Haas, Hanns Werner

Haas, Hanns Werner; Serienmörder [ – ] Der Serienmörder Hanns Werner Haas wurde mit zwei Mittätern am 28.6. 1633 in Schweinfurt[1] hingerichtet.[2]

„Drey Mörder, sämmtlich von Hesselbach,[3] Hanns Werner Haas, Peter Schütz, Wind-Peter genannt, der daselbst Wirth war, so wie auch der Gemeinde Schmidt, wurden am 28. Junius [1633; BW] hier folgender Maaßen gerichtet: Haas, der als der vornehmste, der 20 begangene Mordthaten eingestanden hatte, wurde vor dem Rathhause, nach verlesenem Urtheile, auf eine Schleife[4] gesezt und zweimal mit glühenden Zangen gerissen,[5] dann durch die Stadt vor das Oberthor geschleift, und wieder zweymal gezwickt, von da führte man ihn, mit seinen 2 andern Mitgesellen, auf die Haardt, wo ihn der Nachrichter wieder zwey Griffe gegeben hatte. Jetzt wurde er auf die Brechen gelegt und von unten hinauf gerädert.[6] Der 2. welcher 9. Todschläge begangen, und eingestanden hatte, wurde auch von unten hinauf geradbrecht; den 3. aber, von welchem 7 Menschen umgebracht worden waren; hatte man aus Gnade von oben herein zu Todte mit dem Rade gestossen. Ihre drei Leichname wurden auf 3 verschiedenen Strassen, nämlich Haas auf dem Wege nach Hesselbach, der Wirth auf dem Wege nach Maibach[7] und der Schmied auf der Strasse nach Würzburg[8] unterhalb des Dorfes Berg auf das Rad geflochten“.[9]

[1] Schweinfurt; HHSD VII, S. 686ff.

[2] Das Hinrichtungsritual als „Theater des Schreckens“ mit Schwert, Galgen und Rad galt als gesellschaftliches Reinigungsritual und als vom Rat inszeniertes Abschreckungsmittel bei Eigentumsdelikten, Raub, Totschlag, Vergewaltigung, Religionsdelikten und Hexerei. Die Todesurteile wurden in Ausnahmefällen etwa in Fällen politischer Justiz in der Stadt vollstreckt. Der Delinquent/die Delinquentin sollte in angemessener Kleidung ruhig und gefasst in den Tod gehen. Erwünscht war eine Mahnung an die Menge sowie ein Gebet für das Seelenheil. Wichtig war der Unterschied zwischen einer ehrenhaften Leibesstrafe – und damit einem anschließenden ehrlichen Begräbnis – und einer unehrenhaften Leibesstrafe. Auch der Scharfrichter hatte seine Rolle bei diesem Ritual. Missrichtungen führten dagegen zu Tumulten und einer massiven Bedrohung des Scharfrichters, weil hier das vorzuführende moralische Exempel gescheitert war. Außerdem sah man in Missrichtungen ein Gottesurteil, der Delinquent wurde in der Regel begnadigt. Der Rothenburger Chronist Sebastian Dehner (1647); HELLER, Rothenburg, S. 195f.: „9. Mart. [1647] zunacht hat ein Reuter einen Corporal (der dem Reuter wegen seines Rumorens und Polterns gewehrt, in Hannß Mangolts Hauß in der Galgengaßen erschoßen, der alßbald todt bliben. Darauf der Reuter in Arrest genommen worden. 13. Mart. ist daß Marggr. Regiment [Friedrich VI. v. Baden-Durlach], auf dem Mark commandirt worden und hat man einen Karren Sand auf den Mark geführt, darauf hat man diesen Reuter gericht, der Statt Nachrichter oder Henker hat den Reuter nicht dürfen anrühren, sondern, nachdem der Profoß ihme seine schwartz, lang Haar ober dem Kopf ein wenig zusammengebunden, von hinten her, auß dem Volck gehen müßen. Hat ihm den Kopf, weil der Hieb inß Haar gangen, kaum weggehauen; alß er gefallen, hat er noch etliche Hieb daran gethan und gleichsam herabgeschnitten; mit dem Schwert in die Stein gehauen, daß das Feur heraußgangen; darauf ein großer Lermen entstanden; denn die Reuter im Kreyß herumb alle ihre Pistolen heraußgezogen theils ihre Degen und auf den Henker gewolt; und were er auch von ihnen nidergemacht worden, wenn die Offic. nicht abgewehret und ihn auß dem Kreyß begleitet hätten. Er ist mit blutigem Schwert in der Eil durch die Leuth (welche in großem Gelauf und Getümmel unter dem Rathhauß und auf dem Mark gestanden und geloffen) gedrungen biß zum Wirth zum Weixelbaum und hernach heim. Die Off. haben sein Hauß, wegen der Reuter, die ihm oft nachgangen, willenß ihn zu erschießen, etlich Tag, damit er sicher bliben, verwachen laßen“. Vgl. auch KLUGE, Hofer Chronik, S. 125; die grausame Hinrichtung des Grafen von Fahrensbach; KUHN, Fahrensbach, S. 61f. Zu den Missrichtungen vgl. KLUGE, Hofer Chronik, S. 124f., IRSIGLER; LASSOTTA, Bettler, S. 249f.; ferner MARTSCHUKAT, Inszeniertes Töten. Teilweise wurde der Delinquent auch begnadigt, wenn eine Frau Fürsprache einlegte und ihn heiratete. Vgl. die Erinnerungen des Pfarrers Klingsporn; NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 229, , oder wenn die Hinrichtung misslang. Der protestantische Schuhmacher Bellinckhausen in Osnabrück (1629); BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 19: „A[nno] 1629, im monats Octobris, als ein soldat auß Böhmen geborn, Andreas gnand, sein leben verwirckt und nach der gefengniß aufs Marckt gebracht, zum tod veruhrteylt, hat der scharfrichter 3 mal zugehauen und der kopf aufm corper blieben, sein leben salvirt und wieder geheylet worden“. Vgl. auch die grausame Hinrichtung eines Soldaten, der absichtlich einen Stock (Symbol der Gerichtsbarkeit) umgeritten hatte; GÜTHEN; SCHAUBACH, Poligraphia Meiningensis, S. 247f. In Jena gab seit 1629 öffentliche Leichenöffnungen im „Anatomischen Theater“, was bei den Delinquenten große Furcht auslöste; TRÄGER, Magister Adrian Beiers Jehnische Chronika, S. 53. => Missrichtung.

[3] Hesselbach, heute Ortsteil von Üchtelhausen [LK Schweinfurt].

[4] Schleife: an sich ein kleiner plumper Schlitten, Lasten darauf fortzuschleifen. Das Schleifen war meist mit der Todesstrafe des Räderns verbunden. Der Verurteilte wurde gefesselt auf eine Tierhaut oder ein Brett gelegt und von einem Pferd zur Richtstätte geschleift. Eine Strafverschärfung war es, wenn er unterwegs an bestimmten Plätzen mit glühenden Zangen in Brust, Arme oder Hüften gezwickt wurde. –

[5] Zangen, mit glühenden Z. reißen: entehrende und verschärfte Form der Bestrafung zum Tode Verurteilter: Der Henker zwickte an bestimmten Plätzen mit erhitzten Zangen in Brust, Arme und Hüften bzw. riss Fleischstücke aus dem Körper, ohne dass der Delinquent/die Delinquentin vor der eigentlichen Hinrichtung bereits starb. Die Zahl der Zangengriffe richtete sich nach Qualität oder Häufigkeit der Vergehen. So wurden etwa bei Kindstötung den verurteilten Frauen mit glühenden Zangen die Brüste abgerissen. Die Anwendung ist häufig bei Hexenverbrennungen zu finden. Vgl. auch HAPPE I 252 r-252 v.

[6] rädern: Das Rädern galt nach dem Feuertod als die schimpflichste, ehrloseste Strafe überhaupt; sie war entehrender als der bei Mordfällen angewandte Strang. Diese Strafe wurde bis ins 18. Jahrhundert hinein praktiziert. Der Delinquent/die Delinquentin wurde dabei mit ausgestreckten Armen und Beinen auf den Boden gelegt, Hände und Füße wurden an Pflöcken festgebunden. Unter den Körper und die Glieder wurden Hölzer gelegt, damit der Körper vollkommen hohl lag. Daraufhin zerstieß der Scharfrichter mit einem Rad sämtliche Glieder und das Rückgrat; die Zahl der Stöße war im Urteil festgelegt. Der sterbende oder bereits tote Körper wurde dann durch die neun oder zehn vorgeschriebenen Speichen des Rades geflochten; dabei kamen die Glieder einmal über und einmal unter die Radspeichen. Nach dieser Prozedur wurde das Rad auf einen Pfosten oder auf den Galgen aufgesteckt, und je nach Strafmaß verblieb es dort mitunter bis zur Verwesung des Leichnams. Brach ein geschickter Scharfrichter zuerst die Knochen der Beine, dann die der Arme etc., konnte der Tod unter Umständen nur sehr langsam eintreten und der Delinquent/die Delinquentin noch leben, wenn er/sie aufs Rad geflochten wurde. Gnadenerweise des Landesherrn konnten darin bestehen, dass der Scharfrichter bereits den ersten Stoß gegen den Hals führte, dass der Delinquent vor dem Rädern enthauptet oder gehenkt wurde oder dass er den so genannten Herzstoß erhielt. SCHILD, Gerichtsbarkeit, S. 202ff.

[7] Maibach, heute Ortsteil von Poppenhausen [LK Schweinfurt].

[8] Würzburg; HHSD VII, S. 837ff.

[9] HAHN; MÜHLICH, Chronik Bd. 3, S. 422f. auf das Rad legen: Nachdem der Delinquent durch Stöße mit einem Rad getötet worden war, wurde sein Leichnam auf das Rad gelegt bzw. „geflochten“. Schwere, entehrende Strafe, die überwiegend bei Männern angewandt wurde. SCHILD, Geschichte, S. 202ff.; WILDA, Geschichte des deutschen Strafrechts Bd. 1, S. 503.

Dieser Beitrag wurde unter Miniaturen abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.