Isselstein [Ißelstein, Iselstein], Vincent Freiherr van [von]

Isselstein [Ißelstein, Iselstein], Vincent Freiherr van [von]; Obristleutnant [ -1656 Orsoy] Vincent Freiherr van [von] Isselstein [Ißelstein, Iselstein] stand 1619 noch als Rittmeister[1] bzw. Obristleutnant[2] im Dienst Heinrich Wilhelms von Solms,[3] der damals noch in den Diensten der böhmischen Stände stand.

„Im September [1619; BW] zog Rittmeister von Isselstein von Siegen[4] kommend erstmals mit 100 Soldaten durch Dillenburg“.[5]

In der Schlacht am Weißen Berg[6] bei Prag 1620 kommandierte er 3 Kompanien[7] Reiter am linken Flügel der böhmischen Schlachtreihe.[8] Er nahm danach an den Feldzügen am Oberrhein und in Westfalen 1622 teil.

Während der Belagerung Groenlos[9] waren Isselsteins Reiter bei Altenberge[10] 1627 verfolgt und etliche von ihnen erschossen worden.[11] „Von holländischer Seite hörten auch nach der Einnahme Groenlos die Überfälle im Münsterland nicht auf, dafür sorgte ein gewisser Schwantzhanß[12] von Münster,[13] auch Grönebaum[14] genannt. Er stand als Korporal unter dem Kommando des Rittmeisters Vincent von Isselstein und trieb von Groenlo aus im Münsterland sein Unwesen. Damit setzte er das fort, was niederländische[15] Söldner bereits während der Belagerung Groenlos vorexerziert hatten. So geht aus einem Schreiben der Räte vom 29. Juli 1627 an den Ku[r]fürsten[16] hervor, daß am 23. des Monats der Rittmeister von Isselstein mit 150 Reitern aus verschiedenen Kompanien, die vor Groenlo lagen, die Orte Haltern,[17] Dülmen,[18] Buldern,[19] Appelhülsen,[20] Bösensell,[21] Roxel[22] mit Geldschätzen, Rauben, Ranz[i]onieren[23] und Plündern[24] heimgesucht habe. Am 27. Juli sei schließlich eine große Anzahl niederländisches Kriegsvolk, etwa 1000 Mann stark, in Altenberge eingefallen, habe das Dorf, damit niemand entfliehen konnte, besetzt, dann alle Häuser und auch die Kirche völlig ausgeplündert. Dabei hätten sie auch die Monstranz, die konsekrierten Hostien, die Kelche und andere ‚Ornamente’‘[25] nicht verschont.[26] Endlich das ‚schöne Dorpff ahn vier Orteren, die Kirche aber, unverachtet der Pastor ihnen zu deren Beschonung 1.000 Rt. noch selbigen Tagß zu liefferen anerboten, absonderlich angezündet und so lange ringsumb gehalten, biß darahn alles in die Asch gefallen und umb drey Uhren nichmittags ungefehr der herrliche weitsichtiger Turm herunder gefallen unnd alle Glocken zerschmoltzen. Nachgehendts sich nacher Lahr,[27] Lehr[28] unnd Metelen[29] begeben, daselbst […] gleichmäßig gantz ubell gehaußen’.

Um diesen Streifereien ein Ende zu bereiten, teilten die münsterischen Räte am 23.12.1627 dem Kurfürsten den Beschluß mit, den Drosten[30] von Ahaus[31] und Horstmar,[32] Heidenreich Droste, nach den Niederlanden zu entsenden und dort den entsprechenden Herren eine Verehrung[33] von 1.500 Rt. auszuteilen, worauf Kurfürst Ferdinand am 3. Januar 1628 von Bonn[34] aus seine Zustimmung erteilte. Dennoch häuften sich im Jahre 1629 Klagen über das Treiben des Schwantzhanß alias Grönebaum in Schöppingen,[35] Holtwick,[36] Osterwick,[37] Heek,[38] Legden,[39] wo er selbst seine ‚Verehrungen’ in Geld und Schinken eintrieb“.[40]

„Die Warnungen vor fremden Heeren, die in das Münsterland einfallen könnten, wiederholten sich [1630; BW] laufend. Sei es, daß sich in Bocholt[41] niederländische Truppen aus Wesel[42] und Ringenberg[43] versammeln sollten, die ‚lange Borcken[44] dem Stift hinein ihren zugk nehmen wollen’, sei es, dass ‚der Rittmeister Ißelstein mit drey hundert Reutter und sechs hundert zu Fueß furhabens sey, diesen und anderen Stifteren uebell zu zusetzen’, man wollte ‚nach möglichkeit den anziehenden kriegsvolck widerstehen’ “.

„Nach dem der Gubernator zu Wesel[45] durch Kundtschafft in Erfahrung kommen / daß 7 Comp. Spanische Soldaten auß der Pfaltz sich an der Grabbe hattẽ gelosiret / hat er den 6. Jul. [1630; BW] die Rittmeister[46] Iselstein / vnd Kettken[47] neben andern 3. Compagnyen zu Pferd / vnd 1000. Mañ zu Fuß befohlen sich dahin zu begeben / vñ selbige zu vberfallen: welche sich auff den Weg gemacht/ vnd als sie vber die Grifft kommen / sechs Freyfähnlein[48] angetroffen / die in irẽ Quartir begraben lagẽ / die sie nichts destoweniger angegriffen / vñ in die Flucht geschlagẽ / daß sie sich in die Schãtz[49] bey Rossenroy[50] haben müssen rettiriren / da sie die Statischen habẽ verlassen. In dem sie sich aber widerum zurück nach Wesel wolten begeben / vnd an die Bunickherter Heyde kamen / funden sie Graf Johann von Nassaw[51] mit 6. Compagn. Pferden vngefährlich in die 600 starck / neben 14. oder fünffzehenhundert man zu fuß in voller Battalliæ[52] ihnen auff den Dienst warten: Weil sie nun sahen / daß es nit anderst seyn konnte: habẽ sie mit einer tapffern Resolution auff den Feind gesetzt / vnd also bald im ersten Anfall die Spanischen zertrennt vnd auß der Ordnung gebracht / daß sie sich auff die Flucht begeben / vnnd den Grafen / d’ sich Ritterlich gewehrt / im Stich gelassen. Auff der Spanischen seite seind zimblich viel geblieben / neben dem Rittmeister[53] Offenberck[54] / vnd andern Officirern. Den Graffen haben die Statischen mit sich nach Wesel geführt / allda er alsobald begehrte seine Rantzion zuerlegen / vnnd loß gelassen zuwerden / deme der Herr von Diden Gubernator der Statt Wesel zur Antwort gegebẽ / daß weil er nicht nur ein Spanischer Oberster[55] / sondern auch ein Kayserischer General were / so könnte er ohne Ihr Excell. deß Prinzen von Vranien[56] Vorwissen hierinnen nichts thun. Dannenhero Graff Johann von Nassaw / als er vermerckt / daß es mit seiner Loßlassung etwas langsam würde von statten gehen / hat er also bald / weil er sehr gefährlich verwund war/ hat er seinen LeibMedicum / Beichtvatter / vnnd Chirurgum zu sich entbotten / welche grossen Fleiß angewendet / daß er endlich widerumb zimblich zurecht kam. Er hat zwar vnterschiedliche mahle / als erstlich durch ein Person / welche vnter dem Schein eines Chirurgi zu ihm kommen / vnnd hernach sich gestelt / als wann sie etliche Medicamenta müste von andern Seiten holen / die sie selber præpariren / vnnd von niemand anders bekommen möchte / vnnd dann weiter durch ein Fraw heimliche Brieffe durchzubringen sich vnterstanden. Weil man aber gar zu gnaw auff alles Achtung geben / seind solche Personen ertapt / die Brieff ihnen entnommen / vnnd Ihr Excellent. dem Prinzen von Vranien zugeschickt worden. Zeit wehrender seiner Verhafftung ist sein Gemahl mit seinen Kindern zu ihm kommen/ deßgleichen hat ihn sein Bruder Graff Wilhelm von Nassaw[57] auch besucht / vnnd ist er endlich nach dem er 6000 Reichsthaler Ranzion bezahlet / seiner Verhafftung erlediget / vnd nach Rheinberg[58] begleitet worden“.[59]

Der schwarzburg-sondershausische Hofrat Volkmar Happe [1587-nach 1642][60]erwähnt Isselstein in seiner „Thüringischen Chronik“: „Den 14. August [24.8.1631; BW] ist Hauptmann[61] Iselstein unter des Obersten Fahrenbergs[62] Regiment von Körner,[63] da er eine Zeitlang sein Quartier gehabt, auch aufgezogen, im Durchziehen das Dorf Rockensußra[64] geplündert, hernach in Rockstedt[65] gerücket und eine Nacht Quartier genommen, haben seine Soldaten die armen Leuthe mit Schlagen, Stechen und Hauen sehr übel tractiret, dessen er wenig Ehre. Folgends den 15. August [25.8.1631; BW] sind diese Gesellen auf Sondershausen[66] gezogen, denen aber die Übelbeschädigten und Beraubten von Rockstedt vorkommen und Meinem Gnädigen Herrn[67] zu Sondershausen den verübten Frevell geklaget. Darauf Ihro Gnaden die Bürgerschaft aufmahnen lassen und wie Hauptmann Iselstein mit seinen Soldaten in die Stadt kommet, werden die Thore hinder und vor ihm zugemachet und wird den Soldaten alles, so sie zu Rockstedt genommen, wieder abgenommen“.[68]

Isselstein amtierte später als generalstaatischer Garnisonskommandant von Orsoy,[69] wo er 1656 gestorben ist.[70]

[1]Rittmeister [schwed. Ryttmåstere]: Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte – 1620 erhielt er in der brandenburgischen Armee als Rittmeister über 50 Pferde nur 25 fl. – , bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.

[2] Obristleutnant [schwed. Överstelöjtnant]: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] und 150 fl. bezog, in der brandenburgischen Armee sogar 300 fl. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann einer Kompanie, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[3] Heinrich Wilhelm Graf zu Solms-Laubach-Sonnenwalde [21.3.1583 Laubach-30.3.1632 Schweinfurt], schwedischer Obrist.

[4] Siegen; HHSD III, S. 686ff.

[5] GAIL, Krieg, S. 9; Dillenburg [Dillkreis]; HHSD IV, S. 89ff.

[6] Schlacht am Weißen Berg am 8.11.1620: Maximilian I. von Bayern schlägt das böhmische Ständeheer unter Christian I. von Anhalt. Friedrich V. von der Pfalz geht nach Den Haag in die Niederlande. Vgl. KREBS, Schlacht.

[7] Kompanie [schwed. Kompani]:Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200, den Kaiserlichen 60, den Schwedischen 80, manchmal bei 100-150, zum Teil allerdings auch nur ca. 30. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.

[8] KREBS, Schlacht, S. 85, 105.

[9] Groenlo oder Groll, Stadt nw. von Winterswijk [Prov. Gelderland].

[10] Altenberge [Kr. Steinfurt].

[11] TERHALLE, Der Achtzigjährige Krieg, S. 198f.

[12] Übername: Söldner legten sich oft besondere Übernamen zu, die eine besondere Eigenschaft hervorheben sollten oder die sarkastisch gemeint waren, z. B. „Immernüchtern, „kleiner Schwede“, “. Zugleich sollte damit die wahre Identität verschleiert werden. Teilweise stammten diese Namen auch von der drangsalierten Bevölkerung.

[13] Münster; HHSD III, S. 537ff.

[14] N Schwantzhanß, genannt Grönebaum [ – ], generalstaatischer Korporal.

[15] Generalstaaten: Die protestantische Republik der Vereinigten Niederlande, die sich nach dem Zerfall der Niederlande 1581 in einen nördlichen (protestantischen) und einen südlichen (katholischen) Teil [Spanische Niederlande] konstituiert hatte, von Anfang an in den Krieg mit Söldnern und finanzieller Unterstützung involviert war und am 15.5.1648 in Münster durch Friedensschluss mit Spanien offiziell den „Aufstand der Niederlande“ beendete.

[16]Ferdinand v. Bayern, Kurfürst v. Köln [7.10.1577-13.9.1650 Arnsberg]. Vgl. FOERSTER, Kurfürst Ferdinand von Köln.

[17] Haltern [LK Recklinghausen]; HHSD III, S. 283ff.

[18] Dülmen [LK Coesfeld]; HHSD III, S. 180f.

[19] Buldern, heute Ortsteil von Dülmen [LK Coesfeld].

[20] Appelhülsen, heute Ortsteil von Nottuln [LK Coesfeld].

[21] Bösensell, heute Ortsteil von Senden [LK Coesfeld].

[22] Roxel, heute Stadtteil von Münster.

[23] Ranzion, Rançon, ranzionieren: Lösegeld zahlen, (sich) auslösen, (sich) freikaufen, auslösen von Personen, Gegenständen oder Vieh. Teilweise wurde Offizieren gestattet, zum „Rekompens“ drei bis Häuser zu ranzionieren; FRITSCH, Tagbuch, S. 129. Der organisierte Vieh-, vor allem aber Menschenraub stellte neben der Plünderung angesichts der fehlenden Soldauszahlung die wichtigste Einnahmequelle gerade auch der unteren Chargen dar, wurden doch pro Person je nach Stand und Beruf oft 300 Rt. und mehr erpresst. Vgl. WAGNER; WÜNSCH, Gottfried Staffel, S. 116; GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 29. Dieses Lösegeld erreichte trotz der zwischen den Kriegsparteien abgeschlossenen Kartelle z. T. enorme Höhen: So bot der ehemalige Kommandant von Hanau, Sir James (Jacob) Ramsay „the Black“ [1589-1639], 70.000 Rt. für seine Freilassung, die aber vom Kaiserhof abgelehnt wurde (KELLER, Drangsale, S. 357), da man von ihm wissen wollte, wo er die bei der Einnahme Würzburgs und Bad Mergentheims erbeuteten Schätze (KELLER, Drangsale, S. 355) verborgen hatte. Ramsays Kriegsbeute wurde auf 900.000 Rt. beziffert; KELLER, Drangsale, S. 361; GAIL, Krieg, S. 28f.; MURDOCH (Hg.),SSNE ID: 3315. Auch die Leichname gefallener Offiziere mussten je nach Rang in der Regel vom Gegner ausgelöst werden. Im Mai 1633 war die kaiserliche Garnison in der Festung Lichtenau (bei Ansbach) so schlecht verproviantiert, dass Nürnberger Untertanen gefangen genommen wurden, die sich dann gegen Kartoffeln auslösen mussten; SODEN, Gustav Adolph III, S. 450. SEMLER, Tagebücher, S. 137 (1634): „Hierauff die Schwedische ihre gewohnliche straiff vnd raubereyen noch ferner vnd ernstlicher continuirt, also daß nicht allein auf dem land vnd dörffern sich niemandt betreffen, sonder auch gar in die reben (außerhalb was gegen Sipplingen hinab gelegen, dahin der feind niehmaln kommen) niemandt blicken lassen dörffen, inmaßen ettliche burger vnd salmanßweilische vnderthonen, so in den reben bei vnd gegen Nußdorf und Burgberg schaffen wollen, von denen hin vnd wider vagierenden reüttern aufgehebt, vnd nach Pfullendorf geführt, deren jeder biß auf 60 vnd mehr reichsthaler ranzion angezogen, vnd weilen sie, alß arme rebleütt sollche zu bezahlen nicht vermögt, volgendts mit der armada fortgeführt worden, wie benantlich ein veberlingischer gmainder vmb 68 thaler vnd zwen Nußdorffer jeder vmd 58 thaler ranzioniert, vnd vneracht diese bede für sich 40 thaler angebotten, ein mehrers auch im vermögen nit gehabt, seyn sie doch bei sollchem nicht gelassen worden“.

[24] Plünderung: I. Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass„man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kann nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“.DIETERICH, D. Konrad Dieterich, S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, dass wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, dass wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt’ “. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. von Anhalt-Köthen: „Von Gottes gnaden“ (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 101f. Vielfach wurden die Plünderungen auch aus Not verübt, da die Versorgung der Soldaten bereits vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. II. zum Teil aber auch bei Ausschreitungen der Bevölkerung, die sich an den Gütern der Flüchtlinge bereicherte, so z. B. 1629 in Havelberg: „Im Tempel war viel Gut in Kasten und Kisten, wovon die rechtmäßigen Besitzer das Wenigste wiederbekamen. Das meiste wurde den königlichen [Dänen], die während des Brandes darüber hergefallen waren, die Kirche zu plündern, und später den kaiserlichen Soldaten zuteil. Auch einigen Einwohnern und Benachtbarten, die keine Rechte daran hatten. Summa: Ihrer viele wurden arm; etliche mit unrechtem Gut reich“. VELTEN, Kirchliche Aufzeichnungen, S. 76-79, bzw. BRAUN, Marktredwitz, S. 84f., über die auch anderweitig übliche Plünderungsökonomie: „Hingegen ihre Herbergsleute, die sich vor diesem als Tagelöhner bei ihnen erhalten, die haben sich jetzt sehr wohl befunden; denn diese hatten keine Güter, daher gaben sie auch keine Kontribution. Und ein solcher Gesell hat allezeit so viel gestohlen, daß er sich [hat] erhalten können. Wie er ein paar Taler zusammengebracht, hat er gesehen, daß er von den Soldaten eine Kuh [hat] erkaufen können. Oder aber, er hat den Soldaten etwas verraten, do er dann von ihnen eine geschenkt und umsonst bekommen. Do [hat] er dann solche an einen anderen Ort getrieben und soviel daraus erlöst, daß er hernach 3 oder 4 von den Soldaten hat (er)kaufen können. Denn es ward so ein Handel daraus, daß man auch aller christlichen Liebe vergaß; vielweniger fragte man auch mehr nach Ehrbarkeit und Redlichkeit. Wie es dann auch soweit gekommen [ist], daß die Soldaten in einem Dorf das Vieh genommen und hinweg getrieben, und die Bauern als ihre Nach(t)barn in dem nächsten Dorf haben solches Vieh von den Soldaten erkauft und alsbald bei Nacht weiter getrieben und wieder verkauft. Und war schon fast ein allgemeines Gewerbe daraus. Ihrer viel[e] hatten sich auf diesen ehrbaren Handel gelegt, denn wenn ein Soldat eine Kuh gestohlen, wußte er schon seinen gewissen Kaufmann. Und wenn an manchem Ort eine Partei Soldaten mit einer geraubten Herd[e] Vieh ankam, da war bei etlichen gottlosen Menschen ein freudenreiches Zulaufen und Abkaufen, nit anders(t) als wenn zu Amsterdam in Holland eine indianische Flotte anlangte. Ein jeder wollte der nächste sein und die schönste Kuh er(kaufen); ungeachtet der armen Leute, denen das Vieh abgenommen worden, [die] allernächst auf der Seite mit jämmerlichen Gebärden standen und sich wegen der Soldaten nichts (ver)merken lassen durften“.

[25] Ornamente: Kirchenschmuck, Kirchengewänder.

[26] Kirchenschändungen:SEMLER, Tagebücher, S. 212 (1635): „Dieser tagen haben vnser [kaiserliche; BW] reütterey dass stätlin Gebweiler [Guebweiler; Frankreich, Dép. Haut-Rhin], so doch kein feind darinnen wahre, veberfallen, dem priester, so eben consecrirte, den kelch aus der hand genommen, die closterfrawen not gezwungen, andere weiber auf dem heiligen alltar geschändt vnd geschmächt“. Am 26.5.1636 berichtete der Überlinger Stadtschreiber Hupertus an den noch in Wien weilenden Dr. Pflummern; SEMLER, Tagebücher, S. 281, Anm. 787: „Dieses volckh [des Herzogs v. Modena Francesco d’Este; BW] hatt so sauber in allen orten auf dem land abgeraumbt, daß nit eins pfennings werth (ausser der zerbrochenen heuser) vbergeblieben; alles khupfer, zinn, eisen vnd blech hat herhalten müssen, khein nagel in der wand ist sicher gewesen; zu Ittendorff ebenmessig alle fenster eingeschlagen, daß bley, bandt von den thüren, eiserne hackhen oder kloben mit zerschlagung des gemäurs auß den stainen außgegraben vnd hingenommen. Zu Kippenhausen vnd Hagnaw haben sie 2 gloggen abgehebt vnd hingeführt: die kirchen aber zu gemeltem Hagnaw gantz außgeplünderet, die meßgewandt, paramenta, fenster, orgel, eiserne gätter, item die thür vnd rigel des sacrarij, in summa waz hat nur können abgebrochen werden, ist alles hin vnd noch darzu die stül und kirchen gantz zerschlagen“. Der Erzgebirgschronist Lehmann über schwedische Truppen (1640); LEHMANN, Kriegschronik, S. 117: „Darbei haben Sie keiner Kirchen geschonet, alle Sacristeyen zerhauen, die Altare gestümmelt, die Orgeln zerrißen, den Ornat, Leich- und Altartücher, kelche weggenommen. Den do ist alles Preiß gewesen, kirchen, kirchengeräthe, Gottesäcker, Epitaphia, Crucifixe, die Sie verstümmelt und verbrandt; in ezlichen kirchen ist die strew von Pferden ellenhoch gelegen. In kirchen haben Sie die verborgenen löcher gefunden, drin die alten die Pepstlichen Kirchengeräthe, Monstrantzen, becken, weihkeßel vermauret hatten, und darvon kein einwohner gewust, und mitgenommen, Die Libreyen der Priester geraubet und aufgeladen“.

[27] Lahr [Eifelkreis Bitburg-Prüm].

[28] Leer, heute Stadtteil von Horstmar [LK Steinfurt].

[29] Metelen [LK Steinfurt].

[30] Drost: niederdeutsche Entsprechung von Truchsess, Vorsteher einer Burgmannschaft, Verwalter eines landesherrlichen Amtes (Amtmann).

[31] Ahaus [LK Ahaus]; HHSD III, S. 9f.

[32] Horstmar [LK Steinfurt]; HHSD III, S. 343f.

[33] Verehrung: Schenkung: Derartige „Schenkungen“,auch „Discretionen“, zutreffender aber „corruptiones“ genannt, waren von Anfang des Dreißigjährigen Krieges an zumeist erzwungene oder von vornherein erwartete Leistungen in Geld- oder Sachwerten an die Offiziere einer Einheit bis hin zu den untersten Rängen, die den Stadt- oder Gemeindehaushalt je nach Umständen erheblich belasten konnten. Diese mehr oder minder freiwilligen „Verehrungen“ waren zur Abwendung von Einquartierungen oder zur Durchführung rascher Durchzüge gedacht. Sie waren je nach Rang des zuständigen Offiziers gestaffelt und wurden von diesen als fester Bestandteil ihres Einkommens betrachtet, zumal Soldzahlungen nicht selten ausblieben. Sogar ein Willkommensgeld beim Einzug der Offiziere wurde erwartet. Vgl. ORTEL, Blut Angst Threnen Geld, der diese Euphemismen für Erpressungen, erwartete oder erzwungene „Verehrungen“ etc. auflistet.

[34] Bonn; HHSD III, S. 94ff.

[35] Schöppingen [LK Borken].

[36] Holtwick, heute Ortsteil von Bocholt [LK Borken].

[37] Osterwick, heute Ortsteil von Rosendahl [LK Coesfeld].

[38] Heek [LK Borken].

[39] Legden [LK Borken].

[40] TERHALLE, Der Achtzigjährige Krieg, S. 203f.

[41] Bocholt; HHSD III, S. 87ff.

[42] Wesel [LK Rees]; HHSD III, S. 773ff.

[43] Ringenberg, heute Ortsteil von Hamminkeln [LK Wesel].

[44] Borken [LK Borken]; HHSD III, S. 103f.

[45] Wesel [LK Wesel]; HHSD III, S. 773ff.

[46]Rittmeister (Capitaine de Cavallerie): Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte, bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.

[47] N Kettken [ – ], generalstaatischer Rittmeister.

[48] Freifahne: Kompanie oder Fähnlein, das bei Umformungen aus dem eigentlichen Regimentsverband frei wurde. Teilweise wurden diese Freifahnen auch von den Städten zur Verteidigung aufgestellt.

[49] Schanze: geschlossenes, auf dem Feld angelegtes Erdwerk, zur Belagerung und zur Verteidigung. Schanzgräber waren für die Anlage von Belagerungs- und Verteidigungswerken zuständige Arbeiter (Schanzbauern), die im Tross des Heeres mitzogen und dem Schanzmeister unterstanden. Sie waren weitgehend verachtete Menschen, die in der sozialen Hierarchie der Heere nur wenig über den Prostituierten standen und schlecht bezahlt wurden. Auch verurteilte Straftäter wurden zu Schanzarbeiten herangezogen. Diese „Condemnatio ad opera publica“, die Verurteilung zu Schanzarbeiten, war als Todesstrafe in absehbarer Zeit gedacht. Bürger und Geistliche der besetzten Städte sowie Klosteruntertanen, die zu diesen Arbeiten verpflichtet bzw. dafür ausgelost wurden, empfanden diese schwere Arbeit als ehrenrührig und entzogen sich ihr durch die Flucht. Um seine eigenen Truppen zu schonen, zwang Johann von Götz bei der Belagerung der Feste Marienberg (Würzburg) eine große Anzahl von Bauern der Umgebung, Schanzarbeiten zu verrichten, ‚vnd die Stücke, die Er mit Pferden nicht dahin bringen konnte, hinauffzuziehen: Worüber dan viele todt geblieben, vnd daher die Bauren aller orten sich häuffig absentiret vnd verlauffen‘ (CHEMNITZ, Königlich Schwedichen […] II, S. 581). Auch eingeflüchtete Bauern wurden zu diesen schweren Arbeiten gezwungen. Im schwedischen Heer wurden dazu bevorzugt die ohnehin sozial deklassierten Finnen eingesetzt (vgl. auch TOEPPEN, Hoppes Chronik, S. 77). Reichskanzler Oxenstierna hatte auch den Frankfurtern die Verpflichtung der Bettler zum Festungs- bzw. Schanzenbau empfohlen. Im 17. Jahrhundert wurden zunehmend auch Soldaten durch die Aufnahme der Schanzpflicht in die Artikelbriefe für Schanzarbeiten herangezogen; ein Versuch der Fürsten, ein bisher ungenutztes Reservoir an billigen Arbeitskräften zu erschließen, eine Reaktion auf die neuen militärischen Erfordernisse (Belagerungs- und Grabenkrieg, Ausbreitung der Festungen) und Ausdruck des fürstlichen Willens, die Soldaten körperlich, geistig und sittlich zu disziplinieren (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 138, 255).

[50] Rossenroy: nicht identifiziert.

[51] Johann VIII. der Jüngere, Graf v. Nassau-Siegen zu Beilstein, marques de Monte-Caballo [29.9.1583 Dillenburg-27.7.1638 Renaix], kaiserlicher Feldmarschall.

[52] Battaglia: Schlachtaufstellung, Kampf, Schlacht. In der Regel wurde 1 Stunde für die Aufstellung von 1.000 Mann für notwendig gehalten.

[53] Rittmeister (Capitaine de Cavallerie): Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte, bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.

[54] N Offenberck [ -Juli 1630], spanischer Rittmeister.

[55] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 504. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[56] Friedrich Heinrich Prinz v. Oranien [29.1.1584 Delft-14.3.1647 Den Haag], Statthalter der Vereinigten Niederlande.

[57] Wilhelm Graf v. Nassau-Siegen [13.8.1592 Dillenburg-18.7.1642 Orsoy], kaiserlicher Feldmarschall.

[58] Rheinberg [LK Wesel]; HHSD III, S. 636f.

[59] METEREN, Newer Niederländischen Historien Vierdter Theil, S. 28f.

[60] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 111f.

[61] Hauptmann [schwed. Kapten]: Der Hauptmann war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet. Ein halbes Jahr Militärdienst galt als ausreichend für die Übernahme einer Hauptmannsstelle. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. , nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630), in der brandenburgischen Armee soll er dagegen 300 fl. erhalten haben. Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.

[62] Georg Volmar [Woldemar, Waldemar] Graf v. Farensbach [Fahrensbach] [1586-29.5.1633 Regensburg hingerichtet], kaiserlicher, dann schwedischer Obrist.

[63] Körner [Unstrut-Hainich-Kreis].

[64] Rockensußra [Kyffhäuserkreis]

[65] Rockstedt [Kyffhäuserkreis].

[66] Sondershausen [Kyffhäuserkreis].

[67] Christian Günther I. Graf v. Schwarzburg-Sondershausen [11.5.1578-25.11.1642].

[68] HAPPE I 204 r – 204 v; mdsz.thulb.uni-jena.de.

[69] Orsoy [LK Moers]; HHSD III, S. 596.

[70] http://www.ijsselstein.de/Deutsch/Deutschland/site%2018.html.

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