Irving, Alexander

Irving, Alexander; Hauptmann [4.8.1593 – 1659 Irwingsholm] Der Schotte Alexander Irving [Irwing][1] stand 1633/1634 als Hauptmann in schwedischen Diensten und war stellvertretender Kommandant unter Kagg[e] in dem von schwedischen Truppen belagerten und eingenommenen Regensburg.[2]

„Die nachfolgenden Ereignisse im Winter 1633/34 an der Donau sowie im Oberpfälzer und Bayerischen Wald sind für den weiteren Kriegsverlauf in Franken, Schwaben und der Oberpfalz von entscheidender Bedeutung. Dort wurde eine Kette militärischer Schlüsselereignisse in Gang gesetzt, die zusätzlich katalysiert durch die dramatischen Ereignisse des Februars 1634 in Eger,[3] für die Machtverteilung der kaiserlichen und schwedisch-protestantischen Heere schwerwiegende Auswirkungen nach sich ziehen sollte.

Herzog Bernhard hatte sich nach dem verunglückten Entsatz von Eichstätt[4] nach Neuburg[5] gewandt, wo er am 29. Oktober 1633 eintraf und den Übergang mit nur 25 Musketieren besetzt fand. Nach Errichtung einer Schiffbrücke über die Donau ließ er den Generalmajor Nicholas de Courville mit der meisten Reiterei, einer Brigade zu Fuß, 600 kommandierten Musketieren, 2 Kartaunen und 3 Feldstücklein (3-4pfündige Ordonnanzgeschütze) übersetzen. Bernhard selbst blieb mit den Truppen des Generalmajors Kagg am diesseitigen Ufer und setzte sich in Richtung Regensburg[6] in Bewegung, in der Absicht, mit seinem Marsch auf Regensburg auch einen Einfall nach Böhmen zu verbinden.

Johann von Werth war durch den Donauübergang eines Teils der weimarischen Armee irregeleitet worden. Im Glauben, der Feldzug ginge nach München, war er nach Freising[7] geeilt. Bernhard hatte nun freie Hand. Den Obersten Taupadel schickte er mit den Dragonern und einem Teil der Reiterei nach Kelheim[8] voraus, welches dieser am 30. Oktober einnahm. Bernhard kam am 3.11. in Kelheim an. Dort fand er eine große Menge an Proviant und eine Fähre, mit der 60 Pferde gleichzeitig übergesetzt werden konnten. Von Nürnberg[9] forderte Bernhard Werkzeuge und Belagerungsmaterial. Nürnberg war nach Kräften bemüht, die Belagerung Regensburgs, welches als ständige Bedrohung der Handelsrouten empfunden wurde, zu unterstützen. Die Zeughäuser der Stadt waren jedoch ziemlich leer. Schaufeln, Pickel und ähnliches Gerät wurden in den Bürgerhäusern requiriert.

Bernhard ließ nun eine weitere Schiffsbrücke über die Donau legen und begab sich ans rechte Ufer zu Courville. Lars Kagg und Taupadel waren in der Zwischenzeit am linken Ufer weitergezogen, um die Brücke bei Etterzhausen[10] über die Naab, welche von den Bayerischen abgebrochen worden war, wieder herzustellen. 4 Brigaden zu Fuß blieben in Kelheim zurück, um das schwere Geschütz zu erwarten. Regensburg wurde nun hermetisch eingeschlossen. Am 4. November eroberte der unermüdliche Taupadel mit seinen Dragonern Stadtamhof,[11] Reinhausen[12] und den Steinweg am Regen und erreichte in etlichen blutigen Gefechten die Hinwegnahme fast aller Außenwerke Regensburgs. Am 6. November trafen die restlichen Fußtruppen und das schwere Geschütz in Stadtamhof ein, worauf die Belagerung begonnen wurde. Das Belagerungsheer bestand aus 7 Brigaden zu Fuß (ca. 10.000 Mann), 7000 Reitern und 2000 Dragonern. Das Belagerungsgeschütz umfaßte 2 ganze und 8 halbe Kartaunen und 40. Feldstücklein. Bei der Armee befanden sich auch die beiden erwähnten, vollständigen Schiffbrücken, welche auf Pferdefuhrwerken mitgeführt wurden.

In Regensburg lag eine bayerische Besatzung von 1500 Mann. Kommandiert wurde diese von dem Obersten Johann Frh. von Troibreze (auch Troibrets, Troiberz; er selbst schrieb sich Joann de Treubreze), welcher seit März 1632 anstelle des Obersten Hans Wolf von Salis zum Kommandanten ernannt worden war. Jener hatte bereits am 2. November die Vorstadt von Prebrunn[13] ‚darinnen die Häffner gewohnet mit dem dortigen Ziegelstadel und zwei Häusern anzünden lassen. In Flammen gingen auch das bei Prebrunn liegende Schloß, ‚dem Junker Elssenhammer gehörig‘, sowie das Lazarett und die St. Nikolaus-Kirche, ferner Kumpfmühl und Prüll[14] auf. Auf. Der Kommandant traf nun Vorbereitungen, die steinerne[rn] Brücke nach dem zweiten Bogen an der Stadtseite abzubrechen.

Die Werkleute begannen am Abend des 5. November um 7 Uhr das 3. Joch der Brücke abzutragen, ‚welche er doch, weil doch, weil das Gemäur überaus feste, und die Arbeit langsam von statten ging, mit Pulver sprengen muste‘. Zu diesen Aktionen hatte Kurfürst Maximilian I. in einem Brief vom 2. November an den Regensburger Kommandanten minutiöse Anweisungen gegeben. In dem Schreiben hielt er diesen eindringlich an, ‚sich keines wegs schrecken oder bewegen zulassen, sondern biß auff den letzten Mann, bey Verlierung deines Kopffs, zu fechten, auch da der Feind mit seiner Gewalt die Stadt jenseits beschiessen, und sich der Stadt am Hof, oder deß Obern- und Undern Werths bedienen wolle, hastu, wann es dem Feind zu Schaden, und dir zu Defension und Vortheil gereichen möchte, nicht allein benandte 3. Oerter in die Aschen zulegen, sondern auch an der steirnern Brücken bey der Nacht ein oder zwey Joch mit Pulver sprengen und öffnen, oder zwar auch bey Nächtlicher weil ein Joch mit Hebeysen öffnen: im Bogen oder Gewölb die Stein herauß nehmen, und ein Gewölb dadurch einwerffen, dann auf deß Feinds annahen, wann auch der UnderWerth nieder gebrennt, deßgleichen mit der Höltzernen Brücken vornehmen zulassen‘. (Theatr. Europ. III, S. 133).

Mittlerweile hatte die Belagerung der Stadt mit allem Ernst begonnen. Am 6.11. fielen 50 Musketiere beim Prebrunner und Jakober Tor aus und scharmützelten mit dem Feind, der sich hinter dem Lazarett verschanzt hatte. Am 7.11. wurde das Schlagen der Uhr eingestellt, Rat und protestantische Bürgerschaft der Stadt mußten sich schriftlich verpflichten, in kaiserlicher Treue zu verbleiben und die Verteidigungsaktivitäten der Garnison nicht zu gefährden. Der entwaffneten Bürgerschaft wurde befohlen, die Häuser nicht zu verlassen. Die katholischen Einwohner, geistlichen Diener und die Domherren hatten die Erlaubnis, jeden zu töten, der diesen Anordnungen zuwiderhandelte. Gegen Abend wurden von der Regensburger Besatzung die Häuser auf dem oberen und unteren Wöhrd, der Eisen[-] und Kupferhammer sowie die Säge- und Papiermühlen in Brand gesteckt.

Am 8. November blieben bei einem Sturm auf die Schanzen vor dem Osten- und dem Prebrunner Tor auf beiden Seiten viele Gefallene. Eine Sturmabteilung unter dem Oberstleutnant Nordhausen hatte bereits die Fallbrücke des Ostentors inne und wurde nur noch von einem unbeschlagenen Schußgatter gehindert, mußte jedoch mangels Pulver wieder zurückweichen. Der bayerische Oberstleutnant Fink wurde tödlich verwundet und starb am Abend im Kapuzinerkloster. Kommandant Troibreze ließ vier Wagen voll mit Toten, Verteidiger als auch Angreifer, aus den Schanzen führen ‚vnd in die Donau über die höltzerne brücke hinab werffen. [Dabei ist der schwedische] Capitain Wildenstein vom Limbachischen Regiment, so verwundet doch noch lebendig, ob er wohl mit aufgehobenen händen und kläglichen gebärden qvartier gebeten, vnbarmherziger weise, samt anderen todten, ins wasser gestürzet worden‘. (Chemnitz II, S. 258). Mehrere tote Männer, von ihren Ehefrauen erkannt, wurden von diesen aus dem Wasser gezogen und begraben.

An diesem Tag wurde[n] auf Anordnung des Kommandanten die hölzerne Brücke von der Stadt zum unteren Wöhrd sowie alle noch übrigen Mahl-, Schleif-, Walk-, Loh- und Papiermühlen bis auf die Grundmauern verbrannt. Die daraus entstandene Feuersbrunst war so stark, daß Flammen und Glut, vom Wind getragen, beinahe den großen Salzstadel in der Stadt ergriffen hätten. Das Blockhaus, welches der Kommandant auf der Steinernen Brücke hatte errichten lassen, wurde von dem Flammen erfaßt und brannte nieder. Am 9. November wurde schließlich das Zerstörungswerk vollendet, die hölzerne Brücke auf dem oberen Wöhrd verbrannt und die Türme samt Fallgatter auf der Steinernen Brücke restlos ausgebrannt. Nach einer in den Bauprotokollen von 1633 aufgeführten Spezifikation und einer zeitgenössischen Relation betrug der Schaden aller durch die Regensburger Garnison selbst zerstörten Gebäu[d]lichkeiten 255.714 Gulden. (Bei Heilmann II, S. 425).

Als der Kommandant am 10.11. abends um 8 Uhr in der Prebrunner Schanze ‚recognoscirte‘, ‚ist er von dem Feind mit einem viereckigen Eisen oben in dem Dicken am Nacken auf der linken Seite gestoßen worden, daß das Eisen unter dem Ohr wieder herausging, davon er schwach wurde und deswegen immer zu Bette liegen müssen‘. Nach dem Theatrum Europaeum ist ‚Herr Commendant aber, als er bey dem Prepprunner Thor etwas hinauß gesehen, mit einer Mußqueten Kugel hinden zum Genick hinein geschossen worden, daß ihme solches am Backen herauß gangen, darvon ihme der Halß also verschwollen, daß man ihme eine gute weyle kein Speiß noch Nahrung recht beybringen können‘. Wahrscheinlich erhielt Troibreze nach der ersteren Version einen Stoß mit dem vierkantigen Spießeisen einer Helmbarte, die Auswirkungen desselben werden jedoch nach zweiter Lesart drastisch vor Augen geführt.

Am 12.11. errichteten die Belagerer vor den Prebrunner Schanzen eine Batterie, eröffneten am folgenden Tage eine ununterbrochene Kanonade auf die Mauern und hatten am Abend eine Bresche zustande gebracht. An einen Entsatz war nicht zu denken, denn Aldringen befand sich bei Freiburg im Breisgau[15] mit den Truppen Gustav Horns im Kampf, während Wallenstein mit einem Teil seiner Armee in der Mark Brandenburg, mit dem andern Teil in der Lausitz gegen Sachsen im Felde stand. Die Regensburger Besatzung leitete deshalb Unterhandlungen ein. Am Abend des 14.11. kam ein Akkord zu Stande und am 15. November 1633 ist die Garnison ‚mit sack und pack, ober und vntergewehr / vnd schlagendem spiel nacher Ingolstadt abgezogen / doch die Fähnlein im herausziehen dem Herzog überliefern / vnd in Dessen gefallen / ihnen solche wieder zugeben / stellen müssen‘. Alles in allem zählte die ausziehende Garnison noch 2000 Mann zu Fuß und 148 Reiter, wovon ein großer Teil (nach dem Theatrum Europaeum nahezu 1000 Mann) zu den Schwedischen überging. Der Kommandant Troibreze wurde zu Bett in einer Kutsche gefahren. Herzog Bernhard hielt um 9 Uhr morgens feierlichen einzug in die Stadt und nahm im Gasthof zum goldenen Kreuz Quartier. Noch am gleichen Abend rückte das grüne Leibregiment Herzog Bernhards unter Oberstleutnant Rüdiger von Waldow und das gelbe Leibregiment (Hofregiment) des verstorbenen Königs unter Lars Kagg ein.

Zum neuen Kommandanten von Regensburg bestellte Herzog Bernhard den Generalmajor Kagg, der bereits den Übergabeakkord verhandelt und unterzeichnet hatte. Die Stelle eines Stadtmajors und Stellvertreter erhielt der schottische Hptm. Alexander Irwing. Außerdem wurden zur Verteidigung der Stadt 12 Bürgerkompanien gebildet und unter das Kommando von Claus Hastvers ehemaligen Major Johann Affleck, einem Schotten, gestellt, der mit einer Besoldung von 250 Reichstalern monatlich den Titel eines Oberstleutnants erhielt. Jede Bürgerkompanie bestand aus 100 Mann und führte eine Fahne, die aus grünem Doppeltaft verfertigt wurde, ‚weil diese Farbe schön lieblich anzusehen und Ihro F. G. Herzog Bernhard zu Sachsen als Eroberer der Stadt sie führe‘. Die Fahnen wurden nach schwedischer Form verfertigt und jede erhielt eine individuelle Inschrift und Symbol.

Herzog Bernhard ließ sogleich bei seiner Ankunft den Regensburger Bischof Albert IV. Freiherrn von Törring, die Prälaten und die Ordensgeistlichen verhaften. Die katholischen Güter wurden eingezogen und die Geistlichkeit sollte eine Ranzion von 200.000 Reichstalern entrichten, von denen ihr allerdings die Hälfte erlassen wurde. Im Palast des Bischofs wurden mehr als 2000 Mark an Silberzeug gefunden, zusätzlich sollte dieser 40.000 Gulden zahlen oder die Festung Hohburg hergeben (Hohenburg[16] im Lauterbachtal in der Oberpfalz, heute Ruine). Um dieses zu erpressen, wurde er als Geisel mitgenommen und auf der Würzburger[17] Festung inhaftiert, von wo er erst nach deren Rückeroberung durch die Kaiserlichen am 18.1.1635 wieder freikam. Als Administratoren der Kirchengüter wurden folgende Personen ernannt: ein Herr von Teuffenbach (Johann Friedrich von und zu Tiefenbach) über das Stift St. Emmeran, Dr. Georg Gumpelzhaimer über Niedermünster, von wo die Äbtissin nach Straubing[18] zog, Franz Christoph von Tiefenbach über Prüfening[19] und Paulus Mämminger (später Sebald) über die Karthause Prüll.

Der bayerische Kommandant Troibreze wurde, obwohl er seine Schuldigkeit getan hatte, nach seiner Ankunft in Braunau[20] von Maximilian festgenommen und in Burghausen[21] inhaftiert, konnte sich jedoch trotz seiner Verwundung rechtfertigen, sodaß er bald wieder auf freien Fuß kam. Unter anderem spielte dabei eine Rolle, daß die meisten der eindringlichen Briefe, die der Kurfürst an ihn geschrieben hatte, von den Schweden abgefangen worden waren. (Die Schilderung nach Chemnitz II, S. 257ff.; Heilmann II, S. 423ff.; Gumpelzhaimer III, S. 1197f.; Soden II, S. 327f., 334f. und Theatrum Europaeum III, S. 133-135)“.[22]

[1] Vgl. MURDOCH, SSNE 2715.

[2] ENGERISSER, Von Kronach, S. 205 (die derzeit beste kriegsgeschichtliche Darstellung).

[3] Eger [Cheb]; HHSBöhm, S. 119ff.

[4] Eichstätt [LK Eichstätt]; HHSD VII, S. 160ff.

[5] Neuburg a. d. Donau [LK Neuburg-Schrobenhausen]; HHSD VII, S. 497ff.

[6] Regensburg; HHSD VII, S. 605ff.

[7] Freising; HHSD VII, S. 209ff.

[8] Kelheim [LK Kelheim]; HHSD VII, S. 349ff.

[9] Nürnberg; HHSD VII, S. 530ff.

[10] Etterzhausen, heute Ortsteil der Marktgemeinde Nittendorf [LK Regensburg].

[11] Stadtamhoff [Stadt Regensburg]; HHSD VII, S. 708f.

[12] Reinhausen; heute Ortsteil von Regensburg.

[13] Prebrunn, ehemaliger Stadtteil Regensburgs.

[14] Prüll [Stadt Regensburg]; HHSD VII, S. 595f.

[15] Freiburg im Breisgau; HHSD VI, S. 215ff.

[16] Hohenburg [Stadt Parsberg, LK Neumarkt/OPf.]; HHSD VII, S. 309.

[17] Würzburg; HHSD VII, S. 837ff.

[18] Straubing; HHSD VII, S. 723ff.

[19] Prüfening [Stadt Regensburg]; HHSD VII, S. 595.

[20] Braunau a. Inn; HHSÖ I, S. 24ff.

[21] Burghausen [LK Altötting]; HHSD VII, S. 115.

[22] ENGERISSER, Von Kronach, S. 201ff.

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