Erlach, Hartmann von

Erlach, Hartmann von; Obristleutnant  [ – vor dem 6.2.1633] Erlach, ein Vetter von Hans Ludwig von Erlach und zu Castelen, hatte als Page in den Diensten Christians I. von Anhalt gestanden und das Kriegshandwerk unter Ernst von Mansfeld und Christian von Braunschweig erlernt. Zum Zeitpunkt seines gewaltsamen Endes stand er als Obristleutnant im Regiment von Rheingraf Otto Ludwig [Wild- u. Rheingraf v. Salm-Kyrburg-Mörchingen]. Die erhaltene Leichenpredigt berichtet über sein Leben und sein dramatisches Ende: „Insonderheit aber vnnd bevorderst von vnserem Obersten-Leutenant / Iuncker Hartman von Erlach zu reden / hat dieser zum Vatter gehabt I. Anthony von Erlach; welcher neben vnderschiedlichen Landvogteyen / beydes innerhalb Loblicher Landschafft Bern zu Lentzburg[1] / Aylen[2] vnd Yverdon;[3] so dan[n] ausserhalb / zu Mendriß[4] vnd Baden: auch vnderschiedliche Kriegs-ämpter in Savoy / zu Müllhausen[5] / in der Statt Bern / vnnd endtlich in Piemont / da er vber 3000. Mann Oberster war / mit sonderbarem lob getragen.

Es haben sich stracks von iugendt auff bey ihme herrliche tugenden vnd qualiteten erzeiget / welche ihme bey ansehenlichen Fürsten vnnd Herren sind befürderlich gewesen; die er auch hernaher / insonderheit in Kriegs-diensten / nutzlich vnd rümlich angewendet hat.

In seiner iugendt hat er auff die siben Iahr sich bey Ihr Fürstl. Gn. von Anhalt / als ein Edel-iung / auffgehalten / vnd ist auch hernaher von dero Wehrhafft gemacht worden. Nach diesem hat er sich naher hauß begeben / vnd seinen Herren Vattern / als einen Obersten in Piemont / besucht: nach dessen ableiben aber sich / dem gemeinen wesen zum besten / anfangs bey Herrn Graffen Ernsten von Manßfeld[6] / bey zwey Iahren / als einen Leutenant gebrauchen lassen: Nachgehnds dienete er als ein Capitain Hertzogen Christian von Halberstatt.

Demnach er aber auch etwas vnglücks / welches in dem Kriege nicht pfleget außzubleiben / außgestanden / in dem er ist gefangen / vnd sein Componey zertrennet worden; hat er sich / nach erledigung / zu Ihr Kön. Mayst. in Schweden begeben / vnd eine geraume zeit bey ihro auffgehalten. Darauff begab er sich in den Italiänischen Krieg / vnd liesse sich / als einen Capitain, in Piemont gebrauchen. Name hernaher fuer ein Reyse in Niderland / von dannen er sich mit Ihr Kön. Mayst. auß Böheim / Pfaltzgraff Friderichen / nun-mehr hochseligster gedächtnus / widerumb naher Teutschland begeben / allda er sich vngefehr ein Iahr auffgehalte[n]; vnd letstens zu Ihr Excell. Herren Rheingraffen / Otto Ludwig / sich verfüget / von welchem ihme die Stelle eines Obersten-Leutenants ist zugesagt / vnd auffgetragen worden.

Welcher massen nun er alle diese seine Kriegs-ämpter betragen vnd verwaltet / ist genugsam an dem tage / vnd werden alle die ienigen / welche vmb ihne gewesen / vnnd seiner kundtsame gehabt / an dem besten wissen davon zu reden. Er hat ia niemalen keinen anderen ruff vnd namen gehabt / dan[n] / daß er sich seinem Adenlichen geschlecht vnd tragendem beruff gemäß / gottsförchtig / redlich vnd ehrlich / so dan[n] auch dapffer vnd Mannlich gehalten / also daß ihme wol Abners lob mag gegeben werden; daß seine hände nicht seyen gebunden / noch seine füsse in fessel gesetzet worden.

Es hat aber auch der Allmächtige / nach seinem wunderbaren vnd vnwandelbaren Rahtschluß / endtlich vber ihne ein klägliches ende verhenget. Dann als er neben wenig Soldaten zu Pfirdt[7] / in dem Oberen-Elsaß / in dem Schloß commendirte / vnd die vnsinnigen Bawren daselbsten eine Auffruhr erwecketen; haben sie ihne Herren Obersten-Leutenant vber zugesagtes Quartir / auch empfangener Rantzion / gantz mörderischer vnd vber-barbarischer weise / mit etlich vn[d] viertzig Axt- vnd Schwerdtstreichen hingerichtet / entblösset / vnd hernaher neben anderen erschlagenen in eine Lettgruben ohn-fern von dem Schloß geworffen“.[8]

Sein zufällig anwesender Vetter Burckard von Erlach, der ihn gerade besuchte, bevor er in Genf sein Jurastudium beginnen wollte, wurde ebenfalls ein Opfer des Bauernaufstandes.

Das „Theatrum Europaeum“ berichtet über den Aufstand elsässischer Bauern 1633: „Den Bauren im Sundgau[9] hat dieses Wesen / nach dem gemeinen Sprichwort: Dulce bellum inexpertis: dem unerfahrenen Mann / stehet der Krieg wol an / so wol gefallen / daß sie auch gegen die Schwedische auffgestanden / und gleich in Harnisch geschloffen / doch ihnen selbsten zum allergrösten Schaden und untergang. Dann sie fast auf 4000. starck / gleich einen Schneeballen zusammen gerollet / die Schwedische Salva-Guardie hin un wider nidergemacht / Pferdt eingenommen / den Obristen Leutenant Erlach / deme sie gleichwol das Leben versprochen / gantz jämmerlich und Barbarisch ermordet / zerfetzet und zerstücket / Hände und Füß / Nasen und Ohren abgeschnitten / den Kopff abgehauen / die Stücke im Schauspiel herumb getragen / solche auch dem zu Altkirch[10] gefangenen Mons. de Chaumare, mit Bedrohung / es ihme nicht besser zumachen / gezeiget / und viel schröckliche Insolentzien[11] verübet / an 24. Rheingräffischen Reutern / und einer ziemlichen Anzahl der Obristen Harpffen und de Bois [de Boisse; BW] Volck. Wider solche aber ist Herr General Rheingraff [Otto Ludwig Wild- u. Rheingraf v. Salm-Kyrburg-Mörchingen (1597-1634); BW] / so zu Straßburg / nachdem ers in Erfahrung bracht / mit Mons. Battigli, Major Hornbergers / Straßburgischem / Schavelitzkischem [Bernhard Schaffalitzki v. Muckendell; BW] / Solmischem [Johann Albrecht II. Graf v. Solms-Braunfels (1599-1649) ?; BW] / und anderm Volck / sampt etlichen Feldstücklein und aller Zugehör auffgewesen / auff Ruffach[12] und Thann[13] zugezogen. Ehe er aber mit den seinigen ankommen / ist der Obriste Harpff / auff dessen Quartier sie auch ein Anschlag gehabt / und ihne unversehens überfallen wollen / aber verkundschafft worden / ihnen entgegen gezogen / deren in tausend nidergemacht / etliche hundert nacher Lansern[14] gefangen führen lassen / den übrigen im Dorff Blotzheim[15] zum drittenmahl Quartier angebotten / die ea aber allezeit außgeschlagen / so gar / daß da ihnen auff gefärbtes falsches Begehren 14. Reuter sampt einem Trommenschläger zum Schein begehrten Accords hinein ins Dorff geschicket / sie dieselbige alle nidergemacht: deßwegen der Herr Obrister das Dorff umbringen / dasselbige in Brand stecken / und sehr viel auff etlich hundert darinnen verbrennen lassen / daß also in zweyen Tagen über 2000. umbkommen / auff 1000. gefangen / und die übrigen zerstreuet worden / dann wer das Schwerdt nimt / wird durchs Schwerdt umbkommen / Darbey wol denckwürdig / daß die gefangene / so auff das Schloß Häsingen[16] geführet / folgendes Tags auffs Feld vor Häsingen gebracht / und deren auff 39. als Rädlinsführer / an Bäume auffgehenckt worden / daß / als der Regiments Scharffrichter sampt seinem Knecht nicht geschwind genug mit der Execution fortkomen können / sich zween der Bauren angebotten / die übrigen / wenn man ihnen das Leben schencken wollte / auffzuhencken / welche auch mit 21. an einem Nußbaum eher fertig worden / als der rechte Scharfrichter mit seinem Knecht mit 18. Unter diesen 21. war ein Bauer 7 der des Bauern-Henckers Gevatter war / zu deme sagte der Bauern-Hencker: Komm her / komm / wan  du schon mein Gevatter bist / so must du doch hangen. Die übrigen seynd nach Landsee geführet / darunter etlichen Rantzion angebotten / der Rest aber über 600. im Feld nidergemacht: waren viel / ja der meiste Theil gefroren[17] / und mit der Teuffelskunst behafftet / welche man mit Prügeln zu todt schlagen müssen / dann weder Eysen noch Bley an ihnen helffen wollen“.[18]

[1] Lenzburg [Kanton Aargau].

[2] Nicht identifiziert.

[3] Yverdo-les-Bains [Kanton Waadt].

[4] Mendrisio [Kanton Tessin].

[5] Mülhausen [Mulhouse, Dép. Haut-Rhin].

[6] Vgl. allgem. KRÜSSMANN, Ernst von Mansfeld (die ultimative Biographie).

[7] Pfirt: Altpfirt [Vieux-Ferrette ; Dép. Haut-Rhin].

[8] Theodor Zwinger, Christliche Leichpredigt / Von Vnverhofften / kläglichen Zufälen frommer vnd dapfferer Leuthen: Gehalten den 6. Febr. An. 1633 in dem Münster zu Basel, Basel 1633, S.39ff [VD17 12:197692A] Die biographischen Angaben und den Hinweis auf die Leichenpredigt verdanke ich Herrn Uwe Volz.

[9] Sundgau; Landschaft im Süden des Elsass, im südlichen Bereich des Départements Haut-Rhin, etwa zwischen Basel, Belfort und Mülhausen gelegen.

[10] Altkirch a. d. Ill [Elsass, h. Frankreich, Dép. Haut-Rhin].

[11] Unverschämtheiten, Beleidigungen.

[12] Rufach [Rouffach; Frankreich, Dép. Haut-Rhin].

[13] Thann [Tann, Elsass, h. Frankreich, Dép. Haut-Rhin].

[14] Landser [dt. Kötzingen, Dép. Haut Rhin].

[15] Blotzheim [Dép. Haut-Rhin].

[16] Hesingué [dt. Häsingen, Dép. Haut-Rhin].

[17] kugel-, hieb- und stichfest

[18] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 4f.

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