Dobenecker, Caspar; Rat [ – 2.12.1640] Dobenecker stand als brandenburgischer Rat und Geheimer Sekretär zu Kulmbach in den Diensten des Markgrafen Christian von Brandenburg-Kulmbach/Bayreuth.[1]
„Markgraf Christian blieb Unionsmitglied, aber er stellte die Kontributionszahlungen weitgehend ein und entsandte auch nach Worms keine offiziellen Abgeordneten. Die persönliche Abneigung des Fürsten gegen die Union war damit so offensichtlich, daß sie auch deren führenden Kräften nicht mehr verborgen blieb. So sah man sich veranlaßt, ihn wiederholt in dringendem Ton zu einer verständnisvolleren und aufgeschlosseneren Haltung zu bewegen. Das erste dieser Schreiben der unierten Stände an den Markgrafen, unterzeichnet von Markgraf Joachim Ernst [von Brandenburg-Ansbach; BW], Herzog Johann Friedrich von Württemberg und Markgraf Georg Friedrich zu Baden, ging denn auch sofort nach dem Zusammentritt der Stände von Worms[2] ab. Wenn es dabei der Leitung der Unierten auch in erster Linie um die Beschaffung finanzieller Mittel für die weitere Kriegführung gegen Spinola zu tun war, sio hatte gerade dieses Schreiben doch einen hochpolitischen Hintergrund, indem es den Markgrafen nach einer Analyse der Lage überzeugen sollte, daß allein die Union imstande sei, das evangelische Wesen und die deutsche Libertät zu retten. In weiteren, gleichlautenden Schreiben bestürmte man den Markgrafen immer wieder, den Interessen der Union zu folgen.
Man kann aus all diesen Schreiben einen Ton des Mißtrauens gegenüber dem Markgrafen, dessen stereotype Antworten ‚Wir werden sehen, was sich tun läßt‘, lautete, herauslesen. War dieses Mißtrauen ganz unberechtigt ? Was versprach sich der Markgraf noch von der Union, der er selbst nichts mehr geben wollte ? Man gewinnt den Eindruck, daß der Fürst nur noch Unionsmitglied war, um über alle Vorgänge aus erster Quelle unterrichtet zu werden. Der persönliche Kontakt mit seinem Bruder reichte ihm dabei nicht aus. Wußte die Führung der Union um die Rolle des ‚Geheimen Canzley- und Unionsverwandten‘ Dobenecker ? Dobenecker war Ende April 1620 offiziell als Schreiber zum Unionskriegsrat abgeordnet worden, inoffiziell war er dort nachweislich seit dem Ulmer Vergleich als markgräflicher Agent mit dem Auftrag tätig, mindestens wöchentlich einmal eingehend über alle Vorgänge zu berichten und möglichst von allen wichtigen Schriftstücken und Korrespondenzen Abschriften zu besorgen. Dobenecker wurde dieser Aufgabe in vollem Umfang gerecht. Ein Beweis für die Bedeutung, die man ihm in Bayreuth zuschrieb, war, daß alle seine ausführlichen ‚Relationen‘ an den Markgrafen persönlich gingen und daß er meist seine Anweisungen auch von Christian persönlich bekam. Und was sich sonst wohl kaum jemals ereignete, geschah hier: der Markgraf belobigte den Schreiben im Feldlager der Union persönlich für seine Dienste und Relationen und erhöhte bereitwillig sein festes Gehalt um monatlich 30 fl., die bezeichnenderweise aus der Defensionssteuer zu bezahlen waren. Aber was wußte Dobenecker nicht auch alles zu berichten, besonders, nachdem der Markgraf ihn seinem Bruder Joachim Ernst aufs wärmste empfohlen und diesen gebeten hatte, daß Dobenecker ’nicht allein zum dictatus admittirt werde‘, sondern auch ‚do etwas Denckwürdiges vorkommt, ihme ein solches vertraulich communicirt werden möge‘. Dobenecker gab lange Berichte über Konferenzen, Abschriften des vom Unionkriegsrat oder einzelnen seiner Mitglieder geführten Briefwechsels, Mitteilungen über stattgefundene Empfänge und Bankette, ja er schrieb sogar, neben dem Hauptmann von Reitzenstein, Berichte über Kämpfe und Truppenbewegungen und schickte Skizzen der Feldlager nach Bayreuth.[3] Und gerade an solchen Karten des Lagers bei Oppenheim[4] und seiner Umgebung war der Markgraf besonders interessiert. Deshalb schienen ihm auch die Skizzen nicht ausreichend, und er forderte Pläne von den Schanzen und Redouten und Schiffsbrücken. Daß der Markgraf an allen politischen Vorgängen Anteil nahm, ist verständlich. Wozu aber benötigte er genaue Pläne der Befestigung des Unionslagers ? Sollten diese Skizzen vielleicht gar nicht für Bayreuth bestimmt gewesen sein ? Es steht fest, daß mit der zunehmenden Entfremdung und Absonderung von der Union eine engere Verbindung mit den Mitgliedern der Erbvereinigung Hand in Hand ging. Das alte Verhältnis des Fürsten mit dem Herzog [Johann Casimir; BW] von Coburg war immer erhalten geblieben, und an diesen wurden auch nachweislich Dobeneckersche Berichte weitergeleitet“.[5]
[1] Vgl. KLUGE, Hofer Chronik, S. 135, 174.
[2] Worms; HHSD V, S. 410ff.
[3] Bayreuth; HHSD VII, S. 77f.
[4] Oppenheim [Kr. Mainz]; HHSD V, S. 279ff.
[5] STICHT, Markgraf Christian, S. 40ff.