Nassau-Siegen, Wilhelm Ludwig Graf von

Nassau-Siegen, Wilhelm Ludwig Graf von; Obristleutnant [18.12.1590 Ottweiler-22.8.1640 Metz] Wilhelm Ludwig Graf von Nassau-Siegen stand als Obristleutnant des Regiments Alt-Rheingraf in schwedischen Diensten.

Ende Dezember 1633 gelang Lothar Dietrich von Bönninghausen mit dem Überfall auf das in schwedischen Diensten stehende Reiterregiment [Wilhelm Ludwig v.; BW] Nassau, das Winterquartiere bei Brilon[1] beziehen wollte, ein weiterer Erfolg. Das Regiment wurde zurückgetrieben, verlor seine gesamte Bagage und konnte sich nur in Trümmern nach Lippstadt[2] retten. Sein Obristleutnant Seelbach wurde schwer verwundet, schließlich von Bönninghausens Truppen gefangengenommen und auf Anweisung des Generals nach Arnsberg[3] gebracht, wo er am 23. Januar 1634 starb“.[4]

Das „Theatrum Europaeum“[5] berichtet zum 6.10.1634: „Zu und bey Kentzingen[6] aber geschahe ein sonderlich Ding / so nicht dieses Orths zuvergessen. Das Stättlein Kentzingen / so die Schwedischen mit 2 Comp. zu Fuß besetzt gelassen / war biß dato belägert gewesen / solches zuentsetzen / hat Herr General Rheingraff [Otto Ludwig, Wild- u. Rheingraf von Salm-Kyrburg-Mörchingen (1597-1634); BW] 3. Truppen jenseit Rheins commandiret / under dem Commando deß jungen Herrn Graffen von Nassau [Wilhelm Ludwig v. Nassau-Siegen (1592-1642); BW] / und 27. Cornet Reuter auff der Metzger-Awen bey Straßburg[7] zusammen führen lassen / so ein außerlesen schön Volck gewesen / in willens selbige auch hinüber zu commandiren / weil aber Herr Graff von Nassau berichtet worden / daß besagtes Stättlein allbereit accordirt und übergeben / als seynd dieselbe wiederumb in die alte Quartier gezogen. Es haben zwar die Schwedische Kentzinger vermeynet / einen guten Accord getroffen zu haben / es hat aber der Feind eine starcke Anzahl Bauren versamblet gehabt / und mit Gewehr / Brügeln / Gabeln und anderm versehen / und an einem gewissen Orth auffzuwarten / und alle die jenigen / so auß Kentzingen abziehen würden / nieder zu schiessen oder zu schlagen / und keinen davon leben zu lassen / befohlen : Diese Bauren hat der Graff von Nassau unversehens im Recognosciren allein mit wenig Pferdten angetroffen / und sie angeredet / als wäre er Freund / weme sie da auffwarten / ob sie sich wider die grosse Macht der Kayerischen aufflehnen wollten / welches ihre Hälß kosten würde / darauff sie geantwortet : Sie wären gut Kayserisch / der Kayserische Obriste / so Kentzingen eingenommen / habe sie dahin commandiret / die auß Kentzingen abziehende Schwedische nieder zu schlagen / darauff warteten sie mit Verlangen / hierauff der Graff ihnen zugesprochen / das wäre recht / sollten nur keines verschonen / dessen die Bauren sehr muthig worden / mit vermelden / es müste nicht einiger darvon kommen / worauff der Graff sich gewendet / und ihnen freundlich valediciret[8] / bald aber mit seinen hinterhaltenen Truppen in dieselbige gesetzt / und sämptlichen niedermachen lassen / daß ihrer sehr wenig davon kommen: Unter diesem Verlauff ist bereits eine Compagny Schwedisch Volck auß Kentzingen abmarchirt gewesen / als aber die Kayserische erfahren / wie es mit ihren Bauren hergangen / haben sie die andere Comp. in Arrest genommen“.[9]

Das „Theatrum Europaeum“ berichtet weiter: „Demnach sich dann nun der Ligistische General Feldt-Marschalck Herr Graf Philips von Manßfeld mit seiner unterhabenden Armee / gantzen Infanterie und Artollerie in und umb Aschaffenburg[10] / die gantze Cavalleria aber zwischẽ Hanau[11] und Aschaffenburg in dem Freyen-Gericht vorm Berg[12] / und fürderst den Spessert hinan vor etlich wenig Tagen / und also gar eng und nahe / und je in ein Dorff zu 2. 3. 4. auch mehr und weniger Regimenter / nach Advenant der Dörffer / beysammen logirt gehabt: Als ist der Gen. Major Ramsay Com̃endant in Hanau neben deme gleichfals zu Hanau unter seinem Commando in Guarnison liegenden Reuter Obersten Johann Engelbert Tilly verursacht / weil solche Logirung ihnen und der Guarnison Hanau ziemlich nahe / einen Anschlag zufassen.

Weil dann nun so wol von deß Obersten Tilly unterschiedlich außgeschickten Reuter-Partheyen / als auch deß andern eingelangten gewissen Kundschafften deren nachrichtliche Beschaffenheit ihnẽ den 23. Decembr. 1634. und 2. Januarii 1635. vormittag je mehr und mehr offenbahrt und confirmirt worden / und daher raisonable befunden / daß auff nechstfolgende Nacht uff obgedachte Reuter-Quartier ein Einfall von Hanau auß beschehen könte / wofern sie nur in tempo auff selbigen Abend noch eine gute Anzahl Cavallerie in Eyl und geheim bey sich bringen möchten.

Es hatte aber eben I. F. Gn. Hertzog Bernhard zu Sachsen[13] aus der Bergstrassen[14] den Herrn Obersten Bouillon und deß alt Rheingräfischẽ Regiments Obristen-Leutenant Herrn Graf Wilhelm Ludwigen zu Nassau-Siegen / mit sampt 7. commandirten Trouppen Reutern / zu recognosciren biß umb Franckfurt[15] hingeschickt / und dann deß Herrn Obersten Bouillons und seiner mithabenden commandirten Trouppen Ankunfft bey Franckfurt dem General Major Ramsey auff Hanau eben deß vorigen Abends den 22. Decembris notificirt / der Oberste sich erbottẽ / wofern er sich seiner und bey sich habenden Trouppen Hülff etwas zu einer vorfallenden Occasion gebrauchen wolte / daß er ihm solches / was er sonsten neues habe / avisirte.

Gleich wie nun dẽ GeneralMajor Ramsay diese notificirte Ankunfft deß Herrn Obersten und bey sich habenden Trouppen bey Franckfurt sehr lieb gewesen / also hat er auch so bald selbigen Mittags in Eyl einẽ Currier mit einem Schreiben an gedachtẽ Herrn Obersten naher Franckfurt spedirt / und ihme darinn zuverstehen geben / daß sich gleich zur Stund eine Occasion der Königlichen Mayestät zu Schweden und dem Evangelischen Bundt Dienste zu thun præsentirte / er solte aber zum wenigsten mit fünff hundert Reuttern starck gegen selbigen Abend zu halber sechs Uhren zu Hanau vor der Stadt erscheinẽ / und alsdann ferner Nachricht gewärtig seyn / auch nicht versäumen. Herr Oberster Bouillion hat GeneralMajorn Ramsay wieder geantwortet / daß er mit denen bey sich habenden Trouppen selbigen Abend zu sechs uhren gewiß bey ihm seyn wolte: Hierauff hat er GeneralMajor solche Anstalt gemacht / daß nicht allein der Oberst Tilly gegen bestimpte Zeit vor dem Neustädter Nürnberger-Thor mit 2. starcken Trouppen Reutern von seinem Regim. uñ eim guten Trouppen Tragoner / so Gen. Major Ramsay nebenst noch 150. außerlesenen Mußquetirer dem Obersten Tilly zugeben / und sich mit gedachtem Obersten Bouillion conjungirt: Als derselbe aber auff die bestimpte Zeit dahin erschienẽ, hat er zum höchsten nit über 250. Reuter mitgebracht / weil ihm die zeit zu kurtz gefallen / und eben zur zeit deß GeneralMajors abgeschickten Curriers Ankunfft theils Reuter in Franckfurt ihrer Geschäften halben / und theils auff Fourage auß dẽ Quartier außgerittẽ.

Ob nun zwar der General-Major Ramsay / nach gemachtem Uberschlag lieber gesehen / daß Oberster Bouillion mit denen zum wenigsten begehrten fünffhundert Reutern erscheinen hätte können / damit die Parthey umb so viel stärcker / und man sich der eräugenden Occasion nach / theilen / und zugleich auch den Grafen zu Rittberg [Johann IV. v. Rietberg; BW] und Obersten Berdou / welcher allernechst bey obigem Quartier nicht viel über ein viertel Stundt weiter darvon zu Kelberau[16] mit ihren Regimentern lagen / zugleich mit einen Anfall thun / und solchen beyden Quartieren zu grösserem Abbruch und Schaden einfallen möchte: Weil aber diese gantze Parthey nicht über fünffhundert starck / und also solches beydes zugleich nicht geschehen noch seyn können: Als hat der GeneralMajor dem Obersten Bouillion / wie auch dem Obersten Tilly und Herrn Obersten Leutenant Graf Wilhelm Ludwigen zu Nassau die Sach anvertraut / darbey sich Herr Oberste Graf Jacob Johann zu Hanau / doch nur als ein Avanturier[17] vor sich selbsten allein / und ohne Volck auß eygener Bewegnuß zu dieser Parthey gesellet.

Hierauff seynd sie der Ordre gemäß / fort / und anfänglich biß an das Dorf Keyl[18] / so eine Meil von Hanau in der Landstrassen nach Aschaffenburg zu gelegen / fortgezogen / und hat alldar der Oberste Tilly / deß General Majors Ordre nach / die 150. Commandirte Mußquetirer auff denselben Paß vor die Brücken logirt / vorderst der Obrist Bouillion mit seinen Reutern und Tragonern / nechst an dem Fluß / die Keyl genant / gegen Altzenau[19] zu / auff das Reuter-Quartier Hörstein / uñ Wasserloiß[20] nechst zur Rechten Hand lassend / gezogen / und weilen daselbsten / wie auch zu Altzenau alles so gar still / und keine Wacht-Feuer gesehen / und zu Altzenau auff dem Schloß nichts mehr als das Stuben-Liecht durchs Fenster geschienen / und dahero Oberster Bouillion anfänglich fast nicht glaubẽ können noch wollen / dz an solchen Orten einig Volck logiren solte / also fast gezweiffelt / ob er die reuter ferner strapeziren / und vergeblich avanciren solte / und dahero fast bedacht gewesen / Ordre zu geben / wieder zurück auff Hanau zugehen: Als aber der Oberste Tilly / als der solcher Orten die beste Gelegenheit gewust / von seinem Regiment etlich wenig Reuter in das Dorf Altzenau hinein bey die vorderste Häuser unter solchem Prætext geschickt / daß sie sich annehmen und stellen solten / als kämen sie vom General Grafen von Manßfeldt von Aschaffenburg mit einer Ordinantz an selbigen Obersten und Commendanten auff dem Schloß / weiln aber ihrer Cameraden einer / der die Ordinantz bey sich im Sack hätte / nechst vor selbigem Dorff / als sie durch und über den Fluß-Kähl setzen wollen / sampt dem Pferdt / als das Eyß mit ihme durchgebrochen / ins Wasser gefallen sey / und sie ihn allein sampt dem Pferd nicht herauß heben köndten / daß doch etliche Bauren mit ihnen zu Heraußhebung ihres Cameraden und dessen Pferdt vor das Dorff gehen / und helffen wolten: Als sie nun mit solcher Manier / ohne Alarm in Güte zween Bauern hinauß beweget / so hat man von ihnen erfahren / daß im selbigen Dorff Altzenau fünffhundert Tragoner / und der Oberste und andere mehr Officirer eben bey dem Commendanten daselbsten auff dem Schloß zu gast / und sehr lustig wären / das Neue Jahr zuvertrincken / Item daß der General Wachtmeister Bönninghausen nechst auff der rechten Hand im Flecken Hörstein[21] mit vier oder fünff Regimentern / und der Oberste Wendt von Cratzenstein / Oberste Loon / und Oberste Hasenbein allernechst / kaum einen Mußqueten-Schuß darvon mit ihren drey Regimentern zu Wasserloß / Item daß der Graf von Rittberg und Oberste Bredon [Breda; BW] / sam̃t noch einem Regiment gleichfalls kaum 2. Mußqueten-Schüß darvon im Dorff Kelberau / und in Summa die gantze Cavallerie fast mehrentheils daselbst herumb in der nähe beysammen logirten / und man also die Beschaffenheit deß Quartiers zu Michelbach[22] (welches das äusserst. und nechste gegen Gelnhausen[23] zu / und 2. Meil von Hanau / und gleichwol auch nicht über ein viertheil Stunde von Alzenau gelegen) solche Bauren gleichfalls befragt 7 und vernommen / daß der Graf von Wartenburg [Ferdinand Lorenz v. Wartenberg; BW] / mit seinem und deß Obersten Baron de Moußleden Regimentern in die siebenzehen Compagnien starck / der vorigen zu Hanau erlangten Kundtschafft nach / noch logirten / und alles noch in selbigen Terminis, hat der Oberste Bouillion / unangesehen daß auff zwölff Regimenter nechst darbey / so bald in einer halben Stund beysammen seyn könten / dannoch in Eyl die resolution gefast darauff fortzusetzen / und ihnen von hinden / als kämen sie von Aschaffenburg / anfänglich dem Herrn Obersten Leutenant Graf Wilhelm Ludwig zu Nassau / mit 2. Trouppen zwischen 1. und 2. Uhren einzufallen Ordre ertheilet / welcher auch / der Ordre gemäß / so bald die Wache chargirt / und also ins Quartier eingetrungen / deme Hr. Obr. Graf Jacob Joh. zu Hanau Gesellschaft gehaltẽ / auch einẽ reformirten Capitain in deß Grafen von Wartenbergs Losament / vermeynend es wäre der Oberste selbsten / mit seinem Degen durchstochen / und deß Grafen von Wartenbergs Leib-Gutsche mit dẽ sechs weiß-grauen Wallachen / sampt darauff geladenen Kisten und Sachen zur Beuth mit darvon gebracht hat. Hierauff ist der gantze Einfall dergestallt in solcher Geschwindigkeit effectuirt und verrichtet worden / daß nit allein solche 17. Compagnyẽ Reuter gantz in grund / so wol durch das Schwerdt / als das Feuer / so allenthalben angesteckt worden / ruinirt worden / daß 4. Standarten / so nicht verbronnen / sampt auff die 800. guten theils gesattelter Pferdt / benebenst dem Wartenbergischen Obr. Wachtmeister / 2. Rittmeister / 1. Capitain Leutenant / sampt vielen Officirern und reutern gefangen worden / viel Menschen und Pferde / und fast alle pagage verbronnen / alßo / er Graf von Wartenberg sampt andern wenigen Officirern und Reutern unter diesem Tumult sich unbekandter Dinge mit der Flucht zu Fuß / und fast alle bloß / wie sie gegangen und gestanden / theils ziemlich verwundet / und in allem das höchste über dreyssig oder 40. Pferdt von ihnen nicht darvon entkommen“.[24]

Am 30.3.1641 a. St. zog Ehm mit seinem Regiment und dem von Wilhelm Ludwig Graf von Nassau-Siegen, insgesamt 3.000 Mann, in Saalfeld[25] ein und blieben bis 3.4.[26]

 



[1] Brilon [LK Brilon]; HHSD III, S. 119f.

[2] Lippstadt [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 474f.

[3] Arnsberg [LK Arnsberg]; HHSD III, S. 28ff.

[4] GOSMANN, Arnsberg, S. 81.

[5] Vgl. BINGEL, Das Theatrum Europaeum.

[6] Kenzingen [LK Emmendingen]; HHSD VI, S. 397f.

[7] Straßburg [Strasbourg, Dép. Bas-Rhin].

[8] Lebewohl gesagt

[9] THEATRUM EUROPAEUM BD. 3, S. 353.

[10] Aschaffenburg; HHSD VII, S. 33ff.

[11] Hanau; HHSD IV, S. 199ff.

[12] Freigericht [hess. Kr. Gelnhausen und bayr. Kr. Alzenau]; HHSD IV, S. 143f.

[13] Vgl. JENDRE, Diplomatie und Feldherrnkunst.

[14] Bergstraße; HHSD IV, S. 43f.

[15] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.

[16] Kälberau, heute Stadtteil von Alzenau [LK Aschaffenburg].

[17] Avanturier: Abenteurer, Schlachtenbummler, die zeitweise auf eigene Rechnung im Heer dienten. Vgl. dazu auch ERNSTBERGER, Abenteurer.

[18] Kahl am Main [LK Aschaffenburg].

[19] Alzenau i. Ufr. [LK Aschaffenburg]; HHSD VII, S. 19f.

[20] Wasserlos, heute Stadtteil von Alzenau [LK Aschaffenburg].

[21] Hörstein, heute Stadtteil von Alzenau [LK Aschaffenburg].

[22] Michelbach, heute Stadtteil von Alzenau [LK Aschaffenburg].

[23] Gelnhausen; HHSD IV, S. 164ff.

[24] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 395f.

[25] Saalfeld [LK Saalfeld-Rudolstadt]; HHSD IX, S. 369ff.

[26] BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 166.

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