Bülow [Bulaw], Tobias von

Bülow [Bulaw], Tobias von; Obristleutnant [ – ] Tobias von Bülow [Bulaw] stand 1633 als Obristleutnant[1] in schwedischen Diensten.[2]

Das „Theatrum Europaeum“[3] (1670) berichtet zu 1633: „In dessen ward die Belägerung Philipsburg[4] noch immer vnd beharrlich continuiret. Die Belägerten fielen vmb den 24. Decembr. in ziemblicher Anzahl zu Roß vnd Fuß auß / scharmützirten[5] in zwo Stunden lang mit den Schwedischē / wie nicht weniger auch mit Stücken[6] hefftig herauß geschossen wurde / seynd aber jedoch mit Hinderlassung etlicher Todten wider gewichen. Darauff Herr. Schwed. Oberster Leutenant Tobias von Bulaw den 28. bey Nacht das Zollhauß angegriffen / die Wacht vberfallen / etliche niedergemacht vnd etliche gefangen / auch das Zollhauß in Brandt zu stecken sich vnterstanden / welches aber so gar nit brennen noch angehen wollen / daß auch Ziegeinerische[7] Künste darinn oder darunter begraben zuseyn / ist gemuthmasset worden“.[8]



[1] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann einer Kompanie, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[2] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“.

Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.

[3] Vgl. BINGEL, Das Theatrum Europaeum; SCHOCK; ROßBACH; BAUM, Das Theatrum Europaeum.

[4] Philippsburg [LK Karlsruhe]; HHSD VI, S. 632f.

[5] Scharmützel: Unter Scharmützel (ital. „scaramuccia“, Geplänkel, Plänkelei, Treffen) verstand man eines der vielen kleineren Gefechte oder Handgemenge, aus denen dieser Krieg bestand. Kleinere Armeeeinheiten oder Streifkorps, z. T. auch größere Verbände von bewaffneten Bauern (vgl. Harzschützen), traten hier in einen zeitlich wie örtlich begrenzten Kampf ein. Auch Schlachten wurden zumeist mit Scharmützeln oder Plänkeleien eröffnet. Scharmützel waren in der Regel gekennzeichnet durch äußerste Brutalität. Allerdings konnten sie auch Auslöser eines größeren Treffens, einer Schlacht oder eines Krieges werden. Oft wurden Vor- oder Nachhut von Heeren durch Kroaten angegriffen, die in diesem kleinen Krieg bevorzugt eingesetzt wurden. Zum Teil kam es auch wegen der fehlenden Uniformierung zu verlustreichen Kämpfen mit eigenen Einheiten. oder „neutralen“ Einheiten. Am 15.1.1648 traf die kursächsische Besatzung Annabergs auf eine kaiserliche Streifschar, die man für Schweden hielt: „Beym Stillstand im Lande und instehenden Frieden ist doch im Gebürge beym Städtlein Thum ein seltzamer Scharmützel vorgegangen / indem dem 15. Jan. der in Annaberg liegende Obrist-Wachtmeister / Rudolph von Neitschütz / mit seinen zwo Compagnien auff den so genannten blinden Valentin / einen Kayserl. Rittmeister / welcher eine Raub-Parthie geführet / getroffen / daß bey diesem verwegenen Unternehmen unterderschiedliche geblieben und viel blessiret worden / auch in dieser scharffen Rencontre noch mehr auffgerieben werden sollen / wo nicht angeregter blinder Valten und Rittmeister Hanß Ernst einander erkennet und darauff beyderseits Partheyen von einander abgeführet hätten […]. Und dieser Thumische Scharmützel heisset catachrestice [seit der antiken Rhetorik unlogischer Gebrauch eines verwandten statt des nicht vorhandenen Ausdrucks] die Thumer Schlacht / wie Ihn weyland der gemeine Mann genennet hat“. MELTZER, Historia, S. 1363; ARNOLD, Annaberg, S. 283f.; GROHMANN, Obererzgebirge, S. 208. Der Erzgebirgschronist LEHMANN, Kriegschronik, S. 169f., datiert diesen Vorgang allerdings auf 1647: „Bey dem armistitio zwischen Chur-Saxen und denen Schwedischen wahr auch außbedinget worden, daß der Churfürst die streiffende rotten einfangen und sie verfolgen solte; das befahle der Churfürst allen Seinen regiementern in lande, und musten auch die 2 Compagnien, so auf den Annenberg, die Straßen bereiten und denen Mausparthien wehren. Nun wahr der keyßerliche leutenandt, insgemein der blinde Valtin [Valten Hanke; BW] genandt, mit 80 Pferden, meist Freyreutern auß Lignitz nach Erfurt und Eisenach gegangen den 12. Januarii, hatte bey Eckersberg die leipziger Fuhrleute, welche eine wagenburg gemacht und sich gewehret, theils uberwaltiget, 10 Personen todt geschoßen und 20 beschedigt, dargegen 2 tode gelaßen und ezliche beschedigte mitgenommen, darmit kam er biß nach Burckersdorf ins gebirg, griff do wieder die Leipziger fuhr an auß den gebirg. Alß solches die 2 Compagnien uff den Annenberg untter den Obrist-Wachmeister Rudolph von Neidschiz gehöret, sindt sie Churfürstlichen Befehl zue folge ihm entgegengezogen, derselben auf freyen felde bey den Städtlein Thum auf einer höhe angetroffen. Rittmeister Landtmann [Langmann] nimmt einen Cornet mit 20 Pferden zu sich, jagt voran und fragt, warumb er als freundt in Meißen so raube und streiffe, und weil der Valten kein gut word giebet, greyffen Sie beyde zum gewehr, Landtmann trift den Valten in arm, Valten aber schießt Landtmann auch wundt und den Cornet todt, seine reuter schneiden die beuten und Säcke voll sammet und seiden von Pferden und schoßen Sich mit den Churfürstlichen eine Virtelstunde herumb, daß von Churfürstlichen der Ritmeister (bekam 3 schöße), 1 leutenandt, 1 Cornet und 5 reuter tödtlich, 7 beschedigt. Der blinde Valten hatte 16 beschedigte, ließ 5 reuter und seine beute hinder sich und ging eilendt in Böhmen. Das ist geschehen den 15. Januar Freytag nach den 1. Sontag Epiphanias. Die keyßerlichen waren meist feste [durch magische Praktiken kugelfest, BW] sonst würden sie mehr eingebüst haben. Der Cornet wurde den 3. Februar zum Annenberg in die kirche begraben“.

[6] Stück: Man unterschied Kartaunen [Belagerungsgeschütz mit einer Rohrlänge des 18-19-fachen Rohrkalibers [17,5 – 19 cm], verschoss 40 oder 48 Pfund Eisen, Rohrgewicht: 60-70 Zentner, Gesamtgewicht: 95-105 Zentner, zum Vorspann nötig waren bis zu 32 Pferde: 20-24 Pferde zogen auf einem Rüstwagen das Rohr, 4-8 Pferde die Lafette]; Dreiviertelkartaune: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 16-17faches Kaliber, schoss 36 Pfund Eisen. Vgl. MIETH, Artilleria Recentior Praxis; halbe Kartaunen [langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 32-34-faches Kaliber (10,5-11,5 cm), schoss 8-10 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-30 Zentner, das Gesamtgewicht 34-48 Zentner. Als Vorspann wurden 10-16 Pferde benötigt].

Viertelkartaune: „ein stück, welches 12 pfund eisen treibt, 36 zentner wiegt, und 24 kaliber lang ist. man hält diese stücke in den vestungen für die allerbequemste“ [DWB]. Meist als Feldschlange bezeichnet wurde auch die „Halbe Schlange“: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 32-34-faches Kaliber (10,5-11,5 cm), schoss 8-10 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-30 Zentner, das Gesamtgewicht 34-48 Zentner. Als Vorspann wurden 10-16 Pferde benötigt; die „Quartierschlange“: 40-36-faches Kaliber (6,5-9 cm), Rohrgewicht: 12-24 Zentner, Gesamtgewicht: 18-36 Zentner, Vorspann: 6-12 Pferde; Falkone: 39-faches Kaliber Rohrgewicht: 14-20 Zentner, Gesamtgewicht: 22-30 Zentner, Vorspann: 6-8 Pferde; Haubitze als Steilfeuergeschütz, 10-faches Kaliber (12-15 cm), zumeist zum Verschießen von gehacktem Blei, Eisenstücken („Hagel“) bzw. Nägeln verwendet; Mörser als Steilfeuergeschütz zum Werfen von Brand- und Sprengkugeln (Bomben). Angaben nach ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 575ff. Pro Tag konnten etwa 50 Schuss abgegeben werden. „Vom Nürnberger Stückegießer Leonhard Loewe ist die Rechnung für die Herstellung zweier jeweils 75 Zentner schwerer Belagerungsgeschütze erhalten, die auf den heutigen Wert hochgerechnet werden kann. An Material- und Lohnkosten verlangte Loewe 2.643 Gulden, das sind ca. 105.000 bis 132.000 Euro. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus diesen ‚Halben [?; BW] Kartaunen’ kosteten fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81; SCHREIBER, Beschreibung, bzw. Anleitung, 3. Kapitel.

[7] Zigeuner: BURSCHEL, Söldner, S. 90f.: „Seit Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges lassen sich in den Heeren auch Zigeuner nachweisen. Hier war Platz für die Angehörigen einer ethnischen Minderheit, die man sonst nirgendwo haben wollte, die bereits der Freiburger Reichstag von 1498 des Reiches verwiesen, ja sogar – in bezeichnendem Unterschied zu anderen Vaganten – für vogelfrei erklärt hatte und die fortan in territorialen Mandanten aller nur erdenklicher Verbrechen bezichtigt wurde. 1642 zum Beispiel zogen einige wohl zum Heer Piccolominis gehörende Kompanien an Deister und Süntel vorbei in Richtung Harz, vorwiegend aus Zigeunern zusammengesetzt. Schenkt man einem Eintrag in den Bovender Gemeinderechnungen des Jahres 1623 Glauben, so konnten es Zigeuner damals sogar bis zum Offizier bringen“. Zigeuner wurden in den Heeren als Heilkundige und Kundschafter eingesetzt. HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 53: „Die unruhigen Zeiten begünstigten das Wanderleben der Zigeuner, welche 1626 in erheblicher Zahl auftraten. Da sie im Verdacht standen, für den Feind Kundschafterdienste zu leisten, so ordnete die Regierung eine Streife auf sie an, welche der Pfleger Stefan Danhauser von Freudenberg und Obrist Blarer mit 28 Reitern und 150 Musketieren vom 26. bis 29. Juli in der Gegend von Hirschau, Weiden, Kemnath vornahmen. Maximilian ordnete am 4. August 1626 an, daß die verhafteten Zigeuner ‚mit der Tortur und wie es vonnöthen zu examieren‘ seien. Von den 3 in Tirschenreuth in Haft befindlichen Zigeunern hatte der Pfleger Burhuß schon am 3. August nach Amberg berichtet, daß sie unschuldig seien. Trotzdem ordnete die Regierung am 8. August deren Tortur (Folter) an. Die Folter muß sehr scharf gewesen sein, denn das Jammergeschrei der Gequälten war außen deutlich zu hören. Die junge Frau eines gefolterten Zigeuners, welche die Stimme ihres Mannes erkannte, stürzte sich aus Verzweiflung in den Schloßweiher und ertrank. Die Zigeuner blieben jedoch standhaft bei der Beteuerung ihrer Unschuld“. Dass auch die meist aller denkbaren Verbrechen beschuldigten Zigeuner (SCHUBERT, Mobilität, S. 130ff.) bereits beim Heer gewesen sind u. dort als Feldscherer eingesetzt wurden, die z. T. mit volksmedizinischen Mitteln u. auch zauberischen Praktiken arbeiteten (WALZ, Hexenglaube, S. 215ff.) ist sicher richtig; dass sie es teilweise sogar bis zum Offizier gebracht hätten (so BURSCHEL, Söldner, S. 90f., unter Hinweis auf einen Beleg bei BERNOTAT, Auswirkungen, S. 162), muss bezweifelt werden. Anscheinend handelte es sich bei dem Dattern Leutnant wohl eher um den Anführer einer Kroatenabteilung, wie sie später Isolano kommandierte; vgl. JACOBS, Zigeuner; allgem. ROECK, Randgruppen, S. 85ff.; HOFFMANN, Harzschützen, S. 98ff.  DIWALD, Wallenstein, S. 334f.: „Am 27. September [1625; BW] berichtet der Landeshauptmann, Herr von der Hagen, dem Herzog [Friedrich Ulrich; BW] über seinen Versuch, den ‚Zigeuner-Vortrab’ der Armee Wallensteins aufzuhalten, und skizziert den Zustand der kaiserlichen Truppen so: ‚Die neuen Werbungen zu Roß sind auf der Offizier vorgeschossenen Gelder vorgenommen und haben bis dato noch keinen Pfennig von Ihro Kaiserlichen Majestät erhalten. Die Reiterei ist mit keinen Waffen versehen, ist übel beritten, haben größtenteils leichte und schlechte Pferde. Im ganzen sind die Neugeworbenen malcontente. Um Blankenburg herum lassen sich viel Zigeuner bei unterschiedlichen Partien zu zehn und fünfzehn Mann sehen, über die Maßen wohl bewehrt, mit zwei langen Röhren ein jeder und die Weiber zu Pferd und ein Paar Pistolen im Sattel, sie ziehen durch ungebahnte Wege, halten sich in Gehölzen und Vorbüschen, kundschaften nach allen Dingen fleißig, also daß zu besorgen, sie in des Wallensteins Bestallung auf Verräterei, Raub, Mord und Brand ausgeschickt sein mögen’. Wallenstein soll einen Zigeuner-Vortrab zum Plündern und Morden vorausgeschickt, ihn womöglich eigens dazu angeworben haben ? Hier ist wieder einmal die Wiege einer Legende, die sich gut entwickelt und rüstig die Jahrhunderte überstanden hat. Diese Zigeuner sind nichts anderes als die leichten schnellen Reiter des Obristen Isolani, meistens Kroaten und Ungarn“.Vgl. dagegen LOTZE, Münden, S. 66: „Als Vortrab seines Heeres erblickte man Zigeunerbanden, 15 bis 20 Mann stark, bis an die Zähne bewaffnet und Weiber auf Pferden mit sich führend, deren jedes 2 Pistolen im Sattel hängen hatte. Sie verübten die größten Räubereien und rühmten sich, im Dienste Wallensteins zu stehen“. Vgl. allgem. FRICKE, Zigeuner. Für 1633 hält der Erzgebirgschronist Christian Lehmann fest: „Den 11. November kahmen die Taubischen [Dietrich v. Taube; BW], verjagten die in der [Reitzenhainer; BW] schantze und schleiften Sie. Derowegen commandirte auf Churfürstlichen befehl in anfang des September der Obrist Dietrich Taube auß der Lausnitz seine 2 Regiementer an Cavallerie und Trajoner in Meißen; sein Obrist-Wach-Meister Bodo von Bodenhausen ging den 9. November mit 300 Pferden dem feindt entgegen ans Böhmische gebirg und schleiften mit Zuthun des landtvolcks die Reitzenhaner schanz und beritten stez die Paße, streiften oft in Böhmen und hohlten Viehe, und damit mann die Schwartenbergische besatzung enger hielte und die keyßerlichen Streiffen auß Böhmen gar abschaffte, marchirten theils regiementer zue Roß und fuß auß dem lager bey Dresden, darinnen der Chur-Sächsische General Arnheim [Arnim; BW] mit der Churfürstlichen Armee von 29. September biß den 1. November Müßig lage. Des Obristen Posens regiement zue fuß wurde in Zwicka gelegt, der Obrist Dietrich Taube kam den 3. Dezember mit den andern Compagnien zue den Obrist-Wachmeister von Bodenhausen umb Chemnitz an, conjungirte sich mit des Posen regiement zue fueß auß Zwickau und zogen vor Schwartzenberg.  Nach deme nun der Commendant in Schwartzenberg mit seinen Crabaten und Zigeunern 17 wochen auf den Schloß von 4. August biß den 5. december gelegen und mächtigen Schaden gethan in gebirge, marchirte den 5. December der Obrist Taube mit 22 Compagnien Cavallerie und Tragonern von Chemnitz herauf auf Dorf-Zwenitz, Grünhein, Saxenfeld gar frühe und bekahmen doselbst eine Parthei Crabaten mit Wägen, die Futterage zueführen solten, theils kamen darvon und machten lerm in schloß. Des Posens Fußvolck marchirte uff Elterlein zue und bliebe in Schletta liegen. Von der Cavallerie aber stelleten Sich ezliche Compagnien mit fliegenden Standarten auf den Wildenauer und Grunstedler weg. Die Trajoner Musten in Schwartzenberg beym Rathhauß absteigen und sich zum sturm bereit halten. Nachdeme der Commendant lose word gabe und sich zue wehren resolvirt, brachten Sie fäßer ans Schloßthor und zündeten Sie an, das feuer ergriff auch das Ampthauß und verzehrete es mit vielen Acten, briefen und registraturen, und Do sie den ernst sahen, baten Sie um accord und abzug, musten Sich aber auf gnade und ungnade ergeben, und wurde ihnen nur das leben geschenckt, der Commendant mit seiner dama nach Annenberg geführt und behalten biß zur abstattung seiner Ranzion, Die Gemeine Crabaten und Zigeuner außgezogen und durch Elterlein nach Chemnitz geschaffet, der Leutenandt und Fehnrich wurde auch in Arrest behalten“. Zu Zigeunern als Bestandteil der kämpfenden Truppe vgl. SULLIVAN, Callot’s Les Bohémiens; KROENER, Geschlechterbeziehungen, S. 289ff. Dafür spricht, dass im kurfürstlich-sächsischen Mandat v. 1652 beklagt wird, dass sich abgedankte Offiziere den sich selbst als Zigeuner bezeichenden Vagierenden angeschlossen hätten; vgl. BOETTICHER, Zigeuner, S. 22.

[8] THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd. (1670), S. 144.

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