis der Gefahren für die allgemeine Gesundheit diese Zustände abschaffte“. [http://www.rowane.de/html/kirchenbestattung.htm]. „Am 10. November [1632; BW] notierte der Ratsschreiber [in Naumburg; BW]: ‚Zu Magdeburg sind auch Leute in der Kirche begraben worden, welches man nachher abgeschafft, weil die Dünste von dem Fäulen durch die Erde dringen und die Luft infizieren’. Noch einmal gab der Rat damals die Erlaubnis, dass ein Offizier in St. Wenzel beigesetzt würde, ‚jedoch kann keinem solches mehr bewilligt werden’“. BORKOWSKY, Schweden, S. 55. Es galt als entehrend auch für die Angehörigen, wenn ein Begräbnis mit Sang und Klang auf dem Friedhof verweigert wurde. Der protestantische Osnabrücker Schuhmacher Bellinckhausen berichtet (1633); BELLINCKHAUSEN, TEGEDER, KREIENBRINK, S. 237: „Denn 14. Junii ist Juncker Caspar Stahls tochter auf S[anct] Johans kirchof begraben, so im kinder bette gestorben, von Juncker Dumstorf, den cornet, beschlafen. Der Bischof [Franz Wilhelm v. Wartenberg; BW] hat gesagt, man solt sie auf die schingruben [Schindergrube, BW] begrabe[n]“. Zum Teil wurden aus Kostengründen auch 3 Offiziere in ein Grab gelegt; BECK, Chronik 1. Bd., S. 77. Vgl. SCHNEIDER, Chronik der Stadt Beelitz, S. 26f.: „Diese [Truppen Johann Wanglers d. Ä.; BW] brachten auch einen Fähnrich mit sich, welcher sich bei der Wache zu Trebbin todtgesoffen, und nun begehrte man, er solle hier in der Kirche begraben werden. Weil aber der Grund sumpfig und wässerig war, und man nicht tief in der Kirche also graben konnte, berichtete ich solches dem katholischen Meßpfaffen, als er etliche Male wegen des Begräbnisses Ansuchen that. Er wollte es aber nicht glauben und als man ihm die Kirche eröffnen mußte, ward er gewahr, daß es an einem Ort in unserer Kirche etwas höher sei als am andern, daselbst hin mußten wir geschehen lassen, daß nach Kriegsmanier der Trunkenbold begraben ward“.
[41] Rüstwagen: Plan-, Fracht-, Tross-, Kriegswagen.
[42] Regimentsquartiermeister: Der Regimentsquartiermeister war der Dienstvorgesetzte aller Quartiermeister des Regiments, ein einträgliches Amt, da ihm viele „Verehrungen“ zukamen, um die Einquartierungen abzuwenden. Ein Quartiermeister erhielt in der brandenburgischen Armee im Monat 50 fl.
[43] Muskete: I. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. II. Es gab auch Jagdmusketen mit kleinem Kaliber und langem Lauf, die von Scharfschützen verwendet wurden. Zum Teil machte man aus Unberittenen Dragoner, in denen man ihnen Musketen gab. SCHWARTZ, Die Neumark, S. 52. Da die Treffgenauigkeit der Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt.
[44] Dragoner (frz. dragon): leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit Drachenkopf (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. „Arbeiter zu Pferd“ hat man sie genannt. Der Dragoner war im Prinzip ein berittener Musketier (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen und zu sichern. Teilweise machte man auch Unberittene zu Dragonern, indem man ihnen ein Pferd und eine Muskete gab; SCHWARZ, Die Neumark, S. 52. Des Öfteren führten Dragoner am Sattelknopf kleine Äxte mit, um Hindernisse entfernen oder sich auch zeitweise selbst verteidigen zu können. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten im Kampf auch als Musketiere eingesetzt. Zu ihren Aufgaben gehörte auch Sicherung und Deckung von Konvois, Patrouillen, Angriffe aus dem Hinterhalt, Bildung der Vor- und Nachhut. Ausführlich dargestellt bei ENGERISSER, Von Kronach, S. 468ff., FLIEGER, Die Schlacht, S. 123ff. Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 Gulden 55 Kreuzer in Rechnung. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd. Zu den Waffen vgl. http://www.engerisser.de/Bewaffnung/Bewaffnung.html.
[45] Das war aus Furcht vor Widerstand eine verdeckte Entwaffnung der Bürger, im Gegensatz zur offenen Entwaffnung durch eine feindliche Besatzung.
[46] aufgestrichen: vorgehalten, auch: mit gespanntem Hahn, feuerbereit.
[47] Malter: sehr unterschiedliches Maß in den einzelnen Territorien oder Städten: Aachen = 148.268 Liter; Altenburg (Thüringen) = 293.944 Liter; Baden = 150 Liter; Coburg = 167.1 Liter; Düsseldorf = 165.84 Liter; Erfurt = 715.358 Liter; Frankfurt/M. = 114.729 Liter; Fulda = 174.122 Liter; Hanau = 122.122 Liter; Hannover = 186, 91 Liter; Heidelberg = 111.416-125.343 Liter; Hildesheim = 155.6-158.7 Liter; Höchst = 114.729 Liter; Homburg 100-128 Liter; Kaltennordheim/Thüringen = 167.5 Liter; Kassel = 643 Liter; Kleve = 214.4 Liter; Koblenz = 192.366Liter; Köln = 143.54 Liter; Krefeld = 137.512 Liter; Limburg/Lahn = 200.022 Liter; Lippe-Bückeburg = 105.5 Liter; Lippe-Detmold = 474.168 Liter; Mainz = 109.388 Liter; Mannheim = 111.08 Liter; Meiningen = 8 Maß = 32 Metzen = 167.1016 Liter; Mühlhausen/Thüringen = 161.613 Liter; Oldenburg = 273.636 Liter; Osnabrück = 244.4 Liter; Ostheim = 117.64 Liter; Paderborn = 291.608 Liter; Sachsen-Weimar = 150.588 Liter; Trier = 236.97 Liter; Weimar = 150.588 Liter; Wernigerode: 1 Malter Hafer = 12 Scheffel = 600 kg; Wiesbaden = 109.388 Liter.
[48] SCHWARTZ, Die Neumark, S. 49ff.
[49] Sternberg [Torzym, LK Sulęcin; heute Polen]; HHSD X, S. 467f.
[50] Drossen [Ośno Lubuskie (LK Słubice)].
[51] SCHWARTZ, Die Neumark, S. 65.
[52] SCHWARTZ, Die Neumark, S. 284.
[53] Egon VIII. Graf v. Fürstenberg-Heiligenberg [21.3.1588 Speyer-14.8.1635 Konstanz], bayerisch-ligistischer Obrist.
[54] Erling-Andechs [LK Starnberg]; HHSD VII, S. 182f.
[55] Spanier: Die spanischen Truppen genossen einen ausgesprochen schlechten Ruf. Von Elitetruppen kann nicht die Rede sein, so Blaise de Vignière, französischer Militärschriftsteller (1605), zit. bei PARKER, Soldat, S. 52f. „Was die Spanier betrifft, so kann man kaum leugnen, daß sie die besten Soldaten der Welt sind; aber ihrer gibt es so wenige, daß man zur Zeit wohl kaum fünf- oder sechstausend von ihnen zusammenbekommen kann“. dazu die Chronik des allerdings parteiischen Arnold v. Anrath aus Wesel (1616); BAMBAUER; KLEINHOLZ, Geusen und Spanier am Niederrhein S. 106f.: „Nach dem nu veil Soldaten im 1615 im Sommers durch dei Pestilentzi uthengeruckett und dei Companien fast schwag worden, hatt man wederum umb dei Companien zu stercken veil newe Spannier aus Hispannien uberschicket. Den 22. Februarii anno 1616, sein wederum in Wesell gekommen ungefehr 425 ungeruste und unwerbare meisten Thels Junges, und wenig so vor Soldaten bestan muchten, wey wohl artig quat genuch, umb Leutte und Burger zu betruben. Gott gebe, daß diße dei Letzte sein mugen. Den 23. sein dei so inkommen und dei so darin gelegen wahren zemptlich gemunstert worden, und sein diße schlegte Gesellen under dei altte Companien ingeflicket. Ich hilt es darvor, daß es mestendehl Schaff und Ferckens Hirtten gewesen wahren in den Orth darhen sei gekommen wahren. Und wehn daß edle Deutzlandt und dei darinnen wohnnen nicht theten, sey solten sobaldt den Juncker nit spelen alß sei thun, wehn sey dey Plug Bengelß nith in unser Landt gekomen“. Maximilian I. von Bayern hatte den Spanien schon in der Anfangsphase des Krieges mangelnden Einsatz vorgeworfen, „weiln alles nur auf einem bleien Spanischen fueß heergeht“. BA NF I/2, Nr. 109, S. 336: Maximilian I. an Herzog Wilhelm V., Straubing, 1621 VIII 25. Zum Teil wurden Sträflinge von denspanischen Galeeren rekrutiert und ins Reich verbracht.
[56] Gomez Suarez de Figueroa de Feria y Córdoba, 3. conde de Feria [30.12.1587 Guadaljara-4.1.1634 München], spanischer Statthalter von Mailand.
[57] BUCHNER; BUCHNER, Bayern, S. 97.
[58] (Bad) Windsheim [LK Neustadt/Aisch-Bad Windsheim]; HHSD VII, S. 63f.
[59] PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 124.
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