Kneiß, Johann

Kneiß, Johann; Obristleutnant [ – ] Johann Kneiß stand 1642 als Obristleutnant[1] im Regiment[2] Gill de Haes.

Der Überlinger[3] Advokat Dr. Johann Heinrich von Pflummern [1595 – 1655][4] berichtet in seinem Tagebuch zu 1642: „Vf vorbestimbten freytag, den 14 Martij haben sich die ihenige ständt, so das bentzenawisch [Pienzenau; BW] regiment  vnd des Gill de haasisch zu fůß verpflegen sollen, zu Merspurg[5] beisamen befunnden, auf beschreiben herrn truchseß[6] commandanten zu Lindaw[7] sich der austhailung zu vergleichen. Die seyn aber vnverrichter dingen von ein ander abgeschaiden, weiln man ihnen specificè nicht anzaigen können, wie starckh vnd wie die regimenter beschaffen.

– Die abgeordnete der statt Veberlingen aber haben sich zu einiger concurrenz vmb so vil weniger verstehen wollen, weil man für richtig supponirt,[8] daß dise völckher zu roß vnd fůß nicht darumb zu vnß kommen, vnß oder daß land vor dem feind zu sichern, oder gegen denselbigen sich im veld sehen zu lassen, sonder allein hinder den mauren oder vnderm tach den bauch vnd seckhel zu füllen[9] vnd alßdan den weeg weitter zu nemmen vnd vnß dem feind zum raub zu hinderlassen; also man vermaint daß zu Regenspurg[10] verwilligte contributionsgellt[11] in andere dem gamainen reichsweesen vnd alhiesiger statt mehr ersprießliche weeg zu behallten vnd zu gebrauchen. – Nichtsdestoweniger herr graff truchseß commandant zu Lindaw, alß besagte regimenter auß den österreichischen bisher ingehabten quartiern weichen vnd auf die ihnen assignirte reichsständt ruckhen müeßen, den quartiermaistern[12] ihre quartier zettel zugestellt, nach wellicher anweißung sie bei einem andern standt herberg vnd vnderhallt sůchen sollen. Der compagnien[13] seyn zu pferdt 7 und zu fůß 11, vnd darzu zwen stab,[14] alß für iedes regiment einer angeben, vnd darbei die statt Veber[S. 549]lingen so wol bedacht worden, daß sie allein 4 compagnien sambt einem gantzen stab zu fůß vnd 2 compagnien neben einem halben stab zu pferdt annemmen vnd verpflegen sollen. Es hatt sich aber die burgerschafft einhellig entschloßen keinen mann von disen völckhern in die statt einzulaßen, noch auch außerhalb quartier zu geben, sonder die monatliche contribution an wein, wie bishero, nach Lindaw zu raichen, inmaßen deshalb erst bei 2 wochen ein halbe jahrsteur an wein gesambelt vnd in gemainer statt keller gelegt worden. – Nachdeme man auch so vil nachrichtung erlangt, daß der kriegssecretarius Pucher[15] bei kayß. Hof zu fürderung deßen, waß ein E. Rath iüngst an die kayß. Mst supplicirt, vil thůn könne, vnd daß man seinen favor[16] zu gewinnen sich angelegen sein lassen solle,[17] alß hab ich auf ersůchen von eines E. Raths wegen ein schreiben an ihne secretarium Pucher, vnd noch darneben an der statt agenten herrn Jacob Kellner ein memorial, waß er in discursu bei ihme Pucher weitter zu memorirn, vergriffen,[18] so bei den actis zu finden. – Inmittelst daß bentzenawische regiment curasier[19] sambt den officiern deß Gill de hassischen zu fůß vnd ettlich wenigen darunder gehörigen gemainen knechten[20] vmb Salmanßweiler[21] ankommen. – Darauff die commandanten diß volckhs die ihnen angewißne ständt abermaln nach Merspurg citirt, der gantze hauffen aber zu roß vnd fůß nachdeme er zu Beuren[22] beim Hailigenberg nachtquartier gehabt, vnd von Salmanßweil vmb ettwaß proviantirt worden, fürter auf Immenstaad[23] geruckht, vnd weiln die inwohner, allen vorgangnen wahrnungen zuwider, von ihrem vich vnd andern mobilien nichts verruckhen oder transferirn wollen, haben die soldaten allda gůtt quartier gefunden vnd gleich zum antritt die schwein vnd kälber nidergeschlachtet. Hernach gleichwoln auf abmahnen herrn commenthurn[24] der Mainaw[25] ihr quartier nach Marchdorf transferirt, von dannen beide obrist Johan Matthiaß Bentzenaw vnd deß Gill de haasischen regiments obrist leüttenant Johan Kneiß die assignirte ständ abermaln zur contribution ermahnt mit betrowung würckhlicher execution.[26] Warauff die grafschafft Hailigenberg monatlich in 800 fl, daß gottshauß Salmanßweiler aber 1000 fl bemeltem obrist[27] vnd obrist leüttenant jedes monat zu lifern sich erbotten, der obrist aber dise offerta alß vil zu schlecht nicht annemmen, sondern vom gottshauß den vnderhallt auf zwo compagnien vnd den halben stab biß auf den letzten haller[28] bezahlt haben wollen. Darmit jedoch der Gill de haasisch leüttenant noch nit contentirt, sonder für seine compagnien zu fůß die verpflegung gleich so ernstlich prätendirt. Deshalb die vnderthonen, weiln sie die handgreiffliche vnvermöglichait verspürt, viler orten von hauß veber see mit [S. 500] roß vnd vich gewichen, wie sollches vnd waß sich ferner vmb die zeitt: sonderlich beim gottshauß Salmanßweiler vnd mit deßen vnderthonen verloffen, in der herrn gaist: vnd weltlichen räthe an ihr gn. herrn praelaten[29] (so damaln zu Fürstenfeld[30] in Bayern sich auffgehallten) vnder dato 2 Aprilis abgangnen von mihr vergriffnen schreiben mit mehrerm zu finden“.[31]

Für den April 1642 heißt es bei Pflummern: „Die im quartier zu Marchdorf[32] ligende bentzenawische reütter haben auch, nachdeme sie ein wenig erwarmet, sich zu regen vnd vmb sich zu greiffen angefangen. Ich hab den 14 Aprilis meine 3 roß in den wald geschickht ein tannen abzuholen vnd rebsteckhen darauß spallten zu lassen, weiln mein geweßter gemainder[33] Hanß Seitenreich seine von mihr gebawte reben so gar stekhenloß verlassen, daß er in 5 jahren bei 6000 steckhen weniger darein gethan, alß er thůn sollen. Vnd obwoln ich mich deßen bei rath schriftlich beclagt vnd abtrag[34] begehrt, hatt er iedoch wol leütt gefunden, die vermaint, er seye kheinen abtrag schuldig, inmaßen er selbst dafür sich gerühmbt, daß er meinen reben an steckhen kheinen mangel gelassen. Alß ich aber nhur allein in 3 hofstatt,[35] im Altdorff[36] genant, disen früeling 38 burdin[37] newe steckhen haben müeßen vnd sollche alhie [S. 552] nicht käufflich bekommen können, hab ich dessenthalb, wie gemellt, meine roß in wald geschickht, da sie vnd der knecht 8 reütter (so selbigen morgen von Marchdorff ausgeritten, den salmanßweilischen vischer vnd andere mehr leütt auf der straß geplündert) angetroffen, welliche sich aber vor Twielisch[38] simulirt vnd dem knecht, weiln er khein gellt geben oder versprechen können noch wollen, offtermaln ihme niederzuschießen getrowt, wie er dan einsmal vom pferdt absteigen müeßen vnd anderst nicht vermaint, dan dass er von zwayen reüttern, wellichen der commandant diser rauberischen truppa ihne niederzuschießen bevolhen, zu todt geschoßen werden solle. – Ich hab diser mihr entführten roßen halb mich alsbald zu Lindaw schrifftlich beclagt, auch darauf an den obrist von Bentzenaw ein bewegliches schreiben erlangt, die roß aber nicht erhallten können, sonder zu mundtlichem beschaidt er obrist meinem knecht allein angezaigt mihr zu sagen, wan ich die contribution richten werde, so werden sich meine roß wider finden. Waß sich dises vnverschuldten straußenrauberischen angriffs halb weitter verloffen, daß ist in einer besondern puschel[39] weitläuffig zu finden. – Den 18 Aprilis (wahre h. Charfreytag) seyn 3 compagnien bentzenawischer reütter oder räuber von Marchdorf ab: vnd nach Schemerberg[40] geführt worden. ebenmeßig auch der o. leüttenant deß Gill de haasischen volckhs zu fůß, Johan Kneiß genant, von Marchdorf nach Pfullendorf: hergegen von Pfullendorf die gleenische[41] compagnia zu pferdt den 19 Aprilis nach Ittendorf allda quartier zu nemmen geruckt“.[42] Unter dem November 1642 notiert Pflummern: „Zu eingang deß Novembris, alß die schwäbische craisständt[43] eben wegen einer abermaligen kriegs contribution auf begeren der kayß. Mst. in Vlm versambt geweßt, hatt der kayß. commissarius Beyrlin herrn graff truchsäßen commandanten zu Lindaw schrifftlich ersůcht, daß er, (wie verndrigen jahr geschehen) die ihenige ständt vmb den Bodensee, so nechstermal die prentzenawische und Gill de haasische regimenter in quartier vnd verpflegung gehabt, zusamen beschreiben[44] vnd mit ihnen tractirn solle, weiln hertzog von Lothringen[45] diser regimenter dienst weitter nicht bedörffe noch begere (dan sie in hippocleptia[46] die Lothringer, ob zwar lang erfahrne vnd gerüembte pratticanten vebertroffen, et quia figulus figulum odit[47]) daß ermellte ständt sollche gäst widerumb aufnemmen vnd biß zu der kayß. Mst anderwertiger verordnung nhur schlecht mit essen vnd trinckhen verpflegen wollten. – Es hatt aber wolgemellter herr truchsäß sich dieser vndisciplinirten landtsverderber kheines weegs weitter beladen wollen, vnd nicht vnbillich, weiln er von ihnen hievor so schlecht respectirt, sonder vil mehr vnderschidlich despectirt worden. ebnermaßen auch die ständt mit disen feindtseeligen gästen nichts weitter zu schickhen noch zu schaffen haben wollen, allermaßen ettliche sich bestendig resolvirt thür vnd thor vor ihnen zu beschließen, vnd gewallt mit gewallt zu hintertreiben: andere aber, so zum widerstandt nicht bastant,[48] haben beraitt angefangen, abzuraumen vnd ihre armůth[49] andersthin zu flehnen,[50] willens ehender von hauß vnd hof zu weichen, dan diser schedlichen gästen zu warten. – Vnd weiln ermellte regimenter beraitt vom Rhein herauff im marschirn begriffen geweßt, währe es ohne große vngelegenhaitt bei vnß hiervmb nicht abgangen, wan sie deß commissarij Beyrlins weegweisung volgen, vnd diser orten mit lieb oder vnlieb quartier nemmen wollen. Es hatt sich aber gleich also gefüegt, daß der abermalige vnglückhliche straich vor Leipzig[51] enzwischen kommen vnd vrsach geben, daß man diß vnß verlaydete paar regimenter an ein ander ort, da man ihre ritterliche thatten noch nicht erfahren, verschickhen können“.[52]

[1] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[2] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Leutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

[3] Überlingen [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 807f.

[4] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 179f.

[5] Meersburg [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 519f.

[6] Maximilian Willibald Graf zu Wolfegg, Freiherr zu Waldburg [12.10.1604 -30.1.1667]. Vgl. EITEL, Truchsess Max Willibald.

[7] Lindau (Bodensee); HHSD VII, S. 414ff.

[8] supponieren: unterstellen, vermuten.

[9] Einquartierung: Die kostenaufwendige Einquartierung von Truppen versuchten die Betroffenen oder ihre Vertreter nach Möglichkeit durch „Verehrungen“ bei den zuständigen Kommandierenden, Kriegskommissaren und Quartiermeistern abzuwenden. Gelang das nicht, so wurden je nach Rang, Vermögen und Steueraufkommen und auch der Religionszugehörigkeit der Betroffenen Mannschaften und Pferde in die Häuser eingelegt, wobei die Soldaten die besten Räume für sich in Anspruch nahmen. Billette (Einquartierungszettel) sollten zwar Unterkunft, Verpflegung (oder ersatzweise Geldleistungen) der Soldaten und Abgabe von Viehfutter durch ihre „Wirte“ regeln, was aber nicht nur zu Streitigkeiten in der Bürgerschaft selbst, sondern auch unter den Soldaten führen musste. Ausgenommen von der Einquartierung waren in der Regel bei eigenen Truppeneinlagerungen Kleriker (aber nicht deren Klöster), Bürgermeister, Ratsherrn, Apotheker, Ärzte und Gastwirte. Auf die Beschwerden der Bürgerschaft wurde die Einquartierung durch den Rat der Stadt „als eine gerechte und für eure vielfältigen Sünden wohl verdiente Strafe Gottes“ bezeichnet; BORKOWSKY, Schweden, S. 20. In den Quartieren gab es zudem Mord und Totschlag unter den Mannschaften, gewalttätige Übergriffe gegen Bürger und Bauern waren trotz errichteter Quartiergalgen und hölzerner Esel alltäglich. Teilweise wurde sogar Quartiergeld für die von Offizieren mitgeführten Hunde verlangt; SODEN, Gustaph Adolph III, S. 359. Teilweise wurde auch der Abzug vorgetäuscht, um Abzugsgelder zu erpressen; TRÄGER, Magister Adrian Beiers Jehnische Chronika, S. 60. Der protestantische Schuhmacher Bellinckhausen über die kaiserlichen Truppen in Osnabrück (1630); RUDOLF VON BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 36: „Was denn inquartirten soldaten bey uns thut anlangen, ist ein gottlos diebisch und mordrisch volck, stehlenn jeymlich und rauben offenbar, saufen und fressen, dominirn tag und nacht, spielen und doblen, parten und beuten, ruffen und jautzen, schießen und morden sich unter andern, schlagen sich mit den burgern, verfuhrn der burger weiber und kinder und haben manig magd zur hurn gemacht. Die burger konnen bey abendts oder nacht zeyt nicht uber die straßen gehen. Sie schlagen dieselben, habe auch solchs zweymall von dem gesind leyden m mußen“. Eine längere Einquartierung konnte den Ruin ganzer Gemeinden und Städte bedeuten. Zudem wurden die Quartiere verwüstet. So der Abt Friesenegger von Andechs über die einquartierten katholischen „welschen“ Truppen Ferias (Winter 1634): „Das Dorf stand ganz in Unflat, und Wüste, alles zum Grausen, und für Menschen unbegreiflich. In den Häusern wie auf den Gassen lagen nichts als abscheuliche Lumpen, zerschlagener Hausrat, Köpfe, Füße, und Gedärme von verzehrten Pferden, Menschen Unrat, und mehrere Toten Körper. In den Häusern waren nur Stuben, Kammer und Kuchl bewahret, das übrige davon hatte ein Dach, keinen Mantel, keine Mittelwand, keinen Balken, und meistens standen dieselben nur auf vier Säulen. Die Zäune, Planken, und schönste Obstbäume in den Gärten waren alle verbrennet. Auch aller Hausrat von Bänken, Kästen, Bettstätten, Geschirren, und die Baufahrnisse von Wägen, Pflügen, und was immer von Holz war, ging in den Flammen auf. Selbst in beiden Kirchen war ein Greuel zu sehen. Türen, und auch Fenster waren zerbrochen. Alles, was darin aufbewahret, und zum Gebrauch war, wurde geraubet. In der Frauenkirche brannten sie wenigst die letzte Woche eines, und in der Pfarrkirche stets 2 Feuer. Alles hölzerne Kirchengerät mußte hierzu dienen. Das Gemäuer war voll Rauch und Ruß, und der Boden voll Unrat. Auf dem Friedhofe konnte man vor Menschen-Unflat keinen Fuß mit Ehren setzen, und die Sakristei brauchten sie für ihr geheimes Ort. In der Kirche zu U. L. Frau lagen auch 4 unbegrabene Toten-Körper, die man außer der Kirche auf der Nordseite, wo schon mehrere lagen, in ein Grab zusammen warf“. Auch der Abzug musste je nach Vermögen erkauft werden (1644):  „Zum Abzuge mußte dem Obristen von jedem Pfluge 20 Rtlr. und das beste Pferd gegeben werden.“ WALCZOK, Barsbüttel, Gott und die Welt. Vgl. den Bericht der Kapitelherren in Zeitz (1635), BORKOWSKY, Schweden, S. 65: „Keine Brauerei, keine Krämerei ist mehr im Stift, keine Feldbestellung, kein Ackerpferd, keine Kuh, kein Kleinvieh. Hie und da müssen sich Manns- und Weibspersonen in die Pflüge und Eggen spannen – was sonst nur als barbarische Grausamkeit aus der Türkei berichtet war. Häuser und Hütten stehen ohne Dach. Die Menschen haben keine Kleidung mehr. Viele sind im Winter erfroren, andere an Hunger, Krankheit und Mangel an Arznei dahingestorben. Die Leichen liegen unbegraben. Weiber und Kinder fallen den Kommunen zur Last. Viele Bürger laufen zu den Soldaten über. Die Kirchen- und Schuldiener können nicht mehr besoldet werden. Die Jugend bleibt unerzogen. Hospitäler und Armenhäuser werden nicht mehr unterstützt. Viele Menschen sind so jämmerlich gekleidet, dass sie sich nicht getrauen, zum Gottesdienst und zum Abendmahl zu gehen …“

[10] Regensburg; HHSD VII, S. 605ff.

[11] Kontribution: Kriegssteuer, die ein breites Spektrum an Sach- oder Geldleistungen umfasste, wurden im Westfälischen als „Raffgelder“ bezeichnet; SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, Nr. 45, S. 127; LEHMANN, Kriegschronik, S. 34, Anm. (1632): „Contribution eine große straffe, Sie erzwingt alles, was sonst nicht möglich ist“. Sie wurde auf Grundlage einer Abmachung zwischen Lokalbehörden (zumeist Städten) und Militärverwaltung erhoben. Die Kontribution wurde durch speziell geschultes, z. T. korruptes Personal (vgl. WAGNER; WÜNSCH, Gottfried Staffel, S. 122ff.) zumeist unter Androhung militärischer Gewalt oder unter Androhung des Verlusts des Bürgerrechts, des Braurechts, der Benutzung der Allmende, den säumigen Bürgern „das Handwerk zu legen“ etc. (vgl. NÜCHTERLEIN, Wernigerode), und der Zunagelung der Haustüren (JORDAN, Mühlhausen, S. 76 (1633)) eingetrieben. Den Zahlenden wurde als Gegenleistung Schutz gegen die Übergriffe des Gegners in Aussicht gestellt. Nicht selten mussten an die beiden kriegführenden Parteien Kontributionen abgeführt werden, was die Finanzkraft der Städte, Dörfer und Herrschaften sehr schnell erschöpfen konnte. Auch weigerte sich z. T. die Ritterschaft wie im Amt Grimma erfolgreich, einen Beitrag zu leisten; LORENZ, Grimma, S. 667. Vgl. REDLICH, Contributions; ORTEL, Blut Angst Threnen Geld, der diese Euphemismen für Erpressungen, erwartete oder erzwungene „Verehrungen“ etc. auflistet. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 268, über die schwedische Einquartierung Dezember 1633 in Osnabrück: Die Soldaten „sagen und klagen, sie bekommen kein geld, da doch stets alle wochen die burger ihr contribution ausgeben mußen, dan das kriegsvolck sagt, das ihr obristen und befehlhaber das geldt zu sich nehmmen und sie mußenn hunger und kummer haben, werden zum stehlen verursacht“ Die ausführlichste Darstellung der Erpressung von Kontributionen durch Besatzungstruppen findet sich bei NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 73ff. => Hrastowacky.

[12] Quartiermeister: Bei Einquartierungen in Dörfern und Städten besorgte der Quartiermeister, in Abstimmung mit den lokalen Obrigkeiten, von den Bewohnern Unterkunft und Verpflegung für die Kompanie. Zunächst wurde der Stab einlogiert, dann wurden die Quartiere für die Hauptleute bestimmt. Die Kompanie des Obristen hatte die weitere Wahl, dann die des Obristleutnants, darauf die des Obristwachtmeisters. Die restlichen Kompanien spielten die übrig gebliebenen Quartiere unter sich aus. Das führte bei engen Quartieren teils zur Überbelegung bei den einzelnen „Wirten“, teils zum Kampieren unter freiem Himmel auf dem Markt, was zu Unruhen führen konnte. Dem Quartiermeister, der je nach Truppengattung zwischen 40 und 60 fl. Monatssold erhielt, war die Kriegskasse anvertraut. Dazu kamen allerdings erhebliche Nebeneinkünfte der meist korrupten Quartiermeister, die dieser mit dem Obristquartiermeister teilte.

[13] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.

[14] Stab: die Gesamtheit der höheren Offiziere eines Heeres (Generalstab) oder Heeresteils (Regimentsstab). Dazu gehörte auch der Feldgeistliche des Regiments. Die Bedeutung ergibt sich metonymisch: Der Stab war das Zeichen der Amts- und insbesondere der militärischen Obergewalt. Der „Unterstab“ umfasste dagegen die rangniedrigeren Dienstränge. Je nach Rang wuchs auch der Umfang des Stabes.

[15] Johann Georg Pucher; Hofkriegsratssekretär [ – ].

[16] favor: Gunst, Glück, Gefallen.

[17] Pflummern meint hier eine Verehrung: Schenkung: Derartige „Schenkungen“ oder auch „Discretionen“ waren von Anfang des Dreißigjährigen Krieges an zumeist erzwungene oder von vornherein erwartete Leistungen in Geld- oder Sachwerten an die Offiziere einer Einheit, die den Stadt- oder Gemeindehaushalt je nach Umständen erheblich belasten konnten. Diese mehr oder minder freiwilligen „Verehrungen“ waren zur Abwendung von Einquartierungen oder zur Durchführung rascher Durchzüge gedacht. Sie waren je nach Rang des zuständigen Offiziers gestaffelt und wurden von diesen als fester Bestandteil ihres Einkommens betrachtet, zumal Soldzahlungen nicht selten ausblieben. Natürlich gingen diese Verehrungen auch an Kriegskommissare, Kriegsräte und andere einflussreiche Persönlichkeiten. Vgl. ORTEL, Blut Angst Threnen Geld, der diese Euphemismen für Erpressungen, erwartete oder erzwungene „Verehrungen“ etc. auflistet.

[18] vergreifen: aufsetzen, verfassen.

[19] Kürassier: Kürisser, Kyrisser, Corazzen (franz. Cuirasse für Lederpanzer (cuir = Leder). Die Kürassiere waren die älteste, vornehmste – ein gerade daher unter Adligen bevorzugtes Regiment –  und am besten besoldete Waffengattung. Sie gehörten zu den Eliteregimentern, der schweren Reiterei, deren Aufgabe im Gefecht es war, die feindlichen Linien zu durchbrechen, die Feinde zur Flucht zu nötigen und damit die Schlacht zu entscheiden. Sie trugen einen geschwärzten Trabharnisch (Brust- und Rückenharnisch, den „Kürass“), Ober- und Unterarmzeug, eiserne Stulphandschuhe, Beinschienen und Stulpstiefel mit Sporen, Schwert oder Säbel und zwei lange Reiterpistolen, die vor dem Aufsitzen gespannt wurden. Im späten 16. Jahrhundert wurde es in der schweren Reiterei üblich, einen knielangen Küriss ohne Unterbeinzeug zu tragen. Der Kürass wurde mit 15 Rt. veranschlagt. SKALA, Kürassiere; WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd. Nach LICHTENSTEIN, Schlacht, S. 42f., musste ein dänischer Kürassier mit einem mindestens16 „Palmen“ [1 Palme = 8, 86 cm] hohen Pferd, Degen u. Pistolen antreten. Der Kürass kostete ihn 15 Rt. Er durfte ein kleineres Gepäckpferd u. einen Jungen mitbringen. Der Arkebusier hatte ebenfalls Pferd, Degen u. Pistolen mitzubringen, durfte aber ein 2. Pferd nur halten, wenn er v. Adel war. Für Brust- u. Rückenschild musste er 11 Rt. zahlen. Der Infanterist brachte den Degen mit u. ließ sich für das gelieferte Gewehr einen Monatssold im ersten halben Jahr seines Dienstes abziehen. Bei der Auflösung des Regiments erhielten die Soldaten sämtl. Waffen mit einem Drittel des Ankaufspreises vergütet, falls der Infanterist noch nicht 6 Monate, der Kavallerist noch nicht 10 Monate gedient hatte; andernfalls mussten sie die Waffen ohne jede Vergütung abliefern. Der Kürassier erhielt für sich u. seinen Jungen täglich 2 Pfd. Fleisch, 2 Pfd. Brot, 1/8 Pfd. Butter oder Käse u. 3 „Pott“ [1 Pott = 4 Glas = 0, 96 Liter] Bier. Arkebusier u. Infanterist bekamen die Hälfte. Die tägliche Ration betrug 12 Pfd. Heu, Gerste oder Hafer je nach den Vorräten. An das Kommissariat musste der Kürassier für Portion u. Ration monatlich 7 Rt., an den Wirt im eigenen oder kontribuierenden Land musste der Kürassier 5, der Unteroffizier 4, der Sergeant 3, Arkebusier u. Infanterist 2 1/2 Rt. zahlen. Im besetzten Land, das keine Kontributionen aufbrachte, wurde ohne Bezahlung requiriert. Ein Teil des Handgeldes wurde bis zum Abschied zurückbehalten, um Desertionen zu verhüten, beim Tode wurde der Teil an die Erben ausbezahlt. Kinder u. Witwen bezogen einen sechsmonatlichen Sold.  Zu den schwedischen Kürassierregimentern vgl. die Bestimmungen in der Kapitulation für Efferen, Adolf Theodor [Dietrich], genannt Hall => „Miniaturen“. Des Öfteren wurden Arkebusierregimenter in Kürassierregimenter umgewandelt, falls die notwendigen Mittel vorhanden waren.

[20] Knecht, gemeiner: dienstgradloser einfacher Soldat. Er hatte 1630 monatlich Anspruch auf 6 fl. 40 kr. Ein Bauernknecht im bayerischen Raum wurde mit etwa 12 fl. pro Jahr (bei Arbeitskräftemangel, etwa 1645, wurden auch 18 bis 24 fl. verlangt) entlohnt. Doch schon 1625 wurde festgehalten; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 92: „Ihme folgete der obrist Blanckhardt, welcher mit seinem gantzen regiment von 3000 fueßknechte sechß wochen lang still gelegen, da dann die stath demselben reichlich besolden muste, wovon aber der gemeine knecht nicht einen pfennig bekommen hatt“. Versorgung:  In einem Bericht des Obristleutnants des Regiments Kaspar von Hohenems (25.8.1632) heißt es; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 336: „daß sie knecht gleichsam gannz nackhent und ploß auf die wachten ziehen und mit dem schlechten commißbroth vorlieb nemmen müessen, und sonderlichen bey dieser kelte, so dieser orten erscheint, da mich, als ich an ainem morgen die wachten und posti visitiert, in meinem mantl und guetem klaidt geforn hat, geschweigen die armen knecht, so übel beklaidt, die ganze nacht auf den wachten verpleiben müessen. So haben sie auch gar kain gelt, das sie nur ain warme suppen kauffen khönnen, müessen also, wegen mangl der klaiser und gelt, mit gwalt verschmachten und erkhranken, es sollte ainen harten stain erbarmen, daß die Graf hohenembsische Regiment gleich von anfang und biß dato so übel, und gleichsam die armen knecht erger alß die hundt gehalten werden. Es were gleich so guet, man käme und thete die armen knecht […] mit messern die gurgel abschneiden, alß das man sie also lenger abmatten und gleichsam minder als einen hundt achten thuett“. => Verpflegung.

[21] Salem [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 684f. Vgl. BECKER, Salem.

[22] Beuren, heute Ortsteil von Salem [Bodenseekr.].

[23] Immenstaad [Bodenseekr.].

[24] Johann Werner Hundbiss v. Waltrams [Hundpiß von Waltrambs]; Landkomtur [ – 14.9.1658] (1652–1658 Landkomtur Elsass). Komtur: Vorsteher der Niederlassung eines Ritterordens, führt eine Komturei (Kommende). Beim Deutschen Orden bildeten in späterer Zeit mehrere Komtureien eine Ballei unter einem Landkomtur.

[25] Mainau [Konstanz, LK Konstanz], HHSD VI, S. 498f. Vgl. ROTH von SCHRECKENSTEIN, Die Insel Mainau.

[26] Exekution: (notfalls gewaltsame) Umsetzung von Bestimmungen und Auflagen; Zwangsvollstreckung, Zwangseintreibung von Kontributionen.

[27] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S.388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide.  II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[28] Heller: 2 Heller = 1 Pfennig.

[29] Thomas I. Wunn [1580 Salem-10.5.1647 Konstanz], Abt von Salem 1615-1647. Vgl. BECKER, Salem.

[30] Fürstenfeldbruck; HHSD VII, S. 217f. Fürstenfeld war von 1263 bis 1803 Zisterzienserabtei.

[31] SEMLER, Tagebücher, S. 393ff.

[32] Markdorf [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 511f.

[33] Gmainder, Gemainder: Teilhaber, Verwalter.

[34] Abtrag: Entschädigung.

[35] Hofstatt: Statt oder Stelle, auf der ein Bauern- oder Herrnhof steht.

[36] Altdorf: Flur vor Überlingen [Bodenseekr.].

[37] burdin: Bündel.

[38] Reiter des Kommandanten von Hohentwiel, Conradt Widerholt [20.4.1598 Ziegenhain – 13.6.1667 Kirchheim unter Teck] von Jörg Wöllper siehe unter „Miniaturen“.

[39] Puschel: unbekannter Begriff. Um Hinweise wird gebeten.

[40] Schemmerberg, heute Ortsteil von Schemmerhofen [LK Biberach].

[41] Vgl. SCHRIJNEMAKERS; CORSTJENS, Graaf Godfried Huyn van Geleen (in der deutschen Fachliteratur kaum beachtete Biographie).

[42] SEMLER, Tagebücher, S. 397f.

[43] Reichskreis, schwäbischer: Der seit 1521 existierende Schwäbische Reichskreis wurde vom Bischof von Konstanz und dem Herzog von Württemberg geführt und umfasste das Gebiet zwischen Rhein, Lech, Wörnitz, Philippsburg-Wimpfen-Dinkelsbühl. => Reichskreis.

[44] beschreiben: zu sich kommen lassen, schriftlich auffordern zu kommen.

[45] Vgl. BABEL, Zwischen Habsburg und Bourbon.

[46] Hippocleptia: Pferderaub.

[47] et quia figulus figulum odit: und weil ein Töpfer den anderen hasst (nach einem Epigramm von Tacitus) für „Eifersucht“.

[48] bastant: fähig, hinreichend, in der Lage; einem Feind gewachsen sein.

[49] Armut: geringer Besitz.

[50] flehnen: flüchten.

[51] Schlacht bei Breitenfeld am 23.10./2.11.1642: Die Schweden unter Torstensson besiegen die Kaiserlichen unter Erzherzog Leopold Wilhelm und Ottavio Piccolomini. Vgl. RUDERT, Kämpfe; WALZ, Der Tod, S. 160ff.

[52] SEMLER, Tagebücher, S. 400f.

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