Obentraut, Hans Michael Elias von

Obentraut, Hans Michael Elias von; Generalleutnant [2.10.1574 Heddesheim-5.11.1625 bei Seelze]

Obentraut1Obentraut, Johann Michael Elias von

Als ältester Sohn des Oberschultheißen[1] Johann Bartel von Obentraut und seiner Frau Anna Apollonia Schenkh(in) von Schmittberg wurde Hans Michael Elias von Obentraut am 2.10.1574 in Heddesheim[2] bei Kreuznach[3] geboren.[4] Später wurde der Vater „Churfürstlich Pfälzischer Amtmann zu Stromberg“ (im Hunsrück); auf der dortigen Stromburg [=> Abb. rechts: CTHOE] Stromburg-mit-Kanone_CTHOEwird Michael seine Kindheit und Jugend verbracht haben. Michael und sein Bruder Conrad Nikolaus werden vermutlich das ,reformierte‘ (calvinistische) Gymnasium in Kreuznach besucht haben.

Dem Wunsch seines Vaters folgend nahm Obentraut zunächst in Heidelberg[5] ein Jurastudium auf, scheint sich aber sehr schnell auf eine militärische Laufbahn hin orientiert zu haben. Als er 1592, mit 18 Jahren, einen Besuch bei den Eltern auf der Stromburg machte, soll er schon das Leutnantspatent[6] gehabt haben. Es war die Zeit der österreichischen Türkenkriege (1593-1606). Michael Obentraut war in Ungarn eingesetzt und soll dort die Bekanntschaft Tillys[7] gemacht haben.[8]

Mit 34 Jahren Reiteroffizier, soll Obentraut 1608 in den Dienst der von Friedrich V.[9] und anderen Ständen gegründeten protestantischen ,Union'[10] getreten sein und u. a. 1610 mit 500 Reitern im Jülich-Kleveschen Erbfolgestreit (1609-1614) eingesetzt worden sein.

Als das Passauische Kriegsvolk unter Erzherzog Leopold von Österreich[11] im Februar 1611 in Böhmen einfiel und auch die Obere Pfalz bedrohte, kam Obentraut mit zwei Reiterkompanien[12] im März von Heidelberg über Neumarkt[13] und Amberg[14] nach Weiden[15] und blieb dort zehn Wochen, bis die Gefahr beseitigt war.

1619 stand er im Dienst Friedrichs V. von der Pfalz.

Es erscheint einigermaßen sicher, dass Obentraut 1619 von Friedrich V. von der Pfalz nach dessen Wahl zum König von Böhmen mit der Aushebung von Truppen in der Pfalz beauftragte wurde. Da er nicht vermögend war, wird Obentraut die Rekrutierung wohl nicht leicht gefallen sein. Aber er konnte 300 Reiter anwerben. Die Untere Pfalz wurde von einem spanischen Heer bedroht[16] und im Winter 1620/21 führte Obentraut dort einen durchaus effektiven Kleinkrieg gegen die Spanier. Obentraut soll seine Gegner ständig durch unerwartete Aktionen in Atem gehalten haben. Eine nicht belegte Überlieferung besagt, dass Obentraut von spanischen Söldnern respektvoll „Miguel Aleman“, „Deutscher Michel“ genannt worden sei. Es hieß, dass Obentraut „unter allen pfälzischen Obristen und Soldaten am meisten einen Soldatenmuth und rechtschaffen Courage gezeigt“ habe.[17]

Vermutlich im Spätherbst 1621 schloss sich Obentraut dem Heer des Söldnerführers Ernst von Mansfeld[18] an, den Friedrich V. mit der Verteidigung der Rheinpfalz beauftragt hatte. Im November erzielte man Erfolge gegen die Spanier, doch als Tilly mit seinem Liga-Heer heranrückte, zog sich Mansfeld zurück. Der Malers Johann Jacob Walther berichtet in seiner Strassburger Chronik: „Der obrist[19] Obentraut fiel mit seinen reutern im Breyssgau[20] ein und streyffte biss vor Breysach[21] und Ensissheymb,[22] erschluge alle soldaten, was er von oestreichischen fandte und plünderte[23] alles aus“.[24] „Samstags den 11. Mai morgens seint 6 cornet[25] Leopoldisches volck aus mangel der bezahlung[26] und hungersnoth[27] abgefallen und vor hiesige statt kommen, und zuforderst ihre dienste der statt Strassburg ahngeboten. Weilen nuhn ebenselbigen tages der herr Obentraut allhie ahngelangt, hatt er selbige reutter nach mittag durch den iungen Obentraut vor dem Steynstrasser thor besichtigen, ahngenommen und ihme huldigen lassen, darauff sie alssbalden ihre cornet[28] von den stangen gerissen, die stangen zerbrochen. Die statt hat ihnen lassen etliche ohmen[29] wein und brot hinauss führen und verehren, dessgleichen auch herr Christoffel Merckelbach, fürnehmer handelsmann, ihnen lassen im nahmen dess von Obentraut wein, brot und habern lassen verehren, welches sie mit freyden ahngenommen haben, weilen sie gar abgemattet undt hungrig waren.

Under dessen diesses vorgangen ist der fürst von Sachsen-Lauenburg,[30] so allhier zum Raben gelegen, auff den abendt spet mit ettlichen pferdten zum thor hinauss geritten; als er nuhn für die pforten hinauss kommen, ist ihme gleich vor dem schlagbaum der junge Obentraut nachgevolgt undt den fürsten in gegenwertigkeit etliche der herren Dreizehen uad Fünffzehen ahngegriffen, wehrloss gemacht und gefangen mit sich ihn ihre quartier geführet“.[31] Der Schweriner[32] Dompropst und Ratzeburger[33] Domherr, Otto von Estorf [1566-29.7.1637], berichtet in seinem „Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium“ zum Mai 1622: „Herzog Hinrich Julius zue Sachsen Lauenburg ist von Obentraut gefänglich nach Hagenow[34] geführet worden“.[35]

Don Gonzalo Fernández de Córdoba[36] sollte die Besetzung der Unteren Pfalz vorantreiben und „schritt zur Belagerung Frankenthals, das, wie so eben gesagt, nebst Mannheim[37] und Heidelberg[38] noch im Besitze des Exkönigs von Böhmen geblieben war. Nach vorhergangenen Recognoscirungen, am 16. und 21. September, rückten die Spanier in drei Kolonnen vor Frankenthal (29.). Eine Kolonne marschierte über Heßheim,[39] die zweite über Lambsheim[40] und die dritte über Oggersheim.[41] Die Pfälzer zogen den Spaniern gleichfalls in drei Kolonnen entgegen. Ungeachtet ihnen der Commandant John Borres[42] jeden Zusammenstoß untersagt hatte, griffen doch die ‚freiwilligen Reiter’, aus Bürgern von Frankenthal formirt, die von Oggersheim kommende Kolonne an, und jagten sie zurück. Vom Kirchthurm zu Heßheim recognoscirte Cordova die Stadt. Hier war unter den meggauischen[43] Reitern und starkenburgischen[44] Knechten[45] eine Meuterei[46] ausgebrochen, die durch das taktvolle Benehmen der Bürger gestillt wurde. Vom ‚Landausschuß’[47] entliefen in der Nacht 50 Mann. Die Spanier lagerten sich im Walde bei Studernheim[48] und fingen mit dem Abgraben der Bäche an.

Am 7. Oktober wurden die Belagerungsarbeiten und am 8. die Beschießung begonnen. Am letztern Tag fielen 4 Compagnien[49] aus, um die Spanier aus dem Walde zu vertreiben, was aber nicht gelang. Die Belagerten legten Laufgräben[50] gegen die Tranchéen[51] und Batterien[52] der Belagerer an. Dieß wollte die spanische Reiterei verhindern, was aber nicht gelang, ‚weil den Knechten, einem jeden, ein  n e w  K l e i d  versprochen gewesen, auch an Zutragung Brot und Weins und allerhand Essensspeiß kein Mangel erschienen, haben sie sich fleißig und tapfer erzeigt’. Um 6 Uhr Abends, am 8., stürmten die Spanier die ‚Rheinpforte’, sie wurden aber von den Bürgern und 2 Fähnlein[53] Soldaten zurückgeschlagen; drei Stunden hatte der Kampf gedauert. Bei einem Ausfall, am 9., erbeuteten die Belagerten einen Wagen mit Zinn- und Silbergeschirr und fingen etliche Spanier. Am 10. fand eine gegenseitige Beschießung statt. Ein Ausfall gegen die Approchen[54] kostete den Spanien viele Leute. In der Nacht setzten die Belagerer dem nördlichen Theil der Stadt hart zu, sie mussten aber schlüßlich unverrichteter Dinge abziehen. An den folgenden Tagen wurde die Beschießung fortgesetzt. Am 15. warfen die Spanier Feuerkugeln[55] in die Stadt und fielen in die Laufgräben der Belagerten, aus denen sie jedoch mit Verlust geworfen wurden. Am 16. Oktober fiel Hauptmann[56] Graf Wittgenstein[57] mit seiner Compagnie in die spanischen Batterien und hieb dort alles nieder. Am Abend stürmten die Belagerer abermals die ‚Rheinpforte’, eroberten auch eine Schanze[58] vor diesem Thor, wurden aber mit Verlust von 300 Mann zurückgeschlagen. Eine englische Companie wurde in einem ‚Butenwerk’[59] überfallen und verlor 60 Mann. Herbeigeeilte Hülfe verfolgte die Spanier, wobei diese, besonders das Regiment des Grafen von Ysenburg,[60] beträchtlichen Verlust erlitten. Bei ‚20 Gelbröck aus dem Landvolk’, die der Feind untergesteckt[61] hatte, gingen bei dieser Gelegenheit mit ihrem Hauptmann zu den Belagerten über. Außer der Beschießung fand am 17. ein Gefecht zwischen Spanien und dem englischen Hauptmann Vervax statt. Am 18. legten die Spanier ihre Batterien näher an die Stadt. Eine Batterie wurde auf der Straße nach Studernheim erbaut, später jedoch verlassen und mit einer andern näher am Walde vertauscht. Eine andere Batterie kam in den Wald, auf dem ‚Hurenberg’ zu liegen. Da diese Batterie aber zu entfernt war, erbauten die Spanier eine neue ‚auf zwei Steinwürfe von der Schäffnerei um Ochsenmühl’. Am 19. wurde der Wall bei der ‚Schäffnerei’ heftig beschossen, auch unter dem Rufe: ‚Sancta Maria’ dreimal gestürmt, aber auch dreimal abgeschlagen. Wenn am 20. die Beschießung wegen heftigen Regens ausgesetzt werden mußte, wurde sie am folgenden Tage desto eifriger fortgesetzt. Die Mineure,[62] welche gegen das Ravelin[63] vorgehen sollten, mußten ihre Arbeit einstellen, da sie überall auf Wasser stießen. Auf einen Entsatz von Seiten Vere’s verzweifelnd, ließen die Belagerten am 21. ein Cornet[64] anfertigen mit dem frankenthalischen dreieckigen Diamant und der Inscription: Pro Christo et Principe’. Am 23. und 24. ließ Cordova die Stadt auffordern, was der Commandant John Borres höhnend abschlug. Da zu dieser Zeit Mansfeld bei Mannheim eingetroffen, und nach der Vereinigung mit den pfälzischen und englischen Truppen – General Vere 200, Obrist Merven[65] 1200, Oberst Waldmanshausen[66] 2000, Oberst Landschab[67] 1000 zu Fuß, Oberst Obentraut 9 und Meggau 6 Cornet[68] Reiter und 4 halben Karthaunen[69] und 2 Sechspfündern[70] – zum Entsatz heranrückte, hob Cordova am 25. die Belagerung auf. Mit Hinterlassung vielen Kriegsgeräthes, der Kranken und Verwundeten zog er sich nach Kreuznach,[71] wo er sich verschanzte. Die Mansfeldischen eilten den Spaniern nach, hieben noch viele nieder und machten viele Gefangene. 2200 Schuß waren aus schweren Geschützen[72] auf die Stadt abgefeuert worden; für jede eingelieferte Kugel zahlte der Bürgermeister in Frankenthal 3 Batzen.[73] Den Spaniern hatte die dreiwöchentliche Belagerung 3000, der Stadt dagegen nur 100 Soldaten und 9 Bürger gekostet. Die Stadt zahlte Mansfeld als Anerkennung für den Entsatz 12,000 fl“.[74]

Im Frühjahr 1622 vereinigte Obentraut sein Heer bei Germersheim[75] mit den Truppen des Markgrafen Georg Friedrich von Baden-Durlach.[76] Am 27.4. kam es bei Mingolsheim[77] zum Gefecht mit den Ligatruppen. Nach anfänglichen Erfolgen Tillys lockte Obentraut dessen Truppen in eine hinter einem Pass liegende Ebene bei Wiesloch[78] und schlug sie vernichtend. Obentraut wurde bei diesem Gefecht verwundet, aber nach zwei Wochen Krankenlager war er wieder im Einsatz.

Im Juni 1622 war Obentraut an der Einnahme Darmstadts[79] beteiligt. Der Schweriner Dompropst und Ratzeburger Domherr, Otto von Estorf hält in seinem „Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium“ fest „Junius. Nach entsetzung Hagenows[80] ist die Mansfeldische Armada in eill wieder hinweiter marchirt, hatt Darmstadt eingenohmen, den Land Graffen Ludwig vnd seinen Sohn gefangen vnd das gantze Land den Soldaten preißgegeben. Nach dießem, wie der Mansfelder mit Obentraut vbern Rhein gesetzet, Mainz[81] zu besuchen, wirdt der Nachtrab von den Spanischen angegriffen, welchem der Mansfelder wieder zu hülfe kommen vnd die Spanischen auß dem Velt geschlagen; sollen bei 6000 geblieben sein und sindt in Mainz[82] 4 vornehme spanische Obristen todt hinein gebracht“.[83]

Von Norden zog Christian von Halberstadt[84] mit einem Heer heran, wurde aber von Tillys Ligatruppen in der Schlacht bei Hoechst[85] erheblich geschwächt. Am 22.6. vereinigte er seine Truppen mit denen Mansfelds. Doch am 13.7. entließ der bankrotte pfälzische Kurfürst Ernst von Mansfeld und Christian von Halberstadt aus seinen Diensten, und diese wandten sich daraufhin mit ihren Truppen in Richtung Niederlande. Obentraut hatte versucht, in bayerische Dienste zu treten, was aber an seiner Konfession gescheitert war.

„Trotzdem konnten sich die Bayern während der Belagerung von Heidelberg[86] noch keineswegs als alleinige Herren des Umlandes fühlen, sondern mußten nach wie vor mit Störaktionen pfälzischer Truppen, die mit Mannheim auch noch einen Rheinübergang in ihrer Gewalt hatten, rechnen. Herzog Maximilian[87] schickte am 13.7.[1622, BW] seinen Hofrat Esaias Leuker in die Unterpfalz mit dem Auftrag, zunächst mit Tilly und Córdoba,[88] dann auch mit dem Erzherzog Leopold von Österreich in Breisach[89] zu konferieren.

Leuker kam am 16.7. in Wimpfen[90] an, von wo er am 18.7. zu Tilly ins Hauptquartier nach Leimen[91] weiterreiste. Tilly  ließ den Hofrat von Leimen aus nach Ladenburg geleiten, wo er jedoch Córdoba wider Erwarten nicht antraf. Der spanische Kommandant Weiß teilte ihm mit, daß der General sich in Lampertheim[92] aufhielte, und gab ihm als Geleitschutz dorthin 5 kroatische[93] Reiter mit, versicherte aber zugleich, daß keine Feindesgefahr bestünde. Trotzdem wurde der Konvoi ungefähr eine Stunde hinter Ladenburg von einer Kompanie pfälzischer Reiter des Regiments Obentraut angegriffen, die den Diener Leukers und zwei der Kroaten niederschossen, Leuker selbst zusammen mit den drei übrigen Kroaten gefangennahmen. Die Gefangenen wurden zunächst über den Neckar nach Mannheim zu General de Vere gebracht, der sich Leuker gegenüber sehr höflich verhielt. Von dort aus wurde der bayerische Hofrat über den Rhein nach Freinsheim[94] zum pfälzischen Obristen Michael Obentraut, dessen Reiter ihn gefangengenommen hatten, geführt, der ihn gleichfalls ehrenvoll behandelte.

Leuker bat Oberst Obentraut um seine Freilassung, weil er als ‚persona publica‘ mit fürstlichen Patenten und nicht in privaten Angelegenheiten gereist sei. Obentraut verwies ihn deswegen an General Vere, erlaubte ihm aber am 20.7., an Maximilian zu schreiben. Tags darauf wurde Leuker wieder nach Mannheim gebracht. Auf seinen Hinweis, daß Vere als englischer General keine Veranlassung habe, einen bayerischen Beamten in Gefangenschaft zu halten, erklärte dieser, daß er den Obersten Obentraut nicht in seiner Eigenschaft eines Generals ‚du Roy de la Gran Bretagne‘, in welcher Eigenschaft er Maximilian und dessen Angehörige nicht für Feinde hielte, sondern in der eines Generals des ‚Königs aus Böhmen‘ zu kommandieren habe, in welcher sich beider Seiten Armeen feindlich gegeneinander bezeigten. Im übrigen behandelte er Leuker wieder mit größter Höflichkeit und ließ ihn sogar an seiner Tafel speisen, obwohl dieser es sich ‚zum höchsten verwidert‘ hatte.

Zugleich mit Leuker hatte Obentraut die Bedingungen, die man seiner Ansicht nach für dessen Freilassung stellen sollte, nach Mannheim überschickt. Der bayerische Herzog sollte veranlassen, daß der pfälzische Adelige von Sickingen, der sich bereits ein Jahr lang in der Gefangenschaft Córdobas befand, freigelassen werde; außerdem sollte er dafür sorgen, daß der Bischof von Speyer[95] den zu Udenheim (1623 in Philippsburg[96] umbenannt) in seiner Gewalt befindlichen französischen Adeligen Villarnon gegen den bischöflich-speyerischen Beamten Wingarten austauschte. Schließlich sollte er für Leuker ein Lösegeld von 10.000 Reichstalern erlegen.[97] Für die drei Mitgefangenen Leukers sollte hingegen nur Lösegeld in Höhe der angefallenen Quartierkosten bezahlt werden.

Angesichts dieser für einen bürgerlichen Gefangenen übermäßig hoch erscheinenden Forderungen schrieb Leuker am 21.7. aus Mannheim an Maximilian, daß de Vere seiner Meinung nach damit noch heruntergehen werde. Er bat den Herzog inständig, Tilly zu befehlen, daß dieser für seine Freilassung sorge, oder gar selbst an de Vere zu schreiben, ‚ander gestalt ist zu besorgen, ich werd hierunder mein leben zubüessen und im stich lassen müüessen, welches ich aber lieber anderwerts zu E. F. D. diensten anwenden, und mit mehrerm nutzen in E. F. D. diensten continuiern woldt‘.

Am 26.7. schrieb Maximilian wegen dieser Angelegenheit an Tilly, der bereits fünf Tage vorher wegen Leuker eine[n] Trompeter zu de Vere nach Mannheim geschickt hatte. Offensichtlich wurden die pfälzischen Bedingungen für die Freilassung Leukers schnell erfüllt. Mitte September 1622 führte er bereits wieder im Dienst Maximilians zu Heiligenberg[98] in Oberschwaben Verhandlungen mit den schwäbischen Reichsständen wegen der Bewilligung von Einquartierungen“.[99]

Eine anscheinend von Mansfeld betriebene Aufteilung des eben noch siegreichen vereinigten Heeres führte dazu, dass Tilly die geschwächten Truppen des Markgrafen von Baden-Durlach am 6.5. bei Wimpfen[100] erheblich dezimieren konnte. Mansfeld zog indessen mit 12.000 Mann Fußvolk und 3.000 Reitern ins Elsass, um die von Truppen des (katholischen) Straßburger Fürstbischofs belagerte Stadt Hagenau[101] zu entsetzen, die von Mansfeldischen besetzt und mit Kriegsmaterial und Beute reich gefüllt war. Fürstbischof Leopold hatte Mansfeld eine starke Abteilung entgegengeschickt, um ihn bis zur Einnahme Hagenaus aufzuhalten. Obentraut, der die Mansfeldische Vorhut anführte, konnte die gegnerische Vorausabteilung jedoch überraschen und schlagen, was der Auftakt zu einem vernichtenden Sieg über die Truppen des Fürstbischofs war.

1624/25 stand er in venetianischen Diensten.[102]

Wahrscheinlich im Juli bzw. August 1625 ist Obentraut als Obrist eines Reiterregiments in das dänische Heer[103] eingetreten. Johann Ernst von Sachsen-Weimar,[104] von Christian IV.[105] zum Oberbefehlshaber der Kavallerie ernannt, ernannte Obentraut zu seinem Generalleutnant.

In der Hannover’schen[106] Chronik heißt es: „Um diese Zeit [August; BW] ist der Obrister Obentraut, wie auch Obrister Fuchs[107] mit 3000 Mann im Königlichen Lager ankommen. Den Obristen Obentraut hat der General Hertzog von Weimar zum General-Lieutenant über die Cavallerie verordnet.[108] […]

Den 2. Oct. hat der Königl. General-Lieutenant Obentraut an die Stadt Hannover begehret 1300 Soldaten von Königl. Majestät einzunehmen auf 1 oder 2 Tage, welches zum besten abgelehnet und dagegen gewilliget, der Königl. Armee Proviant um Bezahlung ausfolgen zu lassen. […]

Sonsten möchte hie zu weitläuftig und dem Leser verdrüßlich fallen durchzusehen die vielen Rahtschläge und Abwendungen sowohl der Königl. als Tillyschen Anmuthungen wegen der Einquartierung in der Stadt Hannover, darin auch endlich gar der König von Dennemark sein Hauptquartier begehret haben, dessenwegen der General und Hertzog von Weymar viele Reisen und Bitten gethan, so doch alle mahl schrift- und mündlich abgewendet, bis endlich nur 2 oder 300 Soldaten gegen eine gewisse Capitulation eingenommen und vom König verpfleget seyn, warum der Raht letzlich durch Gott gebeten worden durch die hohen Officire, welches dann sehr zu verwundern, und als zuletzt der Königsche Capitän[109] mit seiner letzten Compagnie nicht wollen hinwieder aus der Stadt weichen, hat der Stadthauptmann Knust zu ihm gesagt: wollet ihr nicht weichen, so muß ich meine Soldaten auf das Markt bringen, dagegen sollet ihr eure Königl. Soldaten stellen und also wollen wir darum fechten und sehen wer den Platz behalten wird. Hierauf ist der Capitain mit großem Zorn davon gezogen und hat also die Stadt Hannover sich der Einquartierung gäntzlich befreiet.

Auch den 2. Oct. hat der Herr Droste Bartold von Rutenberg auf die Neustadt[110] fordern lassen Bürgermeister D. Bünting und Syndicum Georg Rapken und denselben angedeutet, daß Königl. Majestät ihn abgefertiget zu vernehmen, ob man diese Stadt nach Nohtdurft besetzet, daß man sich gegen die Tillyschen defendiren könnte. Wo nicht, müßte J. Majestät sie mit Soldaten besetzen, damit man nicht übermeistert würde, welches ad referendum angenommen.

Den 3. Oct. hat Obentraut Consulem et Syndicum wieder hinaus fordern lassen, zu vernehmen, was mit dem von Rutenberge verabschiedet, welchem darauf angezeiget mit Danksagung der Königlichen Vorsorge, daß man schon Soldaten geworben hätte, und wäre man im Werke, mehr Soldaten zu werben,[111] damit man verhoffentlich bis zu I. Majestät Entsatzung sich defendiren könnte […]. Den 4. Oct. hat Bürgermeister Hermann Bartoldes E. E. Raht und der Gemeinde angezeiget, was den 2. und 3. Oct. von Königl. Majestät der Stadt mit Einnehmung J. Majestät Soldaten angemuhtet worden, und wie solches im besten abgelehnet wäre derogestalt, daß man sich vor die Königl. gute Affection und Vorsorge unterthänigst bedanken thäte. Man hätte schon Soldaten geworben und ließe man täglich noch mehr werben, daß man verhoffentlich sich gegen den Feind zu defendiren getrauete bis zu Königlicher Majestät gnädigsten Entsatzung. Sollte etwa Mangel gespüret werden, wollte man von Braunschweig[112] Ausschuß[113] herein nehmen, sollte man über Zuversicht angestrenget werden, wollte man I. Majestät Entsatzung verhoffen.

Darauf Obentraut nochmahls angehalten und gesagt, er zweifelte zwar nicht an der Bereitschaft, es hätte aber viel auf sich, gegen einen mächtigen Feind, als nunmehr der Tilly wäre, sich zu schützen, den Ausschuß oder Landvolk zu gebrauchen, wäre besorglich, wie man an Hameln[114] gesehen und jüngst den 29. Sept. als Tilly über den Lauensteinischen Berg ins Land gekommen, wie der Ausschuß verlaufen und zerstreuet worden. Hätte man Soldaten um Geld, die müßten sich wehren, wollte demnach rahten, die Königsche herein zu nehmen, so unter dem Königschen Commando und Verpflegung bleiben sollten.

Darauf unsere Abgeordneten geantwortet, man hätte bereits Soldaten und viel Volks vom Lande herinnen, weil die Pässe nun allenthalben versperret werden möchten, wollte es endlich an Proviant mangeln. Darauf Obentraut repliciret, wann man nur mit Rocken und Gärsten versehen, wäre genug vor einen Soldaten, Brodt und Trank würde man nicht willigen, und man I. Majestät also entgehen, und die Noht größer würde, möchte I. Majestät die Hand abziehen, man möchte andere Resolution fassen. Unsere Abgeordneten haben es ad referendum angenommen und ist darauf schriftlich geantwortet worden“.[115]

Der niedersächsische Feldzug Christians IV. begann im Juni, kam jedoch schon nach wenigen Wochen ins Stocken, ohne dass es zu einer Konfrontation mit Tilly gekommen war; Christian IV. hatte sich bei einem unglücklichen Sturz schwere Verletzungen zugezogen. So konnte Tilly wiederum die Initiative ergreifen. Er zog die Weser hinunter und versuchte, die dänisch besetzte Festung Nienburg[116] zu erobern, deren Versorgung und Unterstützung Obentraut übertragen war. Gleich zu Beginn der Belagerung ließ er am 2./3. September bei Leeseringen[117] eine Schiffsbrücke über die Weser errichten, um Nienburg einzukreisen und von der Versorgung abzuschneiden. Es gelang ihm auch, einen Brückenkopf am linken Weserufer zu besetzen.

Obentraut griff überraschend an, vernichtete die Verschanzungen[118] des Brückenkopfes, steckte die provisorische hölzerne Brücke in Brand und konnte die gegnerischen Truppen schlagen. Da er nicht über genügend Schiffe für einen erneuten Brückenschlag verfügte, war es Tilly nicht möglich, die Versorgung Nienburgs zu unterbinden; er belagerte und beschoss die Stadt jedoch unter Aufbietung aller Kräfte. Mehrmals versuchte sein Heer, die Stadt im Sturm zu nehmen oder in Brand zu setzen. Mindestens dreimal gelang es dänischen Truppen (vermutlich unter Leitung Obentrauts), bei Entsatzversuchen Wagen mit Proviant, Geschützen, Pulver und Blei durch die Reihen der Belagerer in die Stadt zu bringen. Der Schweriner Dompropst und Ratzeburger Domherr, Otto von Estorf hält in seinem „Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium“ fest: „24. Aug. ist Johann Michel von Obentraut zum General-Obriste-Lieutenant vber die Dänemarkische Armee proclamiret, hatt darvf einen Anschlag vf des Tilli Lager gemacht vnd ihm vber 3000 erlegt“.[119]

Entsatzversuche und Ausfälle der Besatzung, die immer schwieriger werdende Versorgung des eigenen Heeres und grassierende Krankheiten schwächten Tillys Heer zusehends, und nach vier Wochen mussten die Ligisten abziehen.

Tilly soll vor Nienburg bis zu 4.000 Mann, nach Darstellung des Historiographen und Habsburg-Anhängers Wassenberg[120] sogar 6.000 Mann[121] verloren haben. Nach dem Ende der Belagerung soll Obentraut auf einen vernichtenden Schlag gegen den geschwächten Gegner gedrungen haben, bei der Heeresführung aber auf Ablehnung gestoßen sein. Am 26.9. konnte der genesene König Christian IV. in Nienburg einziehen.

Tilly, der in der Zwischenzeit sein Heer im Tal zwischen Deister und Süntel neu hatte aufstellen und verstärken können, zog auf dem Weg nach Hannover zunächst vor die Festung Calenberg[122] (bei Pattensen) und belagerte sie. Obentraut lag mit nicht genau zu beziffernden Reiterverbänden im Raum Seelze,[123] in und um Wunstorf[124] waren einige dänische Fußregimenter stationiert.

Am 4.11.1625 kam es bei Seelze zu einem Gefecht der Ligisten mit Herzog Friedrich von Sachsen-Altenburg[125] und dem zu seiner Unterstützung herbeigeeilten Obentraut, die beide fielen.[126]

Die dänischen Truppen hatten sich wohl auf einen Angriff vorbereitet, indem sie Verschanzungen im Verlauf der Osnabrücker Heerstraße bei Letter[127] (im Verlauf einer inzwischen abgetragenen Sandhügelgruppe) und vor Seelze am Bachlauf der Bredenbeeke anlegten.[128] Am 27. Oktober wurden die dänischen Stellungen durch Friedrich von Sachsen-Altenburg mit 700 Reitern verstärkt, die bei Seelze ihr Lager aufschlugen und zur Sicherung des Rückzugs offenbar nahe dem Dorf einen Steg über die Leine bauten.

Tillys Vorhut und Spähtrupps begnügten sich damit, den Gegner zu beobachten, und versetzten die Dänen in eine zunehmend nervöse Alarmstimmung. Um dem ein Ende zu bereiten, wollte Friedrich von Sachsen-Altenburg in der Nacht vom 3. auf den 4. 11. Tillys Vorposten angreifen. Für den geplanten Überfall sollten zur Verstärkung aus dem Raum Wunstorf dänische Fußregimenter herangeführt werden, die ihr Ziel in der Dunkelheit jedoch nicht erreichten; möglicherweise wurden sie irregeführt. Friedrich von Sachsen-Altenburg hielt die Reiterei die halbe Nacht in Kampfbereitschaft, musste aber in den frühen Morgenstunden, da die Verstärkung nicht in Sicht war, den Angriffsplan fallen lassen. Am 3.11. zwischen 10 und 11 Uhr hatte Tilly die Festung Calenberg in seine Gewalt bekommen. Umgehend machte er sein Heer marschbereit und wandte sich nach Norden, um die Dänen bei Seelze zu überraschen.

Die Liga-Truppen benutzten nicht die Osnabrücker Heerstraße, die sie auf die dänischen Verschanzungen geführt hätte, sondern zogen hinter dem Lindener Berge über Davenstedt[129] auf die Hügelkette von Heisterberg[130] und Linnenberg.[131] Die dänischen Vorposten konnten offenbar weitgehend umgangen werden; Heinrich Busse berichtet (aus unbekannter Quelle), daß sich der Sicherungsposten Limmer[132] mit Tillys Nachhut ein kleines Scharmützel geliefert habe, als die Hauptmacht des Heeres schon vorbei gezogen sei. In der Morgendämmerung des 4. November wurde ein bei der Harenberger Mühle liegender Vorposten der Dänen von Tillys Truppen überrumpelt. Bei Döteberg[133] stellte Tilly seine Truppen auf und der Angriff auf die gegnerische Stellung bei Seelze begann.

Der von spätem Alarm aus dem Schlaf gerissene Friedrich von Sachsen-Altenburg versuchte in aller Eile, einen Gegenangriff zu organisieren, der jedoch schon im Ansatz erstickt und zurückgeworfen wurde. Obentraut, der sein Quartier bei Almhorst[134] gehabt haben soll, wurde durch Meldereiter alarmiert und eilte Friedrich von Sachsen-Altenburg zu Hilfe. Die Lage wurde durch seinen Einsatz zwar vorübergehend stabilisiert, er konnte jedoch den zweiten Angriff Tillys nicht aufhalten oder gar zurückwerfen.

In dem unübersichtlichen Kampfgetümmel wurde Obentraut von mehreren Pistolenschüssen verwundet, geriet so in Gefangenschaft und ist kurze Zeit später gestorben. Die Mannen des Herzogs von Sachsen-Altenburg flüchteten in Richtung des Seelzer Leineübergangs, der aber für viele zu einem unüberwindlichen Engpass wurde. Nur wenigen gelang es, die Leine zu überqueren und so den nachsetzenden Tillyschen Truppen zu entkommen. Der am Arm verwundete Friedrich von Sachsen-Altenburg wurde auf dieser Flucht von einem bayerischen Fähnrich eingeholt und durch einen Schuss in den Kopf getötet. Altenburg war 27 Jahre alt. Sein Tod und der einiger weiterer Offiziere verstärkten die Konfusion der dänischen Truppen, und nach kurzer Zeit war der Kampf mit einem überwältigenden Sieg der ligistischen Truppen entschieden.

Obwohl die dänischen Truppen empfindliche Verluste erlitten, hatte die Niederlage bei Seelze am Ende keine strategischen Auswirkungen. Tilly schrieb einige Tage nach dem Gefecht in einem Brief an Maximilian I. von Bayern, der Tod Obentrauts bei Seelze sei der eigentliche Erfolg dieses Gefechts gewesen. Hannover, das Tilly gern besetzt hätte, wurde anschließend nur wenige Tage erfolglos belagert, dann zog das Heer wieder in Richtung Weser.

Die Hannover’sche[135] Chronik berichtet dazu: „Den 23. Oct. nach Eroberung des Hauses Calenberg hat Tilly mit etlichem Volke sich nach dem Stift Hildesheim gewandt. Inmittelst hatte der Königl. General-Lieutnant über die Cavallerie einen Anschlag mit etlichen Compagnien auf Pattensen[136] gemachet, die Tillyschen darin zu überfallen in der Nacht. Dieweil sie aber aus ihren Quartieren um Seelße vor dem Deister hinauf gezogen in der Nacht, und kein Mondschein war, sein sie durch die Bauren nicht recht geführet, daß sie im Holtze verirret und der Tag darüber angebrochen, wodurch der Anschlag des Morgens den 24. Oct. mißrathen, derowegen sie ihr Volk wieder zurücke nach ihren Quartieren marschiren lassen.

Obentraut aber, neben Hertzog Friedrich von Altenburg ist den 24. dito Vormittag in Hannover kommen.

Den 24. Oct. ist von I. F. G. Hertzog Friederich Ulrich ein Trompeter an die Stadt Hannover abgefertiget mit einem Schreiben und Befehl, Königl. Majestät zu Dennemark Hauptquartier einzunehmen. Als Obentraut in Hannover gewesen und kürtzliche Antwort begehret, ist demselben a Consule[137] geantwortet, daß man die Leute, so darzu gezogen werden müßten, nicht so bald könnte convociren, sollte morgen früh geschehen. Gegen Abend ist der von Obentraut und Hertzog Friederich von Altenburg wieder aus Hannover gezogen nach Seelße zu, da sie ihr Hauptquartier mit der Reuterey gehabt.

Dieweiln aber dem Tilly solch gehabter Anschlag auf Pattensen verkundschaft worden, hat er so bald in dieser Nacht zwischen dem 24. und 25. Oct. wieder einen Anschlag gemacht auf des von Obentrauts Quartier mit 12 Regimentern, in 15000 stark mit 8 Stücken Geschützes und nohtdürftiger Munition, ist aus dem Ambt Calenberg[138] und Pattensen in gantzer Stille hinter dem Linderberge hin, Hannover vorbei marschiret, aber nicht die rechte Heerstraßen, in das Amt Blomenau[139] auf Harenberg[140] zu, da er zuvor auf die Königschen recognosciren lassen durch einen gewesenen und abgefallenen Königschen Quartiermeister.[141] Etliche sagen, daß Tilly damahls gehabt nur 3000 zu Fuß und 3 Regimenter zu Pferde, als das Lindlohische,[142] Cronburgische[143] und Curtenbachische,[144] Graf von Anhalt[145] ist auch bey ihm gewesen.

Auf des Quartiermeisters Recognition hat Tilly den 25. Oct. des Dienstags Morgens sehr früh, als jedermann von den Königschen noch im Schlaf gelegen, etliche Compagnien Reuter auf Seelße zu commandiret, welche die verlorne Schildwacht[146] aufgenommen, dadurch etwas Tumult geworden geworden, daß der Königschen etliche in Seelße, wie auch Hertzog Friederich zu Sachsen-Altenburg, zu Pferde kommen, in der Eile hinaus vor das Dorf Seelße gerücket und mit den Tillyschen scharmutziret,[147] welcher aber übermannet, vor Seelße erschossen und mit 21 Cornetten von seinen Reutern geblieben.

Darauf sein auch aus  den andern Quartiern, aus Lohne,[148] Gümmer[149] und anderen Dörfern bey 2 Regiment Reutere ankommen, so mit den Tillyschen scharmutziren müssen. Weil sie aber auch übermannet und viele davon geblieben, haben die übrigen sich mit der Flucht nach der Seelßer Brücke über die Leine salviren müssen, was in der Eile nicht hinüber kommen können, ist alles von den Tillyschen nieder gemacht worden.

Den 25. Oct. Dienstags Morgens sein in diesem Scharmützel etliche Hundert Reutere geblieben. Der von Obentraut ist tödlich verwundet (an dem Orte vor Seelße, da hernach seine Verwandten A. 1628 eine steinerne Seule zum Gedächtniß setzen lassen) und in des Grafen von Anhalt Kutsche geleget worden, darin er nicht lange hernach gestorben.

Als Obentraut, also tödlich verwundet, zu Tilly gebracht, hat er ihn als einen hiebevor in Ungarn gewesenen Bruder beklaget, darauf Obentraut geantwortet: In solchen Wassern fänget man solche Fische. Und ob der Tilly wohl Fleiß angewendet, ihn beym Leben zu erhalten und den Feldscherern anbefohlen, so ist er doch hernacher gestorben.

Es ist auch neben andern vom Adel ein junger Hanensee[150] geblieben. Das Königsche Fußvolk hat so bald aus ihren Quartieren zu der Reuterey nicht kommen können, als der Obrist Geistes[151] und andere Regimenter, der Obriste May[152] [Adolf Mey; BW], welcher in Wunstorf[153] gelegen, hat aus seinem Vortheil nicht gewollt, ist in Wunstorf geblieben. Das Tillysche Fußvolk und dessen Geschütze ist zu diesem Treffen nicht kommen, sondern haben vor dem Holtze gehalten.

Der Tilly selber hat unter währendem Scharmutziren im Holtze Messe halten lassen, dabey er selber gewesen. Nach verrichtetem Scharmutziren sein die Tillysche in die verlassenen Quartiere der Königschen gefallen, dieselbe spoliiret,[154] viele Beute und Bagagewagen bekommen.

Des Obentrauts und Hertzog Friederichs zu Sachsen-Altenburgs Cörpere sein nach dem Calenberge gebracht, des von Hanensee Cörper aber nach Pattensen“.[155]

Der Kriegsteilnehmer und spätere Kommandant von Weiden,[156] Augustin von Fritsch [1599 – 1662],[157] schreibt dazu: „vnd da wür Battensamb [Pattensen; BW] eingenommen, sein wür mit den Schmidtischen,[158] alß meines Obristen vnd herrn von Gera[159] Regiment, samt dreyen Compagnie zu Pferdt hinein gelegt worden, da wür dann nichts in der Statt gefunden, sondern vnser Prouiant alles auf den Landt hollen müssen, da vnnß dann der Feindt zimblichermassen aufgebasst, wie sich dann Herzog Früz von Altenburg, vnnd der General yber die Gauaveleri, der Oberthrautt, mit etlich 1000 Mann sich vnweit vnsers Quartiers, nechst bey hawber befundten, sobalden der Tilli dessen von vnsern Obristen ist berichtet worden, ist er mit etlich 1000. Mann in aller Eyl vf den Feindt loßgangen, demselben dermassen chargirt, daß daryber gedachter Herzog Friz von Altenburg, samt dem General von Obertrautt vf der Wahlstatt Todt geblieben, vnnd sein von Vns, die wür mit 1000. Mann comendirt gewesen, wieder in die Quartier nacher Pattensamb geschickht, vnd die zwey Generalen Todter mit vnß in deß Generals Tilli Gutschen gefürth, vnnd in der Kürchen beygesezt worden, biß sie förders nacher Hammeln allwo vnser hauptquartir gewesen, geführt worden“.[160] Otto von Estorf hält lapidar fest: „Herzog Friedrich von Altenburg vnd der Obriste Obentraut sind 25. Octbr. in einem nächtlichen Einfall bei Hannover geblieben“.[161]

In der Hannover’schen Chronik heißt es weiter:Den 15. Febr. ist der Tillische Obrister,[162] welcher den 2. Dec. 1625 gefänglich in Hannover gebracht und bis dato gefänglich gehalten worden, den Tillischen wiederum los gegeben und durch Rittmeister Dorstatt aus dem Leinthore convoiret, mit 5 Pferden des Abends um 3 Uhren, welchen der Rittmeister Dorstatt[163] zur rechten Seite reiten lassen. Zu seiner Entledigung sein des Obentrauts und Hertzogen Friederichs zu Sachsen-Altenburg Körpere den 17. Febr. restituiret, hat also ein Lebendiger zwei Todte erlöset“.[164] […] „Den 17. Febr. sein des Obentrauts und Hertzogen Friedrich zu Sachsen-Altenburg Körpere von Calenberg, da sie bis dahero nach dem Treffen zu Seelße in Verwahrung gehalten, in Hannover gebracht, auf die Entledigung des Tillischen Obristen, welcher den 15. dito vor 2 Tagen erlassen worden, die Tillischen haben die Körpere in gemeinen Säcken geliefert im Linderfelde, auf dieser Seiten der Mordmühlen. Dieselben zu empfangen und abzuholen sein die 2 Compagnien Reuter, deren die eine in der Stadt, die andere auf der Neuenstadt quartieret, des Morgens frühe um 8 Uhren ins Feld gerücket, die eine in das Linderfeld, die ander aber ist vor der Ihmenbrücke neben etlichem Fußvolke behalten blieben, und sein davon 40 aus commandiret, so die Leiche von den Tillischen, welche ebenmäßig nicht stärker gewesen, um 11 Uhr empfangen und angenommen.

Die beyden Compagnien Reuter haben solche des Obristen Obentrauts und Fürstl. Leiche zusammt dem Fußvolk, welches auf der Neustadt gelegen, bis vor das Leinthor gebracht, da sie die beyden hie in der Stadt quartierte Königsche Fahnen angenommen und in Process, wie folget, herein geführet. Die Compagnie Reuter, so herein gelegen, ist vornan geritten, darauf ein Theil Musquetirer[165] von den beyden Königschen Fahnen, zusammt den beiden Fahnen und etlichen Pikenieren,[166] so gefolget. Darauf sein die Leichen geführet, jede auf einem bedeckten Wagen darüber noch darzu schwartz Wand gehenget gewesen, vor jedem Wagen 6 Pferde, vier Trompeter sein vor dem Wagen her geritten und auf jeder Seiten der Wagen vier Trabanten[167] gegangen. Nach denen Leichen sein wiederum Pikenierer und dann Musquetirer gangen, zuletzt die Compagnie Reuter, so auf der Neustadt quartieret, gefolget.

Die Musquetirer sein mit umgekehrten Musqueten,[168] die Pikenierer[169] und Officirer mit bey sich herschleppenden Piken[170] und Pertisanen[171] und gedempfeten Trommelspiel gangen, die Reuter mit niedergewandten Bandeliren[172] geritten. Sein also mit solchem Process die Leinstraße hinan über das Markt (darauf die Englische, Herzog Christian zugesandte Munition gestanden) durch die Seelwindesstraße, die Osterstraße hinauf nach S. Aegidien Kirche marchiret, da die Leiche auf dem Kirchhofe von dem Wagen genommen und in die Capelle daselbst gesetzet, um 12 Uhr des Mittags bey wehrendem Process hat man auf allen 3 Kirchthürmen den Leichen geläutet. Sein in schlechten vierkantigen gemeinen Sarcken herein gebracht und nicht balsamiret[173] gewesen, derowegen sie folgende Tage balsamiret worden“.[174]

Obentraut wurde später in der Marktkirche in Hannover beigesetzt. „Außerdem ist nach unbestätigten Informationen Obentraut beim Ausräumen der Marktkirche nach dem 2. Weltkrieg mit einem großen Knochenhaufen in der Kreuzkirche gelandet. Dort kann man diese Knochen auch noch sehen, aber niemand weiß, ob tatsächlich seine dabei sind. Wo seine Utensilien [Banner, Schwert, Sporen, Helm und Schild; BW] verblieben sind, war zumindest in Hannover nicht zu erfahren“.[175]

Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !
[1] Oberschultheiß: vorwiegend mit richterlichen und exekutiven Aufgaben betrauter Vertreter der Obrigkeit.
[2] Heddesheim, heute Ortsteil von Guldental [LK Bad Kreuznach].
[3] Bad Kreuznach; HHSD V, S. 24ff.
[4] Im Folgenden nach: http://www.seelze.de/wDeutsch/stadtinfo/stadtgeschichte/menschen/obentraut.php. Hier findet sich auch weiterführende Literatur.
[5] Heidelberg; HHSD VI, S. 302ff.
[6] Leutnant: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-60 fl.
[7] Johann ‚t Serclaes Graf v. Tilly {Feb. 1559 Schloss Tilly, Gemeinde Villers-la-Ville/Herzogtum Brabant; 30.4.1632 Ingolstadt], ligistischer Feldmarschall. Vgl. KAISER, Politik; JUNKELMANN, Der Du gelehrt hast; JUNKELMANN, Tilly.
[8] JÜRGENS, Chronik, S. 378.
[9] Friedrich V. [26.8.1596 Jagdschloss Deinschwang bei Neumarkt i. d. Oberpfalz-29.11.1632 Mainz]1610-1623 Pfalzgraf u. Kurfürst v. der Pfalz sowie als Friedrich I. 1619-1620 König v. Böhmen. Vgl. WOLF, Winterkönig; BILHÖFER, Nicht gegen Ehre und Gewissen; http://www.hdbg.de/winterkoenig/tilly.
[10] Union: Am 14.5.1608 in Aufhausen bei Nördlingen als ein Defensivbündnis der protestantischen Fürsten der Pfalz, von Ansbach, Kulmbach, Baden-Durlach, Sachsen-Anhalt, Pfalz-Neuburg und Württemberg gegründet, später kamen noch andere Stände sowie 17 Städte dazu, was zur Gründung der katholischen Liga führte. Ihre Schwächen lagen darin, dass Kursachsen und die norddeutschen protestantischen Fürsten sich nicht anschlossen, 1614 Pfalz-Neuburg und 1617 Brandenburg austraten. 1621 löste sich die Union angesichts der militärischen Überlegenheit Habsburgs, Bayerns und Spaniens wieder auf.
[11] Erzherzog Leopold V. v. Österreich-Tirol [ 9.10.1586 Graz-13.9.1632 Schwaz, Tirol]. Vgl. auch KRÜSSMANN, Ernst von Mansfeld.
[12] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.
[13] Neumarkt i. d. OPf.; HHSD VII, S. 505f.
[14] Amberg; HHSD VII, S. 20ff.
[15] Weiden; HHSD VII, S. 794ff.
[16] Vgl. EGLER, Spanier in der linksrheinischen Pfalz.
[17] HEILMANN, Kriegsgeschichte Bd. 2/1, S. 117.
[18] Ernst Graf v. Mansfeld [1580 Luxemburg- 30.11.1626 Rakovica bei Sarajewo], Söldnerführer. Vgl. KRÜSSMANN, Ernst von Mansfeld.
[19] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 504. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.
[20] Breisgau; HHSD VI, S. 113f.
[21] Breisach am Rhein [LK Breisgau-Hochschwarzwald]; HHSD VI, S. 110ff.
[22] Ensisheim [Anze, Dép. Haut-Rhin].
[23] Plünderung: I. Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kann nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, D. Konrad Dieterich,  S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, dass wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, dass wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt’ “. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. von Anhalt-Köthen: „Von Gottes gnaden“ (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 101f. Vielfach wurden die Plünderungen auch aus Not verübt, da die Versorgung der Soldaten bereits vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. II. zum Teil aber auch bei Ausschreitungen der Bevölkerung, die sich an den Gütern der Flüchtlinge bereicherte, so z. B. 1629 in Havelberg: „Im Tempel war viel Gut in Kasten und Kisten, wovon die rechtmäßigen Besitzer das Wenigste wiederbekamen. Das meiste wurde den königlichen [Dänen], die während des Brandes darüber hergefallen waren, die Kirche zu plündern, und später den kaiserlichen Soldaten zuteil. Auch einigen Einwohnern und Benachtbarten, die keine Rechte daran hatten. Summa: Ihrer viele wurden arm; etliche mit unrechtem Gut reich“. VELTEN, Kirchliche Aufzeichnungen, S. 76-79, bzw. BRAUN, Marktredwitz, S. 84f., über die auch anderweitig übliche Plünderungsökonomie: „Hingegen ihre Herbergsleute, die sich vor diesem als Tagelöhner bei ihnen erhalten, die haben sich jetzt sehr wohl befunden; denn diese hatten keine Güter, daher gaben sie auch keine Kontribution. Und ein solcher Gesell hat allezeit so viel gestohlen, daß er sich [hat] erhalten können. Wie er ein paar Taler zusammengebracht, hat er gesehen, daß er von den Soldaten eine Kuh [hat] erkaufen können. Oder aber, er hat den Soldaten etwas verraten, do er dann von ihnen eine geschenkt und umsonst bekommen. Do [hat] er dann solche an einen anderen Ort getrieben und soviel daraus erlöst, daß er hernach 3 oder 4 von den Soldaten hat (er)kaufen können. Denn es ward so ein Handel daraus, daß man auch aller christlichen Liebe vergaß; vielweniger fragte man auch mehr nach Ehrbarkeit und Redlichkeit. Wie es dann auch soweit gekommen [ist], daß die Soldaten in einem Dorf das Vieh genommen und hinweg getrieben, und die Bauern als ihre Nach(t)barn in dem nächsten Dorf haben solches Vieh von den Soldaten erkauft und alsbald bei Nacht weiter getrieben und wieder verkauft. Und war schon fast ein allgemeines Gewerbe daraus. Ihrer viel[e] hatten sich auf diesen ehrbaren Handel gelegt, denn wenn ein Soldat eine Kuh gestohlen, wußte er schon seinen gewissen Kaufmann. Und wenn an manchem Ort eine Partei Soldaten mit einer geraubten Herd[e] Vieh ankam, da war bei etlichen gottlosen Menschen ein freudenreiches Zulaufen und Abkaufen, nit anders(t) als wenn zu Amsterdam in Holland eine indianische Flotte anlangte. Ein jeder wollte der nächste sein und die schönste Kuh er(kaufen); ungeachtet der armen Leute, denen das Vieh abgenommen worden, [die] allernächst auf der Seite mit jämmerlichen Gebärden standen und sich wegen der Soldaten nichts (ver)merken lassen durften“.
[24] REUSS, Strassburg, S. 15.
[25] Kornett: Ein Kornett war die kleinste Einheit der Reiterei mit eigenen Feldzeichen, entspricht der Kompanie; 1 berittene Kompanie hatte in der kursächsischen Armee ca. 125 Pferde, 1 schwedische Reiterkompanie umfasste in der Regel 80 Mann. Der Kornett erhielt ca. 50 fl. Monatssold. => Fähnrich; Fahne.
[26] Soldrückstände: 1624 hatte man den Offizieren der nach den Kämpfen gegen Bethlen Gábor abgedankten Regimenter während der Verhandlungen in Freistadt vorgehalten, kein Kriegsherr habe je alle Außenstände beglichen, ein Nachlass sei doch üblich; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2345, fol. 69f. (Abschrift): »Fürhalt« an die Offiziere der Liga-Regimenter u. Freikompanien, Freistadt, 1624 V 15. Die sogenannten „freien u. einschichtigen“ Kompanien (1619-1648) schlugen immerhin mit 5.042.840 fl. 58 kr. in der Hauptkriegskostenrechnung zu Buch; GOETZ, Kriegskosten, S. 123; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 282. “. Der Benediktinerabt von St. Georgen im Schwarzwald, Georg Gaisser [1595 – 1655], berichtet noch zum März: „Ein Soldat mit dem Übernamen Reißteufel, Schuster von Beruf, aus Gmünd gebürtig, der in erster Linie unter denen gewesen sein soll, die neulich Sold gefordert (oder Lebensmittel erpressten ? stipendia exegerant) hatten, wird vom Generalkommissariat zum Galgen verurteilt und heute [27.3.1648; BW] hingerichtet, vom weiblichen Geschlecht aufs höchste beklagt. Drei Jungfrauen, die ihn aus den Händen der Henker zu befreien suchten, erfuhren eine Ablehnung“. STEMMLER, Tagebuch Bd. 2, S. 1138. GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 209: „Eine Beschwerde über seine Notlage war für den Soldaten gefährlich, wie das Beispiel von neun Soldaten der Schweinitzschen Kompanie zeigt, die am 30. April 1645 zum Tode verurteilt wurden (einer von ihnen wurde tatsächlich in Freiburg gehenkt), weil ‚sie sich ihrer hinderstelligen wöchentlichen Lehnungen halber beklaget’ “.
[27] Hunger: Hungerkrisen traten durch Missernten, Wettereinflüsse, Truppendurchzüge, Einquartierungen, Erntezerstörungen, Pferde- und Viehdiebstahl immer wieder auf. Oftmals blieb nur die Flucht ins Heer oder der Anschluss an den Tross. So hatten sich 2.000 hungernde Eichsfelder Pappenheims Soldaten angeschlossen. Ein Berittener oder Knecht in der Musterung hatte immerhin noch zwei Pfd. Fleisch, drei Pfd. Brot, eine Maß Wein und drei Maß Bier pro Tag zu fordern – drei bis fünf Maß Bier je nach Geschlecht pro Tag galten auch sonst als üblich – , was zur raschen Auszehrung einer Landschaft führte, zumal die eingeforderten Naturalabgaben im Laufe der Zeit noch weiter anstiegen und von Jahr zu Jahr neue Verpflegungssätze erfordern. Vom Verpflegungsansatz her war dies eine gewaltige Kalorienmenge, entsprachen doch drei Pfd. (gutes) Brot allein bereits etwa 3.750 kcal. Rechnet man noch über 2.000 kcal für das Fleisch hinzu, ohne Bier und Wein, so wird eine Kalorienzahl zwischen 6.000-7.000 kcal erreicht, was dem Zweieinhalb- bis Dreifachen eines durchschnittlichen Tagesbedarfs entsprochen hätte. Das war wohl Anfang des 17. Jahrhunderts nur Privilegierten vorbehalten, während die Gemeinen nur unzureichend verpflegt wurden. HIPPEL, Bevölkerung, S. 422, schätzt den täglichen Nahrungsbedarf in Württemberg auf knapp 2.400 kcal pro Tag. Vgl. BEHRENDS, Chronik, S. 145f. (1636): „Man gab den Armen von jedem Backvorgang ein Brot, […] welches damals als Krieg, Pest und Hunger hieselbst gar übel hauseten, von armen Leuten nicht für eine geringe Gabe gehalten ward, sintemal man damals oft weder Brot noch Bier und Geld haben konnte, und viele, meistenteils aber die Soldaten Hunde und Katzen, Pferde- und Menschenfleisch fraßen und nicht einmal bekommen konnten“. 1641 heißt es über die Prignitz: „So sind auch alle Dörfer so gar verwüstet, verödet, universaliter et particulariter in Brand gesteckt, die Untertanen Hungers und des milites immanitet [Unmenschlichkeit, Rohheit] halber gestorben und ins Elend [Ausland] verlaufen, dass man in dem ganzen Kreise nach angestellter fleißiger Inquisition bloß 373 Bauersleute, die doch etliche gar wenig ausgenommen, weder Hunde noch Katzen, weniger etliche Lebensmittel haben, besonderen sich vom Obste und wohl ganz unnatürlichen Speisen aufhalten müssen, gefunden worden“. HERRMANN, Ländliche Bevölkerung, S. 86. Der Bieberauer Pfarrer Minck (1635); KUNZ; LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 261: „Durch diesen Hunger verschmachteten viele Leut dermaßen, daß nichts als Haut und Bein an ihnen war, die Haut hing ihnen am Leib wie ein Sack, waren ganz schwarz-gelb, mit weiten Augen, gepläcketen Zähnen, grindicht, krätzig, gelbsichtig, dick geschwollen, febricht [= fiebrig], daß einem grauete, sie anzusehen“. ZILLHARDT, Dreißigjähriger Krieg, S. 161f. (1635): „Dan auß diser teürung und hungersnot ist entstanden noch ein jamer uber alle jamer, nemlich ein sterbet und pestelentz, das vüll taußendt menschen sind zu grundt gangen durch hunger, krieg und pestelenz. Dan durch den hunger ist von denen armen menschen vüll greüwlich und abscheüliches dings auffgefressen worden. Alls nemlich allerley ungereimbten dings: hundt und katzen, meüß und abgangen vüch, roßfleisch, das der schinder und meister uff dem vassen sein fleisch von dem abgangne vüch, als roß, hundt und andere thier, ist hingenomen worden, und haben dannoch einander drumb gerißen und für köstlich gut gehalten. Es ist auch für gut gehalten worden allerley kraut uff dem feld: die distel, die nesle, schersich, hanefüeß, schmerbel, schertele. In suma allerley kraut ist gut gewessen, dan der hunger ist ein guter koch, wie man im sprichwort sagt“. Vgl. auch  die Lebensbeschreibung des Gottfried Andreae (1637); DOLLINGER, Schwarzbuch, S. 321: „Doch im Jahr 1637 stieg das Elend auf’s höchste, nachdem kaum 200 Bauern in der untern Pfalz mehr übrig waren, da die übrigen teils an Hunger und Pest bereits gestorben, teils von den Kaiserlichen erwürgt oder als Soldaten weggeschleppt worden waren … Der Hunger aber zwang die Leute zu den unnatürlichsten Nahrungsmitteln: Gras, Kräuter, dürre und grüne Baumblätter, Felle von Tieren; Hunde, Katzen, Ratzen, Mäuse, Frösche und faulendes Aas waren gesuchte Bissen. Die Hungernden erschlugen einander selbst, verzehrten sie, durchwühlten Gottesäcker, erstiegen Galgen und Rad und nahmen die Toten zur Speise weg“. Notiz aus dem Pfarrbuch von Mauern (LK Neuburg/Donau) für 1648: „Viele haben aus Hunger Roßmist gegessen, der Feind hat alles fort; es ist nichts angebaut worden. Viele sind Hungers gestorben, die Überlebenden nähren sich von Wurzeln und Baumblättern und sind froh um die Häute der gefallenen Pferde“. [frdl. Mitteilung von Herrn Fahmüller, Pfeffenhausen]. Der Kitzinger Pfarrer Bartholomäus Dietwar [1592-1670] über 1649; DIETWAR, Chronik, S. 91: „Etliche tausend bayerische Bauern bettelten mit Weib und Kind durchs Land. Darunter waren auch Mörder. Sie stahlen und raubten was sie konnten. Das war Gottes sichtbare Strafe dafür, dass der Kurfürst von Bayern im 30jährigen Kriege viele Tausend armer Leute gemacht hatte. Darum war sein Land im vorigen Jahre durch die Schweden und Franzosen wieder verdorben worden, also dass seine Leute von München und Landshut her das Frankenland durchliefen, das gebettelte Brot dörrten und heim nach Bayern trugen“. Aus Nördlingen wird anlässlich der Belagerung 1634 berichtet; KESSLER, Belagerung, S. 38: „Um diese Zeit sind die Rosse wegen Mangels an Futter so erkrankt und so matt geworden, daß sie häufig einfach hingefallen und und verendet sind. Von dem S. H. Schinder Jörg Schmid sind hinter dem Feilturm 2 große Gruben gegraben und die Pferde darin verscharrt worden. Die Armen und Bettelleute aber haben sich auch dabei befunden und haben, wenn man die Pferde hat vergraben wollen, aus großem Hunger ziemlich große Stücke davon herausgeschnitten, das Selbige gekocht und von solchem ihren Hunger gestillt, und gebüßt. Die armen Leute sind zur Nacht, um 12 Uhr, über solches Aas gekommen und haben es davon getragen“. KESSLER, Belagerung, S. 63: „Die kaiserlichen, spanischen, welschen, französischen und deutschen Soldaten sind gleichsam aus dem ausgebrannten Turm herundergefallen und jämmerlich aufeinander gelegen. Die armen Tagelöhner haben die gebratenen Schulterblätter von den Achseln abgenommen und für gutes Schweinefleisch gefressen“. Der Salemer Mönch Bürster (1644); WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 196: „Dan ehe muoß der burger sterben zehen mal, ehe der soldat verderben ainmahl“.
[28] Cornet: „bei den soldaten ist das cornet dasjenige zeichen, so die helden bei frewd und mut erhaltet, darnach sie alle sehen, und wo dieses verloren, so ist herz und mut und die ganze compagni, das ganze regiment, das feld verloren. Philand. 2, 327“ [DWB].
[29] Ohm: ca. 120 bis 150 Liter.
[30] Julius Heinrich v. Sachsen-Lauenburg-Ratzeburg [9.4.1586 – 20.11.1665].
[31] REUSS, Strassburg, S. 16.
[32] Schwerin; HHSD XII, S. 114ff.
[33] Ratzeburg [Kr. Herzogtum Lauenburg]; HHSD I, S. 216f.
[34] Hagenau [Elsass, h. Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[35] DUVE, Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium S. 21.
[36] Don Gonzalo Fernández de Córdoba, principe de Maratra [31.12.1585-16.2.1635]
[37] Mannheim; HHSD VI, S. 501ff.
[38] Heidelberg; HHSD VI, S. 302ff.
[39] Heßheim [Rhein-Pfalz-Kr.].
[40] Lambsheim [Rhein-Pfalz-Kr.].
[41] Oggersheim, heute Stadtteil von Ludwigshafen; HHSD V, S. 277f.
[42] Sir John Borres [1588-1635], kurpfälzischer Offizier.
[43] Adrian v. Megant [de Megant [ – ] pfälzisch-mansfeldischer Obrist. „Meggauisch“ ist offensichtlich ein Lesefehler.
[44] N Stakenbruch [ – ], generalstaatischer Obrist.
[45] Knecht, gemeiner: dienstgradloser einfacher Soldat. Er hatte 1630 monatlich Anspruch auf 6 fl. 40 kr. Ein Bauernknecht im bayerischen Raum wurde mit etwa 12 fl. pro Jahr (bei Arbeitskräftemangel, etwa 1645, wurden auch 18 bis 24 fl. verlangt) entlohnt. Doch schon 1625 wurde festgehalten; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 92: „Ihme folgete der obrist Blanckhardt, welcher mit seinem gantzen regiment von 3000 fueßknechte sechß wochen lang still gelegen, da dann die stath demselben reichlich besolden muste, wovon aber der gemeine knecht nicht einen pfennig bekommen hatt“. In einem Bericht des Obristleutnants des Regiments Kaspar von Hohenems (25.8.1632) heißt es; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 336: „daß sie knecht gleichsam gannz nackhent und ploß auf die wachten ziehen und mit dem schlechten commißbroth vorlieb nemmen müessen, und sonderlichen bey dieser kelte, so dieser orten erscheint, da mich, als ich an ainem morgen die wachten und posti visitiert, in meinem mantl und guetem klaidt gefrorn hat, geschweigen die armen knecht, so übel beklaidt, die ganze nacht auf den wachten verpleiben müessen. So haben sie auch gar kain gelt, das sie nur ain warme suppen kauffen khönnen, müessen also, wegen mangl der klaider und gelt, mit gwalt verschmachten und erkhranken, es sollte ainen harten stain erbarmen, daß die Graf hohenembsische Regiment gleich von anfang und biß dato so übel, und gleichsam die armen knecht erger alß die hundt gehalten werden. Es were gleich so guet, man käme und thete die armen knecht […] mit messern die gurgel abschneiden, alß das man sie also lenger abmatten und gleichsam minder als einen hundt achten thuett“. Gallas selbst schrieb am 25.1.1638 dem Kaiser; ELLERBACH; SCHERLEN, Der Dreißigjährige Krieg Bd. 3, S. 222: „Mochte wohl den Stein der erd erbarmen zuzuschauen, wie die arme knecht kein kleid am leib, keine schuh am fuße, die reiter keine stiefel oder sattel haben, auch den mehrerteil sich freuen, wenn sie nur die notdurft an eichelbrot bekommen können“. => Verpflegung.
[46] Meuterei, meutination, meutation: Meutereien waren schon kurz vor dem eigentlichen Dreißigjährigen Krieg eine ständige Begleiterscheinung innerhalb der Heere. Der hessen-kasselische Obrist Widmarckter schildert die z. T. drakonische Niederschlagung mehrerer Meutereien (1617) in Frankreich; GRÄF, Söldnerleben, S. 116f.: „20. Hatt Brearts Compagnia im Furüberzihen für Grand [ bei Sauvigny; BW] meinem Quartir meutiniren wollen, aber durch meine Gegenwart abgeschreckt worden. 21. Montaults Compagnia so auß Anregung Brearts Soldaten meutiniren wollen. Darzu ich kommen und zum Theill mitt harten, zum Theill mitt gutten Worten zu Frieden gesprochen. Darauf ihn Brearts und Effern Quartir geritten, die Soldaten fur mich gefordert, ihnen Fehler verwiesen und nach vorhergangener Demütigung, verzihen und also an dem Ort diese beyden Mutinationen gestillet. Alß ich aber von dannen in mein Quartir nach Andelot reitten wollen, treffe ich hart fur Brearts Quartir im freien Földe deß Obristen Fendlein in Schlachtordnung ahn, so gleichfallß meutiniren wollen. [fol. 204v] Auf welche ich so balde mitt bloßem Degen geeilet, in die Schlachtordnung geritten und manchen gutten Streich fließen laaßen und die Anfänger dieser Meutination begehret, deren sie mir auch endlich 2 volgen lassen. Hab solche dem Provos gelieffert und befohlen, mitt ihnen nach dem Quartir Andelot zu eylen, dahin ich mich gleichfalß verfüget. Beyde arme Sünder von dem Flecken führen lassen und, weill damals mein Scharfrichter entlauffen, dem einen dass Leben geschenkt, wofern er den andern erwürgete. So er acceptiret, sich an seinen Gesellen gemacht und nach großem Wiederstand sein Meister worden, auf der Erde erwürget und volgents stranguliret. Den toden Cörper hab ich ahn einen Hügell setzen und einen Brieff Meutinirer an die Brust hefften lassen, damit er von den Soldaten und Regiment gesehen wurde“. Der Stadtarzt Gabriel Furttenbach [1640-1716] von Leutkirch (unter 1619); GAIER; SCHÜRLE; PRAßER, Schwabenspiegel Bd. 3, S. 106f.: „Den 25. Dito [1619]. Donnerstag Morgens sein abermahlen alle Fahnen auff bemeltes Feld Commandiert und Gemustert worden. Alß nun ein Soldat von Erazheimb Gebürtig / ein armer Tropff und Baursmann / umb fl. 7. deß Monats nicht Dienen / sondern fl. 8. haben wollte / hat sich der Herr Obriste [Johann Fuchs; BW] über ihn so hefftig Erzürnt / daß Er andern zu einem Exempel solchen den Scharpffrichter (nicht daß er ihne ohne weitern Befelch Hinrichten solle) in seinen Handen zugeben Befohlen: Demnach aber der Profos Caspar Tenger von Rothweil mit dem armen Tropffen zugeschwind fortgefahren / ihne zwar nochmalen erinnert die benannte Besoldung ohne widerred anzunemmen / oder ihme für einen Steckenknecht Zudienen / Er aber solches nicht thun / sondern ehender Sterben wolte / hat der Profos denselbigen / ohne weitere Ordre deß Obristen / welcher schon Perdon zugesagt  hat / an einen Baum am Heggelbacher Weg Auffhencken lassen. Warüber aber der Obriste und Soldaten übel zufriden gewesen / und deßwegen diser Profos sich mit Leib und Leben dem Regiment Verschreiben miessen“. LAHRKAMP, Werth, S. 71f.: „Aber auch Werths Reiterregimenter litten Not und wurden schwierig; ein Symptom war, daß am 8. März [1637; BW] im Regiment Gayling [von Altheim] eine ernsthafte Meuterei ausbrach. Die Reiter lagen in Quartieren im Amte Ahrweiler, in Bodendorf und um Breisig. Der Tumult entstand in der Kompanie des Rittmeisters Ley, der einen Plünderer hatte verhaften lassen. Seine Kameraden rotteten sich zusammen und suchten ihn mit Gewalt zu befreien. Als der Regimentsführer, der Obristleutnant von Cronenburg, der für den verwundeten Gayling das Kommando führte, energisch einschritt und einen Reiter insultierte, wurde er mit etlichen Schüssen niedergestreckt. Seine Leibkompanie geriet mit den Meuterern ins Feuergefecht, wobei es auf beiden Seiten Tote und Verwundete gab. Am 12. März umstellten Reiter der Regimenter Werth und Lothringen, die eiligst aufgeboten waren, mit 600 Musketieren das meuternde Regiment. Mit Strenge wurde durchgegriffen: sechs Reiter wurden im Angesicht ihrer entwaffneten Kameraden gehenkt; einer sprang aus Verzweiflung in den Rhein und ertrank, sechs wurden arretiert. Vorher waren bereits fünf Mann gefallen, drei weitere desertiert.“ Vgl. auch die Schilderung einer Meuterei und ihrer Niederschlagung (Mai 1642) unter dem Regiment Wolf von der Lippe; NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 222f.  Vgl. WASSENBERG, Florus, S. 563ff., über die Meuterei französischer Truppen in Breisach (März 1644) wegen des seit 8 Monaten ausgebliebenen Solds. Johann Heinrich (Freiherr) von Bartels ist bekannt geworden durch den hart bestraften Aufruhr in seinem Regiment im Winter 1648/49 in Hilpoltstein. Nach Grimmelshausens Darstellung, der 19 Hinrichtungen erwähnt, waren La Pierre und Elter, unter dem Grimmelshausen Regimentsschreiber war, mit der Niederschlagung der Meuterei beauftragt; Kelletat, Grimmelshausen. Simplicianische Schriften, S. 212. Einer der Meuterer ging als „Oliver“ durch Grimmelshausen in die Literatur ein. Das Dragonerregiment Bartels hatte 1647 übrigens nur einen Ausländeranteil von 9, 6 %; KAPSER, Militärorganisation, S. 67; bzw. S. 64ff. Das Theatrum Europaeum Bd. 6, S. 778, berichtet: „Bey vorhabender Exauctoration / hat sich unterdeß Herrn Obristen Barthels Tragoner-Regiment (so vor diesem Herr Obrister Creutz gehabt / und in der Abdanckung nicht begriffen) als welches mit der 3. Monatlichen Bezahlung nicht zu frieden seyn wollen / ein unvermutheter Auffstand ereygnet / daß der Obrist und Obrister Lieutenant von ihnen entreitten müssen; darauff die Rebellen sich in das Schloß Hilpoldstein retiriret: Weilen nun des Herrn Generals und Feldmarschallen von Enckefort [Adrian v. Enckevort (1603-1663); BW] Excell. in continenti etliche hundert Mann zu Roß und Fuß auff sie außcommandirt / diese auch das Schloß umbsetzt / und Stücke auffgeführt, haben sich die Empörte Mittwochs den .. April gutwillig ergeben. Darauff hat man das Regiment im freyen Feld zusammen geführt / disarmirt / von newem schweren / etliche Rädelsführer gefangen nehmen und aufhencken lassen. Als solches geschehen / ist mehrgedachtes Tragoner-Regiment / biß auff weitere Ordre / hinwiederumb auß einander gelegt / und folgenden Freytags das commandirte Volck nach Amberg / auch in andere dero Quartiere zurück gezogen. Sonsten ist unterm Dato 22. Aprilis st: vet. Nachricht eingelangt / daß / nach dem die Rebellen von mehrbenanntem Barthlischen Tragoner-Regiment durch Gewalt wiederumb zum Gehorsamb gebracht / geviertheilt / 14. Reuter / theils gehenckt und enthauptet / viel unredlich gemacht / und ohne Abschied fortweg gejagt worden“. Im „Springinsfeld“ (KELLETAT, Grimmelshausen. Simplicianische Schriften, S. 212f.), heißt es: „Unter währendem Stillstand wurde unser Regiment nach Hilpoldstein, Heideck und selbiger Orten herum gelegt, da sich ein artliches Spiel unter uns zugetragen. Denn es fand sich ein Korporal, der wollte Obrister sein, nicht weiß ich, was ihn für eine Narrheit dazu angetrieben; ein Musterschreiber, so allererst aus der Schul entlaufen, war sein Secretarius, und also hatten auch andere von seinen Kreaturen andere Officia und Ämter; viel neigten sich zu ihm, sonderlich junge ohnerfahrne Leut, und jagten die höchsten Offizier zum Teil von sich, oder nahmen ihnen sonst ihr Kommando und billige Gewalt; meinesgleichen aber von Unteroffizieren ließen sie gleichwohl gleichsam wie neutrale Leut in ihren Quartieren noch passieren; und sie hätten auch ein Großes ausgerichtet, wenn ihr Vorhaben zu einer anderen Zeit, nämlich in Kriegsnöten, wenn der Feind in der Nähe, und man unserer beiseits nötig gewesen, ins Werk gesetzt worden wäre; denn unser Regiment war damals eins von den stärksten und vermochte eitel geübte, wohlmontierte Soldaten, die entweder alt und erfahren, oder junge Wagehälse waren, welche alle gleichsam im Krieg auferzogen worden; als dieser von seiner Torheit auf gütlichs Ermahnen nicht abstehen wollte, kam Lapier und der Obriste Elter mit kommandierten Völkern, welche zu Hilpoldstein ohne alle Mühe und Blutvergießen Meister wurden, den neuen Obristen vierteilen, oder besser zu sagen, fünfteilen (denn der Kopf kam auch sonder) und an vier Straßen auf Räder legen, 18 ansehnliche Kerl aber von seinen Prinzipal-Anhängern zum Teil köpfen, und zum Teil an ihre allerbesten Hälse aufhängen, dem Regiment aber die Musketen abnehmen, und uns alle auf ein neues dem Feldherrn wieder schwören ließen“. „Das blutigste Schauspiel dieser Art aber, welches 14 Tage lang die Umgebung mit neuen Kriegsunruhen ängstigte, spielte sich im Juli 1650 in Anhalt ab. Durch unklare Nachrichten über die Absichten der Schweden aufgebracht, nahmen die unter dem Befehle des Oberst-Lieutenants Israel Isaaksohn, welcher als ein habsüchtiger und roher Mensch bekannt war, hier einquartierten Reiter ihre Offiziere plötzlich gefangen und forderten stürmisch Sold und Abschied. Nur mit genauer Not entging Isaaksohn dem Tode; da er nachwies, dass der das nötige Geld zur Ablöhnung noch nicht zur Hand habe, wurde er entlassen unter der Bedingung, dass er ihnen dasselbe in Erfurt verschaffe. Er begab sich aber sofort zu den Truppen, welche mittlerweile von Süden zur Unterdrückung der Rebellion in Bewegung gesetzt waren, liess die Aufrührer, deren Anzahl noch etwa 450 Mann betrug, umzingeln und an 33 Rädelsführern trotz seines gegebenen Wortes und trotz des Wehegeschreis der Soldatenweiber erbarmungslos das Todesurteil vollstrecken“. LORENTZEN, Schwedische Armee, S. 188f. William Crowne [1617 – 1682], Lordsekretär, Offizier, Mitglied des Parlaments und 1636 Reisebegleiter des Thomas Lord Howard, Earl of Arundel and Surrey, berichtet über die Kämpfe Gustav II. Adolfs an der Alten Veste bei Zirndorf: „Der König von Schweden hatte hier drei seiner Soldaten für den Mord an zweien seiner Kommandanten und das Überlaufen zum Feind pfählen [im Original „set upon poles alive“] lassen. Nachdem die Schlacht ausgefochten war, hatte man die Soldaten gefangen genommen und hingerichtet“. RITTER; KEIL (Hgg.), William Crowne, S. 36. Vgl. die Schilderung einer Meuterei und ihrer Niederschlagung (Mai 1642) unter dem Regiment Rabe Wolf von der Lippe; NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 222.
[47] Ausschuss: I. Bürgerwehr: (zumeist relativ wirkungslose, unzuverlässige und aufsässige) Miliz zur selbstständigen Landesverteidigung (vgl. Landwehr), die teilweise schon beim ersten Musketenschuss auseinanderlief oder als Kanonenfutter diente, wenn sie nicht unter dem Schutz von Soldaten eingesetzt wurde. Zum Dienst im Ausschuss konnten sowohl Bürger – meist kleine Handwerker und ärmere Bürger, reichere Bürger drückten sich vor diesem Dienst –  als auch Bauern der städtischen Dörfer herangezogen werden. Üblich war die Stellung des 5. oder 10. Mannes. Die Erfurter Bürgerwehr soll aus 1.200 Mann bestanden haben; BEYER; BIEREYE, Geschichte der Stadt Erfurt, S. 537. Zur Nutzlosigkeit des Bürgerausschusses vgl. die Äußerungen des brandenburgischen Kanzlers Friedrich Pruckmann [1562-1630]; FADEN, Berlin, S. 144: Sie wurden „von ihrer zween angeführt, die ihr Lebetage wohl keinen toten Menschen im Felde gesehen. Da war ein Trommelschlagen, Platzen und Schießen, auch Schreien in beiden Städten [Berlin und Cölln] die ganze Nacht hindurch, dass ihrer wohl wenige dieselbe Nacht werden geschlafen haben. Denn es war alles besoffen, was da war. Da hätte man wohlbeschossene Musketiere sehen sollen; der eine schoß die Lunte mit hinweg; dem andern entfiel der Ladestecken, dem dritten die Forschett [Gabelstock]; dem vierten versagte die Muskete zwei- bis dreimal; der fünfte steckte die Nase gar in den Ärmel, wenn er schießen wollte, gleich den Mönchen, Pfaffen und Jesuiten, die vor etlichen Jahren zu Paris gassatim gingen, Die dann losgeschossen hatten, konnten zu keiner Ladung wieder kommen, also voll waren sie. Die Pikeniere trugen die Pike auch gar musterlich, zu geschweigen, dass sie solche sonsten zu gebrauchen sollten gewusst haben. Summa, man hat nur lauter Schimpf gehabt“. FADEN, Berlin, S. 153f. Teilweise wurde schon aus Kostengründen der Ausschuss von Städten abgelehnt; BRUNS, Hallenberg, S. 258f.; WALLHAUSEN, Defensio Patriae. II. Ausschuss, fürstlicher: Truppen der Landstände.
[48] Studernheim, heute Stadtteil von Frankenthal.
[49] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.
[50] Laufgraben: Graben, der bei der Belagerung einer Festung oder Stadt im Zickzackverlauf aufgeworfen wurde, in dem man sich möglichst ungefährdet nähern konnte. Approchen ist die Bezeichnung für die Laufgräben (Annäherungswege) bei der militärischen Belagerung von Festungen. Das Wort ist eine Eindeutschung des französischen Verbes s’approcher, sich nähern. Es handelt sich um eine Anlage, die der Angreifer einer Festung anlegen musste, bevor die Festung erstürmt werden konnte. Mit Hilfe einer Erdwalze (Sappe; vgl. dazu auch PIERER, Universal-Lexikon, Bd 14, S. 886-887) konnte sich der Angreifer an die Festungsmauern heranarbeiten, um sie durch ein anschließendes Unterminieren zum Einsturz zu bringen. Mit Hilfe der Approchen konnte der Angreifer das Vorgelände gedeckt überschreiten. Sappen wurden von den zu den ingenieurtechnischen Truppen gehörenden Sappeuren angelegt, die über besondere Ausrüstung wie z.B. Schanzkörbe verfügten oder den typischen, breitkrempigen Eisenhelm zum Schutz vor Geschossen, welche die Verteidiger von oben abschossen. Bei mittelalterlichen Burgbelagerungen wurden Sappen häufig eingesetzt, um das Mauerwerk der belagerten Festung aufzubrechen und die Mauer so weit auszuhöhlen, dass sie, evtl. durch Verbrennen des Stützgebälks, zum Einsturz gebracht werden konnte. Die Approchen bestanden aus einem Graben von etwa 2,5 m Sohlenbreite und etwa 1,25 m Tiefe, der bis zur 3. Parallele im Zickzack geführt auf der der Festung zugekehrten Seite mit einer etwa 1 m hohen Erdschüttung versehen war. Die einzelnen Approchenzüge legte man vor den einspringenden Winkeln der Festungswerke an und führte die einzelnen Schläge so, dass ihre Verlängerung mindestens 50 m vor dem weitest vorspringenden Festungswerk vorbeischlug. Jeder vorwärtige Schlag wurde bogenförmig über den rückwärtig hinaus nach hinten verlängert, was man Haken oder Crochet nannte. Diese Haken dienten als Ausweichstellen und der Aufstellung kleinerer Wachposten. Die zickzackförmigen Approchen wurden als einzelne Sappen ausgeführt. In geringerer Entfernung zur Festung, etwa von der zweiten Parallele an, kam die vom Sappeur mit Wälzkorb und sonstigem Hilfsgerät auszuführende völlige Sappe, später (ab etwa 1870) die einfache Erdwalze zur Anwendung. In nächster Nähe zur Festung, etwa vom Fuß des Glacis ab, hätten die Zickzacks allzu spitzwinklig werden müssen, um gegen bestreichendes Feuer geschützt zu sein. Man ging deshalb auf dieser Strecke von der Anwendung der Zickzacks ab und führte hier die Approchen derartig in gerader Richtung auf die Saillants der Angriffsfront weiter, dass sie durch Traversierung (Traversensappe, Würfelsappe) gegen bestreichendes Feuer geschützt wurden. Die Anlage von Approchen seitens der Angreifer wurde von den Verteidigern durch die langjährige Anpflanzung von tiefwurzelnden Pflanzen auf dem Glacis der Festung erschwert. [wikipedia]
[51] Tranchée: Laufgraben einer Festung.
[52] Batterie: Geschütze wurden zu Gruppen zusammengefasst. Diese Gruppen nannte man Batterie. Die damals angewandte Methode, eine Mauerbresche zu schießen, sah so aus, daß man eine Geschützbatterie frontal auf die zu brechende Mauer richtete und zwei kleinere Batterien im Winkel von ca. 30-45 Grad zu beiden Seiten anlegte, durch welche die gelockerte Mauersubstanz zusätzlich herausgehebelt wurde. [ENGERISSER]
[53] Fähnlein: militärische Einheit; die kleinste Gliederungseinheit beim Fußvolk, im 17. Jahrhundert allmählich durch die Bezeichnung „Kompanie“ verdrängt. In der kursächsischen Armee bestand ein Regiment zu Fuß aus 10 „Fendl“: ein Fähnlein umfasste ca. 300 Mann (100 Pikeniere, 160 Musketiere, 20 Hellebardiere und 20 Rundschildner). Es gliederte sich wiederum in Rotten von 10 – 15 Mann, die von einem Rottmeister angeführt wurden.
[54] Approchen: Laufgräben => Anm. 18.
[55] Feuerkugel: Geschoss mit Spreng-, Brand- und Leuchtwirkung, das von Mörsern im Steilfeuer über die Stadtmauer geschossen werden konnte.
[56] Hauptmann: Der Hauptmann (schwed. Kapten) war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.
[57] Ludwig Graf v. Wittgenstein [1599-Herbst 1624], Obristleutnant im niederländisch-pfälzischen Regiment Megant, verteidigte 1622 Frankenthal, folgte später Friedrich V. v. d. Pfalz nach Den Haag, wo er im Herbst 1624 im Duell fiel.
[58] Schanze: geschlossenes, auf dem Feld angelegtes Erdwerk, zur Belagerung und zur Verteidigung. Schanzgräber waren für die Anlage von Belagerungs- und Verteidigungswerken zuständige Arbeiter (Schanzbauern), die im Tross des Heeres mitzogen und dem Schanzmeister unterstanden. Sie waren weitgehend verachtete Menschen, die in der sozialen Hierarchie der Heere nur wenig über den Prostituierten standen und schlecht bezahlt wurden. Auch verurteilte Straftäter wurden zu Schanzarbeiten herangezogen. Diese „Condemnatio ad opera publica“, die Verurteilung zu Schanzarbeiten, war als Todesstrafe in absehbarer Zeit gedacht. Bürger und Geistliche der besetzten Städte sowie Klosteruntertanen, die zu diesen Arbeiten verpflichtet bzw. dafür ausgelost wurden, empfanden diese schwere Arbeit als ehrenrührig und entzogen sich ihr durch die Flucht. Um seine eigenen Truppen zu schonen, zwang Johann von Götz bei der Belagerung der Feste Marienberg (Würzburg) eine große Anzahl von Bauern der Umgebung, Schanzarbeiten zu verrichten, ‚vnd die Stücke, die Er mit Pferden nicht dahin bringen konnte, hinauffzuziehen: Worüber dan viele todt geblieben, vnd daher die Bauren aller orten sich häuffig absentiret vnd verlauffen‘ (CHEMNITZ, Königlich Schwedichen […] II, S. 581). Im schwedischen Heer wurden dazu bevorzugt die ohnehin sozial deklassierten Finnen eingesetzt (vgl. auch TOEPPEN, Hoppes Chronik, S. 77). Reichskanzler Oxenstierna hatte auch den Frankfurtern die Verpflichtung der Bettler zum Festungs- bzw. Schanzenbau empfohlen. Im 17. Jahrhundert wurden zunehmend auch Soldaten durch die Aufnahme der Schanzpflicht in die Artikelbriefe für Schanzarbeiten herangezogen; ein Versuch der Fürsten, ein bisher ungenutztes Reservoir an billigen Arbeitskräften zu erschließen, eine Reaktion auf die neuen militärischen Erfordernisse (Belagerungs- und Grabenkrieg, Ausbreitung der Festungen) und Ausdruck des fürstlichen Willens, die Soldaten körperlich, geistig und sittlich zu disziplinieren (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 138, 255).
[59] Butenwerk: Außenwerk.
[60] Ernst I. Graf von Isenburg und Grenzau [1584 -30.5.1664 Brüssel], kurkölnischer General.
[61] Untersteckung, Unterstoßung: (zwangsweise) Eingliederung von (insbesondere gefangen genommenen) Soldaten in bestehende unvollständige Verbände. „Die ‚Untersteckung‘ von gefangenen Soldaten des Kriegsgegners war in der frühen Neuzeit allgemein üblich, wurde für gewöhnlich von den Betroffenen ohne Widerstände akzeptiert und scheint gar nicht selten die Zusammensetzung eines Heeres erheblich verändert zu haben“ (BURSCHEL, Söldner, S. 158). In der kurbayerischen Armee – Maximilian I. von Bayern war grundsätzlich gegen die Untersteckung wegen der Unzuverlässigkeit in Schlachten – wurden sie als Kugelfang beim Angriff oder Sturm auf eine Stadt vorausgeschickt; SEMLER, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 67. Franz von Mercy hatte nach seinem Sieg bei Tuttlingen (24.11.1643) an die 2000 Franzosen untergesteckt. HEILMANN, Kriegsgeschichte, S. 69f. Doch wurden schon seit dem Böhmischen Krieg Gefangene, die die Untersteckung verweigerten, oft hingerichtet. HELLER, Rothenburg, S. 158: (1645): „Die [bayr.] Furir aber haben alle Häußer, wo Franz. oder Weimar. gelegen, außgesucht und was sie hinterlaßen, alles weggenommen. Wie sie denn im güldenen Greifen einen Weimarischen Feldscherer sampt seiner Feldtruhen, welcher allhie geblieben und hernach wollen nach Hauß ziehen in Holstein, ertapt, übel gemartert und geschlagen, endlich mit sich hinweggefürt und, wie man gesagt, weilen er ihnen nit wollen dienen, auf dem Feld erschoßen“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70f. (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, daß die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. => Kriegsgefangene.
[62] minieren: graben, untergraben: Anlegen von Untergrabungsgängen unter dem Mauerfuß einer belagerten Festung. Diese Minengänge zielten entweder auf den Einsturz der Mauer oder auf ein Eindringen in die Festung. Über die Unterhöhlung hinaus konnten sie mit einer Pulverladung versehen und zum Sprengen der Mauer benutzt werden. Da man die Arbeitsgeräusche bald hören konnte, wurden Gegenminen gelegt und zur Explosion gebracht. Teilweise wurden die Minen auch dem Gegner gezeigt, um ihn zum Aufgeben zu bewegen.
[63] Ravelin: im Festungswesen ein eigenständiges Werk, dessen Aufgabe es ist, die Kurtine, also den Wall zwischen zwei Bastionen, zu schützen – daher sein deutscher Name Wallschild – und gleichzeitig deren Facen zu flankieren. [wikipedia]
[64] Cornet: „bei den soldaten ist das cornet dasjenige zeichen, so die helden bei frewd und mut erhaltet, darnach sie alle sehen, und wo dieses verloren, so ist herz und mut und die ganze compagni, das ganze regiment, das feld verloren. Philand. 2, 327“ [GRIMM; GRIMM, DWB].
[65] Heinrich van der Merven [ – ], niederländischer Obrist.
[66] N von Waldmannshausen, [ – ], pfälzischer Obrist.
[67] Hans Christoph Bligger Landschad von Steinach [1575-nach 1632], pfälzischer Obrist.
[68] Kompanie hatte in der kursächsischen Armee ca. 125 Pferde, 1 schwedische Reiterkompanie umfasste in der Regel 80 Mann. Der Kornett erhielt ca. 50 fl. Monatssold. => Fähnrich; Fahne.
[69] Kartaune, halbe: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 22-faches Kaliber (15 cm), schoß 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-74 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81.
[70] Quartierschlange: ADELUNG, Grammatisch-kritisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 885: „eine Art des groben Geschützes, welches vier bis sechs Pfund Eisen schießet, 36 bis 40 Caliber lang ist, und auch Falkaune genannt wird. Nach andern schießet die Quartier-Schlange 10, die doppelte Quartier-Schlange aber 70 Pfund. Das Wort bedeutet eigentlich eine Viertels-Schlange, weil dieses Geschütz den vierten Theil weniger schoß, als die große eigentliche Schlange“.
[71] Bad Kreuznach; HHSD V, S. 24ff.
[72] Grobe Stücke: große Geschütze, meist: Kartaunen [Belagerungsgeschütz mit einer Rohrlänge des 18-19-fachen Rohrkalibers [17, 5 – 19 cm], verschoss 40 oder 48 Pfund Eisen, Rohrgewicht: 60-70 Zentner, Gesamtgewicht: 95-105 Zentner, zum Vorspann nötig waren bis zu 32 Pferde nötig: 20-24 Pferde zogen auf einem Rüstwagen das Rohr, 4-8 Pferde die Lafette]; halbe Kartaunen [langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge des Kalibers (15 cm), schoss 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-75 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt.
[73] Batzen: 1 Batzen = 4 Kreuzer.
[74] HEILMANN, Kriegsgeschichte Bd. 2/1, S. 115f. Nach „Franckenthalische  Belägerung: Oder Außführlicher / gründtlicher Bericht und Historische Erzehlung / was sich inn Zeit jüngster Belägerung / inn- und asserhalb der Stadt Franckenthal begeben unnd zugetragen: Unnd wie sie … errettet worden. Sampt einem Epitaphio oder Grabschrifft eines vornemen Spanischen OberWachtmeisters … ; Durch einen Innwohner daselbsten colligirt, beschrieben / und in Druck gegeben“. s. l. 1621 [VD17 23:237804A].
[75] Germersheim [Kr. Germersheim]; HHSD V, S. 112f.
[76] Georg Friedrich Markgraf v. Baden-Durlach [30.1.1573 Durlach/Karlsruhe-24.9.1638 Straßburg], mansfeldischer General.
[77] Bad Mingolsheim [LK Karlsruhe]; HHSD VI, S. 43f.
[78] Wiesloch [Rhein-Neckar-Kr.]; HHSD VI, S. 886f.
[79] Darmstadt; HHSD IV, S. 79ff.
[80] Hagenau [Elsass, h. Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[81] Mainz; HHSD V, S. 214ff.
[82] Mainz; HHSD V, S. 214ff.
[83] DUVE, Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium S. 21.
[84] Christian der Jüngere Herzog v. Braunschweig-Wolfenbüttel [20.9.1599 Gröningen-16.6.1626 Wolfenbüttel], kurpfälzischer, dann dänischer General.
[85] Sieg Tillys und Anholts am 20.6.1622 bei Höchst über Christian von Braunschweig, der dabei mehrere tausend Mann, Tross und Artillerie einbüßte. Höchst a. d. Nidder [Kreis Büdingen]; HHSD IV, S. 228f.
[86] Heidelberg; HHSD VI, S. 302ff.
[87] Grundlegend ist hier ALBRECHT, Maximilian I.
[88] Don Gonzalo Fernández de Córdoba [31.12.1585-16.2.1645], spanischer General. Vgl. die Erwähnungen bei KRÜSSMANN, Ernst von Mansfeld.
[89] Breisach am Rhein [LK Breisgau-Hochschwarzwald]; HHSD VI, S. 110ff.
[90] [Bad] Wimpfen [LK Heilbronn]; HHSD VI, S. 51f.
[91] Leimen [Rhein-Neckar-Kr.]; HHSD VI, S. 461.
[92] Lampertheim; unter Schriesheim [Rhein-Neckar-Kr.]; HHSD VI, S. 716f.
[93] Kroaten: (kroatische Regimenter in kaiserlichen und kurbayerischen Diensten), des „Teufels neuer Adel“, wie sie Gustav II. Adolf genannt hatte (GULDESCU, Croatian-Slavonian Kingdom, S. 130). Dieser ließ gefangene Kroaten auch nach Schweden in die Kupferbergwerke bringen; METEREN, Newer Niederländischen Historien Vierdter Theil, S. 87. Mit der (älteren) Bezeichnung „Crabaten“ (Crawaten = Halstücher) wurden die kroatischen Soldaten, die auf ihren Fahnen einen Wolf mit aufgesperrtem Rachen führten führten [vgl. REDLICH, De Praeda Militari, S. 21], mit Grausamkeiten in Verbindung gebracht, die von „Freireutern“ verübt wurden. „Freireuter“ waren zum einen Soldaten beweglicher Reiterverbände, die die Aufgabe hatten, über Stärke und Stellung des Gegners sowie über günstige Marschkorridore und Quartierräume aufzuklären. Diese Soldaten wurden außerdem zur Verfolgung fliehender, versprengter oder in Auflösung begriffener feindlicher Truppen eingesetzt. Diese Aufgabe verhinderte eine Überwachung und Disziplinierung dieser „Streifparteien“ und wurde von diesen vielfach dazu genutzt, auf eigene Rechnung Krieg zu führen. Vgl. GOTTFRIED, ARMA SVEVICA, S. 85 (1630): „Die Crabaten litten dieser Zeit von den Schwedischen viel schaden / weil es bey ihnen viel stattliche Beuten gab. Dann sie hatten theils Gürtel voller Gold und Silber vmb den Leib / auch gantze Blatten von Gold vnd Silber geschlagen vor der Brust“. Zudem war „Kroaten“ ein zeitgenössischer Sammelbegriff für alle aus dem Osten oder Südosten stammenden Soldaten. Ihre Bewaffnung bestand aus Arkebuse, Säbel (angeblich „vergiftet“; PUSCH, Episcopali, S. 137; MITTAG, Chronik, S. 359, wahrscheinlich jedoch Sepsis durch den Hieb) und Dolch sowie meist 2 Reiterpistolen. Jeder fünfte dieser „kahlen Schelme Ungarns“ war zudem mit einer Lanze bewaffnet. SCHUCKELT, Kroatische Reiter; GULDESCU, Croatian-Slavonian Kingdom. Meist griffen sie Städte nur mit Überzahl an. Die Hamburger „Post Zeitung“ berichtete im März 1633: „Die Stadt Hoff haben an vergangenen Donnerstag in 1400. Crabaten in Grundt außgeplündert / vnnd in 18000 Thaller werth schaden gethan / haben noch sollen 1500. fl. geben / dass sie der Kirchen verschonet / deßwegen etliche da gelassen / die andern seind mit dem Raub darvon gemacht“. MINTZEL, Stadt Hof, S. 101. Zur Grausamkeit dieser Kroatenregimenter vgl. den Überfall der Kroaten Isolanis am 21.8.1634 auf Höchstädt (bei Dillingen) THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 331f.; bzw. den Überfall auf Reinheim (Landgrafschaft Hessen-Darmstadt) durch die Kroaten des bayerischen Generalfeldzeugmeisters Jost Maximilian von Gronsfelds im Mai 1635: HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 148ff.; den Überfall auf Reichensachsen 1635: GROMES, Sontra, S. 39: „1634 Christag ist von uns (Reichensächsern) hier gehalten, aber weil die Croaten in der Christnacht die Stadt Sontra überfallen und in Brand gestecket, sind wir wieder ausgewichen. Etliche haben sich gewagt hierzubleiben, bis auf Sonnabend vor Jubilate, da die Croaten mit tausend Pferden stark vor Eschwege gerückt, morgens von 7-11 Uhr mittags mit den unsrigen gefochten, bis die Croaten gewichen, in welchem Zurückweichen die Croaten alles in Brand gestecket. Um 10 Uhr hats in Reichensachsen angefangen zu brennen, den ganzen Tag bis an den Sonntags Morgen in vollem Brande gestanden und 130 Wohnhäuser samt Scheuern und Ställen eingeäschert. Von denen, die sich zu bleiben gewaget, sind etliche todtgestoßen, etlichen die Köpfe auf den Gaßen abgehauen, etliche mit Äxten totgeschlagen, etliche verbrannt, etliche in Kellern erstickt, etliche gefangen weggeführet, die elender gewesen als die auf der Stelle todt blieben, denn sie sind jämmerlich tractirt, bis man sie mit Geld ablösen konnte“. LEHMANN, Kriegschronik, S. 61, anlässlich des 2. Einfall Holks in Sachsen (1632): „In Elterlein haben die Crabaten unmanbare Töchter geschendet und auf den Pferden mit sich geführet, in und umb das gedreid, brod, auf die Bibel und bücher ihren mist auß dem hindern gesezt, In der Schletta [Schlettau] 21 bürger beschediget, weiber und Jungfern geschendet“. LANDAU, Beschreibung, S. 302f. (Eschwege 1637). Auf dem Höhepunkt des Krieges sollen über 20.000 Kroaten in kaiserlichen Diensten gestanden haben. In einem Kirchturmknopf in Ostheim v. d. Rhön von 1657 fand sich ein als bedeutsam erachteter Bericht für die Nachgeborenen über den Einfall kroatischer Truppen 1634; ZEITEL, Die kirchlichen Urkunden, S. 219-282, hier S. 233-239 [Frdl. Hinweis von Hans Medick, s. a. dessen Aufsatz: Der Dreißigjährige Krieg]. Vgl. BAUER, Glanz und Tragik; neuerdings KOSSERT, „daß der rothe Safft hernach gieng…“, S. 75: „In einer Supplik der niederhessischen Stände an Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel aus dem Jahr 1637 heißt es beispielsweise, die „unchristlichen Croaten“ hätten ‚den Leute[n] die Zungen, Nasen und Ohren abgeschnitten, die augen außgestochen, Nägel in die Köpff und Füsse geschlagen, heis Blech, Zinn und allerhand Unflat, durch die Ohren, Nasen und den Mund, in den Leib gegossen [und] etzliche durch allerhand Instrumenta schmertzlich gemartert’ “. http://home.arcor.de/sprengel-schoenhagen/2index/30jaehrigekrieg.htm: „Am grauenhaftesten hatte in dieser Zeit von allen Städten der Prignitz Perleberg zu leiden. Die Kaiserlichen waren von den Schweden aus Pommern und Mecklenburg gedrängt worden und befanden sich auf ungeordnetem Rückzug nach Sachsen und Böhmen. Es ist nicht möglich, alle Leiden der Stadt hier zu beschreiben.
Am ehesten kann man sich das Leid vorstellen, wenn man den Bericht des Chronisten Beckmann über den 15. November 1638 liest: ‚… Mit der Kirche aber hat es auch nicht lange gewähret, sondern ist an allen Ecken erstiegen, geöffnet und ganz und gar, nicht allein was der Bürger und Privatpersonen Güter gewesen, besonders aber auch aller Kirchenschmuck an Kelchen und was dazu gehöret, unter gotteslästerlichen Spottreden ausgeplündert und weggeraubet, auch ein Bürger an dem untersten Knauf der Kanzel aufgeknüpfet, die Gräber eröffnet, auch abermals ganz grausam und viel schlimmer, als je zuvor mit den Leuten umgegangen worden, indem sie der abscheulichen und selbst in den Kirchen frevelhafter und widernatürlicher Weise verübten Schändung des weiblichen Geschlechts, selbst 11- und 12-jähriger Kinder, nicht zu gedenken – was sie nur mächtig (haben) werden können, ohne Unterschied angegriffen, nackt ausgezogen, allerlei faules Wasser von Kot und Mist aus den Schweinetrögen, oder was sie am unreinsten und nächsten (haben) bekommen können, ganze Eimer voll zusammen gesammelt und den Leuten zum Maul, (zu) Nase und Ohren eingeschüttet und solch einen ‚Schwedischen Trunk oder Branntwein’ geheißen, welches auch dem damaligen Archidiakonus… widerfahren. Andern haben sie mit Daumschrauben und eisernen Stöcken die Finger und Hände wund gerieben, andern Mannspersonen die Bärte abgebrannt und noch dazu an Kopf und Armen wund geschlagen, einige alte Frauen und Mannsleute in Backöfen gesteckt und so getötet, eine andere Frau aus dem Pfarrhause in den Rauch gehängt, hernach wieder losgemacht und durch einen Brunnenschwengel in das Wasser bis über den Kopf versenket; andere an Stricken, andere bei ihren Haaren aufgehängt und so lange, bis sie schwarz gewesen, sich quälen lassen, hernach wieder losgemacht und andere Arten von Peinigung mit Schwedischen Tränken und sonsten ihnen angeleget. Und wenn sie gar nichts bekennen oder etwas (haben) nachweisen können, Füße und Hände zusammen oder die Hände auf den Rücken gebunden und also liegen lassen, wieder gesucht, und soviel sie immer tragen und fortbringen können, auf sie geladen und sie damit auf Cumlosen und andere Dörfer hinausgeführt, worüber dann viele ihr Leben (haben) zusetzen müssen, daß auch der Rittmeister der Salvegarde und andere bei ihm Seiende gesagt: Sie wären mit bei letzter Eroberung von Magdeburg gewesen, (es) wäre aber des Orts so tyrannisch und gottlos mit den Leuten, die doch ihre Feinde gewesen, nicht umgegangen worden, wie dieses Orts geschehen’ „. METEREN, Newer Niederländischen Historien Vierdter Theil, S. 41: „Diese [Kroaten; BW] nach dem sie die Thor deß Stättleins [Penkun (LK Vorpmmern-Greifswald); BW] zerbrochen / haben sie mit grossem Grimm auff dem Schloß / in der Kirche / in der Pfarr / in den Häusern / Ja auch unerhörter Weise in den Todtengräbern gesuchet: Das Korn theils außgetroschen vnnd hinweg geführet / theils auch zertretten / die Inwohner hefftig geschlagen vnnd biß auff den Todt gemartert / daß sie solten sagen / on sie Gelt vergraben hetten / vnder denselben haben sie auch deß Pastorn nicht verschonet / der ihnen doch vor diesem alle Ehr vnnd Freundschafft erwiesen: Vnnd welches das allerärgste / haben sie Weibspersonen genothzüchtiget vnd geschändet / vnnd so sich etliche im Wasser vnder dem Rohr / oder sonst verborgen / haben die Crabaten / als deß Teuffels rechte Spürhund / solche auffgesucht / vnd wie das Vieh zur Vnzucht vor sich hergetrieben / auch ein theils Mannspersonen / so ihre Weiber vnnd Kinder wider solchen Teufflischen Muthwillen vnnd Gewalt vertheidigen wollen / jämmerlich erschossen vnd nidergehawen. Vnd dergleichen Vnzucht haben sie auch an Mägdelein von acht vnnd zehen Jahren zu treiben vnd am hellen Tag auff den Kirchhöfen / öfffentlichen Gassen vnd Gärten zu begehen / sich nicht geschewet“.Vgl. auch die Beschreibung des Kroateneinfalls in Neustadt a. d. Aisch am 18.7.1632 => Kehraus [Kerauß, Kehrauß], Andreas Matthias in den „Miniaturen“.
[94] Freinsheim [Kr. Neustadt a. d. Weinstraße]; HHSD V, S. 104.
[95] Philipp Christoph v. Sötern [11.12.1567 Kastellaun-7.2.1653 Trier], Bischof v. Speyer, Erzbischof v. Trier. Vgl. BAUR, Philipp von Sötern; ABMEIER, Der Trierer Kurfürst Philipp Christoph von Sötern.
[96] Philippsburg [LK Karlsruhe]; HHSD VI, S. 632f.
[97] ranzionieren: Lösegeld zahlen, (sich) auslösen, (sich) freikaufen, auslösen von Personen, Gegenständen oder Vieh. Der organisierte Vieh-, vor allem aber Menschenraub stellte neben der Plünderung angesichts der fehlenden Soldauszahlung die wichtigste Einnahmequelle gerade der unteren Chargen dar, wurden doch pro Person je nach Stand und Beruf oft 300 Rt. und mehr erpresst. Vgl. WAGNER; WÜNSCH, Gottfried Staffel, S. 116; GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 29.  Dieses Lösegeld erreichte trotz der zwischen den Kriegsparteien abgeschlossenen Kartelle z. T. enorme Höhen: So bot der ehemalige Kommandant von Hanau, Sir James (Jacob) Ramsay „the Black“ [1589-1639], 70.000 Rt. für seine Freilassung, die aber vom Kaiserhof abgelehnt wurde (KELLER, Drangsale, S. 357), da man von ihm wissen wollte, wo er die bei der Einnahme Würzburgs und Bad Mergentheims erbeuteten Schätze (KELLER, Drangsale, S. 355) verborgen hatte. Ramsays Kriegsbeute wurde auf 900.000 Rt. beziffert; KELLER, Drangsale, S. 361; GAIL, Krieg, S. 28f.; MURDOCH (Hg.), SSNE ID: 3315. Auch die Leichname gefallener Offiziere mussten in der Regel vom Gegner ausgelöst werden. Im Mai 1633 war die kaiserliche Garnison in der Festung Lichtenau (bei Ansbach) so schlecht verproviantiert, dass Nürnberger Untertanen gefangen genommen wurden, die sich dann gegen Kartoffeln auslösen mussten; SODEN, Gustav Adolph III, S. 450. SEMLER, Tagebücher, S. 137 (1634): „Hierauff die Schwedische ihre gewohnliche straiff vnd raubereyen noch ferner vnd ernstlicher continuirt, also daß nicht allein auf dem land vnd dörffern sich niemandt betreffen, sonder auch gar in die reben (außerhalb was gegen Sipplingen hinab gelegen, dahin der feind niehmaln kommen) niemandt blicken lassen dörffen, inmaßen ettliche burger vnd salmanßweilische vnderthonen, so in den reben bei vnd gegen Nußdorf und Burgberg schaffen wollen, von denen hin vnd wider vagierenden reüttern aufgehebt, vnd nach Pfullendorf geführt, deren jeder biß auf 60 vnd mehr reichsthaler ranzion angezogen, vnd weilen sie, alß arme rebleütt sollche zu bezahlen nicht vermögt, volgendts mit der armada fortgeführt worden, wie benantlich ein veberlingischer gmainder vmb 68 thaler vnd zwen Nußdorffer jeder vmd 58 thaler ranzioniert, vnd vneracht diese bede für sich 40 thaler angebotten, ein mehrers auch im vermögen nit gehabt, seyn sie doch bei sollchem nicht ge[S. 129]lassen worden“.
[98] Heiligenberg [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 321.
[99] MAIER, Unterpfalz, S. 34f.
[100] 6.5.1622: Tilly und Córdoba schlagen Georg Friedrich von Baden-Durlach. Vgl. REITZENSTEIN, Der Feldzug 1622, 2. Heft;  wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Wimpfen. [Bad] Wimpfen [LK Heilbronn]; HHSD VI, S. 51f.
[101] Hagenau [Elsass, h. Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[102] Vgl. die Erwähnungen bei KRÜSSMANN, Ernst von Mansfeld.
[103] dänische Armee: Nach LICHTENSTEIN, Schlacht, S. 42f., musste ein dänischer Kürassier mit einem mindestens16 „Palmen“ [1 Palme = 8, 86 cm] hohen Pferd, Degen u. Pistolen antreten. Der Kürass kostete ihn 15 Rt. Er durfte ein kleineres Gepäckpferd u. einen Jungen mitbringen. Der Arkebusier hatte ebenfalls Pferd, Degen u. Pistolen mitzubringen, durfte aber ein 2. Pferd nur halten, wenn er v. Adel war. Für Brust- u. Rückenschild musste er 11 Rt. zahlen. Der Infanterist brachte den Degen mit u. ließ sich für das gelieferte Gewehr einen Monatssold im ersten halben Jahr seines Dienstes abziehen. Bei der Auflösung des Regiments erhielten die Soldaten sämtl. Waffen mit einem Drittel des Ankaufspreises vergütet, falls der Infanterist noch nicht 6 Monate, der Kavallerist noch nicht 10 Monate gedient hatte; andernfalls mussten sie die Waffen ohne jede Vergütung abliefern. Der Kürassier erhielt für sich u. seinen Jungen täglich 2 Pfd. Fleisch, 2 Pfd. Brot, 1/8 Pfd. Butter oder Käse u. 3 „Pott“ [1 Pott = 4 Glas = 0, 96 Liter] Bier. Arkebusier u. Infanterist bekamen die Hälfte. Die tägliche Ration betrug 12 Pfd. Heu, Gerste oder Hafer je nach den Vorräten. An das Kommissariat musste der Kürassier für Portion u. Ration monatlich 7 Rt., an den Wirt im eigenen oder kontribuierenden Land musste der Kürassier 5, der Unteroffizier 4, der Sergeant 3, Arkebusier u. Infanterist 2 1/2 Rt. zahlen. Im besetzten Land, das keine Kontributionen aufbrachte, wurde ohne Bezahlung requiriert. Ein Teil des Handgeldes wurde bis zum Abschied zurückbehalten, um Desertionen zu verhüten, beim Tode wurde der Teil an die Erben ausbezahlt. Kinder u. Witwen bezogen einen sechsmonatlichen Sold.
[104] Johann Ernst Herzog v. Sachsen-Eisenach [1.7.1566 Gotha- 23.10.1638 Eisenach].
[105] Christian IV. König v. Dänemark [12.4.1577 Schloss Frederiksborg-18.2.1648 Schloss Rosenborg/Kopenhagen]. Vgl. HEIBERG, Christian 4.
[106] Hannover; HHSD II, S. 197ff.
[107] Johann Philipp Freiherr Fuchs v. Bimbach [1567-27.8.1626 bei Lutter am Barenberge], dänischer General.
[108] JÜRGENS, Chronik, S. 367. Die Chronik verwendet den alten St.
[109] Kapitän (schwed. Kapten): Der Hauptmann war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden so genannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste.  Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein.
[110] Neustadt am Rübenberge; HHSD II, S. 343ff.
[111] Werbung: Der jeweilige Kriegsherr schloss mit einem erfahrenen Söldner (Obrist, Obristleutnant, Hauptmann) einen Vertrag (das sogenannte „Werbepatent“), in dem er ihn eine festgelegte Anzahl von Söldnern anwerben ließ. Dafür wurde ihm ein der von Städten und Territorien wegen der Ausschreitungen gefürchteter => Musterplatz angewiesen. Zudem erhielt der Werbeherr eine vereinbarte Geldsumme, mit der er die Anwerbung und den Sold der Geworbenen bezahlen sollte (=> Werbegeld). Manchmal stellte der Werbende auch Eigenmittel zur Verfügung, beteiligte sich so an der Finanzierung und wurde zum „Gläubiger-Obristen“ des Kriegsherrn. Zudem war der Werbeherr zumeist Regimentsinhaber der angeworbenen Truppen, was ihm zusätzliche beträchtliche Einnahmen verschaffte. Manche Rekruten wurden von den Werbeoffizieren doppelt gezählt oder unerfahrene, z. T. invalide und mangelhaft ausgerüstete Männer als schwerbewaffnete Veteranen geführt, um vom Obristen eine höhere Summe ausgezahlt zu erhalten. Auch Hauptleute, meist adliger Herkunft, stellten Kompanien oder Fähnlein auf eigene Kosten dem Kriegsherrn bzw. einem Obristen zur Verfügung, um dann in möglichst kurzer Zeit ihre Aufwendungen wieder hereinzuholen und noch Gewinne zu erzielen, was zu den üblichen Exzessen führen musste. Teilweise wurde die Anwerbung auch erschlichen oder erzwungen. Auf der Straße eingefangene Handwerker wurden für Wochen ins Stockhaus gesteckt und durch die Erschießung von Verweigerern zum Dienst gezwungen; SODEN, Gustav Adolph II, S. 508. Wie schwierig Werbungen bereits 1633 geworden waren, zeigen die Aufzeichnungen des Dr. Molther aus Friedberg; WAAS, Chroniken, S. 141: „Im Junio [1633] hat die hiesige Stadt und allenthalben die Grafschaften und adeligen Örter Volk geworben, welches zu Heilbrunn [April 1633] ist beschlossen worden, und hat die Stadt alhier 24 Mann sollen werben. Es ist aber keiner zu bekommen gewesen. Man hat einem zu Fuß geboten 10, 20, auch 30 Thaler, wohl auch 40, und hat doch fast niemand bekommen können. Derowegen hat der Officier, so das Volk abholen sollen, die Soldaten, so die Stadt Wetzlar geworben, hero geführet, so 16 Mann sind gewesen, und so lang hier behalten, bis die Stadt ihre 24 Mann hat gehabt. Darbei noch gedrohet, er wollte, so sie nicht balde geworben, die Burger und deren Söhne mitnehmen“. Für Anfang 1643 heißt es in den Aufzeichnungen aus Mühlhausen über die Werbemethoden des schwedischen Kommandanten in Erfurt, Caspar Ermes; JORDAN, Mühlhausen, S. 97: „In diesem Jahre legte abermals der Commandant von Erfurt einen Capitän mit einer Compagnie Infanterie in die Stadt, um Soldaten zu werben. Weil sie aber nicht viel Rekruten bekamen, so machten sie einen listigen Versuch. Sie warfen Geld in die Straße; wenn nun jemand kam und es aufhob, so sagten sie, er hätte Handgeld genommen, er müsse nun Soldat werden. Im Weigerungsfalle steckten sie solchen Menschen in den Rabenturm, wo er so lange mit Wasser und Brod erhalten wurde, bis er Soldat werden wollte“. In einem Bericht aus Wien (Dezember 1634) heißt es: „Aus Schwaben und Bayern kommen wegen der großen Hungersnoth viele tausend Menschen auf der Donau herab, so dass man immer von Neuem werben und die Regimenter complettiren kann“. SODEN, Gustav Adolph III, S. 129. JORDAN, Mühlhausen, S. 90f. (1637) über den Werbeplatz Sporcks: „Den 4. April ist er wieder mit etlichen Völkern zurückgekommen und hat sich mit denselben hier einquartiret und seinen Werbeplatz hier gehabt, hat auch viel Volk geworben, wie denn die Eichsfelder und andere benachbarte häufig zuliefen und Dienst nahmen, nur daß sie ins Quartier kamen und die Leute aufzehren konnte. Viele trieb auch der Hunger. Als es aber ans Marchiren gehen sollte, so wurde aus dem Marchiren ein Desertieren“. Für Anfang 1643 heißt es über die Werbemethoden des schwedischen Kommandanten in Erfurt, Caspar Ermes; JORDAN, Mühlhausen, S. 97: „In diesem Jahre legte abermals der Commandant von Erfurt einen Capitän mit einer Compagnie Infanterie in die Stadt, um Soldaten zu werben. Weil sie aber nicht viel Rekruten bekamen, so machten sie einen listigen Versuch. Sie warfen Geld in die Straße; wenn nun jemand kam und es aufhob, so sagten sie, er hätte Handgeld genommen, er müsse nun Soldat werden. Im Weigerungsfalle steckten sie solchen Menschen in den Rabenturm, wo er so lange mit Wasser und Brod erhalten wurde, bis er Soldat werden wollte“. Vgl. RINKE, Lippe, S. 20f.; Die Hildesheimer Handwerksmeister berichteten dem Rat am 12./22.11.1638, dass „die Handwercksbursch […] vor den Stadtthoren nicht allein angehalten und befragt worden, ob sie Lust haben, sich alß Soldaten gebrauchen zu laßen, sondern auch überredet werden, daß sie keine Arbeit allhier bekommen können […] und wann sie sich deßen verweigern, die Werber […] sie dahin nötigen, daß sie Geldt nehmen oder […] ihnen die Bündel vom Halße schneiden undt anders, waß sie sonsten bey sich tragen, nehmen, biß sie sich zu der Soldaten Charge sich verstehen wollen“. PLATH, Konfessionskampf, S. 482. Unter 1642 heißt es in Raphs Chronik von Bietigheim (BENTELE, Protokolle, S. 200) , dass der kaiserliche Obristwachtmeister Dusin 1642, weil er „mit Werbung eines Regiments und Musterung desselben gegen dem Bayerfürsten großen Falsch gebraucht, auch andere tyrannische Untaten in der Marggrafschaft Durlach und anderswo unerhört verüebt, hingegen mit Klaidungen Tractamenten und Dienern sich mehr als fürstlich haltend und hierdurch alles Geld, üppiglich vergeudet hat, zu Tüwingen [Tübingen; BW] uff der Burgstaig seinem Verschulden nach mit dem Schwert gerichtet worden. Sein Großvatter soll ein Großherzog zu Venedig gewesen sein“. Der Schweriner Dompropst und Ratzeburger Domherr, Otto von Estorf [1566 – 29.7.1637], berichtet in seinem „Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium“ zum April 1623: „Dietrich von Falkenstein ein Mansfeldischer Werber, so vor wenig tagen zue Breslau eingezogen, ist gerichtet, der Andere, so catholisch geworden, ist beim Leben erhalten“. DUVE, Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium, S. 26. Vgl. auch ERB, Die Werber in Schwallungen 1620; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 275ff.
[112] Braunschweig; HHSD II, S. 63ff.
[113] Ausschuss: Bürgerwehr: (zumeist relativ wirkungslose, unzuverlässige und aufsässige) Miliz zur selbstständigen Landesverteidigung (vgl. Landwehr), die teilweise schon beim ersten Musketenschuss auseinanderlief oder als Kanonenfutter diente, wenn sie nicht unter dem Schutz von Soldaten eingesetzt wurde. Zum Dienst im Ausschuss konnten sowohl Bürger – meist kleine Handwerker und ärmere Bürger, reichere Bürger drückten sich vor diesem Dienst – als auch Bauern der städtischen Dörfer herangezogen werden. Üblich war die Stellung des 5. oder 10. Mannes. Die Erfurter Bürgerwehr soll aus 1.200 Mann bestanden haben; BEYER; BIEREYE, Geschichte, S. 537. Zur Nutzlosigkeit des Bürgerausschusses vgl. die Äußerungen des brandenburgischen Kanzlers Friedrich Pruckmann [1562-1630]; FADEN, Berlin, S. 144: Sie wurden „von ihrer zween angeführt, die ihr Lebetage wohl keinen toten Menschen im Felde gesehen. Da war ein Trommelschlagen, Platzen und Schießen, auch Schreien in beiden Städten [Berlin und Cölln] die ganze Nacht hindurch, dass ihrer wohl wenige dieselbe Nacht werden geschlafen haben. Denn es war alles besoffen, was da war. Da hätte man wohlbeschossene Musketiere sehen sollen; der eine schoß die Lunte mit hinweg; dem andern entfiel der Ladestecken, dem dritten die Forschett [Gabelstock]; dem vierten versagte die Muskete zwei- bis dreimal; der fünfte steckte die Nase gar in den Ärmel, wenn er schießen wollte, gleich den Mönchen, Pfaffen und Jesuiten, die vor etlichen Jahren zu Paris gassatim gingen, Die dann losgeschossen hatten, konnten zu keiner Ladung wieder kommen, also voll waren sie. Die Pikeniere trugen die Pike auch gar musterlich, zu geschweigen, dass sie solche sonsten zu gebrauchen sollten gewusst haben. Summa, man hat nur lauter Schimpf gehabt“. FADEN, Berlin, S. 153f. Vgl. auch die Einschätzung Herzog Friedrichs III. von Schleswig-Holstein-Gottorp; RATHJEN, Soldaten im Dorf, S. 39: „das landtvolckh ohngeubet zu fechten, kleinmüthig und verzagt sein, ihr hertz und muth zurück bei ihren hinterlassenen Eltern, Weib undt Kindern gelassen“. SCHMIDT, Chronica Cygnea, S. 507 (1632): „Bald darauff sind die Bauern bewehret / und hinauff an Wald und Gräntzen verleget worden. Unter diesen waren ihr viel / die aus Mangel anderer Gewehr / Sensen an Stangen liesen machen / und darmit fort zogen / sie wurden aber zuvor am hindern Theil anders gerichtet / daß sie gerade wie Spiesse standen“.
Der niederrheinische katholische Chronist von Kempen und Dekan des Stifts Kaiserswerth, Johannes Wilmius [1585-1655]; WILMIUS, Chronicon, S. 115, über die Ernsthaftigkeit von Verteidigungsmaßnahmen: „Im gleichen Jahr [1641; BW], als vorher im September in Deutschland alles vom Krieg verwüstet wurde und das kaiserliche Heer in Hessen gegen den Schwedengeneral Johannes Banèr lagerte, nahmen die Hessen unter Rabenhaupt [Karl Rabenhaupt von Sucha (1602-1675); BW] Kalkar im Klevischen zu nachtschlafender Zeit. Sie bedrohten uns schwer und kündigten feindselige Handlungen an. In panischem Schrecken befestigten die Kempener den Ort und widersetzten sich dem Amtmann [Johann Konstantin v. Neukirch, gen. Nievenheim; BW], der Soldaten aus ihrer Mitte ausheben wollte. Mit welchem Erfolg, wird die Zeit lehren. Jedoch auf einen Befehl des Fürsten hin, den der Amtmann unter Hinweis auf die Gefahr von ihm erwirkt hatte, wurden einige Abteilungen und Gruppen von Soldaten mit großem Aufwand der gesamten Gemeinde ausgehoben. Als Hauptmann wurde der Sohn des Amtmanns an ihre Spitze gestellt, ein Junge von neun oder zehn Jahren. Er sollte 60 Taler Sold monatlich bekommen. Hieraus kann man schließen, was die einfachen Soldaten erhalten werden. Gegen diese Aushebung erhoben die Vierter und die Gemeinde Einspruch, jedoch der Rat und die Schöffen wagten den Mund nicht aufzutun. Lieber wollten sie den Interessen ihres Vorgesetzten nachkommen, wenn auch die Stadt darüber zu Grunde ginge“.Teilweise wurde schon aus Kostengründen der Ausschuss von Städten abgelehnt; BRUNS, Hallenberg, S. 258f.; WALLHAUSEN, Defensio Patriae. „Daß die angestellte Landesdefension Erfolg haben konnte, wenn es sich bei den Übergriffen um kleinere Gruppen von Plünderern handelte, zeigte sich in unmittelbarer Nähe der Landeshauptstadt, als man in (Düsseldorf-)Gerresheim eine Gruppe brabantischer Soldaten gefangennahm, die ‚die Gerresheimer Kirch spoliert’ (geplündert) hatten. Dreizehn von ihnen wurden am 27. Januar 1625 gehenkt und sechs enthauptet“. STOMMEL, Johann Adolf Freiherr Wolff, S. 78.
[114] Hameln; HHSD II, S. 192ff.
[115] JÜRGENS, Chronik, S. 368ff.
[116] Nienburg/Weser; HHSD II, S. 346f.
[117] Leeseringen, heute Ortsteil von Estorf [LK Nienburg/Weser].
[118] Schanze: geschlossenes, auf dem Feld angelegtes Erdwerk, zur Belagerung und zur Verteidigung. Schanzgräber waren für die Anlage von Belagerungs- und Verteidigungswerken zuständige Arbeiter (Schanzbauern), die im Tross des Heeres mitzogen und dem Schanzmeister unterstanden. Sie waren weitgehend verachtete Menschen, die in der sozialen Hierarchie der Heere nur wenig über den Prostituierten standen und schlecht bezahlt wurden. Auch verurteilte Straftäter wurden zu Schanzarbeiten herangezogen. Diese „Condemnatio ad opera publica“, die Verurteilung zu Schanzarbeiten, war als Todesstrafe in absehbarer Zeit gedacht. Bürger und Geistliche der besetzten Städte sowie Klosteruntertanen, die zu diesen Arbeiten verpflichtet bzw. dafür ausgelost wurden, empfanden diese schwere Arbeit als ehrenrührig und entzogen sich ihr durch die Flucht. Zum Teil wurden Kinder ab 12 Jahren zu dieser schweren Arbeit eingesetzt, ganze Schulklassen dazu getrieben. Vgl. auch die Beschreibung der Drangsalierung der Bürger Iglaus 1647 bei STERLY, Drangsale. Um seine eigenen Truppen zu schonen, zwang Johann von Götz bei der Belagerung der Feste Marienberg (Würzburg) eine große Anzahl von Bauern der Umgebung, Schanzarbeiten zu verrichten, ‚vnd die Stücke, die Er mit Pferden nicht dahin bringen konnte, hinauffzuziehen: Worüber dan viele todt geblieben, vnd daher die Bauren aller orten sich häuffig absentiret vnd verlauffen‘ (CHEMNITZ, Königlich Schwedichen […] II, S. 581). Auch eingeflüchtete Bauern wurden zu diesen schweren Arbeiten gezwungen. Im schwedischen Heer wurden dazu bevorzugt die ohnehin sozial deklassierten Finnen eingesetzt (vgl. auch TOEPPEN, Hoppes Chronik, S. 77). Reichskanzler Oxenstierna hatte auch den Frankfurtern die Verpflichtung der Bettler zum Festungs- bzw. Schanzenbau empfohlen. Im 17. Jahrhundert wurden zunehmend auch Soldaten durch die Aufnahme der Schanzpflicht in die Artikelbriefe für Schanzarbeiten herangezogen; ein Versuch der Fürsten, ein bisher ungenutztes Reservoir an billigen Arbeitskräften zu erschließen, eine Reaktion auf die neuen militärischen Erfordernisse (Belagerungs- und Grabenkrieg, Ausbreitung der Festungen) und Ausdruck des fürstlichen Willens, die Soldaten körperlich, geistig und sittlich zu disziplinieren (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 138, 255).
[119] DUVE, Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium S. 41.
[120] Vgl. LAHRKAMP, Everhard Wassenberg.
[121] WASSENBERG, Florus, S. 99.
[122] Calenberg [Kr. Springe]; HHSD II, S. 91ff.
[123] Seelze [Region Hannover]; HHSD II, S. 425.
[124] Wunstorf [Kr. Neustadt a. Rübenberg]; HHSD II, S. 513ff.
[125] Friedrich Herzog von Sachsen-Altenburg [12.2.1599 – 5.11.1625] Herzog Friedrich „mit der leeren Tasche“. Aus kursächsischen Diensten in spanische getreten, legte er 1622 in Sachsen-Altenburg einen Werbeplatz an. Angeblich hatte er am 20./30.9.1623 vom Erfurter Rat 60.000 Reichstaler gefordert, der Rat aber habe den Bauern befohlen, die in den Quartieren liegenden Soldaten zu erschlagen, was auch geschehen sei. Vgl. auch BEYER, Ein Erfurter Volkslied. Aufgrund der Beschwerden soll Kursachsen ihn genötigt haben, die spanischen Dienste wieder aufzugeben. FROMMELT, Sachsen-Altenburgische Landeskunde, S. 130. Darauf Obrist unter Christian von Braunschweig, später in dänischen Diensten, gefallen in der Schlacht bei Seelze. Vgl. BERG, Regulating war, S. 19f., 21, 22; VENTZKE, Zwischen Kaisertreue und Interessenpolitik. S. 66-72; WAGNER, Einlagerung. vVgl. die Erwähnungen bei HAPPE, KRAFFT und HEUBEL.
[126] SCHLOTTER, Acta, S. 6; FORST, Korrespondenz, Nr. 129, S. 108: Dr. Arnold Prüm, genannt Aldenhoven, kurköln. Geheimrat u. Hofrat, an F. W. v. Wartenberg, Brühl, 1625 XI 16.
[127] Letter, heute Stadtteil von Seelze [Region Hannover].
[128] Im Folgenden nach: http://www.seelze.de/wDeutsch/stadtinfo/stadtgeschichte/menschen/obentraut.php.
[129] Aldem-Badenstedt-Davenstedt, heute 11. Stadtbezirk Hannovers.
[130] Heisterberg: nicht identifiziert.
[131] Linnenberg: nicht identifiziert.
[132] Limmer, heute Stadtteil von Hannover.
[133] Döteberg, heute Ortsteil von Seelze [Region Hannover].
[134] Almhorst, heute Ortsteil von Seelze [Region Hannover].
[135] Hannover; HHSD II, S. 197ff.
[136] Pattensen [Kr. Springe]; HHSD II, 376f.
[137] a consule: vom Rat.
[138] Calenberg [Kr. Springe]; HHSD II, S. 91ff.
[139] Blumenau, heute Ortsteil von Wunstorf/Region Hannover.
[140] Harenberg, heute Stadtteil von Seelze/Region Hannover.
[141] Quartiermeister: Bei Einquartierungen in Dörfern und Städten besorgte der Quartiermeister, in Abstimmung mit den lokalen Obrigkeiten, von den Bewohnern Unterkunft und Verpflegung für die Kompanie. Zunächst wurde der Stab einlogiert, dann wurden die Quartiere für die Hauptleute bestimmt. Die Kompanie des Obristen hatte die weitere Wahl, dann die des Obristleutnants, darauf die des Obristwachtmeisters. Die restlichen Kompanien spielten die übrig gebliebenen Quartiere unter sich aus. Das führte bei engen Quartieren teils zur Überbelegung bei den einzelnen „Wirten“, teils zum Kampieren unter freiem Himmel auf dem Markt, was zu Unruhen führen konnte. Dem Quartiermeister, der je nach Truppengattung zwischen 40 und 60 fl. Monatssold erhielt, war die Kriegskasse anvertraut. Dazu kamen allerdings erhebliche Nebeneinkünfte der meist korrupten Quartiermeister, die dieser mit dem Obristquartiermeister teilte. Die Quartiermeister operierten sehr oft mit gefälschten Listen der einzuquartierenden Soldaten, um die Differenzbeträge in die eigenen Taschen zu stecken. Der Regimentsquartiermeister Bartelme Vogel schrieb am 4.7.1648 aus Landshut an den Abt der Benediktinerabtei Prüfening, Matthias von Trauner ?; SOLMS-LAUBACH; MATTHAEI, Wetterfelder Chronik, S. 67, Anm. 1: „weil ihn der Abt nicht so viel gewürdigt, daß er ihm sein jüngstes Schreiben mit einem einzigen Wort beantwortet noch viel weniger einen einzigen Heller oder dergleichen zur Zehrung geschickt hatte, ‚da doch’, fährt der Schreiber fort, ‚alle meine Kammeraten von ihren Ortern zu 2 : 3 : 4 : Im die 500 Rthr. neben ihrer Zehrung Schon auf rechnung hieher bekommen haben vnd darf Sich der Herr (nämlich Abt) gar nicht einbilten, das er So sehr werde aufgehen, oder aber ich Seinetwegen alhier mein eigenes Gelt verzehren will, Stellt sich der Herr (Abt) mit diessem Botten nicht ein, So Soll er versichert Sein, daß nicht allein sein Gloster vnd Dörffer, Sondern alles da herumb ligente Getreit Am lengsten soll gestanden haben, den alhier vber 400 Pfert vorhanten, die auff Anders nichts warten, alls das Sie die vngehorsamen darunter der herr der furnehmsten einer ist mit feuer vnd Schwert Strafen Sollen, welches ich dem Herrn mit wenigen zur Nachricht vermelten vnd vor Schaden gewarnt haben will, hab Jüngstens für meinen herrn Obristen eines hantpferdes vnd  f ü r  m i c h  e i n e s  guten Glöpers (Kleppers, Gauls) gedacht, aber derowegen kein Antwort bekom, allem vermerckhen nach mus der herr nicht wissen was die Regiments Quartirmeisters Scharschy (Charge) auf Sich hat, den Sonst würt er mir mit anderer Disgrezion begegnen, hat aber nichts auf Sich Soll ihm schon in einem andern vergolten werden Sonst für dißmahl ein mehrers nicht alls Gott bevohlen“.
[142] Timon [Thimon, Timas, Tyman, Tilmann, Thiemann, „Timor“] v. Lintelo [Lindeloo, Lindlo, Lintlo, Lindtloe, Lindloe] [1568-22.4.1650], ligistischer Obrist.
[143] Adam Philipp Freiherr, später Graf v. Cronberg [Cronberger, Kronberg, Cronburg] u. Hohengeroldseck [um 1600-3.8.1634 Regensburg], ligistischer Obrist.
[144] Adrian Freiherr v. Cortenbach [Courtenbach, Curtenbach, Cordebach] v. Helmond [ -15.9.1630], ligistischer Obrist.
[145] Johann Jakob Freiherr v. Bronkhorst-Batenburg, Graf v. Anholt [12.2.1582 Anholt-19.10.1630 Freiburg im Breisgau], ligistischer Generalwachtmeister, 1622 Feldmarschall u. Stellvertreter Tillys.
[146] Schildwache: „übertragen auf die wachende, bewachende mannschaft und weiter auf den einzelnen mann; in neuerer militärischer sprache wird schildwache nicht von den posten, welche im felde zum schutz einer ruhenden truppe vorgeschoben werden, gebraucht, sondern allein von denjenigen, welche in der garnison zu bewachungszwecken oder zur ehrung aufgestellt werden“ [GRIMM; GRIMM, DWB].
[147] Scharmützel: Unter Scharmützel (ital. „scaramuccia“, Geplänkel, Plänkelei, Treffen) verstand man eines der vielen kleineren Gefechte oder Handgemenge, aus denen dieser Krieg bestand. Kleinere Armeeeinheiten oder Streifkorps, z. T. auch größere Verbände von bewaffneten Bauern (vgl. Harzschützen), traten hier in einen zeitlich wie örtlich begrenzten Kampf ein. Auch Schlachten wurden zumeist mit Scharmützeln oder Plänkeleien eröffnet. Scharmützel waren in der Regel gekennzeichnet durch äußerste Brutalität. Allerdings konnten sie auch Auslöser eines größeren Treffens, einer Schlacht oder eines Krieges werden. Oft wurden Vor- oder Nachhut von Heeren durch Kroaten angegriffen, die in diesem kleinen Krieg bevorzugt eingesetzt wurden. Zum Teil kam es auch wegen der fehlenden Uniformierung zu verlustreichen Kämpfen mit eigenen Einheiten. oder „neutralen“ Einheiten. Am 15.1.1648 traf die kursächsische Besatzung Annabergs auf eine kaiserliche Streifschar, die man für Schweden hielt: „Beym Stillstand im Lande und instehenden Frieden ist doch im Gebürge beym Städtlein Thum ein seltzamer Scharmützel vorgegangen / indem dem 15. Jan. der in Annaberg liegende Obrist-Wachtmeister / Rudolph von Neitschütz / mit seinen zwo Compagnien auff den so genannten blinden Valentin / einen Kayserl. Rittmeister / welcher eine Raub-Parthie geführet / getroffen / daß bey diesem verwegenen Unternehmen unterderschiedliche geblieben und viel blessiret worden / auch in dieser scharffen Rencontre noch mehr auffgerieben werden sollen / wo nicht angeregter blinder Valten und Rittmeister Hanß Ernst einander erkennet und darauff beyderseits Partheyen von einander abgeführet hätten […]. Und dieser Thumische Scharmützel heisset catachrestice [seit der antiken Rhetorik unlogischer Gebrauch eines verwandten statt des nicht vorhandenen Ausdrucks] die Thumer Schlacht / wie Ihn weyland der gemeine Mann genennet hat“. MELTZER, Historia, S. 1363; ARNOLD, Annaberg, S. 283f.; GROHMANN, Obererzgebirge, S. 208. Der Erzgebirgschronist LEHMANN, Kriegschronik, S. 169f., datiert diesen Vorgang allerdings auf 1647: „Bey dem armistitio zwischen Chur-Saxen und denen Schwedischen wahr auch außbedinget worden, daß der Churfürst die streiffende rotten einfangen und sie verfolgen solte; das befahle der Churfürst allen Seinen regiementern in lande, und musten auch die 2 Compagnien, so auf den Annenberg, die Straßen bereiten und denen Mausparthien wehren. Nun wahr der keyßerliche leutenandt, insgemein der blinde Valtin [Valten Hanke; BW] genandt, mit 80 Pferden, meist Freyreutern auß Lignitz nach Erfurt und Eisenach gegangen den 12. Januarii, hatte bey Eckersberg die leipziger Fuhrleute, welche eine wagenburg gemacht und sich gewehret, theils uberwaltiget, 10 Personen todt geschoßen und 20 beschedigt, dargegen 2 tode gelaßen und ezliche beschedigte mitgenommen, darmit kam er biß nach Burckersdorf ins gebirg, griff do wieder die Leipziger fuhr an auß den gebirg. Alß solches die 2 Compagnien uff den Annenberg untter den Obrist-Wachmeister Rudolph von Neidschiz gehöret, sindt sie Churfürstlichen Befehl zue folge ihm entgegengezogen, derselben auf freyen felde bey den Städtlein Thum auf einer höhe angetroffen. Rittmeister Landtmann [Langmann] nimmt einen Cornet mit 20 Pferden zu sich, jagt voran und fragt, warumb er als freundt in Meißen so raube und streiffe, und weil der Valten kein gut word giebet, greyffen Sie beyde zum gewehr, Landtmann trift den Valten in arm, Valten aber schießt Landtmann auch wundt und den Cornet todt, seine reuter schneiden die beuten und Säcke voll sammet und seiden von Pferden und schoßen Sich mit den Churfürstlichen eine Virtelstunde herumb, daß von Churfürstlichen der Ritmeister (bekam 3 schöße), 1 leutenandt, 1 Cornet und 5 reuter tödtlich, 7 beschedigt. Der blinde Valten hatte 16 beschedigte, ließ 5 reuter und seine beute hinder sich und ging eilendt in Böhmen. Das ist geschehen den 15. Januar Freytag nach den 1. Sontag Epiphanias. Die keyßerlichen waren meist feste [durch magische Praktiken kugelfest, BW] sonst würden sie mehr eingebüst haben. Der Cornet wurde den 3. Februar zum Annenberg in die kirche begraben“.
[148] Lohne, Teil des Ortsteils Neuwarmbüchen der Gem. Isernhagen/Region Hannover.
[149] Gümmer, heute Ortsteil von Seelze/Region Hannover.
[150] N v. Hanensee [ -4.11.1625 bei Seelze], dänischer Offizier. Burchard von Hanensee bei JÜRGENS, Chronik, ist falsch; dieser ist noch 1626 Kommandant auf der Erichsburg. Vgl. JÜRGENS, Chronik, S. 419f.
[151] Berend Geist [Geistes, Geest, Gos] [ – um 1646 ?], dänischer Obrist.
[152] Adolf v. May [Mai, Mey, Meyen] [ – ], dänischer Obrist.
[153] Wunstorf [Kr. Neustadt a. Rübenberg]; HHSD II, S. 513ff.
[154] spolieren: plündern.
[155] JÜRGENS, Chronik, S. 376ff.
[156] Weiden; HHSD VII, S. 794ff.
[157] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 92f.
[158] Valentin Schmidt v. Wellenstein [ -12.4.1639], 1620-27 bayerisch-ligistischer Obrist.
[159] Erasmus Freiherr v. Gera [Gerra] auf Arnfels [1588-14.9.1657], ligistischer Obristleutnant.
[160] FRITSCH, Tagbuch, S. 114f.
[161] DUVE, Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium S. 42.
[162] Otto Ludwig v. Blan[c]kart [Planquarti, Blanckhert, Blannkhart, Blaulkart, Blanquert, Blanck] zu Ahrweiler [ -1633], ligistischer Obrist.
[163] N Dorstatt [Dorstein] [ – ] Rittmeister.
[164] JÜRGENS, Chronik, S. 408.
[165] Musketier: Fußsoldat, der die Muskete führte. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet den einzigen bisher bekannten Fall (1634), dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe. SCHLOTTER; SCHNEIDER; UBBELOHDE, Acta, S. 194. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics;  EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[166] Pikenier: Fußsoldat, der die Pike führte, ein Landsknechtspieß von 3 bis 5 m Länge, die entscheidende Waffe des in geschlossenen Haufen kämpfenden Fußvolkes. Die Pikeniere bildeten die unterste Klasse des Fußvolks. Bei einem Reiterangriff richteten die ersten beiden Reihen des Fußvolkes die Piken gegen die Angreifer. Die Pike war eher eine Defensivwaffe, da die Pikeniere den Rückhalt für die beweglicheren Musketiere bildeten (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, S. 89f.). Hochrangige Offiziere wie Piccolomini behaupteten gern von sich, sie hätten das Kriegshandwerk „von der Pike auf“ („con una picca“) gelernt. Die 1, 5 – 2 mm dicken Brustharnische der Pikeniere boten keinen ausreichenden Schutz gegen Musketenkugeln, die mit 300 m/sec noch auf 40 Meter den Harnisch und seinen Träger durchschlugen und ihm meist tödliche Verletzungen zufügten. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 79, 156. Bei einer Schussentfernung von 100 m wird der Brustpanzer noch durchschlagen, in der Regel blieb aber die Kugel im Körper zurück und fügt dem Getroffenen schwere Verletzungen zu. Bei einer Entfernung von 200 m wird der Panzer zwar nicht mehr durchschlagen, der Getroffene erleidet aber schwere Prellungen. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 79f.
[167] Trabant: zur Leibwache gehörender Fußsoldat; Diener.
[168] Muskete: I. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I.
II. Es gab auch Jagdmusketen mit kleinem Kaliber und langem Lauf, die von Scharfschützen verwendet wurden.
Musketier: Fußsoldat, der die Muskete führte. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. MAHR, Monro, S. 15: „Der Musketier schoß mit der Luntenschloßmuskete, die wegen ihres Gewichtes [etwa 5 kg] auf eine Gewehrgabel gelegt werden mußte. Die Waffe wurde im Stehen geladen, indem man den Inhalt der am Bandelier hängenden hölzernen Pulverkapseln, der sog. Apostel, in den Lauf schüttete und dann das Geschoß mit dem Ladestock hineinstieß. Verschossen wurden Bleikugeln, sog. Rollkugeln, die einen geringeren Durchmesser als das Kaliber des Laufes hatten, damit man sie auch bei Verschmutzung des Laufes durch die Rückstände der Pulvergase noch einführen und mit Stoff oder Papier verdämmen konnte. Da die Treffgenauigkeit dieser Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Die Verbände waren dabei in sog. Treffen aufgestellt. Dies waren Linien zu drei Gliedern, wobei das zweite Treffen etwa 50 Schritt, das dritte 100 Schritt hinter der Bataille, d. h. der Schlachtlinie des ersten Treffens, zu stehen kamen, so daß sie diese bei Bedarf rasch verstärken konnten. Gefeuert wurde gliedweise mit zeitlichem Abstand, damit für die einzelnen Glieder Zeit zum Laden bestand. Ein gut geübter Musketier konnte in drei Minuten zwei Schuß abgeben. Die Bleigeschosse bis zu 2 cm Kaliber verformten sich beim Aufprall auf den Körper leicht, und es entstanden schwere Fleischwunden. In den Kämpfen leisteten Feldscherer erste Hilfe; doch insgesamt blieb die medizinische Versorgung der Verwundeten mangelhaft. Selbst Streifschüsse führten oft aufgrund der Infektion mit Tetanus zum Tode, erst recht dann schwere Verletzungen“. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet den einzigen bisher bekannten Fall (1634), dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe. SCHLOTTER; SCHNEIDER; UBBELOHDE, Acta, S. 194. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics;  EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[169] Pikenier: Fußsoldat, der die Pike führte, ein Landsknechtspieß von 3 bis 5 m Länge, die entscheidende Waffe des in geschlossenen Haufen kämpfenden Fußvolkes. Die Pikeniere bildeten die unterste Klasse des Fußvolks. Bei einem Reiterangriff richteten die ersten beiden Reihen des Fußvolkes die Piken gegen die Angreifer. Die Pike war eher eine Defensivwaffe, da die Pikeniere den Rückhalt für die beweglicheren Musketiere bildeten (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, S. 89f.). Hochrangige Offiziere wie Piccolomini behaupteten gern von sich, sie hätten das Kriegshandwerk „von der Pike auf“ („con una picca“) gelernt. Die 1, 5 – 2 mm dicken Brustharnische der Pikeniere boten keinen ausreichenden Schutz gegen Musketenkugeln, die mit 300 m/sec noch auf 40 Meter den Harnisch und seinen Träger durchschlugen und ihm meist tödliche Verletzungen zufügten. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 79, 156. Bei einer Schussentfernung von 100 m wird der Brustpanzer noch durchschlagen, in der Regel blieb aber die Kugel im Körper zurück und fügt dem Getroffenen schwere Verletzungen zu. Bei einer Entfernung von 200 m wird der Panzer zwar nicht mehr durchschlagen, der Getroffene erleidet aber schwere Prellungen. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 79f.
[170] Pike: Landsknechtspieß von 3 bis 5 m Länge, die entscheidende Waffe des in geschlossenen Haufen kämpfenden Fußvolkes. Die Pikeniere bildeten die unterste Klasse des Fußvolks. Bei einem Reiterangriff richteten die ersten beiden Reihen des Fußvolkes die Piken gegen die Angreifer. Die Pike war eher eine Defensivwaffe, da die Pikeniere den Rückhalt für die beweglicheren Musketiere bildeten (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, S. 89 f.). Hochrangige Offiziere wie Piccolomini behaupteten gern von sich, sie hätten das Kriegshandwerk „von der Pike auf“ („con una picca“) gelernt.
[171] Partisane, Partisain, Partison: Der Sponton der Unteroffiziere, auch Partisane genannt, war mit etwa 2,5 m länger und hieß mit ersterem Kurzgewehr im Gegensatz zur längeren Pike. Die Partisane ist ca. 1,8 m lang, der Schaft besteht aus einem stabilen Holz und trägt einen aus einem Stück geschmiedeten Aufsatz. Der Aufsatz besteht aus einer breiten, symmetrischen, doppelschneidigen, spitz zulaufenden Mittelklinge sowie zwei gebogenen Seitenklingen. Die Seitenklingen sind weniger wuchtig als die Mittelklinge und erinnern der Form nach an einen liegenden Halbmond aus dem ein kurzes Schwert (die Mittelklinge) ragt. Mit den beiden Seitenklingen ist es bei geschickter Anwendung möglich, den Gegner zu entwaffnen bzw. seine Waffe einzuklemmen. Zusätzlich verhindern die beiden Seitenklingen das zu tiefe Eindringen der Partisane in den Gegner, was das anschließende Herausziehen der Waffe erleichtert. Der stabile und wuchtige Aufsatz ermöglicht es dem Anwender, leichte bis mittlere Rüstungen zu durchdringen. [wikipedia]
[172] Bandelier: Schulterriemen mit bis zu 14 anhängenden Holzbüchschen (= Pulvermaße) mit der für einen Schuss notwendigen Pulverladung; ferner eine Pulverflasche mit feinem Zündpulver für die Pfanne, dem ledernen Kugelbeutel, einem Ölfläschchen, sowie einem Stück zusammengelegter Lunte.
[173] Balsamierung: Als Einbalsamierung oder Balsamierung bezeichnet man das Verzögern oder Verhindern der Fäulnis von Leichnamen durch künstliche Mittel, namentlich durch Tränken der Weichteile mit fäulniswidrigen Substanzen. Die Einbalsamierung stellt einen Teil der Mumifizierung dar. Eine Gleichsetzung beider Begriffe kann nicht vorgenommen werden, obwohl sie eng miteinander verwandt sind. Die Einbalsamierung wurde vorgenommen, wenn die Beisetzung in der Heimat wie bei Gustav II Adolf und anderen ranghohen Offizieren aus Kriegsgründen erst später möglich war.
[174] JÜRGENS, Chronik, S. 409f.
[175] Freundlicher Hinweis von Frau Evelyn Werner.
Dieser Beitrag wurde unter Miniaturen abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.